Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2013 - 5 StR 427/12

bei uns veröffentlicht am19.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 427/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2013

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 13. Januar 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO unter Aufrechterhaltung der Feststellungen – mit Ausnahme derjenigen zum Liquiditätsstatus, zur Existenzgefährdung der A. GmbH und zum Vermögensnachteil sowie insgesamt zum Fall II.5 der Urteilsgründe – aufgehoben, soweit
a) die Angeklagte B. M. verurteilt worden ist,
b) der Angeklagte H. M. hinsichtlich der Fälle II.1 bis 10 der Urteilsgründe verurteilt ist, und
c) im Ausspruch über sämtliche Einzelstrafen und die Gesamtstrafen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. M. – unter Freisprechung im Übrigen – wegen Untreue in zehn Fällen jeweils in Tateinheit mit Bankrott und wegen versuchten Betruges zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Davon hat es vier Monate Freiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt erkannt. Die Angeklagte B. M. hat das Landgericht wegen Untreue in sechs Fällen jeweils in Tateinheit mit Bankrott zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 20 € ver- urteilt, von denen 60 Tagessätze als vollstreckt gelten. Die hiergegen gerichteten , auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten erzielen jeweils mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte H. M. faktischer Geschäftsführer der A. GmbH (nachfolgend A. GmbH), einer Tochtergesellschaft der von ihm gegründeten und maßgeblich bestimmten A. AG. Seine Mutter, die Angeklagte B. M. , war zwar formell bestellte Geschäftsführerin der A. GmbH, führte aber keine entsprechende Tätigkeit aus. Spätestens ab Juni 2003 befand sich die A. GmbH in einem Zustand konkreter Existenzgefährdung durch Liquiditätsverluste sowie drohender Zahlungsunfähigkeit. Ab diesem Zeitpunkt bis zum Verkauf der A. GmbH am 5. August 2003 entzog H. M. (Fälle II.1 bis 10), überwiegend gemeinschaftlich mit seiner Mutter (Fälle II.1 bis 3, 5 bis 8 sowie 10 unter teilweiser abweichender Bewertung der Konkurrenzen), der A. GmbH unter Geltendmachung „tatsächlich nicht oder nicht in dem Umfang bestehender Forderungen“ (UA S. 18) Gelder in Höhe von etwa 588.600 €. Hierdurch wurde die den Gläubigern zustehende Haftungsmasse verkürzt. Bereits zwei Wochen nach dem Ver- kauf der Gesellschaft stellte der neue Geschäftsführer einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Oktober 2003 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.
3
2. Die Verurteilungen der Angeklagten wegen Untreue haben keinen Bestand. Die Begründung, mit der das Landgericht die Geldentnahmen aus der A. GmbH als pflichtwidrig bewertet und einen rechtswidrigen Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB bestimmt hat, begegnet durchgreifenden Bedenken.
4
a) Das Landgericht hat – ohne im Einzelnen die Gesellschafterverhältnisse der A. AG näher darzulegen – zugunsten der Angeklagten angenommen, dass die Entnahmen jeweils im Einverständnis mit der Konzernmutter erfolgten. Dennoch seien sie pflichtwidrig gewesen, weil sie die wirtschaftliche Existenz durch Liquiditätsverluste gefährdet hätten. Die konkrete Existenzgefährdung hat das Landgericht – ohne Feststellungen zum Vermögensstatus der A. GmbH zu treffen – allein aus dem tatsächlichen Geschehenslauf anhand einer Gesamtabwägung von Indizien (Insolvenzeintritt alsbald nach den Entnahmen, Verkauf der GmbH an einen „Firmenbestatter“, unberechtigte Zahlungsstockungen, wirtschaftliche Schwierigkeiten der A. GmbH und des Mutterkonzerns) festgestellt. Dabei hat es freilich berücksichtigt, dass in diesem Fall „keines der klassischen wirtschaftskriminalistischen Beweisanzeichen für eine konkrete Existenzgefährdung“ (UA S. 93), wie erfolglose Pfändungen oder sonstige Vollstreckungsversuche, vorgelegen hat. Mangels vollständiger Buchhaltungsunterlagen hat es von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Liquiditätsstatus der A. GmbH abgesehen. Zudem sah sich das Landgericht nicht gehalten, das von den Angeklagten „vorgelegte Zahlenmaterial“ weiter aufzuklären, weil aufgrundvorgenommener Mani- pulation an Belegen ein „nicht weiter überprüfbarer Auszug aus dem Ge- samtbild einer bilanziellen Bewertung der wirtschaftlichen Situation der A. GmbH erkennbar gewesen“ (UA S. 99) wäre. Den Vermögens- nachteil zu Lasten der GmbH hat die Wirtschaftsstrafkammer bei den einzelnen Taten in Höhe des jeweils entzogenen Betrages festgesetzt.
5
b) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass einverständliche Entnahmen bereits erzielter Gewinne und die Zahlung von Gewinnvorschüssen für sich allein noch keinen rechtswidrigen Nachteil für die GmbH bedeuten, und zwar selbst dann nicht, wenn die entnommenen Beträge zu Tarnungszwecken falsch gebucht werden; hat jedoch eine an sich zulässige Gewinnentnahme schädliche Folgen, die über die durch die Entnahme bewirkte Vermögensminderung hinausreichen, kann sie als rechtswidriger Nachteil für die GmbH gewertet werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 1988 – 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 336 f.). Pflichtwidriges Handeln und ein rechtswidriger Nachteil sind anzunehmen, wenn das Stammkapital beeinträchtigt oder die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft in anderer Weise gefährdet wird (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266 Rn. 96, 156 mwN), etwa weil der Gesellschaft ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre (vgl. BGHSt aaO, S. 337 f., sowie BGH, Urteile vom 24. Oktober 1990 – 3 StR 16/90 – und vom 10. Juli 1996 – 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23 und 37, sowie vom 13. Mai 2004 – 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff.).
6
aa) Der im Einzelnen in den Urteilsgründen dargelegte tatsächliche Geschehenslauf und die Gesamtabwägung aller Indizien sprechen zwar für eine „Aushöhlungsabsicht“ der Angeklagten und lassen den Eintritt einer Existenzgefährdung vermuten. Dass die A. GmbH sich jedoch bereits Anfang Juni 2003 in einem Zustand der Existenzgefährdung durch Liquiditätsverluste befunden hat und die Entnahmen sich nicht mehr im Bereich des Erlaubten bewegten, sondern einen rechtswidrigen Vermögensnachteil für die Gesellschaft bedeuteten, wird von den Feststellungen nicht genügend belegt. Insofern fehlt es an einer hinreichend konkreten Darstellung der Vermögenssituation der A. GmbH zum Zeitpunkt der (jeweiligen) Entnahmen (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2006 – 5 StR 475/05, wistra 2006, 265).
7
bb) Zwar kann sich die Gefährdung der Existenz oder der Liquidität einer GmbH auch ohne Aufstellung einer Vermögensbilanz allein auf Grund eines tatsächlichen Geschehenslaufs feststellen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 1988 – 3 StR 232/88, BGHSt 35, 333, 338; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 – 4 StR 561/05, wistra 2006, 229, 230). Nach den bisherigen Feststellungen hat das Landgericht aber angenommen, dass bei der A. GmbH ab Juni 2003 noch Gelder „in erheblichem Umfang“ (UA S. 79) eingegangen sind. Zudem wies das einzige Firmenkonto am 31. Juli 2003 – und damit nach dem vom Landgericht angenommenen Zeitpunkt des Eintritts der Existenzgefährdung der GmbH – noch ein Bankgutha- ben von mindestens 70.000 € auf.
8
cc) Der tatsächliche Geschehenslauf kann daher vorliegend nicht allein die gebotenen konkreten Feststellungen zum Vermögensnachteil ersetzen. Der Senat verkennt nicht die sich aus den unvollständigen Buchhaltungsunterlagen ergebende Schwierigkeit, tatzeitbezogene Feststellungen zur Vermögenssituation der A. GmbH zu treffen. Dennoch darf die konkrete Ermittlung des Nachteils nicht aus der Erwägung heraus unterbleiben , dass sie mit praktischen Schwierigkeiten verbunden ist; verbleiben Unsicherheiten, ist vielmehr unter Beachtung des Zweifelssatzes der (Mindest -)Schaden im Wege der Schätzung zu ermitteln (BVerfGE 126, 170, 211 f.).
9
dd) Es hätte deshalb – ungeachtet unvollständiger Buchhaltungsunterlagen – weiterer (Mindest-)Feststellungen dazu bedurft, ob und in welchem Umfang es im Tatzeitraum tatsächlich zu Liquidationsproblemen gekommen ist. Dass im Oktober 2003 das Insolvenzverfahren wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eröffnet wurde, genügt für die Annahme einer Liquiditätsgefährdung bereits zu Beginn des Tatzeitraums nicht (vgl. BGH, Be- schluss vom 10. Januar 2006 – 4 StR 561/05 aaO). Hingegen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich anhand der Erkenntnisse aus dem zeitnah eröffneten Insolvenzverfahren (Mindest-)Feststellungen zur Vermögenssituation der A. GmbH und damit auch zu einer naheliegenden Existenzgefährdung treffen lassen.
10
c) Im Fall II.5 ist von der Wirtschaftsstrafkammer darüber hinaus nicht dargelegt worden, ob und in welcher Höhe die von der Konzernmutter an die A. GmbH – nicht ausschließbar – verkaufte Forderung gegenüber der Firma F. in ihrem Wert zum Zeitpunkt der Abtretung tatsächlich hinter ihrem Kaufpreis von 35.000 € zurückgeblieben ist und damit keinen kompensierenden Vermögenszuwachs dargestellt hat. Entsprechende Feststellungen zum tatsächlichen Wert der verkauften Forderung und damit zur Höhe eines etwaigen Vermögensnachteils hat das Landgericht nicht getroffen.
11
3. Die Feststellungen tragen auch nicht die Schuldsprüche wegen tateinheitlichen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Fälle II.1 bis 10). Eine drohende Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 283 StGB ist im Tatzeitraum nicht hinreichend belegt.
12
a) Für die Prognose der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit ist auf den letzten Fälligkeitszeitpunkt aller Verbindlichkeiten abzustellen; je länger der Prognosezeitraum ist, desto höher muss die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Zahlungsunfähigkeit sein; zu berücksichtigen ist die gesamte Entwicklung der Finanzlage, d. h. die fälligen und im Prognosezeitraum entstehenden Verbindlichkeiten, die zur Verfügung stehenden Mittel, Kreditmöglichkeiten und die Auftragsentwicklung (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., Vor § 283 StGB Rn. 11 mwN).
13
b) Für die Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erweist sich die – zwar generell mögliche – Heranziehung wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen ohne jegliche (Mindest-)Feststellungen zu einem Liquiditätsstatus , d. h. zu kurzfristig fällig werdenden Verbindlichkeiten der A. GmbH und den zu ihrer Tilgung vorhandenen oder herbeizuschaffenden Mitteln (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 – 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2226), entsprechend den Darlegungen zur Untreue als unzureichend.
14
4. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II.1 bis 10 führt zum Wegfall der zugehörigen Einzelstrafen und der Gesamtstrafen. Der Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten H. M. im Fall II.12 ist rechtsfehlerfrei getroffen; der Senat hebt jedoch insoweit auch die verhängte Einzelstrafe auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt eine stimmige Strafzumessung zu ermöglichen. Die Feststellungen – mit Ausnahme derjenigen zum Liquiditätsstatus, zur Existenzgefährdung der A. GmbH und zum Vermögensnachteil sowie insgesamt zum Fall II.5, die aufgehoben werden – sind ebenfalls rechtsfehlerfrei getroffen; sie können daher bestehen bleiben. Mit der getroffenen Kompensationsentscheidung hat es – bezogen auf den bisherigen Verfahrensablauf – sein Bewenden.
15
5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin:
16
Das neue Tatgericht wird ausgehend von den im Insolvenzverfahren gewonnenen und von ihm als zuverlässig angesehenen Erkenntnissen zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und zur Überschuldung der Gesellschaft am 1. Oktober 2003 tatzeitbezogen sichere Mindestfeststellungen zu dem Beginn der konkreten Existenzgefährdung und der wirtschaftlichen Krise zu treffen haben. Dazu erscheint es vorliegend angezeigt, einen (Mindest-)Liquiditätsstatus – gegebenenfalls durch Beauftragung eines Sachverständigen – zu erstellen, in welchem die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte aller bestehenden und zu erwartenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (vgl. zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit BGH, Urteil vom 29. April 2010 – 3 StR 314/09, NJW 2010, 2894, 2898, Beschluss vom 30. August 2011 – 2 StR 652/10, NJW 2011, 3733, 3734).
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafgesetzbuch - StGB | § 283 Bankrott


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit 1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Ins

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
1. Investitionsbeihilfen begründen grundsätzlich keine Vermögensbetreuungspflicht
im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, es sei denn,
der Empfänger hat zugleich über den Subventionszweck hinausgehende
Vermögensinteressen des Subventionsgebers zu
beachten.
2. In einem Konzern verletzen die Vorstandsmitglieder der beherrschenden
Aktiengesellschaft jedenfalls dann ihre Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber einer abhängigen GmbH, wenn
deren Vermögenswerte in einem solchen Umfang ungesichert
im Konzern angelegt werden, daß im Fall ihres Verlustes die
Erfüllung von Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft oder
deren Existenz gefährdet wäre.
3. Zur Bestimmung des Schuldumfangs bei Untreue durch existenzgefährdenden
Eingriff.
BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - LG Bremen
5 StR 73/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 13. Mai 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 6. und 13. Mai 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Prof. Dr. W ,
Rechtsanwalt Dr. G
als Verteidiger des Angeklagten Dr. H ,
Rechtsanwalt Prof. Dr. S
als Verteidiger des Angeklagten Sc ,
Rechtsanwalt J
als Verteidiger des Angeklagten Sm ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 13. Mai 2004 für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. Dezember 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
III. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die drei Angeklagten jeweils wegen gemein- schaftlicher Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren – vom Generalbundesanwalt vertretenen und zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten – Revisionen mit der Sachrüge allein den Rechtsfolgenausspruch. Alle Rechtsmittel haben Erfolg.

A.


