Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2014 - 5 StR 640/13

bei uns veröffentlicht am04.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 640/13
vom
4. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Februar 2014 beschlossen
:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Neuruppin vom 29. August 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit jeweils die Entscheidungen
über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben
sind.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die beiden Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 21 Fällen, versuchten Diebstahls, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung und mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (bei H. inzwei Fällen, bei T. in einem Fall) schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten H. hat das Landgericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, gegen den Angeklagten T. eine solche von vier Jahren und sechs Monaten verhängt.
2
1. Die von den Angeklagten mit der allgemeinen Sachrüge geführten Revisionen haben im Umfang der Beschlussformel Erfolg; ansonsten sind sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
3
2. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift darauf hin, dass es das Landgericht versäumt hat, das Vorliegen der Voraussetzungen von § 64 StGB zu erörtern, obwohl sich dies nach den Urteilsfeststellungen aufgedrängt hätte (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 185/12). Die Strafkammer geht bei beiden Angeklagten von einer langjährigen Drogenabhängigkeit aus; die Wohnungseinbrüche dienten der Finanzierung ihrer Sucht (UA S. 4, 5, 7).
4
Bei dieser Sachlage wird die neu entscheidende Strafkammer die gebotene Prüfung unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) nachzuholen haben.
5
Der Aufhebung von Feststellungen bedurfte es nicht; das neue Tatgericht wird die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu treffen haben.
6
Dass die Strafen geringer ausgefallen wären, wenn das Landgericht die Maßregel angeordnet hätte, schließt der Senat bei den Vorbelastungen der Angeklagten und der Vielzahl der Wohnungseinbrüche aus.
Basdorf Dölp König
Berger Bellay

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 246a Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung


(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Ange

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2012 - 5 StR 185/12

bei uns veröffentlicht am 23.05.2012

5 StR 185/12 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 23. Mai 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2012 beschloss

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

5 StR 185/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 23. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2012

