Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 567/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 15. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2013

beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Beschluss des Senats vom 10. April 2013 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
. G r ü n d e
1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 15. Mai 2012 mit Beschluss vom 10. April 2013 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Hiergegen hat der Verurteilte mit Schriftsatz vom 30. April 2013 eine Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO erhoben. Diese ist unbegründet, weil eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht vorliegt.
2
Der Senat war aufgrund der zum Teil urteilsfremden Behauptungen und Erwägungen des Beschwerdeführers im Revisionsverfahren, die auch in dem mit einer Verfahrensrüge vorgelegten schriftlichen Sachverständigengutachten keinen Beleg fanden, nicht gehalten, im Freibeweisverfahren die wissenschaftliche Tragfähigkeit des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens hinsichtlich des Altersvergleichs von mittels Kugelschreibern geleisteten Unterschriften aufzuklären.
3
Auch die Verhandlungsfähigkeit des Verurteilten für das Revisionsverfahren lag vor. Die nunmehr in der Anhörungsrüge mit nachgereichtem ärztlichen Attest ab dem 4. September 2012 – sechs Tage vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist – aufgrund einer Erschöpfungsdepression behauptete Verhandlungsunfähigkeit hinderte den Senat nicht an einer Sachentscheidung. Es ist nicht zweifelhaft, dass der Angeklagte während der Dauer des Revisionsverfahrens wenigstens zeitweilig zu einer Grundübereinkunft mit seinem Verteidiger über die Fortführung seines Rechtsmittels in der Lage war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 1995 – 5 StR 434/94, BGHSt 41, 16, vom 23. Februar 2006 – 4 StR 513/05, und vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 405/12, NStZ-RR 2013, 154). Mangels hinreichend konkreter entge- genstehender Anhaltspunkte bestand keine Veranlassung ein Sachverständigengutachten über die Verhandlungsfähigkeit des Verurteilten im Revisionsverfahren einzuholen.
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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 356a Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung


Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2006 - 4 StR 513/05

bei uns veröffentlicht am 23.02.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 513/05 vom 23. Februar 2006 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Besc

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2012 - 4 StR 405/12

bei uns veröffentlicht am 04.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 405/12 vom 4. Dezember 2012 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Brandstiftung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführ

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 513/05
vom
23. Februar 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 23. Februar 2006 gemäß §§ 206 a,
349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte Halil Ibrahim A. im Fall II.15 der Gründe des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 15. April 2005 wegen Betruges verurteilt worden ist; insoweit hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten Halil Ibrahim A. wird der Schuldspruch des vorbezeichneten Urteils dahin geändert, dass dieser Angeklagte des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zehn Fällen, des Betruges in vierzehn Fällen und des versuchten Betruges in drei Fällen schuldig ist.
3. Die Revision des Angeklagten Faik A. und die weiter gehende Revision des Angeklagten Halil Ibrahim A. werden verworfen.
4. Der Angeklagte Faik A. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Der Angeklagte Halil Ibrahim A. trägt die übrigen Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten Halil Ibrahim A. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zehn Fällen, Betruges in fünfzehn Fällen und versuchten Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Den Angeklagten Faik A. hat es des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in neun Fällen, Betruges in fünfzehn Fällen und versuchten Betruges in zwei Fällen für schuldig befunden und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von gleichfalls drei Jahren verhängt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen.
2
Die Revisionen sind trotz des von beiden Angeklagten erklärten Rechtsmittelverzichts zulässig, da die nach einer Urteilsabsprache erforderliche qualifizierte Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist (vgl. BGH NStZ 2005, 389, zum Abdruck in BGHSt 50, 40 bestimmt); die Rechtsmittel erweisen sich indes – die Revision des Angeklagten Faik A. insgesamt, die des Angeklagten Halil Ibrahim A. im Wesentlichen – als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Ein von beiden Beschwerdeführern nachträglich geltend gemachtes Verfahrenshindernis fehlender Verhandlungsfähigkeit besteht nicht.
