Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Okt. 2004 - BLw 12/04
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 51.000 €.
Gründe:
I.
Mit notariellem Vertrag vom 3. April 2002 verkaufte d er Beteiligte zu 2 sein ca. 2,1 ha großes landwirtschaftliches Grundstück Flur Parzelle Nr. in W. an den Beteiligten zu 1. Mit Bescheid vom 17. Mai 2002 teilte die Beteiligte zu 3 mit, daß die Beteiligte zu 4 von ihrem siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht habe. Aufgrund Antrags des Beteiligten zu 1 hat das Landwirtschaftsgericht den Bescheid der Beteiligten zu 3 aufrechterhalten. Die sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - nicht zuge-
lassenen - Rechtsbeschwerde wendet sich der Beteiligte zu 1 weiterhin gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 4.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdeg ericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig (dazu näher BGHZ 89, 149 ff.). Daran fehlt es indes.
Soweit die Rechtsbeschwerde eine Abweichung von der Sena tsentscheidung , veröffentlicht in BGHZ 94, 299 ff., geltend macht, verkennt sie, daß sich die dort entschiedene Sachfrage hier nicht stellt. Der Senat hatte in jener Entscheidung über die Frage zu befinden, ob ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht auch dann in Betracht kommen kann, wenn in einem Kaufvertrag mehrere wirtschaftlich zusammengehörige Buchgrundstücke eines Eigentümers veräußert werden, die nur in ihrer Gesamtheit die gesetzliche Mindestgröße für die Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 4 Abs. 1 RSG) erreichen. Er hat diese Frage unter Zugrundelegung des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs bejaht (BGHZ 94, 299, 302 f.).
Hier geht es demgegenüber um die Frage, ob bei eine m landwirtschaftlichen Grundstück, das teilweise bebaut ist oder bebaut werden kann, der bebaubare bzw. bebaute Teil herauszurechnen ist, wenn es um die Überschreitung der für das Vorkaufsrecht nach § 4 Abs. 1 RSG maßgeblichen Flächen-
größe geht. Letzteres hat das Beschwerdegericht im konkreten Fall verneint, jedoch nicht in Abkehr von dem wirtschaftlichen Grundstücksbegriff, sondern weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß der bebaute bzw. bebaubare Teil des Grundstücks seinen Charakter als landwirtschaftliches Grundstück verloren hätte. Daß der bebaubare Teil einer landwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr habe zugeführt werden können, ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - mit dem in bezug genommenen Tatsachenvortrag weder näher dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Daß ein Grundstück teilweise von einem Bebauungsplan erfaßt wird, nimmt ihm nicht automatisch die landwirtschaftliche Nutzbarkeit.
Soweit die Rechtsbeschwerde einen Verstoß gegen Art. 10 3 Abs. 1 GG rügt, kann offen bleiben, ob dies überhaupt geeignet ist, einen im übrigen nicht zulässigen Rechtsmittelweg zu eröffnen (vgl. Senat, Beschl. v. 30. Oktober 2003, BLw 16/03, unveröffentlicht). Jedenfalls ist die Rüge unbegründet. Das Beschwerdegericht hat den Vortrag des Beteiligten zu 1, das verkaufte Grundstück sei nur noch teilweise landwirtschaftlich nutzbar, nicht übergangen; es hat ihn nur nicht in der Weise gewertet, in der er nach Auffassung der Rechtsbeschwerde hätte gewertet werden sollen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 44 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke
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(1) Der Reisesicherungsfonds muss in seinem Fondsvermögen über Finanzmittel verfügen, die in einem angemessenen Verhältnis zu seinen bestehenden und potenziellen Verbindlichkeiten stehen (Zielkapital). Das Zielkapital muss für alle Ausgaben nach § 3 ausreichen.
(2) Das Zielkapital kann bis zu einem Viertel durch unwiderrufliche Kreditzusagen eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts gebildet werden. Im Übrigen ist es aus den Entgelten der Reiseanbieter nach § 7 zu bilden.