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bautzen vom 15. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) hinsichtlich des Angeklagten B. im gesamten Strafausspruch, im Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis und soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist;
b) hinsichtlich des Angeklagten R.
aa) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit er im Fall II.1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; davon ausgenommen bleiben die Feststellungen zur Bandenabrede; bb) im Ausspruch über die in den Fällen II.2, II.11 und II.25 verhängten Einzelstrafen sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe, im Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis und im Ausspruch über den Teilvorwegvollzug der Strafe ;
c) hinsichtlich des Angeklagten S.
aa) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit er im Fall II.1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; davon ausgenommen bleiben die Feststellungen zur Bandenabrede; bb) im gesamten Strafausspruch und soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten, den Angeklagten R. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten und den Angeklagten S. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt sowie hinsichtlich der Angeklagten B. und R. jeweils die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis verhängt. Zudem hat das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten R. in einer Entziehungsanstalt angeordnet und einen Vorwegvollzug von zwei Jahren und zwei Monaten der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Vollstreckung der Unter- bringung bestimmt. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten R. und S. im Fall II.1 wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist rechtsfehlerhaft, weil die Feststellungen ein eigenständiges Betäubungsmittelgeschäft nicht belegen. Gegenstand der zugelassenen Anklage ist ein Treffen der Angeklagten R. und S. etwa 14 Tage vor dem 10. Juni 2010 mit dem gesondert verfolgten D. . Im Rahmen der Bandenabrede soll an diesem Tag ein Kilogramm Haschisch vom anderweitig verfolgten Bu. übernommen worden sein. Das hat das Landgericht aber nicht festgestellt. Es hat lediglich Feststellungen zur Bandenabrede, zum Ablauf der „nachfolgend festgestellten Beschaffungsfahrten“ (UA S. 25) und dazu getroffen, dass die Angeklagten R. und S. sowie der gesondert verfolgte Bu. bei diesem Treffen eine erste Beschaffungsfahrt vereinbart haben, „die am 10. Juni 2010 durchgeführt wurde“ (UA S. 26). Diese Absprache erfüllt vorliegend jedenfalls noch nicht den Tatbestand des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Auch für eine Verurteilung wegen Verabredung zu einem Verbrechen gemäß § 30 Abs. 2 StGB ist kein Raum. Die Beschaffungsfahrt am 10. Juni 2010 ist Gegenstand der Verurteilung unter II.2. Neben der Haupttat tritt die Verabredung zu einem Verbrechen als subsidiär zurück (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1992 – 2 StR 442/92, BGHSt 39, 88, 89; BGH, Beschluss vom 11. März 1999 – 4 StR 56/99, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 4).
3
Die Sache bedarf insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass Feststellungen zu einer Beschaffungsfahrt etwa 14 Tage vor dem 10. Juni 2010 getroffen werden können. Die Feststellungen zur Bandenabrede, die den allgemeinen Ablauf der Beschaffungsfahrten und des Betäubungsmittelhandels einschließen, sind rechtsfehlerfrei; sie können daher bestehen bleiben.
4
2. Der gesamte Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten B. hat aufgrund der unzureichenden Prüfung des Vorliegens minder schwerer Fälle nach § 30a Abs. 3 BtMG keinen Bestand.
5
a) Das Landgericht ist hinsichtlich sämtlicher Taten des Angeklagten B. zunächst vom Regelstrafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG ausgegangen und hat die – durch die Annahme eines minder schweren Falls begründete – Anwendung des Sonderstrafrahmens nach § 30a Abs. 3 BtMG nach alleiniger Würdigung der allgemeinen Strafzumessungskriterien abgelehnt. Dabei hat es zugunsten des Angeklagten B. berücksichtigt, dass es sich bei Haschisch um eine „weiche“ Droge handele, der Angeklagte Betäubungsmittelkonsument sei und ein umfassendes Geständnis abgelegt habe. Auch der Umstand, dass die Taten während durchgeführter TKÜ-Maßnahmen und teilweise unter Observation durch die Ermittlungsbehörden stattgefunden hätten, begründet nach Ansicht der Strafkammer noch keinen minder schweren Fall (UA S. 41, 42). Das Landgericht hat die Voraussetzungen des gesetzlich vertypten Milderungsgrund des § 31 Nr. 1 BtMG bejaht, weil der Angeklagte B. unmittelbar nach seiner Festnahme durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen habe, dass die Tat über seinen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte (UA S. 42), und den Regelstrafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert.
6
b) Indes hätte das Landgericht zunächst prüfen müssen, ob ein minder schwerer Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG auch unter Heranziehung des vertypten Milderungsgrundes neben den allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkten angenommen werden kann. Erst wenn das Tatgericht auch nach dieser erneuten Abwägung weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf es seiner Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 2 StR 218/11, NStZ 2012, 271).
7
c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der jeweils verhängten Einzelfreiheitsstrafen von vier Jahren und zur Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs.
8
3. Darüber hinaus halten die Einzelstrafaussprüche in den Fällen II.2 (betreffend die Angeklagten R. und S. ), II.11 und II.25 (jeweils den Angeklagten R. betreffend) rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat in diesen Fällen bei der Strafzumessung nicht gewürdigt, dass nach der Festnahme des Angeklagten S. , des gesondert verfolgten W. und der Angeklagten B. und R. die Betäubungsmittel jeweils vollständig sichergestellt werden konnten und damit nicht mehr in den Verkehr gelangt sind. Damit ist rechtsfehlerhaft ein bestimmender Strafmilderungsgrund sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung unerwähnt geblieben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2012 – 4 StR 653/11, vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11 – und vom 19. Januar 1990 – 2 StR 588/89, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung

10).