Das Landgericht hat jeweils ein Vergehen der Untreue darin gesehen, daß die Angeklagten als Mitglieder des Vorstands der B V V - AG (BVV AG) Gelder ihrer beiden ostdeutschen Tochtergesellschaften in den – dann später in Konkurs gefallenen – Konzernverbund überführt haben.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts war die B V AG (BV AG) ein Werftenverbund mit dem Schwerpunkt Schiffbau. Im Jahr 1992 erfolgte eine Umstrukturierung, in deren Gefolge die B V AG ihre operativen Funktionen aufgab und in die B V V AG umfirmierte. Der Angeklagte Dr. H war von 1987 bis zum 15. November 1995 zunächst Vorsitzender des Vorstands der BV AG sowie dann der BVV AG. Der Angeklagte Sc war als Mitglied des Vorstands der BVV AG ab Ende 1993 für das Ressort Controlling, der Angeklagte Sm ab August 1993 als Mitglied des Vorstands der BVV AG für den Bereich Schiffbau und später (ab September 1995) auch für den Bereich Finanzen zuständig.
Ab 1991 verhandelte die BV AG mit der Treuhandanstalt über den Erwerb ostdeutscher Werften. Tatsächlich ging es um zwei Werften aus dem D M - und Sch . Nach der Privatisierung der ostdeutschen Werftindustrie sollten aus dem ehemaligen Kombinat die M W in Wismar (MTW) und die V in Stralsund (VWS) herausgelöst und an die BV AG veräußert werden. Eigner der beiden Werften war letztlich – über ein zwischengeschaltetes Konstrukt von Beteiligungsgesellschaften – die Treuhandanstalt, der als einer dem Bundesminister der Finanzen unterstellten Anstalt des öffentlichen Rechts die Aufgabe zukam, die ostdeutschen Betriebe zu privatisieren.
Der Angeklagte Dr. H war von Anfang an in die Verhandlungen mit der Treuhandanstalt einbezogen. Die Treuhandanstalt verfolgte bei den Privatisierungsverhandlungen das Ziel, Arbeitsplätze zu sichern und an den Standorten moderne konkurrenzfähige Werften entstehen zu lassen. Nachdem sich weitere Interessenten zurückgezogen hatten, wurden die Verhandlungen über einen Erwerb mit der BV AG intensiviert, wobei auch eine Reihe externer Berater hinzugezogen wurde. Am 11. August 1992 kam es dann zum Verkauf der MTW, am 18. Februar 1993 zum Verkauf der VWS. Beide Ostwerften waren zu diesem Zeitpunkt jeweils als GmbH im Handelsregister eingetragen.
Mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11. August 1992 (KAV) wurden die Geschäftsanteile der MTW an die BV AG übertragen. Als Erwerberin übernahm die BV AG dabei eine Garantie, 3110 Arbeitsplätze bis 31. Dezember 1995 zu sichern (§ 9.2 KAV) und bis dahin die Werft nicht stillzulegen (§ 10 KAV). Darüber hinaus sollten näher beschriebene Investitionen im Umfang von etwa 560 Mio. DM in das Anlagevermögen erfolgen (§ 8 KAV), wobei Modifikationen der geplanten Vorhaben bei Einhaltung der Wertgrenze zulässig sein sollten. Die Treuhandanstalt verpflich-
tete sich in dem Vertrag außer zum Ausgleich von Altkrediten auch zur Zahlung eines Gesamtausgleichsbetrages in Höhe von 680 Mio. DM. In dem Gesamtausgleichsbetrag war ein Investitionszuschuß in Höhe von 340 Mio. DM enthalten. Weiterhin sollten durch den – in drei Raten bis Ende 1993 zu erbringenden – Gesamtausgleichsbetrag drohende Verluste aus laufenden Geschäften (nicht kostendeckende Schiffbauverträge), die Kosten für einen als erforderlich angesehenen Personalabbau (Sozialpläne) und für weitere erwartete Einbußen abgegolten werden (§ 5 KAV).
Mit notariell beurkundetem Kauf- und Übertragungsvertrag (KÜV) vom 18. Februar 1993 erwarben zwei Gesellschaften, an denen die – mittlerweile umfirmierte – BVV AG maßgeblich beteiligt war, die Geschäftsanteile der VWS. Auch in diesem Vertrag übernahmen die Erwerber die Garantie für den Erhalt von mindestens 2200 Arbeitsplätzen (§ 11 KÜV) und sicherten den Bestand der Werft bis Ende 1997 zu (§ 12.3 KÜV). Die Käufer verpflichteten sich zu Investitionen bis 2005 in Höhe von insgesamt 640 Mio. DM in das Anlagevermögen (§ 10.1 KÜV). Daneben sah dieser Vertrag – anders als der KAV – eine Verpflichtung der Käufer vor, die Volkswerft als eigenes Profitcenter zu führen und die der Volkswerft zugedachten Beihilfen ausschließlich für diese zu verwenden (§ 12.2 KÜV). Die Treuhandanstalt verpflichtete sich in der Vereinbarung zu einer Entschuldung von Altkrediten und zur Zahlung eines Gesamtausgleichsbetrages in Höhe von 585 Mio. DM. Neben einer Kompensation für drohende Verluste aus laufenden Geschäften und personellen Umstrukturierungen enthielt dieser Betrag auch einen Investitionszuschuß in Höhe von 380 Mio. DM (§ 4 KÜV). Weiterhin begründete der Vertrag auch Einstandspflichten der Treuhandanstalt für Forderungen gegen andere ehemals kombinatsabhängige Unternehmenseinheiten. Im Laufe des Jahres 1994 erwarb die H H , eine Tochter der BVV AG, 89 % der Anteile an der VWS; 11 % der Anteile hielt die Stadt Stralsund.
Beide Verträge (KAV und KÜV) sahen einen Genehmigungsvorbehalt im Hinblick auf die Zustimmung der Europäischen Kommission vor. Diese legte Wert darauf, daß keine sogenannten Spill over Effekte eintreten würden , sich also die Beihilfeleistungen der Treuhandanstalt nicht zugleich als Subventionen für die im Westen gelegenen Betriebsstätten der BVV AG auswirken würden. Um dem Anliegen der Kommission Rechnung zu tragen, einigte man sich darauf, daß vierteljährlich entsprechende „Spill over Berichte“ zu fertigen seien, die zudem von einem Wirtschaftsprüfer einmal jährlich testiert werden mußten. In der Folgezeit wurden entsprechende Berichte dann auch durch die beiden Ostwerften vorgelegt.
Die BVV AG befand sich – bedingt durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Schiffbau – seit 1992 ständig in einer angespannten finanziellen Situation. Um die Liquiditätsstruktur innerhalb des Konzerns zu optimieren, war ein zentrales Cash-Management-System in der Planung. Dadurch sollten zunächst Finanzüberhänge innerhalb des Konzerns genutzt und so die Aufnahme von Bankkrediten reduziert werden. Aufgrund eines Vorstandsbeschlusses im Herbst 1992 wurde ein zentrales automatisches CashManagement für sämtliche Tochtergesellschaften eingeführt. Dieses richtete die BVV AG aufgrund eines auch mit der Commerzbank als Hausbank geschlossenen Vertrages im Herbst 1993 zunächst nur unter den westdeutschen Tochterunternehmen ein, während die MTW und VWS nicht einbezogen waren. Danach wurde bei der BVV AG ein Zielkonto gebildet, auf das von den Konten der Tochterunternehmen Guthaben automatisch abgebucht wurden. Gleichzeitig erfolgte von dem Zielkonto ein Ausgleich entsprechender Debetsalden der Tochterunternehmen.
Die beiden Ostwerften verfügten auch aufgrund der erhaltenen Leistungen über erhebliche Liquiditätsreserven. Zunächst wurden freie Gelder der MTW als Festgeldanlage an den Treasury der BVV AG ausgereicht. Die
Treuhandanstalt, die von der Anlage dieser Gelder im Treasury Kenntnis er- langt hatte, stimmte der Ausleihung der Gelder unter der Bedingung zu, daß ihre jederzeitige Rückzahlbarkeit gesichert sein mußte. Die Gelder wurden zum 31. März 1994 vereinbarungsgemäß zurückgeführt. Gleiches gilt auch für eine – wesentlich geringere – Anlage der VWS im Treasury.
Das Jahr 1993 hatte den höchsten Verlust der Konzerngeschichte erbracht ; die Banken kürzten die Kreditlinien. Im Verlauf des Jahres 1994 wurde die Liquidität im Konzern zunehmend schwächer. Bereits am 5. April 1994 überwies die MTW 70 Mio. DM, am 8. April 1994 weitere 40 Mio. DM als Festgeld an die BVV AG. Nach der Freigabe eines erheblichen Betrages durch die EU-Kommission legte die MTW im Mai 1994 zusätzlich 220 Mio. DM bei der BVV AG an.
Nachdem sich eine zunächst ins Auge gefaßte Kapitalerhöhung nicht realisieren ließ, beschloß der Vorstand in seiner Sitzung Mitte Juli 1994 ein Sanierungskonzept, das auch die Veräußerung von Firmenanteilen vorsah. Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Finanzplanung sollten nun die bislang hiervon ausgenommenen Ostwerften in das automatische CashManagement -System einbezogen werden. Nach internen Unstimmigkeiten innerhalb der Konzernführung wies schließlich der Vorstand der BVV AG die MTW an, sich an dem Cash-Management-System zu beteiligen. Daraufhin kam es im September 1994 zu einer Vereinbarung, welche die MTW verpflichtete , freie Mittel auf das bei der Commerzbank geführte Konto zu übertragen , über das automatisch eine Saldenkonzentration innerhalb des Konzerns bewirkt wurde. Von Seiten der VWS wurde zunächst hinhaltender Widerstand gegen eine Einbeziehung in das Cash-Management-System geleistet. Aufgrund einer Gesellschafterweisung trat schließlich auch die VWS dem Cash-Management-System bei.
Nach anfänglichen Erfolgen bei der finanziellen Konsolidierung des Gesamtkonzerns gab es im Verlauf des Jahres 1995 weitere Rückschläge wegen Forderungsausfällen und der nicht kostendeckenden Fertigstellung von Schiffbauvorhaben. Die Sanierungsvorhaben scheiterten ebenso wie die in Aussicht genommene Veräußerung von steuerlichen Verlustvorträgen in der Gesamthöhe von etwa 3 Mrd. DM. Den Angeklagten war die sich verschärfende wirtschaftliche Situation und insbesondere die dramatische Liquiditätslage bekannt. Dies war Gegenstand einer Vorstandssitzung am 7. August 1995, die – unter Einbeziehung des Aufsichtsrats – in der Folgezeit zu Bemühungen führte, weitere Kredite zu erlangen. Ende August 1995 kam es zur Vereinbarung eines Konsortialkredits in Höhe von insgesamt 300 Mio. DM, an dem mehrere Banken beteiligt waren. Als Sicherheiten wurden die wesentlichen im Konzern noch vorhandenen freien Vermögenswerte verpfändet. Die VWS nahm dabei auf Geheiß der Konzernmutter aus dem Gesamtkredit ein Teildarlehen in Höhe von 68 Mio. DM auf.
In seiner Sitzung im September 1995 billigte der Aufsichtsrat die Kreditaufnahme. Zugleich entband er auf dessen Anerbieten den Angeklagten Dr. H von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender, wobei dieser das Amt kommissarisch weiterführen sollte, bis ein Nachfolger gefunden sei.
Trotz des Konsortialkredits kam es im Herbst 1995 zu einer weiteren Verschlechterung der Liquiditätssituation der BVV AG. Diese wurde unter anderem auch durch negative Meldungen in den Medien über die Finanzsituation des Gesamtkonzerns ausgelöst, weil nunmehr etliche Zulieferer nur noch gegen Vorkasse lieferten. Noch im Oktober 1995 wurden von der EUKommission aus dem Gesamtausgleichsbetrag 194 Mio. DM freigegeben, die auf Konten der MTW ausgezahlt wurden und sofort in das CashManagement -System einflossen. Zugleich nahm die MTW auf Veranlassung
der Konzernleitung einen sogenannten Bauzeitenkredit in Höhe von 80 Mio. DM auf.
Der Aufsichtsrat beschloß aufgrund der anhaltenden schwierigen finanziellen Situation in seiner Sitzung vom 15. November 1995 die sofortige Entbindung des Angeklagten Dr. H von seinen Pflichten als Vorstandsvorsitzender und übertrug zugleich diese Funktion dem Angeklagten Sm . Ende 1995 kam es durch die Commerzbank und das Land Bremen zu einer neuerlichen Kreditvergabe von über 384 Mio. DM. Im Dezember 1995 traten erneut Liquiditätslücken auf. Schließlich verschärfte sich die Situation im Januar 1996 drastisch. Eine Sanierung kam nicht mehr zustande. Am 21. Februar 1996 wurde für die BVV AG ein Vergleichsantrag gestellt. Am 1. Mai 1996 kam es durch das Amtsgericht Bremen zur Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens.
Im Februar 1996 waren Gelder der Ostwerften in erheblichem Umfang im Gesamtkonzern angelegt oder – als Transferleistungen im CashManagement -System – von anderen Tochterunternehmen beansprucht. So flossen bei der MTW insgesamt etwa 590 Mio. DM auf diese Weise ab; bei der VWS, die bis zum 31. Dezember 1995 nur noch das Cash-ManagementSystem bediente und keine Festgeldanlagen mehr unterhielt, betrug dieser Betrag etwa 260 Mio. DM. Anfang 1996 schieden die beiden Ostwerften aus dem Cash-Management-System aus. Bemühungen der aus der Treuhandanstalt hervorgegangenen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), die Festgeldanlagen zurückzuerlangen, scheiterten ebenso wie die Versuche, die Einlagen im Cash-Management-System nachträglich besichern zu lassen. Die Ausfälle von MTW und VWS wurden im Konkurs der BVV AG zur Konkurstabelle anerkannt.

II.


Das Landgericht hat in dem Verhalten der Angeklagten jeweils eine Untreue zum Nachteil der beiden Ostwerften gesehen. Nach Auffassung des Landgerichts traf die Angeklagten als Organe der Muttergesellschaft (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich des Vermögens der beiden Tochtergesellschaften. Aus dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Regelungen, die durch massive Unterstützungsleistungen der Treuhandanstalt geprägt seien, ergebe sich, daß die Angeklagten als Organe der Muttergesellschaft sämtliche Vermögenswerte der Ostwerften in diesen Unternehmen hätten belassen müssen. Indem den Ostwerften die finanziellen Mittel durch die Anlage im Treasury entzogen worden seien, hätten die Angeklagten gegen diese Pflicht verstoßen. Dabei soll es nach Meinung des Landgerichts nicht darauf ankommen, ob diese Finanzmittel aus den Gesamtausgleichsbeträgen oder dem übrigen Vermögen der Werften stammen. Die Pflichtverletzung der Angeklagten sei darin zu sehen, daß Vermögenswerte der Ostwerften ungesichert angelegt worden seien. Spätestens ab 30. Juni 1994 seien die Gelder der Ostwerften nicht mehr gesichert gewesen. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt liege ein Nachteil im Sinne einer schadensgleichen Vermögensgefährdung vor. Diese Gefährdung habe sich bis zum Konkurs der Muttergesellschaft weiter vertieft, in dem die Tochtergesellschaften nur noch auf eine Konkursquote in Höhe von 5 % hoffen könnten.
Hilfsweise stützt das Landgericht seine Verurteilung auf die Vermögensbetreuungspflicht des beherrschenden Unternehmens. Es nimmt dabei Bezug auf ein im Laufe der Hauptverhandlung ergangenes Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urt. vom 17. September 2001 – II ZR 178/99), der in dem Zivilverfahren – nur MTW betreffend – eine Haftung von Vorstandsmitgliedern nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 266 StGB unter dem
Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs dem Grunde nach für möglich erachtet hat (teilweise abgedruckt in BGHZ 149, 10 ff.).
Das Landgericht hat bei sämtlichen Angeklagten für jede der beiden Taten zu Lasten der MTW und der VWS eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Aus diesen Einzelstrafen hat es jeweils aufgrund des sehr engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe bei sämtlichen Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt.

B.


Die Revisionen der Angeklagten führen zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die auf den Strafausspruch beschränkten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben ebenfalls Erfolg.

I.


Das landgerichtliche Urteil ist auf die Sachrügen der Angeklagten aufzuheben , weil die getroffenen Feststellungen die Verurteilungen wegen Untreue nicht tragen. Die Annahme der Strafkammer, die Verträge über den Kauf der Ostwerften begründeten eine Vermögensbetreuungspflicht der Angeklagten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Eine Vermögensbetreuungspflicht setzt voraus, daß die Angeklagten als Organe der BVV AG aufgrund der jeweiligen Verträge über den Unternehmenskauf der Ostwerften (KAV und KÜV) zur Wahrung von deren Vermögensinteressen verpflichtet waren. Das Landgericht ist durch Ausle-
gung der beiden Verträge zu der Auffassung gelangt, diese begründeten ein Verbot, Vermögenswerte der Ostwerften an die Muttergesellschaft zu übertragen. Dieses Ergebnis hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Seine durch Würdigung der vorhandenen Beweismittel gewonnene Überzeugung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es kann eine solche Entscheidung nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft oder Verstöße gegen Denk- oder Erfahrungssätze aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGH NStZ 2001, 491, 492; 2002, 48). Die Auslegung von Verträgen ist ein wertender Akt, weil sie unterschiedliche Aspekte in einer richterlichen Feststellung zusammenführt. Deshalb gelten die vorgenannten Grundsätze ebenso für die Würdigung von Erklärungen, Verträgen oder Urkunden durch den Tatrichter. Auch insoweit beschränkt sich die revisionsrichterliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprachund Denkgesetze, Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2003, 1821; vgl. auch BGHSt 37, 55, 61; 21, 371, 372).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich folgendes: Das Landgericht berücksichtigt weder zureichend die Rechtslage innerhalb des Konzerns noch entspricht das Ergebnis der allgemein anerkannten Auslegungsregel einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung, durch die eine Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen ist (vgl. BGHZ 131, 136, 138).
aa) Das Landgericht hat sich insbesondere nicht ausreichend mit den gesellschaftsrechtlichen Grundlagen auseinandergesetzt. Der Alleingesellschafter oder einverständlich handelnde Gesellschafter sind nämlich grund-
sätzlich berechtigt, auch formlos der Tochtergesellschaft Vermögenswerte zu entziehen. Die Gesellschaft hat gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf Gewährleistung ihres Bestands. Die Gesellschafter können die Existenz der Gesellschaft – sei es im Rahmen einer freiwilligen Liquidation, sei es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens – beenden (BGHZ 151, 181,

186).


Dieses prägende Prinzip, daß es der Konzernmutter – unter noch zu erörternden Einschränkungen – jedenfalls im Grundsatz möglich sein muß, der Gesellschaft Vermögenswerte zu entziehen, hat der Tatrichter bei seiner Auslegung nicht hinreichend bedacht. Ungeachtet der Frage, ob eine vom Landgericht angenommene umfassende Bindung sämtlicher Vermögenswerte der Ostwerften überhaupt zulässig sein könnte, hat es dabei ersichtlich übersehen, daß es sich bei der Auslegung der Verträge vom aufgezeigten gesetzlichen Leitbild entfernt hat.
bb) Daneben läßt die Auslegung des Landgerichts vertragliche Einzelabreden außer Betracht. Beide Veräußerungsverträge enthielten Regelungen über ein Gewinnbezugsrecht, das mit Wirksamkeit der Anteilsabtretung ab 1. Januar 1992 (§ 2.2 KAV) bzw. ab 1. Januar 1993 (§ 1.4 und § 1.5 KÜV) der Käuferin zustehen sollte. Ein solches ausdrücklich vereinbartes Gewinnbezugsrecht ist mit dem vom Landgericht angenommenen Grundgedanken, sämtliche Vermögenswerte der Ostwerften sollten auch dort verbleiben, nicht vereinbar. Das den Erwerbern zustehende Gewinnbezugsrecht weist vielmehr darauf hin, daß ihnen – und letztlich damit der BVV AG als Konzernmutter – die notwendige unternehmerische Freiheit zugestanden werden sollte, die für die reale Wahrnehmung einer Gewinnchance erforderlich war. Der notwendige wirtschaftliche Entscheidungsspielraum umfaßte dabei auch das Finanzmanagement des Gesamtkonzerns, das – jedenfalls idealty-
pisch – für sämtliche Beteiligte zunächst nur Zins- bzw. Liquiditätsvorteile hätte erbringen können.
Hierfür sprechen im übrigen auch weitere – vom Landgericht nicht erörterte – Vertragsbestimmungen in den beiden Erwerbsverträgen. Die Veräußerung der beiden Ostwerften an einen relativ großen Konzern, dessen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich des Schiffbaus lag, erfolgte auch vor dem Hintergrund, Synergieeffekte zu nutzen. Dieser Gesichtspunkt, formuliert als Verpflichtung der BVV AG, alle Synergieeffekte zu nutzen, kommt in beiden Verträgen (§ 10.1 KAV; § 12.1 KÜV) eindeutig zum Ausdruck. Daß vom Willen der Vertragsparteien dabei auch Geldanlagen umfaßt waren, zeigt im übrigen die nachfolgende Entwicklung. Die BvS hatte Kenntnis sowohl von den Geldanlagen als auch von der späteren Einbeziehung der Ostwerften in das Cash-Management-System. Sie hatte hiergegen nur unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Gefährdung der Anlagen Bedenken, nicht jedoch gegen den Transfer der Gelder an sich. Nur hierauf kann es aber für die Frage der Vertragsauslegung ankommen. Wenn die BvS prinzipiell eine Verlagerung von Vermögenswerten für zulässig hielt, dann spricht dies dafür, daß durch den Vertrag eine solche Praxis nicht generell ausgeschlossen sein sollte; denn die Praxis der Vertragsdurchführung bildet ein gewichtiges Kriterium für die Auslegung des Vertrages (vgl. BGH NJW 2003, 1821, 1822; NJW 1988, 2878, 2879 m.w.N.).
cc) Das Landgericht mißt im Rahmen der Vertragsauslegung den von den Erwerbern übernommenen Pflichten einen nicht mehr interessengerechten Bedeutungsgehalt zu. Sämtliche von der BVV AG bzw. ihren zwischengeschalteten Töchtern übernommenen Sonderpflichten (Fortführungspflicht , Arbeitsplatzgarantie und Investitionsverpflichtung) sind umsetzbar, ohne daß damit eine völlige Bindung des Vermögens der Ostwerften verbunden sein müßte. Zwar sind diese Sonderpflichten vorrangig, weil Konzernin-
teressen niemals geeignet sein können, die Verletzung vertraglicher Pflichten im Außenverhältnis zu rechtfertigen. Dies erschöpft jedoch die im Rahmen der Vertragsauslegung zu beachtende Bewertung der gegenseitigen Interessen nicht. Ein vom Landgericht angenommenes Verbot des Transfers von Vermögenswerten der Ostwerften ist nämlich keine zwangsläufige Notwendigkeit , um die Erfüllung dieser Pflichten sicherzustellen. Auch hier gilt vielmehr , daß der jeweilige Vertragspartner eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er diese Pflichten erfüllt. Eine Vertragsauslegung, die das Interesse auch der Erwerberseite angemessen berücksichtigt, dürfte deshalb die unternehmerische Freiheit des Erwerbers nicht weiter einschränken, als dies durch die Art der vertraglichen Pflichten unumgänglich ist.
dd) Schließlich führen auch die Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Vorlage der „Spill over Berichte“ nicht zu einer anderen Betrachtung. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob diese Abreden – weil sie jedenfalls von Seiten der BVV AG ohne Anerkennung einer Rechtspflicht jeweils erstellt wurden – überhaupt geeignet waren, die vertraglichen Vereinbarungen zu modifizieren. Die „Spill over Berichte“ bezogen sich nämlich allein auf die von der Treuhandanstalt bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin BvS erbrachten Leistungen, die im Ergebnis Subventionen waren. Selbst wenn man insoweit von einer vertraglichen Verpflichtung ausginge, diese Leistungen nur zugunsten der Ostwerften zu verwenden, könnte dies nicht die wesentlich weitergehende Vermögensbindung, von der das Landgericht ausgeht, rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind nämlich – allein schon durch die betragsmäßige Festlegung – Subventionsleistungen und sonstige Vermögenswerte der Ostwerften ohne weiteres trennbar. Wieso dann für die letztgenannten Vermögenswerte ebenfalls ein unbedingtes Transferverbot gelten soll, ist nicht nachvollziehbar. Dies zeigt im übrigen auch die vertragliche Regelung des § 12.2 KÜV. Diese Vorschrift schreibt lediglich fest, daß die Investitionsbeihilfen ausschließlich für die VWS ver-
wendet werden müssen. Diese vertragliche Regelung, die vor dem Hintergrund der zu diesem Zeitpunkt schon bekannten Bedenken der Europäischen Kommission zu möglichen Spill over Effekten zu sehen ist, legt vielmehr den Gegenschluß nahe, daß andere Vermögenswerte an die in den alten Bundesländern gelegenen Konzernteile überführt werden durften.