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 1.525.000
Gründe:
I.
Mit notariellem Vertrag vom 15. Juni 2002 verkauften die Antragsteller mehrere landwirtschaftliche Grundstücke an die Beteiligte zu 3. Mit Schreiben vom 26. August 2002 fochten sie den Vertrag wegen Irrtums und wegen arglistiger Täuschung an und machten geltend, er sei im übrigen sittenwidrig. Hierüber unterrichteten die Antragsteller die zuständige Genehmigungsbehörde , die den Vertrag gleichwohl nach § 2 GrdstVG genehmigte. Die Antragsteller halten die Genehmigung für rechtswidrig, da sie sich auf einen unwirksa-
men Vertrag beziehe. Ihren Antrag auf Aufhebung hat das Landwirtschaftsge- richt als unzulässig zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
1. Ohne Erfolg bleibt das Vorbringen der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichenden Rechtssatz aufgestellt, eine offensichtliche Unwirksamkeit des Vertrages könne vom Landwirtschaftsgericht bei der Erteilung einer Genehmigung durch die Behörde nicht berücksichtigt werden. Das Gegenteil ergibt sich mit nicht zu verkennender Deutlichkeit aus der angefochtenen Entscheidung. Sie verweist - im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 3. Juni 1976, V BLw 16/75, AgrarR 1977, 65) - darauf, daß es von diesem Grundsatz Ausnahmen bei offensichtlicher Unwirksamkeit des zu genehmigenden Vertrages gebe, daß ein solcher Fall hier aber nicht gegeben sei. Soweit in der Entscheidung, unter Berufung auf Lange (GrdstVG, 2. Aufl., § 22 Anm. 12), die Auffassung vertreten wird, ohnehin komme die Berücksichtigung einer offensichtlichen Unwirksamkeit des Vertrages durch das Landwirtschaftsgericht nur in Betracht, wenn dieses Gericht aufgrund eines zulässigen Antrags
zu einer Sachentscheidung überhaupt berufen sei, kann dahinstehen, ob insoweit eine Divergenz zu den von der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidungen besteht. Denn es handelt sich dabei nur um ein zusätzliches Begründungselement , auf dem der Beschluß nicht beruht. Allein die Verneinung eines Ausnahmefalls vom Grundsatz der Unüberprüfbarkeit trägt die Entscheidung.
2. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Beschwerdegericht habe, in Abweichung zur Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte, den Rechtssatz aufgestellt, der Annahme einer offensichtlichen Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts stehe bereits der Umstand entgegen, daß die andere Vertragspartei am Vertrag festhalten wolle, entspricht das nicht den Ausführungen des Beschwerdegerichts. Es hat vielmehr - neben anderen Umständen - in auf den Fall bezogener Würdigung hervorgehoben, daß von einer offensichtlichen Nichtigkeit des Vertrages bei widerstreitendem Parteivorbringen und unterschiedlichen Rechtsansichten keine Rede sein könne. Darin liegt weder ein abstrakter Rechtssatz noch eine auch nur inhaltliche Abweichung von den von der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidungen.
3. Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG Vortrag des Antragstellers unberücksichtigt gelassen, kann dahinstehen, ob ein solcher Verstoß überhaupt geeignet wäre, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu begründen (bislang nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu verneinen, vgl. Beschl. v. 27. Februar 1997, BLw 2/97, AgrarR 1997, 319 m.w.N.). Jedenfalls ist ein etwaiger Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG hier schon deswegen ohne Belang, weil er sich auf Sachfragen bezieht, die für die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht von Einfluß sein konnten. Auch wenn die Genehmigungsbehörde - wie die
Rechtsbeschwerde geltend macht - aufgrund unzureichender Unterlagen über die Genehmigung des Vertrages entschieden haben sollte, konnte dies an der Entscheidung des Beschwerdegerichts, daß die Genehmigung unanfechtbar ist, nichts ändern.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel Krüger Lemke