4
a) Soweit der Angeklagte Faik A. seine Verhandlungsfähigkeit bereits für die Zeit während der insgesamt 34tägigen Hauptverhandlung in Frage stellt, ist zwar belegt, dass sich der Angeklagte am 15. März 2005 – zwischen dem 31. und dem 32. Verhandlungstag – in stationäre psychiatrische Behandlung begeben hat und deshalb an dem für den 16. März 2005 anberaumten Fortsetzungstermin nicht erschienen ist. Die Strafkammer hat deshalb – was die Revision nicht mitteilt – an diesem Tag das Verfahren gegen den Angeklagten abgetrennt (Prot. Bd. II Bl. 279 ff.), es dann jedoch bereits am nächsten (vorletzten ) Hauptverhandlungstermin am 6. April 2005, zu dem auch der Angeklagte erneut erschienen war, wieder zum Ursprungsverfahren hinzuverbunden. Zuvor war der Angeklagte psychiatrisch untersucht worden und hatte der an diesem Verhandlungstag gehörte Sachverständige dessen Verhandlungsfähigkeit bestätigt (Prot. Bd. II Bl. 290 ff.). Einwände dagegen wurden weder von dem Angeklagten noch von seinem Verteidiger erhoben. Der Angeklagte hat sodann an der weiteren Hauptverhandlung bis zu deren Ende teilgenommen und sich ausweislich des Protokolls auch durch persönliche Erklärungen beteiligt. Unter diesen Umständen kann, da das Landgericht die Verhandlungsfähigkeit sorgfältig geprüft und sich von deren Gegebensein ohne erkennbaren Rechtsfehler überzeugt hat, auch der Senat von ihrem Vorliegen ausgehen (vgl. BGHR StPO vor § 1/Verfahrenshindernis Verhandlungsfähigkeit 5 m.w.N.).
5
b) Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit beide Beschwerdeführer erstmals nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist ihre Verhandlungsfähigkeit im Revisionsverfahren unter Hinweis auf nachträglich zutage getretene psychische Auffälligkeiten in Frage gestellt haben. Auch unter Zugrundelegung des Vorbringens der Verteidigung liegen die engen Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung ausnahmsweise eine Einstellung wegen Verhandlungsunfähigkeit im Revisionsverfahren in Betracht zu ziehen sein kann, offensichtlich nicht vor. Der Senat ist vielmehr überzeugt, dass die Beschwerdeführer die Fähigkeit hatten, über die Einlegung ihrer Revisionen verantwortlich zu entscheiden , und sie auch zu einer Grundübereinkunft mit ihren Verteidigern über die Fortführung ihrer Rechtsmittel in der Lage waren, was für die Annahme der Verhandlungsfähigkeit in diesem Verfahrensabschnitt genügt (vgl. BVerfG – Kammer – NStZ 1995, 391; BGHSt 41, 16, 19; BGH, Beschluss vom 18. August 2004 - 3 StR 177/04). Gegenteiliges ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen bestand für die beantragte freibeweisliche Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den Senat kein Anlass.
6
2. Die Revision des Angeklagten Halil Ibrahim A. hat nur insoweit Erfolg, als das Verfahren gegen ihn im Fall II. 15 der Urteilsgründe (Unfall vom 26. September 1997) wegen des Verfahrenshindernisses fehlender Anklage einzustellen ist. Die zugelassene Anklage richtet sich in diesem Fall (Fälle 28 der Anklage; SA Bd. III Bl. 444) ausschließlich gegen den Mitangeklagten Faik A. . Auch die Gründe des angefochtenen Urteils weisen insoweit keine Beteiligung des Angeklagten Halil Ibrahim A. aus (UA 38/39).
7
3. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben, wie der Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften vom 1. Dezember 2005 zutreffend ausgeführt hat. Soweit der Angeklagte Faik A. mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 27. Januar 2006 auch Ausführungen zum Verfahren gemacht hat, ist dies Vorbringen infolge Ablaufs der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 Satz 1 StPO) verspätet und deshalb unbeachtlich.