b) Das Landgericht kann sich für seine Rechtsauffassung nicht auf das Urteil des 3. Strafsenats vom 20. Mai 1996 (NJW 1997, 66 ff.) stützen. Zwar liegt auch jener Entscheidung ein Vertrag über die Veräußerung eines Treuhandunternehmens zugrunde. Der Bundesgerichtshof findet dort jedoch eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB nicht in einer Auslegung des (vergleichbaren) Erwerbsvertrages, sondern in der dominierenden Stellung des Alleingesellschafters, der faktisch das erworbene Unternehmen gelenkt hat.

c) Da sich die vom Landgericht angenommene Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Ostwerften nicht aus den Verträgen herleiten läßt, entfällt die Grundlage für den Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB: Das Landgericht hat die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes (§ 266 Abs. 1 StGB) aus der vertraglichen Pflichtenbindung hergeleitet. Wenn diese Pflichtenbindung unzutreffend definiert ist, dann setzt sich dieser Mangel zwingend fort in der Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die letztlich eine gesteigerte Pflichtenbindung aus dem Vertragsverhältnis darstellt (vgl. BGHSt 28, 20, 23 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 23).
2. Eine Treupflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann auch anderweitig aus den Regelungen der Erwerbsverträge nicht hergeleitet werden. Die dort zugesicherten Gesamtausgleichsbeträge (680 Mio. DM
KAV; 585 Mio. DM – KÜV) stellen gleichfalls kein Treugut im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB dar. Hinsichtlich der im KAV oder KÜV vereinbarten Gesamtausgleichsbeträge ist nach den unterschiedlichen Leistungsarten zu differenzieren, die jeweils in einem einheitlichen Gesamtbetrag zusammengefaßt sind.

a) Soweit Teilbeträge einen Ausgleich für drohende Verluste aus vereinigungsbedingten Verlustgeschäften oder Aufwendungen aus Sozialplänen darstellen sollen, kommen die hierfür angesetzten anteiligen Beträge als Treugut nicht in Betracht. Insoweit bilden diese Beträge einen Ausgleich für bereits eingetretene oder bevorstehende Vermögenseinbußen. Mit ihrer Zahlung sollten die Ostwerften auf einen ausgeglichenen Anfangsstatus gebracht werden, um jedenfalls nicht verschuldet auf den Erwerber überzugehen. Daraus wird auch deutlich, daß damit kein Raum für einen treuhänderischen Umgang der Empfänger mit diesen Geldern bestand. Mit dem Eingang der Zahlung war der eingetretene oder bereits bilanziell eingestellte Verlust rechnerisch ausgeglichen. Eine irgendwie geartete Sonderverpflichtung an diesen ins allgemeine Firmenvermögen eingeflossenen Zahlungen ist nicht erkennbar.

b) Eine privatrechtliche Bindung besteht unzweifelhaft hinsichtlich der Anteile in dem Gesamtausgleichsbetrag, die als Investitionsbeihilfen ausgewiesen sind. Beide Verträge enthalten feste Höchstbeträge für einen Investitionszuschuß (340 Mio. DM – § 5 I.1.h KAV; 380 Mio. DM – § 4.2.6 KÜV). Diese Zusicherungen waren jeweils an eine Investitionsverpflichtung ins Anlagevermögen gekoppelt, die in den Anlagen zu beiden Verträgen näher spezifiziert war. Ihrem Charakter nach waren diese Investitionsbeihilfen Subventionen , die auszuzahlen waren, soweit die Ostwerften die in den Vertragsanlagen beschriebenen Leistungen erbracht hatten. Die Käufer verpflichteten sich dabei in den Erwerbsverträgen, die Werften zu veranlassen,
den aufgeführten Investitionen nachzukommen. Solche Investitionspflichten, die mit Förderleistungen bezuschußt werden, stellen zwar zweifelsfrei vertragliche Pflichten dar. Dies bedeutet indes nicht, daß diese bloß vertraglichen Pflichten notwendig gleichzeitig eine spezifische Treupflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB beinhalten, die darauf gerichtet sein muß, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen.
aa) Der Bundesgerichtshof hat eine solche besondere Pflichtenstellung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB bei Subventionen grundsätzlich verneint. Der Empfänger solcher staatlichen Leistungen nehme durch die Zuwendung noch nicht Vermögensinteressen der öffentlichen Hand wahr. Diesem fehle im allgemeinen eine besondere, enge Beziehung zu den staatlichen Vermögensinteressen. Die Wahrnehmung der Vermögensinteressen der öffentlichen Hand obliege vielmehr den Amtsträgern oder solchen Personen , denen der Staat die Zuteilung übertragen hat (BGH LM StGB § 266 Nr. 16; BGHZ 149, 10, 23). Dem letzten Empfänger der staatlichen Gelder fehle danach diese enge Beziehung zu den staatlichen Vermögensinteressen ; deren Wahrung sei für ihn nicht die wesentliche Verpflichtung, die ihm aus seinem mit dem Staat abgeschlossenen Rechtsgeschäft erwachse, es sei denn, daß besondere Umstände vorlägen (BGH LM aaO).
Zwar erwägt der II. Zivilsenat hinsichtlich der Investitionsbeihilfen dann eine gesteigerte Vermögensbetreuungspflicht, wenn die zweckgerichtete Verwendung der Subventionsmittel die wesentliche Pflicht aus dem mit der öffentlichen Hand geschlossenen Vertrag ist (BGHZ 149, 10, 24). Danach soll im Blick auf die besondere Bedeutung des Fortbestands der Werften hier eine gesteigerte Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB anzunehmen sein. Dies bleibt im Ergebnis jedoch offen, weil nach der vertraglichen Ausgestaltung diese Pflicht nicht die BVV AG betraf, sondern MTW selbst.

bb) Eine Treupflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB liegt bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation nicht vor.
(1) Eine Treupflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs.1 StGB setzt regelmäßig ein Rechtsverhältnis voraus, das auf die Betreuung fremder Vermögensangelegenheiten gerichtet ist (vgl. BGH NJW 1983, 461; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11, 14, 16). Eine solche Treuebeziehung wird sich prinzipiell bei fremdnützigen Schuldverhältnissen ergeben. Deshalb wird die Treupflicht auch als „fremdnützig typisiertes Schuldverhältnis“ verstanden (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 23a). Es wird sogar verlangt, daß die Treupflicht eine Art Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (vgl. BGH GA 1977, 18,

19).


Anders ist es beim Subventionsempfänger. Dieser wird nicht fremdnützig tätig. Vielmehr wird nach der Zielsetzung der Subventionsleistung die eigene Wertschöpfung des Empfängers gefördert. Insoweit nimmt er kein fremdes, sondern letztlich ein eigenes Geschäft wahr. Damit unterscheidet sich der Subventionsempfänger grundlegend von der Person des über die Subventionsgewährung entscheidenden Amtsträgers. Dieser steht nach ständiger Rechtsprechung in einem Treueverhältnis, weil er über die Mittelvergabe als staatliche Aufgabe entscheidet. Deshalb nimmt er – anders als der Empfänger der Subvention – eine fremde Aufgabe wahr (BGH NJW 2003, 2179; 2001, 2411).
(2) Die vorliegende Sachverhaltsgestaltung legt es auch nicht nahe, einen besonderen Ausnahmefall anzunehmen, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einzelfall eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB begründen könnte. Da sich die Treupflicht
grundsätzlich auf ein fremdes Geschäft bezieht, kommt bei dem Subventionsempfänger die Annahme einer Treupflicht ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn er zugleich Vermögensinteressen seines Treugebers zu beachten hat (vgl. BGH GA 1977, 18, 19). Dies kann dann der Fall sein, wenn der Subventionsgeber an dem subventionierten Objekt eigene finanzielle Interessen verfolgt, etwa im Sinne einer Beteiligung an dort zu erwartenden Einnahmen.
Das vom II. Zivilsenat in der genannten Entscheidung in den Vordergrund gestellte Wesentlichkeitselement liefe letztlich darauf hinaus, eine Subvention nach ihrer Größenordnung und wirtschaftlichen Bedeutung zu beurteilen. Inwieweit ein Subventionsziel aus sozial-, kultur- oder wirtschaftspolitischen Gründen mehr oder weniger bedeutsam ist, erscheint jedoch für die Frage von untergeordneter Bedeutung, ob die Subventionsgewährung fremdnützige Elemente aufweist.
Im vorliegenden Fall sind solche Gesichtspunkte auch nicht ersichtlich. Die Förderung der Ostwerften erfolgte allein aus wirtschafts- und strukturpolitischen Überlegungen, was sich schon daraus ergibt, daß die Gewinnbezugsrechte ausschließlich den Anteilserwerbern zustehen sollten. Ein Interesse an konkreten Investitionsmaßnahmen ist gleichfalls nicht erkennbar. Zwar sahen § 8.1 KAV und § 10.1 KÜV konkrete Investitionsmaßnahmen vor. Mit diesen verfolgte die Treuhand aber keine über den allgemeinen Vertragszweck – die Herstellung der Lebensfähigkeit der Werften – hinausgehende Ziele. Den Unternehmen war es vielmehr sogar ausdrücklich gestattet, die in der Anlage vorgesehenen Maßnahmen im Einzelfall auszutauschen und durch wertmäßig gleichartige zu ersetzen (§ 10.1 KÜV; § 8.1 KAV).
(3) Eine Strafbarkeitslücke entsteht hierdurch nicht. Die zweckwidrige Verwendung einer Subvention ist pönalisiert durch die Strafbestimmung des
§ 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Zwar ist diese Vorschrift erst durch das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EG-Finanzschutzgesetz – EGFinSchG) vom 10. September 1998 (BGBl II 2322) am 22. September 1998 in Kraft getreten und erfaßt mithin die hier zu beurteilenden Tathandlungen nicht mehr. Die Gesetzesnovellierung offenbart jedoch, daß der Gesetzgeber – vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – eine zweckwidrige Verwendung von Subventionsleistungen grundsätzlich nicht als Untreue gemäß § 266 StGB angesehen hat. Anderenfalls hätte es einer Neuregelung nicht bedurft (vgl. BT-Drucks. 13/10425, S. 6).
3. Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts kommt allerdings in Betracht, daß eine Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB unter dem Gesichtspunkt eines existenzgefährdenden Eingriffs gegeben sein könnte.

a) Den Angeklagten als Organen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der Alleingesellschafterin BVV AG kann nämlich gegenüber dem beherrschten Unternehmen insoweit eine Treupflicht zukommen, als sie dem beherrschten Unternehmen nicht Vermögenswerte in einem Umfang entziehen durften, welcher die Existenzfähigkeit des Unternehmens gefährdete.
aa) Allerdings können der Gesellschaft mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter grundsätzlich Vermögenswerte entzogen werden, weil die Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf ihren ungeschmälerten Bestand hat. Deshalb sind solche Verfügungen, die in Übereinstimmung mit dem Vermögensinhaber erfolgen, grundsätzlich nicht pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGHZ 151, 181, 186 f.; BGH wistra 2003, 344, 346 f.; NJW 2003, 2996, 2998). In der zivil- wie auch
strafgerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, daß es Fallkonstellationen gibt, in denen der Geschäftsführer als der für das Vermögen einer Gesellschaft Treupflichtige seine Pflichten nach § 266 Abs. 1 StGB auch dann verletzt, wenn er mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter handelt. Insoweit gibt es einen Bereich, der einer Dispositionsmöglichkeit der Gesellschafter entzogen ist, weil Interessen anderer oder öffentliche Interessen berührt sind.
Der Zweck einer Kapitalgesellschaft erschöpft sich nämlich nicht in einer bloßen Vermögensanlage für die Gesellschafter. Jedenfalls wenn die Gesellschaft eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen hat, handelt sie unter eigener Rechtspersönlichkeit als Wirtschaftssubjekt im Geschäftsverkehr und wird Träger von Rechten und Pflichten. Dies läßt gleichzeitig Schutzerfordernisse entstehen, die sicherstellen, daß die Gesellschaft die Essentialien einhält, die für das Funktionieren des Wirtschaftskreislaufs unerläßlich sind und auf die der Rechtsverkehr vertrauen können muß. Dementsprechend hat die Rechtsprechung eine Vermögensverfügung dann gegenüber der Gesellschaft als treuwidrig und wirkungslos angesehen, wenn die Verfügung geeignet ist, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2003, 2996, 2998; 1997, 66, 68 f.; jeweils m.w.N.). Gleiches gilt, wenn durch die Vermögensverfügung eine konkrete und unmittelbare Existenzgefährdung einträte, weil der GmbH ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre (BGH aaO; vgl. BGH wistra 2003, 344, 346 f.).
bb) Eine entsprechende Pflicht, die Gesellschaft nicht existenzbedrohend zu beeinträchtigen, trifft nicht nur den Geschäftsführer als das vertretungsberechtigte Organ, sondern in gleicher Weise den beherrschenden Alleingesellschafter (vgl. BGHZ 149, 10, 17 f.). Den Gesellschaftern steht innerhalb wie außerhalb der Liquidation nur der Zugriff auf den zur Erfüllung
der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuß zu. Das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen, für das Recht der Kapitalgesellschaft jedoch grundlegenden Voraussetzung, daß das Gesellschaftsvermögen das zur Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft zum Zweck der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muß und damit der – im Recht der GmbH im übrigen sehr weitgehenden – Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist (BGHZ 151, 181, 186 f.). Es ist ihnen nicht erlaubt, der Gesellschaft Vermögen zu entziehen , das sie für die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt.
cc) Aufgrund dieser Pflichtenstellung der Alleingesellschafterin hat der II. Zivilsenat in dem parallelen Zivilverfahren eine gegen die Gesellschafterin persönlich gerichtete Ausfallhaftung unter dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs bejaht (vgl. BGHZ 149, 10, 17 f.). Als Alleingesellschafterin treffe die BVV AG nämlich die Pflicht, das Vermögen von MTW insoweit zu betreuen, als sie bei ihren Dispositionen über Vermögenswerte der MTW durch angemessene Rücksichtnahme auf deren Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung ihrer Fähigkeit, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen , darauf zu achten hatte, daß sie die Existenz der MTW nicht gefährdete (BGH aaO). Dabei lehnt sich der II. Zivilsenat an die strafrechtliche Judikatur (BGHSt 35, 333 = NJW 1989, 112) an, die zu den – oben aufgezeigten – Grenzen der Verfügungsbefugnis des Gesellschafters entwickelt wurde. Aus zivilrechtlicher Sicht begründet diese Rechtsprechung eine Ausfallhaftung des in diesem Sinne rechtswidrig handelnden Alleingesellschafters gegenüber dem Gläubiger der Gesellschaft; sie greift dabei aber auf die anerkannten Grenzen der Verfügungsbefugnis des Alleingesellschafters zurück. Dies verdeutlichen auch die später ergangenen Entscheidungen (BGHZ 150, 61 ff.; 151, 181 ff.), in denen das Rechtsinstitut des existenzvernichtenden Eingriffs weiter entwickelt wurde (vgl. Benecke BB 2003, 1190 ff.).
Soweit dabei in der strafgerichtlichen Entscheidungspraxis der Begriff des existenzgefährdenden Eingriffs verwandt wird (vgl. BGH wistra 2003, 344, 346; NJW 2003, 2996, 2998), bedeutet dies keinen wesentlichen Unterschied in den Anwendungsvoraussetzungen. Die terminologische Abweichung erklärt sich vielmehr daraus, daß für den strafrechtlichen Schadensoder Nachteilsbegriff die schadensgleiche Gefährdung ausreicht (vgl. BGHSt 44, 376, 384 ff. m.w.N.), während im Zivilrecht der Gefährdungsgedanke in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt. Hat sich die Gefahr nämlich letztlich dann doch nicht verwirklicht, besteht zivilrechtlich kein ausgleichsfähiger Schaden.
dd) Jedenfalls bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation kann die den Alleingesellschafter gegenüber der Gesellschaft obliegende Pflicht, ihr das zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten erforderliche Kapital zu belassen , auch eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellen. Der Senat kann dabei offenlassen, ob allein die gebotene Rücksichtnahme des Alleingesellschafters auf das Eigeninteresse der GmbH schon für die Erfüllung des Treuebruchtatbestandes ausreichen kann (so BGHZ 149, 10, 17 f.). Insoweit könnte fraglich sein, inwieweit diese Pflicht schon die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen betrifft oder nicht vielmehr nur die Schranke eigener Dispositionsfreiheit aufzeigt.
Der vorliegende Fall weist nämlich folgende Besonderheit auf, die jedenfalls eine Vermögensbetreuungspflicht begründete. Die Vermögenswerte der Ostwerften befanden sich innerhalb des Konzerns. Diese standen entweder als Festgeldanlagen dem Konzern bzw. seinen Tochtergesellschaften zur Verfügung oder waren in das Cash-Management-System einbezogen, was materiell die Gewährung eines Darlehens bedeutete (vgl. Burgard, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, 2002, S. 48 f.). Damit befanden sich die Gelder in der ausschließlichen Einflußsphäre des Konzerns. Insoweit war
die BVV AG, die als Alleingesellschafterin über die Gelder nur in den oben gesteckten Schranken verfügen durfte, rechtlich gehalten, eine andauernde Sicherung der Gelder zu gewährleisten.
Jedenfalls in dieser Sachverhaltsgestaltung kommt die besondere, auf die Wahrung fremder Vermögensinteressen gerichtete Betreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zum Ausdruck. Zwar ist die Errichtung eines entsprechenden Cash-Management-Systems nicht an sich pflichtwidrig. Werden automatisch ohne Rücksicht auf bestehende Verbindlichkeiten Gelder in dieses System eingespeist, löst dies dann gesteigerte Sicherungspflichten aus, wenn auf diese Weise Vermögenswerte das Unternehmen verlassen und innerhalb des Konzerns transferiert werden (vgl. Vetter, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, S. 94 f.). Erreicht der Vermögenstransfer ein solches Ausmaß, daß die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten des einlegenden Konzernmitglieds im Falle eines Verlusts der Gelder gefährdet wäre, dann trifft die Muttergesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht , die Rückzahlung der Gelder – etwa durch ausreichende Besicherung – zu gewährleisten. Sie hat dann die wirtschaftlichen Eigeninteressen ihrer Tochtergesellschaft (und deren Gläubiger) zu wahren. Diese Pflicht der Konzernmutter wird den Angeklagten nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB als Mitgliedern des Organs der Muttergesellschaft zugerechnet. Sie haften deshalb strafrechtlich, soweit die von ihnen geleitete Konzernmutter eine ordnungsgemäße Sicherung der Einzahlungen der Tochtergesellschaften VWS und MTW unterlassen hat.

