Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2003 - 5 StR 39/03

published on 26/02/2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2003 - 5 StR 39/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
5 StR 39/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. Februar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2003

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. Juli 2002 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer nach § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB qualifizierten Vergewaltigung zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
Ein sachlichrechtlicher Fehler im Bereich der grundsätzlich in die Verantwortung des Tatgerichts gestellten Beweiswürdigung, der ein Eingreifen des Revisionsgerichts verlangt, kann vorliegen, wenn die Würdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist. Dabei hängt der dem Tatgericht abzuverlangende Begründungsaufwand von der jeweiligen Beweislage ab. Steht Aussage gegen Aussage und hängt die Entscheidung maßgeblich davon ab, welcher Person das Gericht Glauben schenkt, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich einer eingehenderen Erörterung aller – namentlich auch früherer – relevanter Aussagen. Denn regelmäßig genügt der Tatrichter bei einer solchen Beweislage nur so seiner Verpflichtung, im Urteil zu belegen, daß er alle Umstände, welche die Entscheidung zu beeinflussen geeignet sind, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH StV 1993, 235; 1994, 359; 2002, 469; NStZ-RR 2002, 174; BGH, Beschl. v. 24. Oktober 2002 – 1 StR 314/02; jeweils m. w. N.).
Da der Angeklagte, der in der Hauptverhandlung die Einlassung verweigert, seine Täterschaft indes früher bestritten hat, allein durch die Zeugenaussage der Nebenklägerin überführt wird, liegen diese besonderen Anforderungen an die Begründung der Beweiswürdigung hier vor. Ihnen genügt das angefochtene Urteil nicht.
Es enthält insbesondere Lücken bei der Behandlung der Frage, inwieweit dem Aussageverhalten der Nebenklägerin Konstanz zuzuerkennen ist. Das Landgericht teilt Zeitpunkt und Inhalt ihrer Anzeige und ihrer früheren Zeugenbefragung bei der Polizei nicht mit. Es belegt somit nicht, ob die Zeugin dabei die originellen Details bereits angegeben hatte, aus denen für sich plausibel die Zuverlässigkeit ihrer Angaben zum Tathergang hergeleitet werden (UA S. 13). Das Landgericht, das sich lediglich mit einer – bei Feststellung der Täterschaft des Angeklagten – markanten Fehleinschätzung seines Alters durch die Nebenklägerin bei ihrer Anzeige befaßt, teilt darüber hinaus nichts über ihre damalige Beschreibung der Person des Täters sowie seiner Bekleidung mit, woran sie den Angeklagten knapp ein Vierteljahr später unter ebenfalls nicht näher geschilderten Begleitumständen wiedererkannt haben wollte (UA S. 9). Nicht mitgeteilt – auch nicht ausgewertet – wird schließlich, ob die Nebenklägerin schon bei ihren ersten Aussagen gegenüber der Polizei angegeben hatte, daß ein hinzukommender Mann den Täter – unter anderem – mit dem Vornamen des Angeklagten angeredet habe (UA S. 8).
Zu diesen Lückenhaftigkeiten kommen Unklarheiten bei der Schilderung von Begleitumständen der Tat hinzu. Das Landgericht bemißt einerseits die Dauer des ersten Teilakts der Vergewaltigung – bei dem festgestellten Geschehen außergewöhnlich lange – mit vier Stunden (UA S. 8), andererseits stellt es einen Tatbeginn gegen 2.30 Uhr (UA S. 7, 14, 16) und ein Ende des aus immerhin einer nicht ganz kurzen Unterbrechung und zwei weiteren Teilakten bestehenden Gesamtgeschehens um 6.30 Uhr am selben Tag fest (UA S. 14 ff.). Schließlich steht die Mitteilung über die eingeholte Wetterauskunft im Urteil für sich angesichts der Angabe zu nächtlichem Regen und Plusgraden (UA S. 15) nicht unbedingt im Einklang mit den Feststellungen über die Schneeverhältnisse zur Tatzeit (UA S. 7, 9); jedenfalls hätte es insoweit näherer Erläuterung (über UA S. 16 hinaus) bedurft.
Mangels ausreichend markanter tragfähiger Indizien zum Nachteil des Angeklagten über die Angaben der Nebenklägerin hinaus bedarf die Sache mithin neuer tatrichterlicher Prüfung. Für den Fall eines erneuten Schuldspruchs werden dem Angeklagten angelastete Spätfolgen bei der Nebenklägerin (UA S. 10, 13, 17), namentlich im Blick auf ihre sonstigen persönlichen Probleme (UA S. 9 f.), kritisch zu hinterfragen sein.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.