8
4. Die Teileinstellung des Verfahrens gegen den Angeklagten Halil Ibrahim A. hat die Änderung des ihn betreffenden Schuldspruchs zur Folge und führt zum Wegfall der von der Einstellung betroffenen Einzelfreiheitsstrafe von elf Monaten. Gleichwohl hat die festgesetzte Gesamtstrafe Bestand. Angesichts der Vielzahl und des Gewichts der verbleibenden Taten sowie der Höhe der dafür ausgeworfenen Einzelfreiheitsstrafen kann der Senat ausschließen, dass der Tatrichter ohne die Einbeziehung dieser Einzelstrafe zu einer milderen Gesamtstrafe gelangt wäre.
9
5. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das Verfahren gegen den Angeklagten Faik A. im Fall 9 b) der Anklage (SA Bd. III Bl. 430) gemäß § 154 Abs. 2 StPO einzustellen, vermag der Senat nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass insoweit die Anklage nicht erledigt ist. Da sich das angefochtene Urteil zu diesem Anklagesachverhalt aber nicht verhält, ist es dem Revisionsgericht verwehrt, hierüber eine – wie auch immer geartete – Entscheidung, und zwar auch eine solche nach §§ 154, 154 a StPO, zu treffen (BGHR StPO § 352 Abs.1 Prüfungsumfang 4; Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 352 Rdn. 2 m.w.N.). Dies ist Aufgabe des Landgerichts, bei dem die Sache insoweit noch anhängig ist.
Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanović Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 405/12
vom
4. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Dezember 2012
gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 13. Juli 2012 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung und versuchten Betrugs unter Einbeziehung einer anderweit verhängten Freiheitsstrafe von zwei Monaten zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
2
Der Ausführung bedarf nur Folgendes:
3
1. Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012 mitgeteilt, dass bei dem Angeklagten am 1. Oktober 2012 ein Tumor im Schädelbereich diagnostiziert worden sei; nach Auskunft des leitenden Stationsarztes des Justizvollzugskrankenhauses sei dieser Tumor über Jahre hinaus gewachsen mit der Folge, dass der Angeklagte „während der mündlichen Verhandlungen" verhandlungsunfähig gewesen sei. Es werde die Einholung eines ärztlichen Gutachtens beantragt.
4
2. Der Senat hat keinen Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des – verteidigten (dazu BVerfG NStZ 1995, 391, 392) – Angeklagten und sieht auch keinen Anlass, im Freibeweisverfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Januar 1996 – 4 StR 741/95, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 16) ein Sachverständigengutachten einzuholen.
5
a) Für die Verhandlungsfähigkeit im strafprozessualen Sinne genügt es grundsätzlich, dass der Angeklagte die Fähigkeit hat, in und außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen (BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 1995 – 5 StR 434/94, BGHSt 41, 16, 18, und vom 20. April 2004 – 1 StR 14/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 261; HK-Julius, StPO, 5. Aufl., § 205 Rn. 4).