b) Etwaige Untreuehandlungen in Gestalt von jeweils existenzgefährdenden Eingriffen in das Vermögen der Tochtergesellschaften sind von der Anklage erfaßt. Diese schildert im Anklagesatz die tatsächlichen Voraussetzungen der Tatbestandsverwirklichung in dieser Form. Sie weist zudem in der rechtlichen Würdigung ausdrücklich auf diesen Begründungsansatz hin.
Insofern scheidet im vorliegenden Fall ein Freispruch aus. Zwar hat das Landgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, ob unter diesem Gesichtspunkt eine Strafbarkeit wegen Untreue gegeben wäre. Dies hätte jedoch seiner Kognitionspflicht unterlegen, zumal das Landgericht die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen hat.

c) Es kann hier dahinstehen, ob die bislang getroffenen Feststellungen eine Untreuehandlung unter dem Gesichtspunkt des existenzgefährdenden Eingriffs tragen könnten. Dem Senat ist bei der hier gegebenen Verfahrenskonstellation jedenfalls eine Durchentscheidung zum Schuldspruch verschlossen. Dies ergibt sich aus einer von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge , mit der die Verletzung der Hinweispflicht nach § 265 StPO gerügt wird.
aa) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde: Im Blick auf die mittlerweile ergangene Entscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2001 in dem parallel geführten Zivilverfahren haben die Verteidiger der drei Angeklagten einen rechtlichen Hinweis für den Fall erbeten, daß das Landgericht die Vermögensbetreuungspflicht nicht ausschließlich aus den Erwerbsverträgen ableiten sollte, und für diesen Fall weitere Ausführungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht angekündigt. Dem ging eine Erklärung des Vorsitzenden voraus, wonach als selbständige Grundlage einer möglichen Vermögensbetreuungspflicht nur die Privatisierungsverträge und deren Auslegung untersucht würden; die gesellschafterliche Treupflicht und die tatsächliche Ausübung der Leitungsmacht im faktischen Konzern seien dagegen nicht geprüft worden.
bb) Gegen die Hinweispflicht hat das Landgericht – entgegen der Auffassung der Revisionen der Angeklagten – im vorliegenden Fall nicht verstoßen , weil es die Vermögensbetreuungspflicht tragend allein auf die Er-
werbsverträge gestützt hat. Der vom Landgericht gesetzte Vertrauenstatbestand muß indes im Revisionsverfahren fortwirken. Den Angeklagten, die entsprechendes Verteidigungsvorbringen mit Rücksicht auf den gerichtlichen Hinweis unterlassen haben, ist die Möglichkeit zu erhalten, sich zu dem Vorwurf eines existenzgefährdenden Eingriffs gegenüber den Tochterunternehmen in einer neuen Hauptverhandlung umfassend zu verteidigen. Der neue Tatrichter wird dabei festzustellen haben, ob und gegebenenfalls wann die von den Ostwerften angelegten Gelder konkret in einem Maße gefährdet waren , daß von einem Nachteil im Sinne des § 266 StGB auszugehen ist. Zugleich wird zu klären sein, inwieweit die Angeklagten von der Gefährdung der Anlagen Kenntnis erlangt hatten.

d) Der neue Tatrichter wird weiterhin in den Blick zu nehmen haben, daß die BVV AG bei der VWS zwar – durch eine hundertprozentige Tochter – die unternehmerische Führung übernehmen sollte (Ziff. 3 der Präambel des KÜV) aber niemals – anders bei MTW – selbst 100 % der Anteile der VWS hielt. Nach den Urteilsfeststellungen war die Stadt Stralsund Inhaberin einer Minderheitsbeteiligung in Höhe von 11 % des Stammkapitals (UA S. 154, 488). Deshalb wird in einer neuen Hauptverhandlung zweierlei zu beachten sein:
aa) Zunächst ist zu klären, ob die Minderheitsgesellschafterin überhaupt informiert wurde und ob gegebenenfalls zwischen den Gesellschaftern Einverständnis hergestellt wurde. Sollte eine entsprechende Billigung der Festgeldanlagen oder der Einbeziehung der freien Gelder in das CashManagement -System bestanden haben, ergeben sich keine Unterschiede zu dem vorstehend Ausgeführten (vgl. BGH ZIP 2002, 848, 850). Für die einverständlich handelnden Gesellschafter gelten nämlich dieselben Grundsätze wie für den Alleingesellschafter (vgl. BGHZ 151, 181, 186).
bb) Läßt sich kein Einverständnis mit der Stadt Stralsund feststellen, entfiele grundsätzlich jede Befugnis der Muttergesellschaft, auf Vermögen der Tochtergesellschaft ohne gesellschaftsrechtliche Legitimation zuzugreifen. Unter dieser Prämisse sind die Vermögenstransfers zu beurteilen. Anlagen in dem Cash-Management-System sind deshalb nur zulässig, wenn dies aufgrund der Interessenlage des Tochterunternehmens aus unternehmerischen Gründen jedenfalls noch als vertretbar erscheint. Kann dies aufgrund fehlender Sicherheiten bei den einzelnen Anlagen trotz einer möglicherweise adäquaten Verzinsung nicht angenommen werden, liegt gegebenenfalls schon in der Veranlassung zur Kapitaleinlage eine Anstiftung zur Untreue. Dies wird insbesondere für die Kreditaufnahme der VWS in Höhe von 68 Mio. DM im Zusammenhang mit dem Konsortialkredit über 300 Mio. DM vom September 1995 gelten. Insofern läßt sich nach den bisherigen Feststellungen aus der Sicht der VWS kein wirtschaftlich nachvollziehbares Motiv für eine Kreditaufnahme in dieser Größenordnung erkennen.
Als Mehrheitsgesellschafterin hatte die BVV AG gegenüber der VWS als ihrer Tochtergesellschaft gleichermaßen eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der im Cash-Management-System angelegten Gelder. Insoweit liegt – wie oben ausgeführt – eine pflichtwidrige Handlung vor, wenn die angelegten Gelder unmittelbar und konkret gefährdet sind und für die Begleichung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht mehr zur Verfügung stehen.

e) Sollte der neue Tatrichter unter den oben genannten Voraussetzungen zu dem Ergebnis gelangen, daß existenzgefährdende Eingriffe zu Lasten der Tochtergesellschaften erfolgt sind und den Angeklagten dies auch bewußt war, so liegt die Annahme einer mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft nahe (vgl. BGHSt 40, 218, 236 ff.; 45, 270, 296 ff.; BGH NJW 2004, 375, 378, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Die Ange-
klagten haben nach den bisherigen Feststellungen aufgrund ihrer Leitungs- macht im Konzern sowohl die Festanlagen größerer Gelder als auch insbesondere das Cash-Management-System in den wesentlichen Grundsätzen installiert, wobei die maßgeblichen Entscheidungen im Vorstand getroffen oder dort jedenfalls zustimmend zur Kenntnis genommen wurden. Dies würde eine gemeinsame (mittäterschaftliche) strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten als Mitglieder des Organs der Konzernmutter begründen (vgl. BGHSt 37, 106, 123 ff.; 48, 77, 89 ff.), ohne daß es darauf ankäme, ob sie von den einzelnen Kapitaltransfers Kenntnis erlangt haben. Sämtliche Einlagen der beiden Ostwerften, die auf der Grundlage des von den Angeklagten zu verantwortenden Systems in den Konzernverbund überführt worden wären, würden dadurch zu einer einheitlichen Handlung zusammengefaßt. Dann wären – auch wenn beide Ostwerften geschädigt sein sollten – die Angeklagten wegen eines einzigen Vergehens der Untreue zu bestrafen.
Für die Abgrenzung, ob die Angeklagten sich wegen Tuns oder Unterlassens strafbar gemacht haben, kann es von Bedeutung sein, ab wann eine schadensgleiche Gefährdung der Einlagen vorgelegen hat und die Angeklagten dies auch erkannt haben. Bestand zum Zeitpunkt der von den Angeklagten vorgenommenen maßgeblichen Weichenstellungen noch keine entsprechende Gefährdungslage, sondern trat diese erst später ein, kann dies für ein Unterlassen im Sinne des § 13 StGB sprechen. Denn dann läge der Unrechtsschwerpunkt darauf, daß die Angeklagten keine Sicherungsmaßnahmen ergriffen oder notfalls den Kapitaltransfer insgesamt nicht abgebrochen hätten.

II.


Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben gleichfalls Erfolg.
Der Senat besorgt, daß das Landgericht betreffend alle drei Angeklagte Gesichtspunkte der Findung der schuldangemessenen Strafe mit solchen der Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung vermengt hat. Anlaß zu dieser Besorgnis gibt – neben der außergewöhnlich straffen Zusammenführung zweier Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren – insbesondere die Erwägung, es erscheine „vertretbar, bei allen Angeklagten auf Freiheitsstrafen zu erkennen, die noch eine Strafaussetzung zur Bewährung ermöglichten“. Der Tatrichter hat zunächst die schuldangemessene Strafe zu finden; erst wenn sich ergibt, daß die der Schuld entsprechende Strafe innerhalb der Grenzen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB liegt, ist Raum für die Prüfung, ob auch die sonstigen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung gegeben sind (BGHSt 29, 319, 321; 32, 60, 65; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 29; BGH NStZ 2001, 311; Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 815; Häger in LK 11. Aufl. vor § 38 Rdn. 38). Da nicht auszuschließen ist, daß schon die verhängten Einzelstrafen in der vorgenannten Weise beeinflußt sind, hebt der Senat – auch auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft – die Strafaussprüche umfassend auf.

III.


Der neue Tatrichter wird für den Fall eines Schuldspruches im Hinblick auf die Bestimmung der Schadenshöhe folgendes zu bedenken haben:
1. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs begründet der Fall eines existenzvernichtenden Eingriffs in dem beschriebenen Sinne eine Ausfallhaftung des Gesellschafters gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft. Maßgebliche Erwägung ist dabei, daß durch einen entsprechenden Eingriff das Haftungsprivileg des Gesellschafters (§ 13
Abs. 2 GmbHG) entfällt, weil er die Rechtsform der GmbH mißbraucht hat. Die Notwendigkeit der Trennung des Vermögens der Gesellschaft von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter und die strikte Bindung des ersteren zur – vorrangigen – Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger besteht während der gesamten Lebensdauer der GmbH. Beide – Absonderung und Zweckbindung – sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, daß die Gesellschafter die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in Anspruch nehmen können (BGHZ 151, 181, 186 f.). Wer der Gesellschaft erst Vermögen entzieht und die Gläubiger dann auf dieses Vermögen verweisen will, setzt sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten. Er muß deshalb für die ungedeckten Schulden der Gesellschaft einstehen und kann vom Gläubiger direkt in Anspruch genommen werden. Als ein auf richterrechtlicher Lückenschließung beruhender Haftungsdurchgriff ist er aber subsidiär gegenüber dem im Gesellschaftsrecht vorgesehenen gesetzlichen Ausgleichssystem der §§ 30, 31 GmbHG (Röhricht, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, S. 27 ff.). Ob dieser Anspruch dann in seinem Umfang den gesamten Betrag erfaßt, den der Gesellschafter der Gesellschaft entzogen hat, oder ob er sich auf den Anteil beschränkt, den der Gesellschafter nicht hätte entnehmen dürfen, ist in der gesellschaftsrechtlichen Diskussion umstritten (vgl. Vetter ZIP 2003, 601, 603 ff. m.w.N.). Für die strafrechtliche Beurteilung kann dies freilich dahinstehen.
2. Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze sind nämlich nur dem Grunde nach auf das Strafrecht übertragbar, nicht jedoch was die Bestimmung des Schuldumfangs anbelangt. Das Rechtsinstitut einer Ausfallhaftung ist wegen seiner andersartigen Zielrichtung nicht ohne weiteres geeignet, Anhaltspunkte für die Bestimmung des strafrechtlich relevanten Schadens zu liefern. Der durch die Verletzung des Untreuetatbestands begründete Unrechtsgehalt muß danach bestimmt werden, welche Vermögenseinbuße der Täter dem geschützten Vermögen pflichtwidrig zugefügt hat. Dies kann nur
im Rahmen einer wertenden Betrachtung erfolgen. Da der Entzug von Ver- mögenswerten nicht schlechthin, sondern nur insoweit pflichtwidrig ist, als die Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet ist, kann sich der Nachteil im Sinne des Untreuetatbestandes nach § 266 StGB auch nur darauf beziehen. Der neue Tatrichter wird deshalb festzustellen haben, welcher Anteil des den Ostgesellschaften letztlich verloren gegangenen Vermögens für die Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten benötigt worden wäre.
Harms Häger Raum Brause Schaal
5 StR 475/05

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 22. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. März 2006, an der teilgenommen haben:
Richter Häger als Vorsitzender
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 17. Februar 2005 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner unbeschränkt eingelegten Revision. Die Staatsanwaltschaft greift mit ihrem Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, nur den Rechtsfolgenausspruch an. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Alleingesellschafter und -geschäftsführer der R. S. M. GmbH (im Folgenden: RSM), die wiederum sämtliche Anteile von zwei Toch- tergesellschaften hielt. Der Angeklagte überwies am 13. Januar 2004 von dem bei der Commerzbank in Dresden geführten Geschäftskonto der RSM 483.000 € auf sein ebendort geführtes Privatkonto. Während er 30.000 € wieder auf das Geschäftskonto zurückleitete, erwarb er für ca. 300.000 € Wertpapiere, transferierte einen Teil der Gelder auf ein weiteres Privatkonto bei der Sparkasse Mainz und hob den Rest des Betrages in bar ab. Noch Ende Januar veräußerte er sämtliche Geschäftsanteile der RSM, über deren Vermögen am 6. Januar 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, für 1 € an den in Spanien ansässigen N. .

II.