9
Dies führt zur Aufhebung der betroffenen Einzelstrafen bezüglich der Angeklagten R. und S. sowie zur Aufhebung der Gesamtstrafaussprüche. Die Maßregelanordnung gegen den Angeklagten R. nach § 64 StGB kann bestehen bleiben, weil deren Voraussetzungen rechtsfehlerfrei festgestellt wurden und sie durch die Teilaufhebung des Strafausspruchs nicht berührt wird. Die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe, die der Höhe der Gesamtstrafe folgt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2009 – 5 StR 327/09, BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 17), ist mitaufzuheben.
10
4. Das Urteil begegnet ferner durchgreifenden Bedenken, soweit eine Erörterung der Unterbringung der Angeklagten B. und S. in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist.
11
Beide Angeklagte sind nach den Feststellungen der Strafkammer Betäubungsmittelkonsumenten. Der Angeklagte B. nimmt seit dem Jahr 2009 regelmäßig Crystal. Der Angeklagte S. ist ebenfalls langjähri- ger Drogenkonsument, „insbesondere im Bereich Haschisch und Crystal“ (UA S. 19). Beide Angeklagte haben in der Vergangenheit unter Alkoholeinfluss Straftaten begangen. Der Angeklagte B. wurde bereits im Jahr 2000 in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Gegen den Angeklagten S. wurde eine im Jahr 1998 angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung ausgesetzt. Nach dem Widerruf der Bewährung wurde die Maßregel in eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt umgewandelt und erneut zur Bewährung ausgesetzt. Eine neuerliche Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde gegen ihn darüber hinaus im Jahr 2007 verhängt und zur Bewährung ausgesetzt.
12
Die – wenngleich dürftigen – Feststellungen der Kammer zur Suchtanamnese der Angeklagten, die auch eine Auseinandersetzung mit den in der Vergangenheit angeordneten Maßregeln nach § 64 StGB vermissen lassen , und der Umstand, dass die Taten auch der Finanzierung eigenen Betäubungsmittelkonsums dienen sollten, legen nahe, dass die hier abgeurteilten Taten auf einen Hang der Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Sie hätten das Landgericht zu der Prüfung drängen müssen, ob jeweils die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB gegeben sind. Das – denkbare – Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen.
13
Das neue Tatgericht wird über die Unterbringung der Angeklagten R. und S. in einer Entziehungsanstalt unter Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 246a StPO zu befinden haben. Das Verbot der Schlechterstellung steht einer möglichen Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
14
5. Schließlich hält die gegen die Angeklagten B. und R. jeweils angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis rechtlicher Überprüfung nicht stand.
15
Das Landgericht hat dazu lediglich festgestellt, dass die Angeklagten langjährige Betäubungsmittelkonsumenten seien, der Angeklagte R. sogar betäubungsmittelabhängig sei, und die Vielzahl der Fahrten es nahe lege, dass „auch die Beschaffungsfahrten unter Betäubungsmitteleinfluss stattge- funden haben, bei denen mit einer Situation gerechnet werden musste, in der es zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung des Verkehrs kommen konn- te“ (UA S. 47). Zudem sei der Angeklagte R. bereits wegen Verkehrsstraf- taten verurteilt und der Angeklagte B. am 6. Oktober 2011 als Fahrer eines Kraftfahrzeugs mit Amphetaminen und Metamphetamin im Urin festgestellt worden. Die Strafkammer zweifele daher nicht daran, dass die Angeklagten bei den jeweiligen Taten bereit waren, die Sicherheit des Straßenverkehrs den jeweiligen kriminellen Interessen unterzuordnen.
16
Diese Feststellungen tragen die Maßregelanordnungen nicht. „Aus der Tat“ kann sich die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahr- zeugen nur dann ergeben, wenn die Anlasstat selbst tragfähige Rückschlüsse auf die Bereitschaft des Täters zulässt, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2005 – GSSt 2/04, BGHSt 50, 93, 102 f.; König in Hentschel /König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 69 StGB Rn. 13 mwN). Derartiges ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Namentlich fehlen Feststellungen zu einem etwaigen den Fahrten vorausgegangenen Drogenkonsum , zum täglichen Konsumverhalten der Angeklagten, die zumindest einen Schluss hierauf zulassen, oder zur Fahrweise der unter Observation stehenden Angeklagten. Vielmehr stellt das Landgericht insoweit nur Vermutungen an. Ferner sind die Belange der Verkehrssicherheit in Kurierfällen, in denen der Täter im Fahrzeug Rauschgift transportiert, auch nicht ohne Weiteres beeinträchtigt; es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass Rauschgifttransporteure bei Verkehrskontrollen zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen sind (BGH, aaO, S. 104; König, aaO, § 69 StGB Rn. 14b).
Basdorf Schaal Schneider König Bellay

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.