6
Ausweislich des Protokolls über die Hauptverhandlung zeigte sich der Angeklagte jederzeit in der Lage, sich sachgerecht zu verteidigen; er äußerte sich umfänglich zu den Tatvorwürfen. Weder aus den Urteilsgründen noch aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich irgendein Hinweis darauf, dass Bedenken hinsichtlich der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestanden haben oder hätten bestehen müssen. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt , indem er ausführliche Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und zur Sache gemacht hat:
7
Der Angeklagte hatte, nachdem er im Ermittlungsverfahren noch jegliche Beteiligung an dem Brand abgestritten hatte, in der Hauptverhandlung bei seiner Vernehmung zur Sache eine substantiierte Einlassung vorgebracht, mit der er belegen wollte, das Feuer fahrlässig verursacht zu haben. Dabei „offenbarte der Angeklagte ein beeindruckendes Detailwissen bezüglich derjenigen Umstände , die ihm erwähnenswert schienen.“ Nachfragen des Gerichts hatte er allerdings unter pauschalem Hinweis auf fehlende Erinnerung abgewehrt. Zwei Verhandlungstage später schob er eine sich in seine bisherige Sachdarstellung einfügende Ergänzung nach, um eine fahrlässige Brandlegung weiter zu untermauern , nachdem der Sachverständige erklärte hatte, dass der zunächst geschilderte Ablauf aus seiner Sicht kaum denkbar wäre. Nachfragen wehrte er wiederum unter Hinweis auf fehlende Erinnerung ab. Auf Seite 16 der Urteilsgründe listet die Strafkammer drei weitere Vorfälle auf, bei denen der Angeklagte sein ursprüngliches Einlassungsverhalten dem weiteren Gang der Hauptverhandlung – in aus seiner Sicht situationsadäquater Weise – angepasst hat. Auch in seinem letzten Wort hat er sich verständig zu den Anträgen der Staatsanwaltschaft geäußert.
8
Wenn während der Verhandlung, die zudem zeitweise in Anwesenheit eines psychiatrischen Sachverständigen stattgefunden hat, das Landgericht keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten hatte und solche auch von dem Sachverständigen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1987 – 5 StR 555/87, BGHR StPO vor § 1/Prozesshandlung, Verhandlungsfähigkeit
1) oder dem Verteidiger nicht geäußert wurden, kann die Verhandlungsfähigkeit grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 1999 – 1 StR 669/98, bei Kusch NStZ-RR 2000, 38 [unbemerkter „Unterzuckerungsschock“], vom19. Januar 1999 – 4 StR 693/98, NStZ 1999, 258, 259, vom 6. Mai 1999 – 4 StR 79/99, NStZ 1999, 526, 527, vom 19. September 2000 – 4 StR 337/00, bei Becker NStZ-RR 2001, 264, und vom 5. Januar 2005 – 4 StR 520/04, NStZ-RR 2005, 149, 150).
9
b) Auch die – anders zu beurteilende – Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten für das Revisionsverfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 1995 – 5 StR 434/94, BGHSt 41, 16; Urteil vom 21. Februar 2002 – 1 StR 538/01, BGHR StPO vor § 1/Verfahrenshindernis, Verhandlungsfähigkeit 5; Beschluss vom 23. Februar 2006 – 4 StR 513/05) ist gegeben. Der Angeklagte hatte die Fähigkeit, über die Einlegung des Rechtsmittels der Revision verantwortlich zu entscheiden; irgendwelche Anhaltspunkte, die eine für die Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit relevante Änderung in der Woche nach Verkündung des Urteils in seiner Anwesenheit belegen könnten, sind nicht ersichtlich und werden auch von dem Verteidiger nicht vorgetragen. Zudem ist nicht zweifelhaft, dass der Angeklagte während der Dauer des Revisionsverfahrens wenigstens zeitweilig zu einer Grundübereinkunft mit seinem Verteidiger über die Fortführung oder Rücknahme des Rechtsmittels in der Lage war.
10
c) Unter den gegebenen Umständen ist der Senat davon überzeugt, dass er die für die Beurteilung notwendigen Tatsachenfeststellungen auf einer hinreichend zuverlässigen Grundlage treffen kann, ohne in dem hier gegebenen Einzelfall ein Sachverständigengutachten über die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten einholen zu müssen (vgl. BVerfG NStZ 1995, 391, 393). Auch der Verteidiger hat in seinem Schriftsatz vom 4. Oktober 2012 keinerlei Anhaltspunkte benannt, die konkret auf eine Verhandlungsunfähigkeit während der erstinstanzlichen Hauptverhandlung oder in dem danach anhängig gewordenen Revisionsverfahren hindeuten würden (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 – 2 StR 98/05, NStZ-RR 2006, 42; HK-Julius, aaO).
Mutzbauer Cierniak RiBGH Dr. Franke ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer
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