3
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
4
1. Das angefochtene Urteil lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.
5
a) Das Landgericht hat den Tatbestand der Untreue rechtsfehlerfrei bejaht. Es ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass auch der Alleingesellschafter und -geschäftsführer einer GmbH dann Untreue begeht, wenn er die Existenz der Gesellschaft gefährdet, indem er ihr die für ihren Fortbestand benötigten Mittel entzieht (BGHSt 49, 147, 157; BGH NJW 2003, 2996, 2998). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Das Landgericht hat hinreichend konkret die Vermögenssituation der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Entnahme der Gelder belegt. Damals bestanden Verbindlichkeiten gegenüber Banken sowie Lieferanten in Höhe von über einer Million €, die durch anderweitige Vermögenswerte nicht abgedeckt waren.
6
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist das Landgericht zu Recht von einem Untreuevorsatz ausgegangen. Dieser liegt bei einer solchen Fallkonstellation nahe, weil der Angeklagte die freien Gelder der Gesellschaft weitgehend in sein Privatvermögen überführt hat. Soweit der Angeklagte im Revisionsverfahren vorträgt, er habe mit den entnommenen Geldern Verbindlichkeiten der Gesellschaft begleichen wollen, widerspricht dies den Urteilsfeststellungen. Im Übrigen ist – entgegen der Auffassung der Revision – dieser Gesichtspunkt für die Beurteilung des Untreuetatbestands ebenso unerheblich wie eine persönliche Haftung des Angeklagten für Kredite der RSM. Entscheidend ist für die hier die Untreue begründende Entnahme, dass der Angeklagte der Gesellschaft wesentliche Vermögenswerte entzogen und so die den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse der nicht mehr lebensfähigen Gesellschaft verkürzt hat.
7
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zeigt keinen Rechtsfehler auf.
8
a) Ohne Rechtsverstoß konnte das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten würdigen, dass er durch die Insolvenz der Gesellschaft seine wirtschaftliche Existenz verloren hat. Zwar dürfen Ersatzansprüche von Geschädigten aus der Straftat nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie eine typische und vorhersehbare Folge der Tat sind (BGH wistra 2005, 458). Im vorliegenden Fall gehen jedoch die Tatfolgen für den Betroffenen durch die Insolvenz und seine persönliche Inanspruchnahme für Kreditverbindlichkeiten in ihrer wirtschaftlichen Dimension über den bloßen Untreueschaden hinaus. Dies durfte das Landgericht, das diesem Umstand im Übrigen kein besonderes Gewicht beigemessen hat, als Strafmilderungsgrund heranziehen.
9
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Landgericht nicht nur mildernde Gesichtspunkte berücksichtigt. Zwar führt es – formal gesehen – nur mildernde Gesichtspunkte auf, setzt diese ersichtlich aber in Beziehung zu dem als strafschärfend gewerteten Gesichtspunkt der Schadenshöhe. Das Landgericht hat den dem Unternehmen zugefügten Vermögensnachteil in Höhe von 483.000 € als Vermögensverlust großen Ausmaßes angesehen und das Regelbeispiel nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 266 Abs. 2 StGB angenommen. Damit hat es den beträchtlichen Schaden schon durch die Wahl des Strafrahmens berücksichtigt. Das Landgericht hat die Schadenshöhe aber noch zusätzlich innerhalb des Strafrahmens des besonders schweren Falls inzident schärfend herangezogen. Dies ergibt sich aus dem Gesamtkontext der Strafzumessungserwägungen und insbesondere daraus, dass die Strafkammer die Schadenshöhe rechtsfehlerfrei aufgrund der später erfolgten Sicherstellung von 150.000 € relativiert hat.
10
Die verhängte Strafe ist zwar mild, sie ist aber nicht unvertretbar niedrig, so dass – entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft – kein zur Aufhebung des angefochtenen Urteils nötigender Rechtsfehler vorliegt.
Häger Gerhardt Raum Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 561/05
vom
10. Januar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 10. Januar 2006 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 15. September 2005 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten durch Urteil vom 9. Juni 2004 wegen Untreue in 77 Fällen und wegen Verletzung der Buchführungspflicht durch unterlassene Bilanzerstellung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten wurde durch Beschluss des Senats vom 30. September 2004 – 4 StR 381/04 (NStZRR 2005, 86) verworfen, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen Verletzung der Buchführungspflicht durch unterlassene Bilanzerstellung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten richtete. Damit ist das Urteil in diesem Umfang rechtskräftig geworden. Soweit der Angeklagte wegen Untreue in 77 Fällen verurteilt worden war sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe wurde das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zurückverwiesen.
Grund für die Aufhebung der Verurteilung wegen Untreue in 77 Fällen zum Nachteil der S. -GmbH war, dass insoweit möglicherweise ein Strafverfolgungshindernis bestand, weil die Mitgesellschafterinnen des Angeklagten, seine Ehefrau und seine Tochter, keinen Strafantrag gestellt hatten.
3
Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer hat das Verfahren nunmehr hinsichtlich 54 Bargeldabhebungen von Konten der S. -GmbH in der Zeit bis zum 31. Oktober 2001 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und den Angeklagten wegen Untreue in 23 Fällen und Verletzung der Buchführungspflicht durch unterlassene Bilanzerstellung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
4
Das Urteil hat keinen Bestand, weil nach den nunmehr getroffenen Feststellungen wiederum nicht auszuschließen ist, dass hinsichtlich der 23 Fälle der Untreue ein Strafverfolgungshindernis besteht.
5
Zwar würde das Fehlen des gemäß § 266 Abs. 2 i.V.m. § 247 StGB grundsätzlich erforderlichen Strafantrages der beiden Mitgesellschafterinnen des Angeklagten dann kein Strafverfolgungshindernis begründen, wenn die Untreuehandlungen zu einem im Rahmen des § 266 StGB bedeutsamen Vermögensnachteil der GmbH selbst, nämlich zu einer konkreten Existenzgefährdung für die Gesellschaft, geführt hätten (vgl. Senatsbeschluss aaO). Die Annahme des Landgerichts, durch die 23 Entnahmen von Bargeld aus dem Vermögen der S. -GmbH in Höhe von insgesamt rund 250.000 Euro in dem Zeitraum zwischen dem 7. November 2001 und dem 21. Januar 2002 sei es zu einer "Existenzund Liquiditätsgefährdung" der Gesellschaft gekommen, ist aber nicht hinreichend belegt.
6
Nach Auffassung des Landgerichts hatte die S. -GmbH bereits am 31. Oktober 2001 unter Berücksichtigung eines "neutralisierten" Gewinns bis zum Stichtag in Höhe von 556.338,64 DM und der bis dahin erfolgten Entnahmen in Höhe von mindestens 577.154,64 DM und des zum Jahresanfang vorhanden gewesenen Eigenkapitals von 56.187,62 DM ein Eigenkapital von nur noch 35.371,62 DM und damit eine Kapitalunterdeckung (UA 9). Diese Berechnung des am 31. Oktober 2001 noch vorhandenen Eigenkapitals genügt den Anforderungen, die an die Darstellung eines die Grundsätze des § 30 Abs. 1 GmbHG verletzenden Angriffs auf das nach dem Gesellschaftsvertrag ausgewiesene Stammkapital, also das rechnerisch nach Bilanzierung die Verbindlichkeiten übersteigende Reinvermögen in Höhe der Stammkapitalziffer (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 6; BGHZ 76, 326, 335), zu stellen sind (vgl. dazu BGHSt 35, 333, 338), schon deshalb nicht, weil das bei der Bilanzierung auf der Aktivseite zu berücksichtigende Anlagevermögen (vgl. § 266 Abs. 2 HGB) nicht berücksichtigt worden ist. Vielmehr hätte es zur Feststellung einer konkreten Existenzgefährdung der Gesellschaft einer Prüfung des Sachverhalts auf der Grundlage einer nach Zerschlagungswerten aufgestellten, die Abwicklungskosten und etwaige Sozialansprüche mit berücksichtigenden Bilanz bedurft (vgl. BGHZ 76, 326, 335).
7
Allerdings kann die Aufstellung einer solchen Bilanz nach Zerschlagungswerten zur Feststellung eines Angriffs auf das Stammkapital einer GmbH dann entbehrlich sein, wenn sich die Gefährdung der Existenz oder - worauf das Landgericht abgestellt hat - der Liquidität der GmbH allein auf Grund des tatsächlichen Geschehensablaufs feststellen lässt (vgl. BGHSt aaO). Das ist aber nach den bisherigen Feststellungen nicht der Fall, zumal danach nicht auszuschließen ist, dass die S. -GmbH im Tatzeitraum zunächst weiterhin Einnahmen hatte und die Firmenkonten zum Zeitpunkt der jeweiligen Abhebungen ein Guthaben aufwiesen. Sofern dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte es näherer Feststellungen dazu bedurft, ob und in welchem Umfang es im Tatzeitraum zu Überziehungen der Firmenkonten und zu Liquiditätsproblemen der Gesellschaft gekommen ist. Dass über das Vermögen der S. -GmbH durch Beschluss vom 16. Mai 2002 des Amtsgerichts Zweibrücken wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, vermag für sich genommen die Annahme einer Liquiditätsgefährdung bereits zu Beginn des Tatzeitraums nicht zu rechtfertigen, zumal der Insolvenzantrag nicht von einem Gläubiger der S. -GmbH, sondern vom Angeklagten selbst als Geschäftsführer der GmbH am 4. März 2002 gestellt wurde.
8
Die Sache bedarf daher nochmals neuer Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 372/08
vom
10. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Zur Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
wegen Bankrotts durch Beiseiteschaffen von Gesellschaftsvermögen sowie
zum Verhältnis von Bankrott und den Vermögens- bzw. Eigentumsdelikten
in diesen Fällen (nur Hinweis).
BGH, Beschl. vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 10. Februar 2009 gemäß § 349 Abs.
4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt. Dagegen wenden sich deren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Der Angeklagte S. beanstandet darüber hinaus das Verfahren; die Angeklagte L. begehrt wegen der insoweit versäumten Revisionsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen.
2
Die Revisionen haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die von dem Angeklagten S. erhobenen Verfahrensrügen bzw. auf den von der Angeklagten L. gestellten Wiedereinsetzungsantrag nicht ankommt.
3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte S. war Geschäftsführer, die Angeklagte L. Prokuristin der Georg S. GmbH mit Sitz in W. . Diese Gesellschaft war Komplementärin der Georg S. GmbH & Co. KG, deren alleinige Kommanditisten die Angeklagten waren. Über diese Besitzgesellschaft betrieben sie unter Einschaltung mehrerer Tochtergesellschaften (sog. Produktionsgesellschaften) u. a. unter der Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. In den Produktionsgesellschaften fungierten sie ebenfalls - zumindest teilweise - als Geschäftsführer bzw. Prokuristin. Nachdem sich die Unternehmensgruppe der Angeklagten bis in das Jahr 2002 bei jeweils deutlichen Jahresgewinnen zum Marktführer in Deutschland entwickelt hatte, kam es im Jahr 2003 zu einem Umsatzeinbruch und deshalb zu einem erhöhten Kreditbedarf. Eine auf Veranlassung der kreditgebenden Banken durchgeführte Unternehmensanalyse hielt die Suche nach einem strategischen Partner für unbedingt erforderlich. Die Angeklagten, die befürchteten, die Banken strebten die Übernahme ihrer Unternehmen durch einen Konkurrenten an, bemühten sich unter Einschaltung externer Berater in der Folgezeit vergeblich um eine Umfinanzierung.
5
Anfang des Jahres 2004 meldeten sie ihren Hausbanken einen Verlust für das Jahr 2003 von mehr als 4,5 Mio. € und kündigten einen über die bestehenden Kredite hinausgehenden Liquiditätsbedarf von über 4 Mio. € an. Die Banken, die zu einer Erhöhung der Kreditlinie nicht bereit waren, sprachen eine mögliche Insolvenz der Unternehmen an. Weitere Versuche der Angeklagten, eine Umfinanzierung oder eine staatliche Liquiditätshilfe zu erreichen, scheiterten ebenso wie ihre Bemühungen, einen Bekannten an den Gesellschaften zu beteiligen, um so über zusätzliche Geldmittel verfügen zu können. Die Banken verlangten nun als weitere Sicherheit auch die Abtretung der Rechte aus der Marke "B. Enten".
6
Die Angeklagten, die sich zunehmend unter Druck gesetzt fühlten, bestellten in dieser Situation Ende Februar 2004 auf Empfehlung eines Rechtsanwalts den ehemaligen Mitangeklagten K. zum Geschäftsführer von jedenfalls zwei ihrer Produktionsgesellschaften, der Georg S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) und der Se. GmbH, jeweils mit Sitz in N. . Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die Gesellschaften tätig, wofür sie pauschal jeweils 250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten sie mit dem früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande. In einem Gespräch mit Bankvertretern Anfang März 2004 kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen, und erklärte, er werde auch gegen den erklärten Widerspruch der Banken diesen zustehendes Sicherungsgut verwerten. Auf ein Schreiben vom 9. März 2004, mit dem die Banken binnen drei Tagen die Vorlage eines Liquiditätsstatus und eine Übersicht über bereits veräußertes Sicherungsgut verlangten, vertröstete er sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin die gesamte Geschäftsverbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaften , insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Nachdem der frühere Mitangeklagte ihren Mitarbeitern mehrfach eine Inaugenscheinnahme des Sicherungsgutes verweigert hatte, stellten die Banken am 26. März 2004 Insolvenzantrag gegen die Georg S. GmbH & Co. KG und die vier Produktionsgesellschaften.
7
In der Zeit vom 31. März bis zum 7. April 2004 stellte K. in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der Se.
GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €, die nunmehr auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden. Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
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II. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hält der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
9
1. Das Landgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der frühere Mitangeklagte K. durch die Vereinnahmung der Rechnungsbeträge jedenfalls in Höhe von ca. 1,7 Mio. € im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB Vermögen der S. GmbH beiseite schaffte. Die Bezahlung der Rechnungen erfolgte unter Verstoß gegen die Grundsätze eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens (vgl. dazu BGHSt 34, 309, 310; Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 4 m. w. N.), weil provisionspflichtige Hauptgeschäfte in diesem Umfang nicht getätigt worden waren, deshalb ein Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung in dieser Höhe nicht bestand und eine weitere, erfolgsunabhängige Vergütung angesichts der angespannten Liquiditätslage nicht rückwirkend vereinbart werden durfte.
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2. Die Vorschrift des § 283 StGB stellt indes ein Sonderdelikt dar, dessen Täter nur der Schuldner sein kann (Radtke in MünchKomm StGB § 283 Rdn. 4; Tiedemann in LK 11. Aufl. § 283 Rdn. 225), also die (natürliche oder juristische) Person, die für die Erfüllung einer Verbindlichkeit haftet (Radtke aaO vor § 283 Rdn. 36). Ist der Schuldner - wie hier - eine juristische Person, die nur durch ihre Organe/Vertreter handeln kann, so gilt § 14 StGB. Diese Vorschrift setzt für die strafrechtliche Zurechnung voraus, dass die handelnde Person "als" Organ oder Vertreter (Abs. 1) bzw. "auf Grund dieses Auftrags" (Abs. 2) agiert. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur ist es danach für eine Strafbarkeit des Vertreters nach § 283 StGB erforderlich, dass er zumindest auch im Interesse des Geschäftsherrn handelt. Liegen ausschließlich eigennützige Motive vor, so kann eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB in Betracht kommen; eine Verurteilung wegen Bankrotts scheidet hingegen aus (sog. Interessentheorie, BGHSt 30, 127, 128 f.; 34, 221, 223; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3; BGH NStZ 2000, 206, 207; zustimmend Schünemann in LK 12. Aufl. § 14 Rdn. 50; Fischer, StGB 56. Aufl. § 283 Rdn. 4 b; im Ergebnis auch Kindhäuser in NK-StGB 2. Aufl. vor § 283 Rdn. 56; aA Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80; Hoyer in SK-StGB 116. Lfg. § 283 Rdn. 103 f.; Lenckner/Perron in Schönke /Schröder aaO § 14 Rdn. 26; jew. m. w. N.; differenzierend Radtke aaO vor § 283 Rdn. 55).
11
Das Landgericht hat das Vorliegen eines solchen Interesses rechtsfehlerhaft bejaht. Ob eine Handlung wenigstens auch im Interesse des Vertretenen vorgenommen worden ist, bestimmt sich nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (BGHSt 30, 127, 128 f.). Dass - wie die Strafkammer ausgeführt hat - der frühere Mitangeklagte sein weiteres Tätigwerden für die Gesellschaften der Angeklagten von der Bezahlung der Rechnungen abhängig gemacht hat, begründet ein wirtschaftliches Interesse der vertretenen S. GmbH nicht; es widerspricht einem solchen vielmehr, weiter mit einem Geschäftsführer zusammenzuarbeiten , der im großen Umfang eine ihm nicht zustehende Vergütung verlangt. Nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kann in der Überweisung der ca. 1,7 Mio. € durch den früheren Mitangeklagten K. zur Bezahlung der materiell unberechtigten Rechnungen daher nur ein Handeln aufgrund eigennütziger Motive gesehen werden, das der Gesellschaft schadete. Das Einverständnis der Angeklagten mit der Rechnungsstellung und ihrer Begleichung war nicht ausreichend (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.; BGH bei Holtz MDR 1979, 806; BGH NStZ 1984, 118, 119; JR 1988, 254, 255 f.; vgl. die Nachweise bei Labsch wistra 1985, 1, 7); die Zustimmung der Gesellschafter einer juristischen Person löst - anders als bei einer Kommanditgesellschaft (vgl. BGHSt 34, 221, 223 f.) - den Interessenwiderstreit zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft nicht auf.
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3. Darüber hinaus tragen die Feststellungen des Landgerichts die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH nicht, so dass sich auch bei Nichtanwendung der Interessentheorie (dazu unten IV.) die Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott als rechtsfehlerhaft erwiese.
13
Die Strafkammer hat in der Beweiswürdigung des Urteils unter summarischer Gegenüberstellung der liquiden Mittel und der fälligen Forderungen ausgeführt , Anfang April 2004 habe bei der S. GmbH eine Unterdeckung von ca. 4 Mio. € bestanden; infolge der Kreditkündigungen seien Verbindlichkeiten in Höhe von fast 23 Mio. € hinzu gekommen. Dies ist bereits widersprüchlich, weil an anderer Stelle des Urteils mitgeteilt wird, dass diese Summe der Kreditaufnahme aller Unternehmen der Angeklagten entsprach; auf die S. GmbH entfiel nur ein Teil davon. In der Darstellung des Landgerichts ist zudem ein von Rechtsanwalt F. für die S. GmbH geführtes Anderkonto nicht berücksichtigt , von dem der frühere Mitangeklagte K. am 5. April 2004 das letztlich von ihm vereinnahmte Geld an die Se. GmbH überwies.
14
Abgesehen von diesen Widersprüchen und Unvollständigkeiten begegnet die Darstellung der Liquiditätslage der S. GmbH zu den ausgewählten Stichtagen durchgreifenden Bedenken, weil sich das Landgericht auf die Mitteilung der Summen aus dem Liquiditätsstatus und hinsichtlich der liquiden Mittel auf Guthaben auf Girokonten beschränkt. Damit ist dem Senat die Überprüfung verwehrt, ob der vom Landgericht zugrunde gelegte Liquiditätsstatus nicht nur alle relevanten kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten, sondern auch die zu ihrer Tilgung vorhandenen oder herbeizuschaffenden Mittel (also die flüssigen Mittel und kurzfristig einziehbaren Forderungen sowie gegebenenfalls die kurzfristig liquidierbaren Vermögensgegenstände) enthält (vgl. § 17 Abs. 2 InsO und BGH wistra 2001, 306, 307; 2007, 312). Selbst wenn dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch zu entnehmen wäre, dass die S. GmbH durch Forderungseinzug oder Veräußerung von Vermögensgegenständen weitere liquide Mittel jedenfalls nicht kurzfristig realisieren konnte, war das Abstellen allein auf die angegebenen Kontenguthaben nicht ausreichend; denn in der rechtlichen Würdigung teilt die Strafkammer mit, dass die Gesellschaften der Angeklagten untereinander ein cash-management betrieben, demzufolge Zahlungen jeweils von dem Konto der Gesellschaft vorgenommen wurden, auf dem Guthaben vorhanden war. Dann hätte es zur nachvollziehbaren Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit der S. GmbH aber auch Feststellungen zu den Vermögensverhältnissen aller anderen Gesellschaften der Angeklagten bedurft. Dies gilt insbesondere deswegen, weil sich dem Urteil nur entnehmen lässt, dass über das Vermögen von zwei der Produktionsgesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Über das Schicksal der beiden anderen ergibt sich nichts.
15
III. Eine Schuldspruchänderung kommt nicht in Betracht. Zwar kann ein eigennütziges Beiseiteschaffen von Vermögen durch den Geschäftsführer einer Gesellschaft den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB erfüllen (BGHSt 28, 371; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Konkurrenzen 3). Die Angeklagten hatten der Rechnungsstellung und -begleichung indes zugestimmt.
16
Das Einverständnis des Geschäftsherrn schließt regelmäßig den Tatbestand der Untreue aus (Fischer aaO § 266 Rdn. 49 m. w. N.). Das gilt grundsätzlich auch für vermögensnachteilige Dispositionen des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft, wenn sie im Einverständnis der Gesellschafter getroffen werden. Ein Einverständnis der Gesellschafter ist allerdings unwirksam und die Vermögensverfügung des Geschäftsführers deshalb missbräuchlich, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, etwa durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265; vgl. auch Schünemann aaO § 266 Rdn. 25; Kindhäuser aaO § 266 Rdn. 68 ff.; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 20).
17
Eine solche Existenzgefährdung der Gesellschaft - etwa durch Gefährdung ihrer Liquidität - ist aus den oben unter II. 3. genannten Gründen aber ebenfalls nicht belegt.

