Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2007 - BLw 15/07

bei uns veröffentlicht am13.12.2007
vorgehend
Amtsgericht Schwerin, 15 Lw 29/02, 21.04.2005
Oberlandesgericht Rostock, 12 W 5/05, 31.07.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 15/07
vom
13. Dezember 2007
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 13. Dezember
2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter
Dr. Lemke und Dr. Czub – gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung
ehrenamtlicher Richter –

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock, 12. Zivilsenat – Senat für Landwirtschaftssachen –, vom 31. Juli 2007 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 44.306,35 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien sind Nachfolgeunternehmen ehemaliger LPGen. Diese hatten Teile ihres Vermögens in eine kooperative Einrichtung (KAP) eingebracht, aus der später eine LPG (P) hervorging, und zudem einen von dieser LPG (P) verwalteten gemeinschaftlichen Fonds gebildet. In einem von Vorstandsmitgliedern der Trägerbetriebe der KAP unterzeichneten Protokoll über die "endgültige Teilung" der LPG (P) ist auch eine Vereinbarung über die Auflösung des gemeinschaftlichen Fonds enthalten. Diese weist eine Forderung der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin in Höhe von 86.655,68 DM aus, deren Rückzahlung für zehn Jahre gestundet wurde.
2
Die Antragstellerin hat von der Antragsgegnerin aus dieser Abrede Zahlung verlangt. Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) hat dem Antrag stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Zurückweisung des Zahlungsantrags weiter.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
4
1. Soweit die Rechtsbeschwerde einen – wie sie selbst ausführt – divergenzunabhängigen Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, führt das nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde. Eine nach dem Gesetz nicht zulässige Rechtsbeschwerde wird nicht dadurch statthaft, dass sie (auch) auf die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG gestützt wird (Senat, Beschl. v. 17. Dezember 1992, BLw 47/92, VIZ 1993, 158, 159; Beschl. v. 19. Februar 2004, BLw 28/03, NL-BZAR 2004, 190, 191).
5
2. Ebenso ist es, soweit die Rechtsbeschwerde rügt, dass der angefochtene Beschluss entgegen § 21 Abs. 1 LwVG, § 25 FGG in Teilen nicht begründet sei. Eine Divergenz zu anderen Entscheidungen ergibt sich daraus nicht.
6
3. Schließlich fehlt es an einer die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründenden Abweichung des Beschwerdegerichts von den Entscheidungen des Senats und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts über die Organzu- ständigkeit der Vollversammlungen der Trägerbetriebe (LPGen) bei der Auflösung kooperativer Einrichtungen.
7
a) Eine Divergenz nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LWVG liegt dann vor, wenn das Beschwerdegericht von einer in der Beschwerdebegründung zu bezeichnenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes, des früheren Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone oder eines anderen Oberlandesgerichts abgewichen ist und der Beschluss des Beschwerdegerichts auf dieser Abweichung beruht. Diese Voraussetzungen sind nur gegeben, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, BGHZ 89, 149, 151).
8
b) Daran fehlt es hier. Das Beschwerdegericht hat weder einen von der Entscheidung des Senats (Beschl. v. 5. März 1999, BLw 45/98, VIZ 1999, 629, 630) noch von derjenigen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (VIZ 1995, 542) abweichenden Rechtssatz zur Organzuständigkeit der Vollversammlung aufgestellt. Das Beschwerdegericht ist vielmehr ebenfalls davon ausgegangen , dass die Vollversammlung der LPG für die Entscheidung über die Beteiligung mit Mitteln der Genossenschaft an gemeinsamen Investitionen oder Fonds ausschließlich zuständig war.
9
Es hat indes angenommen, dass hier nach den Umständen von einer Genehmigung (auch) der Vereinbarung über die Auflösung des gemeinsamen Fonds entsprechend dem Protokoll vom 25. November 1992 durch die Antragsgegnerin ausgegangen werden muss. Eine solche Genehmigung ist grundsätzlich möglich, wovon auch die Rechtsbeschwerde ausgeht. Soweit sie rügt, dass das Beschwerdegericht den dafür erforderlichen Beschluss der Vollversammlung nicht festgestellt habe, macht sie eine rechtsfehlerhafte Anwendung richti- ger Obersätze in einem Einzelfall geltend, was indes die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde wegen einer Divergenz nicht zu begründen vermag.

III.

