Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2019 - 5 StR 441/19


Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Ergänzend bemerkt der Senat: Das Urteil hält auch insoweit rechtlicher Überprüfung stand, als die Schwurgerichtskammer dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen hat. § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt entsprechend zutreffender obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. OLG Oldenburg VRS 55 1978, 120) und überwiegender Auffassung im Schrifttum (eingehend LK StGB/Geppert, 12. Aufl., § 69 Rn. 24; ebenso Lackner /Kühl/Heger, 29. Aufl., § 44 Rn. 3; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht , 45. Aufl., § 69 StGB Rn. 3a; a.M. z. B. Schönke/Schröder/Kinzig, StGB 30. Aufl., § 69 Rn. 14) nicht voraus, dass die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs verübte Tat im öffentlichen Verkehrsraum erfolgt. Der Gesetzeswortlaut enthält keine diesbezügliche Einschränkung. Der mit der Maßregel verfolgte Zweck, fahrungeeignete Täter von einer Teilnahme als Kraftfahrer am Straßenverkehr auszuschließen, streitet gegen sie. Wie das Landgericht sorgfältig dargelegt hat, lässt eine Tat, mit der der Täter sein fahrendes Kraftfahrzeug gezielt als Mittel zur Begehung einer gefährlichen Körperverletzung oder gar Tötung eingesetzt hat (hier Totschlagsversuch durch Zufahren mit einem Transporter auf die Nebenklägerin im Hof eines Wohnhauses), auf tiefgreifende charakterliche Eignungsmängel schließen, die die Entziehung der Fahrerlaubnis gerade zur Sicherung des Straßenverkehrs gebietet (implizit wohl auch etwa BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2011 – 4 StR 401/11, DAR 2012, 389 m. Anm. Geppert; vom 14. Mai 1998 – 4 StR 211/98, NZV 1998, 418). Es könnte nicht überzeugen, die Anordnung der Maßregel von der oftmals durch Zufälligkeiten bedingten Frage abhängig zu machen, ob sich der Täter noch oder schon im öffentlichen Verkehrsraum zur Pervertierung seines Kraftfahrzeugs als Waffe entschließt.
Sander Schneider König Mosbacher Köhler


Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen
- 1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), - 1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d), - 2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316), - 3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder - 4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.