18
IV. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Die von der Rechtsprechung entwickelte Interessentheorie ist in der Literatur auf Ablehnung gestoßen, weil sie für die Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich lässt, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist (Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80; Hoyer aaO § 283 Rdn. 103; Radtke aaO vor § 283 Rdn. 55; Labsch wistra 1985, 1, 6 ff.; jew. m. w. N.). Dieser Kritik ist zuzugeben, dass die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft widersprechen und der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leerläuft. Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-Mann-GmbH, in denen der Gesellschafter /Geschäftsführer der Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 80, 85).
20
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von Kapitalgesellschaften. Angesichts der besonderen Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen wird der Schutzzweck der Insolvenzdelikte dadurch konterkariert (vgl. Hoyer aaO; Radtke aaO). Dies gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel konsequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchführungs - oder Bilanzierungspflichten sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit , scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth NStZ 1990, 570, 572; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84). Über diese nicht gerechtfertigte Privilegierung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283 b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. Arloth NStZ 1990, 570, 572).
21
2. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch wistra 1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt (BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGHSt 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen hatte (BGH wistra 1989, 264, 267; aA BGH wistra 1984, 71; JR 1988, 254, 255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH & Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter einer Komplementär-GmbH den Auftrag des Geschäftsführers erweitern kann, das Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen Kapitalgesellschaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
22
3. Der Senat neigt deshalb dazu, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafbarkeit eines Vertreters wegen Bankrotts abzuweichen und die Abgrenzung zwischen den Insolvenzdelikten der §§ 283 ff. StGB und insbesondere der Untreue nach § 266 StGB, aber auch den Eigentumsdelikten gemäß §§ 242, 246 StGB nicht mehr nach der Interessenformel vorzunehmen, zumal das Abstellen auf das Interesse des Vertretenen und damit auf ein subjektives Element vom Wortlaut des § 14 StGB nicht gefordert wird (Arloth NStZ 1990, 570, 574; Tiedemann aaO vor § 283 Rdn. 84).
23
Es erscheint vielmehr geboten, für die Zurechnung der Schuldnereigenschaft im Sinne der §§ 283 ff. StGB maßgeblich daran anzuknüpfen, ob der Vertreter im Sinne des § 14 StGB im Geschäftskreis des Vertretenen tätig geworden ist. Dies wird bei rechtgeschäftlichem Handeln zu bejahen sein, wenn der Vertreter entweder im Namen des Vertretenen auftritt oder letzteren wegen der bestehenden Vertretungsmacht jedenfalls im Außenverhältnis die Rechtswirkungen des Geschäfts unmittelbar treffen (vgl. Radtke aaO vor § 283 Rdn. 58; Lenckner/Perron aaO § 14 Rdn. 26; Labsch wistra 1985, 59, 60). Gleiches gilt, wenn sich der Vertretene zur Erfüllung seiner außerstrafrechtlichen, aber gleichwohl strafbewehrten Pflichten (vgl. § 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB) eines Vertreters bedient (Tiedemann aaO vor § 284 Rdn. 84, Lenckner/Perron aaO; Radtke aaO; Arloth NStZ 1990, 570, 572; Winkelbauer JR 1988, 33, 34). Bei faktischem Handeln muss die Zustimmung des Vertretenen - unabhängig von der Rechtsform, in der dieser agiert - ebenfalls dazu führen, dass der Vertreter in seinem Auftrag handelt und ihm die Schuldnerstellung zugerechnet wird (Radtke aaO; Hoyer aaO § 283 Rdn. 106).
24
Bei Beachtung dieser Grundsätze kann die trotz gleichartiger Verhaltensweisen mit der Interessentheorie verbundene Ungleichbehandlung zwi- schen Einzelkaufleuten und GmbH-Geschäftsführern ebenso vermieden werden (vgl. Radtke aaO), wie Strafbarkeitslücken bei Verstoß gegen Buchführungs - und Bilanzierungspflichten, wodurch der Gläubigerschutz verbessert wird. Soweit der Vertreter eigennützig handelt, wird häufiger als bisher eine Verurteilung wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue oder einem Eigentumsdelikt in Betracht kommen, insbesondere wenn die Zustimmung der Gesellschafter (oder des alleinigen Gesellschafters/Geschäftsführers) einer GmbH wegen des damit verbundenen existenzgefährdenden Eingriffs in das Gesellschaftsvermögen kein tatbestandsausschließendes Einverständnis mit der nachteiligen Vermögensverfügung darstellt (vgl. BGHSt 35, 333; 49, 147, 158; BGH wistra 2003, 457, 460; 2006, 265). Dieses Ergebnis ist jedoch gerechtfertigt , weil in diesen Fällen durch dieselbe Handlung unterschiedliche Rechtsgüter - der Schutz der Gläubiger einerseits und das Vermögen bzw. das Eigentum der Gesellschaft andererseits - beeinträchtigt werden.
Becker Miebach Pfister Sost-Scheible Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 314/09
vom
29. April 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
________________________________
Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt nur dann vor, wenn
der Zugriff auf den weggegebenen Vermögensbestandteil für einen Insolvenzverwalter
im Rahmen der Gesamtvollstreckung (Insolvenz) wesentlich erschwert wird.
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09 - LG Kiel
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. April 2010 in der Sitzung am 29. April 2010, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 15. April 2010 - ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizamtsinspektor
- in der Verhandlung vom 15. April 2010 - ,
Justizangestellte
- bei der Verkündung am 29. April 2010 -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 19. Januar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
II. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Bankrotts in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten - gebildet aus Freiheitsstrafen von einem Jahr (Tat 1), neun Monaten (Tat 2) und einem Jahr und drei Monaten (Tat 3) - verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren fünf Monate der Strafe als verbüßt gelten.
2
Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Er ist der Auffassung, sein Verhalten erfülle nicht den Tatbestand des Bankrotts. Mit ihrer wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Ansicht, die Strafkammer habe rechtsfehlerhaft besonders schwere Fälle des Bankrotts gemäß § 283 a StGB verneint, die verhängten Strafen seien unvertretbar milde und die Kompensation für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung weise Rechtsfehler auf.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht mehr ankommt. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
4
A. Feststellungen und rechtliche Würdigung des Landgerichts:
5
I. Nach den Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte zur Finanzierung eines Bauvorhabens, das er im Bereich des Germaniahafens in Kiel-Hörn ausführen ließ, bei der Sachsen LB - Landesbank Sachsen Girozentrale (im Folgenden : Sachsen LB) einen Kredit in Höhe von ca. 200 Mio. DM (= 102.258.376,24 €) auf. Bestandteil des Darlehensvertrages waren neben den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" der Sachsen LB deren "Bedingungen für private Finanzierungen", die eine Regelung zur fristlosen Kündigung (Ziff. 10.2) enthielten.
6
Als Sicherheit für den Darlehensrückzahlungsanspruch verpfändete der Angeklagte an die Sachsen LB ein ihm gehörendes Depot mit Aktien des Mobilfunkbetreibers MobilCom AG. Zu diesem Zeitpunkt betrug der amtliche Kurs 83 € je Aktie. Weitere 16.552.340 Stück Aktien der MobilCom AG hatte der Angeklagte an drei andere Geldinstitute für ausgereichte Kredite in der Gesamthöhe von ca. 143,9 Mio. € verpfändet. Das Darlehen der Sachsen LB wurde an den Angeklagten ausbezahlt, der von der ihm eingeräumten Möglichkeit einer Zwischenanlage in Aktien der MobilCom AG Gebrauch machte, um deren Kurs zu stützen.
7
Da in der Folgezeit der Kurs der Aktien der MobilCom AG immer mehr verfiel, trafen die Sachsen LB und der Angeklagte eine neue Vereinbarung über die zu stellenden Sicherheiten und deren Berechnung, die in einem Nachtrag zum Darlehensvertrag schriftlich niedergelegt wurde. Vereinbarungsgemäß bestellte der Angeklagte der Sachsen LB zunächst eine Grundschuld über 39 Mio. DM an dem Gesamtgrundstück in Kiel-Hörn, die nach einer Teilung in drei Teilflächen (Bauteile A, B und C) auf diese mit jeweils 13 Mio. DM nebst Zinsen aufgeteilt wurde.
8
In den folgenden Monaten verlangte die Sachsen LB vom Angeklagten in einer Vielzahl von Schreiben entsprechend dem jeweiligen Aktienkurs erfolglos eine Erhöhung der Sicherheiten durch die Nachlieferung weiterer Aktien. Zu dieser Zeit befanden sich in dem an die Sachsen LB verpfändeten Wertpapierdepot 5.675.000 Stück Aktien. Ein Gutachter der Sachsen LB errechnete den der Bank durch die Grundschulden tatsächlich erwachsenen Wert an zusätzlicher Sicherheit mit 3.070.000 € für das Grundstück Bauteil A, mit 6.646.794,45 € für das Grundstück Bauteil B und mit 3.470.000 € für das Grundstück Bauteil C. Für das Grundstück Bauteil A setzte er wegen eines Fehlers bei der Zuord- nung der Flurstücke den Wert der Sicherheit um 1.760.000 € niedriger fest, als er tatsächlich zu bemessen gewesen wäre. Beim Grundstück Bauteil B, auf dem bereits mit den Bauarbeiten begonnen worden war, hielt der Gutachter den tatsächlichen Beleihungswert für wesentlich höher als den Nominalwert der Grundschuld.
9
Mit Schreiben vom 25. Februar 2002 forderte die Sachsen LB vom Angeklagten eine Verstärkung der Sicherheiten durch die Einlieferung weiterer 3.188.810 Stück Aktien der MobilCom AG. Dieser gab an, keine freien Aktien in der geforderten Anzahl zur Verfügung zu haben, und lehnte die Bestellung weiterer Grundschulden ab. Wegen fehlender Barmittel des Angeklagten und der Nichtzahlung einer Abschlagsrechnung hatte zuvor die ARGE Umbau Germaniahafen die Bauarbeiten auf dem Grundstück Bauteil B eingestellt. Mit Schreiben vom 7. März 2002 kündigte sie den Generalunternehmervertrag.
10
Die Sachsen LB forderte den Angeklagten mit Schreiben vom 1. März 2002 mit Fristsetzung zum 15. März 2002 und unter Androhung der fristlosen Kündigung auf, entweder zu ihren Gunsten auf dem Grundstück Bauteil B weitere Grundschulden in Höhe von 20 Mio. € zu bestellen und zusätzlich 1.293.747 Aktien der MobilCom AG nachzuliefern oder weitere 3.188.810 Stück Aktien in das verpfändete Wertpapierdepot einzubringen. Der Berechnung des Nachsicherungsverlangens lagen die fehlerhafte Ermittlung des Wertes der auf dem Grundstück Bauteil A bestellten Grundschuld und ein fehlerhafter Mindestsicherungswert durch Aktien unter Berücksichtigung zusätzlich bestellter Grundschulden über 20 Mio. € (77.074.339,32 € statt richtigerweise 76.033.739,97 €) zugrunde.
11
Spätestens am 4. März 2002 erkannten die Vertreter der Sachsen LB den Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A. Ihnen wurde daher bewusst, dass das Nachsicherungsverlangen um 175.045 Stück Aktien im Wert von 1,76 Mio. € überhöht war. Den Angeklagten informierte sie darüber nicht. Nach einer Verlängerung der gesetzten Frist erklärte die Sachsen LB mit Schreiben vom 19. März 2002 die fristlose Kündigung des Darlehensvertrages, stellte am 19. April 2002 das Darlehen zur Zahlung fällig und kündigte die Verwertung der Sicherheiten sowie die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an.
12
Am 14. August 2002 erließ das Amtsgericht Leipzig einen Mahnbescheid über 5 Mio. € nebst Zinsen, gegen den der Angeklagte Widerspruch einlegte. Mit Klageschrift vom 19. September 2002 erhob die Sachsen LB gegen den Angeklagten beim Landgericht Flensburg Klage auf Zahlung von 20 Mio. €. Kurz darauf kam es zu Handlungen des Angeklagten, in denen das Landgericht drei Bankrotttaten sieht:
13
Am 24. September 2002 wies der Angeklagte die I. -Bank an, von seinem bei ihr geführten Konto 500.000 € auf sein Konto bei der V. P. bank Vaduz in Liechtenstein (im Folgenden: VP-Bank) zu überweisen (Tat 1). Am 2. Oktober 2002 beauftragte er dieselbe Bank, weitere 240.000 € auf sein Konto in Liechtenstein zu transferieren (Tat 2) und - wie im Urteil festgestellt ist - alle in seinem Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das bei derselben Bank in Vaduz geführte Wertpapierdepot zu übertragen.
14
Hinsichtlich des in Liechtenstein geführten Depots gibt es eine Vereinbarung mit Datum vom 24. September 2002, mit der der Angeklagte die Wertpapiere an seine Ehefrau abtrat. Am 12. und 13. November 2002 erwarb der An- geklagte mit Geld von seinem Konto bei der VP-Bank für etwa 660.000 € Aktien der MobilCom AG, die er in das bei dieser Bank geführte Wertpapierdepot einbuchen ließ. Der Kurs der Aktie der MobilCom AG betrug Ende September /Anfang Oktober 2002 nur noch zwischen 1,12 € und 2,01 €.
15
Durch ein gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil des Landgerichts Flensburg vom 5. November 2002 wurde der Angeklagte verurteilt, an die Sachsen LB 20 Mio. € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 20. April 2002 zu zahlen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein.
16
Am 19. November 2002 übertrug der Angeklagte seine Geschäftsanteile an drei Handelsgesellschaften auf den B. Trust Reg. aus Vaduz, dessen Gesellschafterin die Ehefrau des Angeklagten war, zum Kaufpreis von 500.000 €, wobei zumindest die Anteile an der M. GmbH in Höhe des Kaufpreises werthaltig waren. Als Gegenleistung hatte die Ehefrau mit Wertstellung vom 14. November 2002 die 500.000 € auf das Konto eines Rechtsanwalts und Notars überwiesen, die dieser auf das Konto des Angeklagten bei der VP-Bank in Vaduz transferierte (Tat 3). Zu dieser Zeit betrug der Kurs der Aktie der MobilCom AG ca. 6,35 €.
17
In der Folgezeit kam es zu einer Vielzahl von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seitens der Sachsen LB gegen den Angeklagten, die zu einem erheblichen Teil erfolglos blieben. Die Versuche der Sachsen LB, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto des Angeklagten bei der VP-Bank in Liechtenstein zuzugreifen, scheiterten. Die VP-Bank teilte der Sachsen LB mit, sie müsse vor der Durchführung der Zwangsvollstreckung zunächst den ordentlichen Rechtsweg über das fürstliche Landgericht in Liechtenstein beschreiten.
Am 11. Februar 2003 stellte der Angeklagte beim Amtsgericht einen Eigeninsolvenzantrag , den er mit drohender Zahlungsunfähigkeit begründete. Am 2. März 2003 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet.
18
II. Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensbestandteile , die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörten, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft. Zwar sei der Angeklagte nicht zahlungsunfähig gewesen; denn die fristlose Kündigung der Sachsen LB sei wegen des verschwiegenen gravierenden Fehlers bei der Ermittlung des Grundschuldwertes für den Bauteil A und der nicht nachvollziehbaren Berechnung des Mindestsicherungswertes durch Aktien unwirksam gewesen , sodass der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht fällig geworden sei. Jedoch habe der Angeklagte wegen seiner äußerst kritischen wirtschaftlichen Lage die Taten im Stadium drohender Zahlungsunfähigkeit begangen, weil die Sachsen LB zur fristlosen Kündigung berechtigt und entschlossen gewesen sei, durch die der Darlehensrückzahlungsanspruch sofort fällig geworden wäre. Da er nicht über ausreichende liquide Mittel zu dessen Befriedigung verfügt habe und nicht in der Lage gewesen sei, sich solche kurzfristig zu verschaffen, habe es sich nicht um eine bloße Zahlungsstockung von wenigen Wochen gehandelt. Der Angeklagte habe alle Umstände, welche die Tatbestandsmerkmale des Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) erfüllten, gekannt und deshalb zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Ein Verbotsirrtum liege nicht vor.
19
B. Revision des Angeklagten:
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I. Aus der Anklageschrift vom 21. September 2007 und den Urteilsgründen ergibt sich, dass Gegenstand der Verurteilung hinsichtlich der Tat 2 lediglich die am 2. Oktober 2002 veranlasste Überweisung der 240.000 € auf das Konto bei der VP-Bank in Vaduz ist. Soweit das Landgericht festgestellt hat, der Angeklagte habe an diesem Tag die I. -Bank auch angewiesen, alle in seinem dortigen Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein zu übertragen, erschließt sich die Bedeutung dieser Feststellung für den Schuldspruch nicht. Einen entsprechenden ausdrücklichen Tatvorwurf enthält die Anklageschrift nicht. Einzelheiten zu einer Aktienübertragung vom 2. Oktober 2002, insbesondere zur Anzahl und zum Wert der übertragenen Aktien, teilen die Urteilsgründe nicht mit. Die Ausführungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Würdigung machen deutlich, dass das Landgericht die Übertragung von Aktien nicht als Teil der zweiten von ihm angenommenen Bankrotthandlung gesehen hat und sich der Schuldspruch hierauf nicht stützt.
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Allerdings wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer darüber zu befinden haben, ob der Transfer der Aktien - sollte er tatsächlich stattgefunden haben - als mögliche Bankrotthandlung eventuell deswegen von der Anklage mitumfasst wird, weil der Angeklagte die I. -Bank in einem einheitlichen Vorgang mit der Überweisung der 240.000 € und der Übertragung der Aktien beauftragte, sodass ein tateinheitliches Geschehen im Sinne natürlicher Handlungseinheit vorlag (§ 52 Abs. 1 StGB), das insgesamt dem prozessualen Begriff der angeklagten Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO unterfällt (MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 264 Rdn. 6 m. w. N.).
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II. Die Verurteilung des Angeklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwar angenommen, dass der Bankrotttatbestand des § 283 StGB auch Privatinsolvenzen erfasst (BGHR StGB § 283 Abs. 1 Anwendungsbereich 1). Seine Auffassung, der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensgegenstände, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft, begegnet auf der Grundlage der Feststellungen jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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1. Zum Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Durch die zwei Überweisungen auf das Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein, das den Gläubigern nicht ohne weiteres habe bekannt sein können, sei deren Zugriff auf das Geld wesentlich erschwert worden. Da der Kaufpreis für die an den B. Trust Reg. verkauften und abgetretenen Geschäftsanteile ebenfalls auf dieses Konto überwiesen worden sei, sei dem Vermögen des Angeklagten insoweit auch kein alsbald greifbarer Vermögenswert als Gegenleistung für die Gesellschaftsanteile der M. GmbH zugeflossen. Zum einen sei zu berücksichtigen, dass die Sachsen LB von der Existenz des Kontos in Vaduz bei ihren Versuchen, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, erst durch die Staatsanwaltschaft informiert worden sei. Zum anderen habe der konkrete weitere Geschehensablauf die durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein eingetretene Erschwerung des Gläubigerzugriffs deutlich gemacht, wie der erfolglose Versuch der Sachsen LB zeige, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto bei der VP-Bank zuzugreifen. Dies reiche für die Annahme des Merkmals des Beiseiteschaffens im Bankrotttatbestand aus. Unerheblich sei, ob der Insolvenzverwalter nach der späteren Eröff- nung des Insolvenzverfahrens rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Vermögenstransfer rückgängig zu machen und auf die in Liechtenstein befindlichen Vermögensbestandteile zuzugreifen. Ein ungeschmälerter und unmittelbarer Zugriff auf das überwiesene Geld sei im Rahmen des Insolvenzverfahrens ohnehin nicht mehr möglich gewesen, weil der Angeklagte mit einem erheblichen Teil des Geldes Aktien gekauft und diese in das an die Ehefrau abgetretene Wertpapierdepot habe übertragen lassen. Durch die Geldüberweisungen auf sein eigenes Konto habe er eine Befreiung von der aus einer eventuellen Vereinbarung anlässlich der Eheschließung möglicherweise gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Verpflichtung zur Übertragung von Aktien der Mobilcom AG nicht unmittelbar herbeiführen können, sodass schon aus diesem Grund auch der privilegierende Tatbestand der Gläubigerbegünstigung (§ 283 c StGB) nicht gegeben sei.
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2. Diese Begründung trägt die Annahme des Tatbestandsmerkmals des Beiseiteschaffens in § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht. Sie befasst sich mit der Zugriffserschwerung bei der Einzelzwangsvollstreckung durch die Sachsen LB und verhält sich nicht zu der für die Auslegung der Bestimmung entscheidenden Frage, ob infolge der Vermögenstransfers auf das Konto in Liechtenstein eine wesentliche Erschwernis des Gläubigerzugriffs auf die überwiesenen Geldbeträge bei einer Gesamtvollstreckung (Insolvenz) eingetreten ist. Im Einzelnen:
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a) Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt vor, wenn ein Schuldner einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzieht oder den Zugriff zumindest wesentlich erschwert. Dies kann entweder durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung des Vermögensgegenstands oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände geschehen (BGHSt 34, 309, 310; RGSt 66, 130, 131; OLG Frankfurt NStZ 1997, 551; Tiedemann in LK 12. Aufl. § 283 Rdn. 25; Hoyer in SK-StGB § 283 Rdn. 30 f.; Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 49; Fischer, StGB 57. Aufl. § 283 Rdn. 4).
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aa) Eine Vereitelung des Gläubigerzugriffs durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung ist etwa zu bejahen bei der Übereignung eines Gegenstandes , der Abtretung einer Forderung oder einer Verpfändung, wenn dies ohne adäquate Gegenleistung geschieht. Dasselbe gilt für die Überweisung eines Geldbetrages auf ein fremdes Konto mit der Folge, dass der überwiesene Geldbetrag nicht mehr zum Vermögen des Schuldners gehört (Tiedemann aaO Rdn. 25; Hoyer aaO Rdn. 30; Fischer aaO Rdn. 4). Die Rechtsprechung hat daher Fälle, in denen der Schuldner eine ihm zustehende Forderung von einer anderen Person über deren Konto, über das er nicht verfügungsberechtigt war, einziehen ließ (BGHSt 34, 309, 310 f.) oder Geld auf Konten von ihm beherrschter , aber rechtlich selbständiger Gesellschaften übertrug (OLG Frankfurt NStZ 1997, 551), als ein Beiseiteschaffen eines Vermögensbestandteils aus rechtlichen Gründen angesehen.
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bb) Ein Beiseiteschaffen in tatsächlicher Hinsicht ist gegeben, wenn der Schuldner einen Vermögensgegenstand an einen anderen Ort verbringt oder verbringen lässt und dadurch - ohne eine Änderung der rechtlichen Zuordnung - den Zugriff der Gläubiger auf diesen objektiv unmöglich macht oder zumindest wesentlich erschwert, etwa indem er ihn verbirgt oder in eine Lage bringt, die ein Zugreifen der Gläubiger zumindest deutlich schwieriger macht, als dies zuvor der Fall war. Dies gilt selbst bei einer späteren Kenntniserlangung des Insolvenzverwalters von der Vermögensverlagerung. Daher kann ein Beiseiteschaffen aus tatsächlichen Gründen vorliegen, wenn der Schuldner in der wirtschaftlichen Krise Geld von einem Girokonto in bar abhebt und auf ein eigenes, nur ihm bekanntes Konto im In- oder Ausland einzahlt (vgl. Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 242; Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht Rdn. 956).