10
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG und die Bestimmung des Gegenstandswerts auf § 33 LwVG i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 KostO.
Krüger Lemke Czub
Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 21.04.2005 - 15 Lw 29/02 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 31.07.2007 - 12 W 5/05 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2004 - BLw 28/03

bei uns veröffentlicht am 19.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS BLw 28/03 vom 19. Februar 2004 in der Landwirtschaftssache betreffend Ansprüche auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 19. Februar 2004 durch den Vizepräs

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 28/03
vom
19. Februar 2004
in der Landwirtschaftssache
betreffend Ansprüche auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 19. Februar
2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne
Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 28. August 2003 wird als unzulässig verworfen.
Von den Gerichtskosten und den der Antragsgegnerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller zu 1 9,7 %, die Antragsteller zu 2 und 3 als Gesamtschuldner 7,9 %, der Antragsteller zu 4 23,3 %, der Antragsteller zu 5 17,3 %, die Antragstellerin zu 6 10,5 % und die Antragsteller zu 7 als Gesamtschuldner 31,3 %.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 94.954

Gründe:


I.


Die Antragsgegnerin ist durch Umwandlung der LPG Teichel, zu der sich mehrere LPG'en zusammengeschlossen hatten, entstanden. Die Antragsteller
bzw. ihre Rechtsvorgänger waren Mitglieder der Antragsgegnerin und sind inzwischen durch Kündigung ausgeschieden. Sie machen - in unterschiedlicher Höhe - Ansprüche auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG geltend.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Unternehmenswertes hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - die Anträge zurückgewiesen, weil die Antragsteller bzw. ihre Rechtsvorgänger bereits ein Geschäftsguthaben erhalten hätten, welches ihre Ansprüche unter Berücksichtigung der Höhe des abfindungsrelevanten Eigenkapitals der Antragsgegnerin übersteige. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller, mit der sie in erster Linie das Sachverständigengutachten und seine Würdigung durch das Landwirtschaftsgericht angegriffen haben, ist erfolglos geblieben.
Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde wollen die Antragsteller die Aufhebung des Beschlusses des Oberlandesgerichts - Landwirtschaftssenat - und die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht erreichen.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
1. Die Antragsteller meinen, das Beschwerdegericht sei von dem Se- natsbeschluß vom 8. Mai 1998 (BLw 18/97, BGHZ 138, 371 = AgrarR 1998, 249) abgewichen, indem es seiner Entscheidung ein fehlerhaftes Sachverständigengutachten zugrundegelegt habe. Darauf kann eine Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG jedoch nicht gestützt werden (ständige Senatsrechtsprechung , siehe schon BGHZ 15, 5, 9 f. und Senatsbeschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328). Eine Abweichung im Sinne der Vorschrift liegt vielmehr nur vor, wenn das Beschwerdegericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht (Senat, BGHZ 89, 149). Einen solchen Rechtssatz zeigen die Antragsteller nicht auf.
2. Weiter meinen die Antragsteller, daß das Beschwerdegericht von den Senatsbeschlüssen vom 8. Dezember 1995 (BLw 28/95, BGHZ 131, 260 = AgrarR 1996, 51), 8. Mai 1998 (aaO) und 23. Oktober 1998 (BLw 16/98, BGHZ 139, 394 = AgrarR 1999, 54) abgewichen sei, weil der Sachverständige die Wertermittlung entgegen den darin ausgesprochenen Grundsätzen durchgeführt habe. Auch das begründet nicht die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, weil die Antragsteller erneut auf keinen Rechtssatz in der angefochtenen Entscheidung verweisen, der von einem in den genannten Senatsentscheidungen aufgestellten Rechtssatz abweicht.
3. Aus demselben Grund führt die Auffassung der Antragsteller, das Beschwerdegericht sei auch deshalb von dem Senatsbeschluß vom 8. Dezember 1995 (aaO) abgewichen, weil es seine Entscheidung u.a. darauf gestützt habe, daß sie die in dem Beschluß des Landwirtschaftsgerichts genannte Höhe der
personifizierten Ansprüche nach § 44 LwAnpG von ca. 1,7 Mio. DM nicht angegriffen hätten, nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde.
4. Die von den Antragstellern behauptete Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Gewährung rechtlichen Gehörs bleibt schon deshalb ohne Erfolg , weil auch in Rechtsstreitigkeiten aus dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz eine unzulässige Rechtsbeschwerde nicht dadurch statthaft wird, daß sie auf die Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt wird (Senat, Beschl. v. 17. Dezember 1992, BLw 47/92, AgrarR 1993, 86). Daran hat sich durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 (NJW 2003, 3687 ff.) bisher nichts geändert.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Obwohl das Rechtsmittel ohne Rücksicht auf die dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller aus diversen anderen Verfahren bekannten gesetzlichen Voraussetzungen eingelegt worden ist, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, ihm die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Etwaige Ersatzansprüche der Antragsteller gegen ihren Verfahrensbevollmächtigten werden hiervon jedoch nicht berührt.
Wenzel Krüger Lemke