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b) Schon nach diesen Maßstäben ist hier ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen durch den dreimaligen Geldtransfer nach Liechtenstein nicht belegt; es kommt daher nicht darauf an, dass nach allgemeiner Ansicht das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens in teleologischer Reduktion des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur solche Vermögensverschiebungen erfasst, die den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens grob widersprechen (BGHSt 34, 309, 310; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseiteschaffen 2; BGH NJW 1952, 898; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 27 m. w. N.; Hoyer aaO Rdn. 30 f.; Stree/Heine aaO Rdn. 4; Fischer aaO Rdn. 4 a) und eine weitergehende Ansicht zusätzlich voraussetzt, dass das Vorgehen des Täters subjektiv auf eine Benachteiligung seiner Gläubiger ausgerichtet ist (Tiedemann aaO Rdn. 28 f.). Die Auffassung des Landgerichts beruht auf einer Verkennung namentlich des Schutzzwecks des § 283 StGB mit der Folge, dass es den festgestellten Sachverhalt nach unzutreffenden rechtlichen Maßstäben unter das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens subsumiert hat.
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aa) Nach dem Wortlaut des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind Tatobjekt Bestandteile des Schuldnervermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören. Außerdem ist gemäß § 283 Abs. 6 StGB eine Bankrotthandlung nur strafbar, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist. Rechtsgut des § 283 StGB ist neben dem Schutz des gesamtwirtschaftlichen Systems vor allem der Schutz der etwaigen Insolvenzmasse vor einer unwirtschaftlichen Ver- ringerung zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger (BGHSt 28, 371, 373; BGH NStZ 2008, 401, 402; Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 45 ff.; Hoyer aaO Vor § 283 Rdn. 3; Fischer aaO Vor § 283 Rdn. 3). Im Gegensatz zu § 288 StGB (Vereitelung der Zwangsvollstreckung), der das Recht des einzelnen Gläubigers auf Einzelbefriedigung aus dem Schuldnervermögen (BGHSt 16, 330, 334; Fischer aaO § 288 Rdn. 1) schützt, dient § 283 StGB somit dem Schutz der Gesamtvollstreckung (Insolvenz). Da im Falle der Insolvenz der Insolvenzverwalter die Interessen der Gläubigergesamtheit wahrnimmt, ist daher die Prüfung bezogen auf die rechtlichen und tatsächlichen Zugriffsmöglichkeiten eines (gedachten ) Insolvenzverwalters unter Berücksichtigung seiner Auskunftsrechte gegenüber dem Schuldner (§ 97 InsO) unmittelbar nach der Tathandlung durchzuführen. Ob für einen einzelnen Gläubiger die Zwangsvollstreckung schwieriger geworden ist als vor dem Vermögenstransfer ist demgegenüber nur für § 288 StGB relevant, dessen Anwendung hier jedoch infolge der Zurücknahme des Strafantrags durch die Sachsen LB ausscheidet. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob der Insolvenzverwalter nach der tatsächlichen Insolvenzeröffnung den Transfer durch eine Insolvenzanfechtung rückgängig machen kann.
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bb) Entgegen der Meinung des Landgerichts ist daher das Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen nicht schon dann erfüllt, wenn einzelne oder alle Gläubiger ein Konto des Schuldners im In- oder Ausland, auf das dieser Geld überwiesen hat, nicht kannten oder nicht kennen konnten. Zum einen besteht für den Schuldner keine generelle Pflicht, während der wirtschaftlichen Krise den Gläubigern alle seine Konten offen zu legen. Zum anderen verschlechtert sich durch eine solche Überweisung objektiv die Vollstreckungssituation für die Gläubigergesamtheit nicht wesentlich, wenn - wie hier - der Vermögenstransfer anhand der Kontounterlagen nachzuvollziehen ist, die dem Insolvenzverwalter regelmäßig zur Verfügung stehen. Die Überprüfung von Überweisungen anhand der Kontounterlagen gehört zu den üblichen Aufgaben eines Insolvenzverwalters , dem der Schuldner bei Unklarheiten gemäß § 97 InsO Auskunft erteilen muss.
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Jedenfalls bei einer aus den Kontounterlagen nachvollziehbaren Überweisung auf ein ausländisches Konto - unabhängig davon, ob sich dieses auf dem Gebiet der Europäischen Union befindet oder nicht (aA Bittmann, Insolvenzstrafrecht § 12 Rdn. 103 Fn. 212) - kann das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens nur bejaht werden, wenn für einen (gedachten) Insolvenzverwalter Schwierigkeiten von Gewicht bestehen, auf den überwiesenen Geldbetrag in angemessener Zeit zum Zwecke der Befriedigung der Gläubigergesamtheit zuzugreifen (RGSt 35, 62, 63; 61, 107, 109). Dass nicht jede Erschwerung des Zugriffs ausreichend ist, sondern diese erheblich sein muss, ergibt sich aus dem Begriff des Beiseiteschaffens, der Gleichstellung der Zugriffserschwernis mit der Zugriffsvereitelung, dem Schutzzweck des § 283 StGB und dem Grundsatz der "ultima ratio" des Strafrechts. Außerdem besteht für eine Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Schuldners in der Krise nur insoweit ein Bedürfnis, als dies im Befriedigungsinteresse der Gläubigergesamtheit erforderlich ist. Deshalb führt nicht bereits die Überweisung auf ein ausländisches Konto für sich schon zu einer wesentlichen zukünftigen Erschwerung. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche rechtlichen Hindernisse oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Einzelfall beim Zugriff auf das ausländische Konto für einen Insolvenzverwalter zu überwinden sind. Eine wesentliche Erschwerung kann sich insbesondere ergeben aus erheblichen zeitlichen Verzögerungen oder der Notwendigkeit hoher finanzieller Aufwendungen für die Rechtsverfolgung im Ausland.
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Die Frage, ob für den Insolvenzverwalter der Zugriff auf vom Schuldner ins Ausland transferiertes Geld wesentlich erschwert worden ist, richtet sich - außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO; ABl. L 160 S. 1) oder bilateraler Abkommen - allein nach dem Insolvenz-(Konkurs-)recht sowohl des ausländischen Staates, in dessen Hoheitsgebiet das Konto geführt wird, und den daraus resultierenden rechtlichen und tatsächlichen Erschwernissen, als auch nach deutschem Insolvenzrecht. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für den Schuldner die nach § 98 InsO erzwingbaren Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 97 InsO die Erteilung einer so genannten Auslandsvollmacht umfassen, wenn Anhaltspunkte für Vermögen des Schuldners im Ausland bestehen und die Befugnisse des Insolvenzverwalters im Ausland nicht ohne weiteres anerkannt werden (BGH NJW-RR 2004, 134, 135).
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cc) Nach diesen Maßstäben ist hier nicht belegt, dass der Angeklagte das auf sein Konto bei der VP-Bank in Liechtenstein überwiesene Geld im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft hat.
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Durch die Vermögenstransfers auf das unter dem Namen des Angeklagten geführte Konto in Liechtenstein wurde objektiv dessen Vermögen nicht zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger verringert. Bei den zwei Überweisungen in Höhe von 500.000 € und 240.000 € wurden lediglich die Ansprüche gegen die I. -Bank durch Forderungen in gleicher Höhe gegen die VP-Bank ersetzt , so dass der Wert des Vermögens unverändert blieb. Durch die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. wurde das Vermögen des Angeklagten zwar einerseits um deren objektiven Wert verringert, aber andererseits um den auf das Konto bei der VP-Bank geflossenen Kaufpreis in Höhe von 500.000 € erhöht. Fließt als Gegenleistung für die Weggabe eines Vermö- gensbestandteils ein wirtschaftlich äquivalenter Wert in das Vermögen des Schuldners, entspricht dies den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft , weil das Vermögen insgesamt nicht verringert, sondern lediglich in seiner Zusammensetzung verändert wird (RGSt 66, 130, 132; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 3; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 30; Hoyer aaO § 283 Rdn. 33; Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 255). Da nach den Feststellungen der Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile entsprach , lag ein wirtschaftlich neutraler Austausch von Vermögensbestandteilen ohne nachteilige Auswirkungen auf das Vermögen des Angeklagten vor.
36
Wie oben dargestellt, ergab sich eine wesentliche Erschwernis des Zugriffs in tatsächlicher Hinsicht nicht schon daraus, dass der Sachsen LB und zunächst auch dem Insolvenzverwalter das Konto des Angeklagten bei der VPBank nicht bekannt war und nicht ohne weiteres bekannt sein konnte. Die Überweisungen vom 24. September 2002 und vom 2. Oktober 2002 wurden offen von einem Girokonto vorgenommen, das der Angeklagte nach den Feststellungen regelmäßig für Zahlungen an seine Gläubiger nutzte. Daher ergaben sich sowohl die Existenz des ausländischen Kontos als auch die Überweisungen bei der Durchsicht der Kontounterlagen, die einem Insolvenzverwalter zur Verfügung stehen. Die Überweisung der 500.000 € auf das Konto in Liechtenstein als Gegenleistung für die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. war für einen Insolvenzverwalter aus dem Inhalt des notariellen Kauf- und Abtretungsvertrages in Verbindung mit den Unterlagen betreffend die Konten bei der I. -Bank und der VP-Bank ebenfalls nachvollziehbar.
Zu der für das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens entscheidenden Frage, ob der Angeklagte durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein den Zugriff eines (gedachten) Insolvenzverwalters auf die überwiesenen Geld-
beträge aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen wesentlich erschwerte, verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Diese stellen lediglich darauf ab, dass sich der Zugriff auf das Konto bei der VP-Bank für die Sachsen LB bei der versuchten Einzelvollstreckung wesentlich schwieriger gestaltete als bei einer Kontenpfändung in Deutschland. Auch mit der nach der Insolvenzordnung einem Insolvenzverwalter eingeräumten Möglichkeit, vom Schuldner eine Auslandsvollmacht zu verlangen, befassen sich die Urteilsgründe nicht.
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III. Die Urteilsgründe bieten daher keine ausreichende Grundlage, um das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB mit der notwendigen Sicherheit bejahen oder verneinen zu können. Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist dem Senat auch unabhängig hiervon nicht möglich. Im Einzelnen:
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1. Zwar gilt im Verhältnis zwischen Deutschland und Liechtenstein weder die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren noch ein bilaterales Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Insolvenzentscheidungen einschließlich der Ausfolgung von Vermögenswerten. Doch auch nach dem autonomen Internationalen Insolvenzrecht beider Länder stellt sich ein Zugriff des deutschen Insolvenzverwalters auf ein bei einer Liechtensteiner Bank geführtes Konto nicht von vorneherein als so schwierig dar, dass ein Beiseiteschaffen sicher bejaht werden könnte.
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In rechtlicher Hinsicht ist sowohl das Internationale Insolvenzrecht Deutschlands als auch dasjenige Liechtensteins jeweils vom Universalitätsprinzip beherrscht. Das bedeutet, dass die Reichweite des deutschen Insolvenzverfahrens sich auch auf das in Liechtenstein belegene Vermögen eines Gemeinschuldners erstreckt und damit rechtlich zur Insolvenzmasse des deutschen Insolvenzverfahrens gehört (BGHZ 88, 147, 156; Lwowski/Peters in MünchKomm -InsO 2. Aufl. § 35 Rdn. 36; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht 7. Aufl. Rdn. 1036 b). Damit korrespondierend erkennt das liechtensteinische Internationale Insolvenzrecht in Art. 5 Abs. 2 der liechtensteinischen Konkursordnung (liKO) an, dass das in Liechtenstein befindliche bewegliche Vermögen eines Gemeinschuldners, über dessen Vermögen der Konkurs im Ausland eröffnet wurde, unter den dort genannten Voraussetzungen der ausländischen Konkursbehörde auf deren Verlangen auszufolgen ist. Es spricht viel dafür, dass zum Zeitpunkt der Tathandlungen im Herbst 2002 die gegenseitige Anerkennung zwischen Liechtenstein und Deutschland gewährleistet gewesen war (siehe OGH, Beschl. vom 6. Mai 2003 - 2 Cg 2001.68 - www.gerichtsentscheide.li; bereits zuvor anerkennungsfreundlich insbesondere in Bezug auf Deutschland Obergericht, Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179; Beschl. vom 9. Juni 1988 - GA 1/87 - LES 1992, 133; OGH, Beschl. vom 1. April 1981 - 4 C 213/77-15 - ZIP 1981, 881, anders noch OGH, Beschl. vom 17. Dezember 1980 - 4 C 461/78-15 - LES 1982, 25, 28; zur Literatur s. Mähr, Das Internationale Zivilprozeßrecht Liechtensteins 2002, S. 227 f.; Gasser, Internationales Insolvenzrecht in Liechtenstein, in: Grenzüberschreitendes Insolvenzrecht 2004, S. 115 ff.).
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2. In der Praxis ist das Ausfolgungsbegehren im Sinne des Art. 5 Abs. 2 liKO, bei dem es sich nach herrschender (liechtensteinischer) Ansicht um ein Rechtshilfeersuchen handelt (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132), an das nach Art. 1 Abs. 1 liKO i. V. m. Art. 27 liechtensteinische Jurisdiktionsnorm (liJN) zuständige Landgericht in Vaduz zu richten. Wer als ausländische Konkursbehörde für das Ausfolgungsverlangen zuständig ist, bestimmt sich nach deutschem Recht (Obergericht , Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179), das diese Aufgabe dem Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO kraft Amtes zuschreibt (BGHZ 88, 331, 334; BGH ZInsO 2006, 260 ff.; ZIP 1999, 75, 76; NJW 1995, 1484; Braun, InsO 3. Aufl. § 80 Rdn. 26). Das Ausfolgungsbegehren ist darauf gerichtet, den deutschen Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132). Im Anschluss an die im so genannten Exequaturverfahren - nach Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO - ergangenen Anerkennungs - und Vollstreckbarerklärung kann sodann das bei der liechtensteinischen Bank befindliche Guthaben des Gemeinschuldners für die Insolvenzmasse eingezogen werden, weil der Gemeinschuldner durch die Anerkennung der Wirkungen des deutschen Insolvenzverfahrens seine Verfügungsmacht auch hinsichtlich seines liechtensteinischen Vermögens verliert und diese dem Insolvenzverwalter zukommt (§ 80 Abs. 1 InsO; zur Wirkungserstreckung auf Liechtenstein vgl. Stotter ZIP 1981, 885). Der Einziehung des Guthabens auf dem liechtensteinischen Konto wie auch dem vorbereitenden Auskunftsersuchen stehen nach der Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärung auch nicht das als Berufsgeheimnis des Bankiers ausgestaltete Bankgeheimnis (Wagner, Bankenplatz Liechtenstein 3. Aufl. S. 161) der liechtensteinischen Banken entgegen. Denn der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Gemeinschuldner auf den Insolvenzverwalter bewirkt auch den Übergang der Geheimnisherrschaft an die Insolvenzmasse (Wagner aaO S. 263).
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3. Im Ergebnis ist daher für die Prüfung des Tatbestandmerkmals des Beiseiteschaffens entscheidend, ob im Herbst 2002 die Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO vorlagen und wie schwierig sich damals das Verfahren über die Anerkennung und die Vollstreckbarkeitserklärung eines deutschen Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gestaltete. Dies kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen nicht abschließend und zweifelsfrei beurteilen. Dasselbe gilt für die Anerkennung einer vom Schuldner dem Insolvenzverwalter erteilten Auslandsvollmacht in Liechtenstein. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
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C. Revision der Staatsanwaltschaft:
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Die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen den Rechtsfolgenausspruch bleiben ohne Erfolg.
44
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dem es obliegt, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle des Revisionsgerichts ist ausgeschlossen; dieses darf nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist. In Zweifelsfällen hat es die Bewertung durch das Tatgericht hinzunehmen (BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1).
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2. Einen Rechtsfehler enthält die Strafzumessung des Landgerichts nach diesen Maßstäben nicht. Ein solcher liegt insbesondere nicht darin, dass es die Annahme besonders schwerer Fälle des Bankrotts abgelehnt hat. Rechtsfehlerfrei hat es ein Handeln des Angeklagten aus einem überzogenen rücksichtslosen Eigeninteresse und damit aus Gewinnsucht (§ 283 a Satz 2 Nr. 1 StGB) sowie das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falles verneint. Bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hat es die wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände aufgeführt und rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen. In Anbetracht des hohen Wertes der Vermögensbestandteile, die das Landgericht als beiseite geschafft angesehen hat, sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe zwar als milde anzusehen. Sie unterschreiten jedoch nicht den Rahmen schuldangemessenen Strafens, sondern halten sich noch innerhalb des allein dem Tatrichter zustehenden Strafzumessungsspielraums.
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Entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht die Grundsätze über die Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach der Vollstreckungslösung (BGHSt 52, 124 ff.) nicht verletzt. Bei der festgestellten Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren musste es in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich darlegen, ob zur Kompensation bereits die Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ausgereicht hätte (BGHSt aaO S. 138 f.). Der als vollstreckt bestimmte Teil der Strafe von fünf Monaten erscheint angesichts des nicht unerheblichen Verzögerungszeitraums noch nicht unvertretbar hoch. Insgesamt ist die Höhe der vorgenommenen Kompensation ausreichend begründet (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 368).
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D. Hinweise:
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Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt es sich, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte allen bestehenden und zu erwar- tenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (vgl. Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 130 ff.; Hoyer aaO § 283 Rdn. 20 ff.). Die für einen umfassenden Liquiditätsstatus erforderlichen Informationen dürften sich aus der Insolvenzakte, insbesondere dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie den Berichten des Insolvenzverwalters zu den von den Gläubigern zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen und den verwertbaren Vermögenswerten ergeben.
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2. In der neuen Hauptverhandlung wird zu klären sein, ob sich der Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A auf die Sicherheiten durch die Grundschulden ausgewirkt hat. Dies wäre nur der Fall, wenn die Flurstücke irrtümlich dem Grundstück Bauteil B zugeordnet worden wären, weil nach den Feststellungen der Wert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld voll ausgeschöpft war. Sollten die Flurstücke jedoch dem Grundstück Bauteil C zugeordnet worden sein, hätte sich der Sicherungswert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld entsprechend erhöht.
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3. Auch bei einem überhöhten Sicherungsverlangen wird sich der neue Tatrichter mit der Rechtsfrage befassen müssen, ob die fristlose Kündigung vom 19. März 2002 wirksam war und deshalb von einer Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten auszugehen ist. Bei der rechtlichen Würdigung ist nicht nur das Verhalten der Sachsen LB, sondern auch das des Angeklagten in den Blick zu nehmen. In der Rechtsprechung ist anerkannt (vgl. BGHR BGB § 648 a Sicherungsverlangen 1), dass ein überhöhtes Sicherungsverlangen wirksam sein kann, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldner auch auf ein auf den berechtigten Teil beschränktes Nachsicherungsverlangen nicht geleistet hätte.
52
4. Um drohende Zahlungsunfähigkeit festzustellen, ist nach der auch für das Strafrecht geltenden (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 126; Hoyer aaO § 283 Rdn. 8 ff.) Definition des § 18 Abs. 2 InsO eine Prognose erforderlich, die sich zunächst auf alle fälligen Verbindlichkeiten des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten beziehen muss (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 133; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Ob daneben auch die zu erwartenden, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, ist streitig (vgl. einerseits Stree/Heine aaO § 283 Rdn. 53 m. w. N.; Radtke in MünchKomm-StGB Vor § 283 Rdn. 84, 87 ff.; andererseits Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 139; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Jedenfalls können nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fällig werdende Verbindlichkeiten in die Betrachtung einbezogen werden. Bei der Prognose ist die drohende Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung abzugrenzen (BGHZ 163, 134).
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5. Der objektive Wert der Geschäftsanteile, die der Angeklagte an den B. Trust Reg. verkauft und auf diesen übertragen hat, sollte durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden. Da die Ehefrau des Angeklagten die Inhaberin des B. Trust Reg. war, kann vom Kaufpreis nicht auf den tatsächlichen Wert geschlossen werden. Einerseits ist es - entsprechend der Behauptung des Angeklagten - denkbar, dass die Ehefrau bereit war, einen überhöhten Kaufpreis zu bezahlen. Andererseits kann der Angeklagte im Hinblick auf die persönlichen Beziehungen auch einen nicht adäquaten Kaufpreis akzeptiert haben.
54
6. Es empfiehlt sich, zu der Frage, wie schwierig für einen deutschen Insolvenzverwalter im Herbst 2002 der Zugriff auf ein Konto in Liechtenstein war, ein Gutachten einzuholen. Sollte der neue Tatrichter zum Ergebnis kommen, dass das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens zu verneinen ist, wird we- gen der zeitlichen Nähe zwischen den Vollstreckungsversuchen der Sach-sen LB und den Vermögensverlagerungen nach Liechtenstein vor einem Freispruch zu prüfen sein, ob sich der Angeklagte wegen versuchten Bankrotts strafbar gemacht hat. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 652/10
vom
30. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 30. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben ,
a) im Schuldspruch in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, Bankrotts in sechs Fällen, Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 30 Fällen, Betrugs sowie Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es das Verfahren eingestellt und den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist im Umfang der Aufhebung begründet; hinsichtlich der noch verbleibenden Tat B.III.41 der Urteilsgründe (Untreue zum Nachteil der Wohnungseigentumsgemeinschaft N. H. – in K. ) ist sie hingegen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

A.

2
Hinsichtlich der Verurteilungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, die der Angeklagte als Geschäftsführer der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH & Co KG (im Folgenden: G. GmbH & Co KG) und der A. Sportmarketing GmbH (im Folgenden: A. GmbH) ausgeübt hat (Fälle B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe), greift die Verfahrensrüge einer Verletzung der Vorschrift des § 261 StPO durch; auf die weiteren formellen und materiellen Beanstandungen der Revision kommt es insoweit nicht an.

I.

3
Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte über Familienangehörige , die ihm Generalvollmachten erteilt hatten, sowohl die Kommanditanteile an der G. GmbH & Co KG als auch sämtliche Anteile an deren Komplementär -GmbH, der G. Grundstücks- und Wohnbau GmbH. Zugleich war er Geschäftsführer beider Gesellschaften. Daneben war der Angeklagte alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A. GmbH, deren Geschäftsgegenstand im Bereich der Vermarktung von Sportlern lag und deren Anteile vom Angeklagten und seinem Sohn gehalten wurden. Nachdem diese am 6. Januar 2006 die Auflösung der A. GmbH beschlossen hatten, wurde der Angeklagte zu deren Liquidator bestellt. Am 15. Juli 2008 wurde das Unternehmen auf Antrag des Finanzamts wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
4
Sowohl die G. GmbH & Co KG als auch die A. GmbH hatten ab dem Jahr 2003 mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine Zeitlang gelang es dem Angeklagten, kurzfristige Liquiditätsengpässe mittels Hin- und Herschiebens von Geldern zwischen den beiden Unternehmen, aber auch seinem Privatvermögen auszugleichen. Letztlich jedoch wurden beide Unternehmen zahlungsunfähig. Die Zahlungsunfähigkeit trat nach den Feststellungen bei der G. GmbH & Co KG spätestens Anfang des Jahres 2005, bei der A. GmbH bereits Ende 2004 ein.

II.

5
Die Strafkammer hat ihren Feststellungen zum finanziellen Niedergang der Unternehmen und zum Eintreten der Krisensituationen Auszüge der jeweiligen Geschäftskonten zugrunde gelegt, denen sie eine Vielzahl von Kontoständen und Einzelbuchungen entnommen hat. Diese Einzelbuchungen hat sie zum Teil datum- und zahlengenau auf mehreren Seiten der Urteilsgründe wiedergegeben.
6
Die von der Revision zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe die Auszüge der Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG bei der Sparkasse K. (Konto ) und bei der Volksbank V. (Konto ) bzw. der A. GmbH bei der Sparkasse K. (Konto ) verwertet, ohne diese prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben , ist begründet.
7
1. Wie die Revision zutreffend ausführt und durch den Inhalt der Protokollniederschrift bewiesen ist, sind die entsprechenden Kontoauszüge in der Hauptverhandlung weder förmlich als Urkunden gemäß § 249 Abs. 1 S. 1 StPO verlesen noch sind sie im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführt worden. Der an verschiedenen Stellen des Hauptverhandlungsprotokolls enthaltene Eintrag , Bankordner seien "zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und in richterlichen Augenschein" genommen worden, ist nicht geeignet, eine förmliche Verlesung der Urkunden zu beweisen (BGHSt 11, 29, 30; Diemer in KK StPO 6. Aufl. § 249 Rn. 51; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 273 Rn. 9). Die Inaugenscheinnahme einer Urkunde beinhaltet im Übrigen nur dann eine zureichende Beweiserhebung, wenn es nicht auf ihren Inhalt, sondern auf ihr Vorhandensein oder ihren Zustand ankommt (BGHR StPO § 249 Abs. 1 Kontoauszüge 1; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 7).
8
Zwar kann der Inhalt einer Urkunde auch durch ihren Vorhalt an Zeugen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden (vgl. BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). So ist im Hauptverhandlungsprotokoll vermerkt, dass Bankordner mit Zeugen "erörtert" bzw. diesen vorgehalten wurden. Beweisgrundlage ist dann allerdings nicht der Vorhalt selbst, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wurde (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1; § 261 Inbegriff der Verhandlung 38). Der Einführung einer Urkunde mittels Vorhalt sind deshalb Grenzen gesetzt. Insbesondere wenn es sich um längere oder sehr komplexe Ausführungen handelt, besteht die Gefahr, dass die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloßen inhaltlichen Vorhalt hin nicht richtig oder nur unvollständig erfasst oder sich an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks nicht zuverlässig erinnern kann (BGHSt 11, 159, 160; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 39; BGH NStZ 1991, 500; Meyer-Goßner aaO § 249 Rn. 28). So liegt der Fall hier. Angesichts der hohen Anzahl der von der Kammer verwerteten Kontoauszüge und Einzelbuchungen ist auszuschließen , dass die als Zeugen gehörten Bankmitarbeiter und Polizeibeamten das entsprechende Zahlenwerk aus eigener Erinnerung heraus im Einzelnen bestätigen konnten (vgl. BGH NJW 2002, 2480, in BGHSt 47, 318 insoweit nicht abgedruckt

).

9
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe auf diesem Mangel beruht.
10
Das Landgericht hat im Abschnitt B.II.1 bis 3 ausführliche Feststellungen zur finanziellen Entwicklung der beteiligten Unternehmen getroffen, die sie ihrer Darstellung der konkreten Tathandlungen vorangestellt hat. Darin nimmt die Entwicklung der jeweiligen Geschäftskonten breiten Raum ein, teilweise werden Kontostände sowie einzelne Buchungen, etwa eingehende Mietzahlungen, nach genauem Datum und Betrag wiedergegeben. Aus diesen Feststellungen, die das Landgericht ausdrücklich auf die "in die Hauptverhandlung eingeführten Kontoauszüge" gestützt hat (UA S. 45/46 und 50), hat es sodann die Überzeugung gewonnen, dass die G. GmbH & Co KG "spätestens Anfang 2005" und die A. GmbH "spätestens Ende 2004" zahlungsunfähig geworden waren (vgl. UA S. 18, dort unter B.II.3 "Fazit"). Das sich aus den Kontoauszügen ergebende konkrete Zahlenwerk hatte damit bestimmenden Einfluss auf die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen zu den jeweils relevanten Tatzeitpunkten. Dies kann sich auf die Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 39 der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.
11
Hierzu gilt im Einzelnen:
12
a) Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall B.III.1 der Urteilsgründe wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 130b Abs. 1 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung), § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der G. GmbH & Co KG unter Missachtung der sich aus § 130a Abs. 1 S. 3 HGB (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung; jetzt § 15a Abs. 1 S. 1 InsO) ergebenden Verpflichtungen erst am 23. Januar 2006 einen Insolvenzantrag gestellt habe, obwohl das Unternehmen bereits seit Anfang 2005 zahlungsunfähig gewesen sei. Im Fall B.III.2 der Urteilsgründe hat es den Angeklagten eines Vergehens der Insolvenzverschleppung gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG (in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung) schuldig gesprochen, weil er es in seiner Eigenschaft als Liquidator der A. GmbH trotz zum Zeitpunkt seiner Bestellung bereits eingetretener und noch andauernder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens unterlassen habe, einen Insolvenzantrag zu stellen.
13
Das Landgericht hat bei seiner Beweiswürdigung zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit jeweils explizit auf seine Ausführungen zur generellen finanziellen Entwicklung der Unternehmen Bezug genommen und auf die dort angeführten Kontostände verwiesen (UA S. 56/57). Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass sich der von der Revision aufgezeigte Verfahrensmangel auf die Verurteilungen ausgewirkt hat.
14
b) Aus denselben Gründen waren auch die Schuldsprüche wegen Bankrotts aufzuheben. Soweit die Strafkammer in den Fällen B.III.3 bis 5 der Urteilsgründe den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB dadurch als erfüllt angesehen hat, dass es der Angeklagte in verantwortlicher Funktion unterließ, Bilanzen der beiden Unternehmen für das Geschäftsjahr 2004 und eine Liquidationsbilanz der A. GmbH zu erstellen, greift die Rüge noch unter einem weiteren Gesichtspunkt durch. Zwar hat das Landgericht unter zutreffender Heran- ziehung der Grundsätze der Rechtsfigur der omissio libera in causa (vgl. hierzu : OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 104, 105; Beckemper JZ 2003, 806, 807; Rönnau NStZ 2003, 525, 530; Hillenkamp in FS Tiedemann 2008, S. 949, 963; Fischer StGB 58. Aufl. § 283 Rn. 29; LK/Tiedemann 12. Aufl. § 283 Rn. 154 sowie zu § 266a StGB: BGHSt 47, 318, 320 ff.; BGHZ 134, 304, 308 ff.) ausgeführt , dass die finanzielle Unmöglichkeit, einen Steuerberater mit der Erstellung von Bilanzen zu beauftragen, den Angeklagten nicht entlasten könne, weil er trotz sich abzeichnender Liquiditätsprobleme eingehende Mietzahlungen und sonstige Vermögenswerte nicht zur Bildung von Rücklagen, sondern zur Begleichung eigener Schulden oder Schulden der A. GmbH verwandt habe.
15
Die dieser Wertung zugrunde gelegten Buchungsvorgänge, welche das Landgericht überwiegend tabellarisch in den Urteilsgründen aufgeführt hat (UA S. 21 bis 35), hat es jedoch ebenfalls den nicht prozessordnungsgemäß eingeführten Kontounterlagen entnommen, weshalb das Urteil auch insoweit auf dem Verfahrensmangel beruht. Dies gilt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch hinsichtlich der Feststellung, dass der Angeklagte rechtsgrundlos Gelder von den Geschäftskonten der G. GmbH & Co KG abgezogen hat. Zwar haben mehrere Zeugen solche Vermögensverschiebungen pauschal dem Grunde nach bestätigt. Die Bewertung der den Pflichtwidrigkeitsvorwurf begründenden, auf den jeweiligen Fälligkeitsstichtag zu beziehenden Liquiditätsprognose (vgl. BGHSt 47, 318, 322/323 zu § 266a StGB) setzt jedoch Kenntnis von den konkreten Zahlungsflüssen voraus, die sich dem Landgericht erst aus den verwerteten Kontoauszügen eröffnet hat.
16
Vor diesem Hintergrund kann auch die Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in den Fällen B.III.9 bis 38 der Urteilsgründe keinen Bestand haben, bei der das Landgericht ebenfalls von einem schuldhaften Zahlungsunvermögen ausgegangen ist.
17
c) Der Schuldspruch in den Fällen B.III.6 und 7 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB wegen unterlassener Buchführung sowie im Fall B.III.8 der Urteilsgründe nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen Verheimlichens von Vermögenswerten hat ebenfalls keinen Bestand. Auch hier sind die Feststellungen zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit von dem Verfahrensmangel betroffen. Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht den Angeklagten eines Betruges schuldig gesprochen hat (Fall B.III.39 der Urteilsgründe), weil er trotz - von ihm auch erkannter - Zahlungsunfähigkeit einen Handwerker mit der Vornahme von Werkleistungen an Wohnobjekten der G. GmbH & Co KG beauftragt hatte.
18
3. Das Urteil war deshalb im vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es sich zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte aller bestehenden oder zu erwartenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (BGHR § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 1; BGH NStZ 2003, 546; NJW 2010, 2894, 2898, insoweit in BGHSt 55, 107 nicht abgedruckt; vgl. auch Wegner in Achenbach /Ransiek Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 2. Aufl. 2008 VII 1 Rn. 69 ff.; LK/Tiedemann aaO, vor § 283 Rn. 130 ff.). Sofern der neue Tatrichter die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit erneut anhand wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen vornehmen sollte, wird er zu beachten haben, dass hierbei nur solche Verbindlichkeiten herangezogen werden können, die zu dem möglichst konkret zu bezeichnenden Bewertungszeitpunkt auch fällig waren (vgl. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO; BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2; Fischer aaO, vor § 283 Rn. 9).

B.

19
Die Verurteilung wegen Untreue im Fall B.III.40 der Urteilsgründe hält auf die Sachrüge der revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

I.

20
Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
21
Der Angeklagte war Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter mit einem Kapital von 99.900 € der K. I. GmbH & Co KG (nachfolgend : I. GmbH & Co KG). Der Geschäftsanteil des Angeklagten war an die Sparkasse K. verpfändet, bei der der Angeklagte erhebliche, aus der Finanzierung von Immobilienankäufen resultierende Schulden hatte. Weitere Gesellschafterin der I. GmbH & Co KG war die Firma K. - I. -V. -GmbH, eine Tochtergesellschaft der Sparkasse K. , mit einer Einlage von einem Euro. Ziel der Geschäftsgründung war der Abverkauf der finanzierten Immobilien, wobei die Erlöse überwiegend letztlich der Sparkasse zufließen und der Darlehensrückführung dienen sollten. Im Februar 2002 schloss der Angeklagte hierzu mit Verantwortlichen der I. GmbH & Co KG einen Geschäftsbesorgungsvertrag, wodurch ihm gegen Provision die Vermarktung und Verwaltung von Wohnobjekten übertragen wurde. Am 15. Dezember 2005 vereinnahmte der Angeklagte Mietzahlungen für die I. GmbH & Co KG in Höhe von 12.000 €, die er entgegen den Bestimmungen des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht auf das Mietkonto verbuchte, sondern für sich behielt.

II.

22
1. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 1. Alt. StGB verurteilt. Durch die Nichtabführung der Mietzahlungen habe er die ihm durch den Geschäftsbesorgungsvertrag eingeräumte Befugnis , über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht und dadurch dem Vermögen der I. GmbH & Co KG einen Nachteil zugefügt.
23
2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass im Rahmen des § 266 StGB eine Schädigung des Gesamthandvermögens einer Kommanditgesellschaft nur insoweit bedeutsam sein kann, als sie gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt. Für die Frage des Nachteilseintritts ist demnach nicht allein auf die Gesellschaft , sondern auf das Vermögen der einzelnen Gesellschafter abzustellen (vgl. BGHSt 34, 221, 223; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; E. Schramm, Untreue und Konsens, 2005, S. 85; Tiedemann GmbH-Strafrecht 5. Aufl. 2010 vor §§ 82 ff. Rn. 22).
24
a) Soweit der Gesellschaftsanteil des Angeklagten betroffen ist, schließt sein Einverständnis die Annahme eines Vermögensschadens aus (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25; BGH NStZ 1987, 279; Fischer aaO § 266 Rn. 113). Dem steht die Verpfändung seiner Kommanditanteile an die SparkasseK. nicht entgegen. Denn mit einer solchen ist jedenfalls nicht ohne Weiteres auch eine Übertragung der Stimmrechte verbunden (Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck GmbHG 19. Aufl. 2010 § 15 Rn. 50; Michalski GmbHG 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 227).
25
Feststellungen dazu, ob und in welcher Höhe auf Seiten der Komplementär -GmbH ein Vermögensschaden entstanden ist, hat das Landgericht nicht getroffen. Zwar kommt, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist, eine anteilige Schädigung der GmbH im Verhältnis ihrer Einlageleistung zur Gesamteinlage in Betracht (vgl. BGH NStZ 1987, 279; Soyka, Untreue zum Nachteil von Personengesellschaften, S. 64, jew. auch zu weiteren möglichen Schadenspositionen). Angesichts der lediglich marginalen Höhe eines solchen Nachteils (12.000 € x 1/99001 = 0,12 €) liegt es aber auf der Hand, dass der Angeklagte jederzeit bereit und in der Lage gewesen war, diesen mit eigenen Mitteln auszugleichen (vgl. BGHSt 15, 342, 344; BGH NStZ 1995, 233, 234; Fischer aaO § 266 Rn. 168 mwN).
26
b) Ob der Angeklagte durch die Vereinnahmung der Mietzahlungen zugleich gegen die sich aus dem Verhältnis zur Sparkasse K. als Pfandnehmerin eines Gesellschaftsanteils ergebenden Pflichten verstoßen und dieser in Höhe des auf seinen Kommanditanteil entfallenden Anteils einen Vermögensnachteil zugefügt hat, kann dahin stehen. Mangels konkreter Feststellungen zum Inhalt der Sicherungsabrede ist bereits offen, ob die Ablieferung vereinnahmter Gelder an die I. GmbH & Co KG auch im Verhältnis zur Pfandnehmerin eine wesentliche Vertragspflicht darstellte (vgl. BGH wistra 1984, 143 mit Anm. Schomburg). Ein möglicher Pflichtenverstoß gegenüber der Sparkasse K. war jedenfalls weder von der Anklage bezeichnet, noch war der Angeklagte hierauf in sonstiger Weise, etwa in Form eines rechtlichen Hinweises entsprechend § 265 Abs. 1 StPO, hingewiesen worden.

C.

27
Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen B.III.1 bis 40 der Urteilsgründe erfordert die Aufhebung auch der Gesamtstrafe.

Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott