Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Mai 2013 - 5 StR 239/13

bei uns veröffentlicht am30.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 239/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 30. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Mai 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 9. Januar 2013 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, einen Audi A 8 eingezogen und einen Geldbetrag in Höhe von 5.000 € für verfallen erklärt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen verkaufte der Angeklagte in 16 Fällen Heroin – dabei dreimal zudem Kokain – an den drogenabhängigen L. (II.1. bis 16. der Urteilsgründe); diesem sollte er in einem weiteren Fall Heroin liefern, wozu es infolge seiner Festnahme aber nicht mehr kam (II.17. der Urteilsgründe).
3
Der Angeklagte hat zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen geschwiegen. Das Landgericht hat sich von den festgestellten Taten im Wesentlichen aufgrund der Angaben des als Zeugen gehörten L. über- zeugt, „die durch das Beweisergebnis im Übrigen gestützt und ergänzt“ wür- den (UA S. 8).
4
2. Die tatgerichtliche Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
a) Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Ihre revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht namentlich der Fall, wenn die Beweiswürdigung – wie hier – lückenhaft ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2013 – 3 StR 37/13), weil sich aus den Urteilsgründen Erörterungsmängel ergeben.
6
b) Da bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten, seines Pkw und seiner Garage weder Betäubungsmittel noch sonstige Hinweise auf entsprechende Geschäfte (UA S. 7) noch andere unmittelbar tatbezogene Indizien gefunden worden waren, bestand zumindest in den Fällen II.1. bis 16. der Urteilsgründe die Konstellation Aussage gegen Aussage (vgl. zum schweigenden Angeklagten BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1997 – 2 StR 591/97,StV 1998, 250). Denn die Entscheidung hing insofern allein davon ab, ob die Rauschgiftgeschäfte mit dem Angeklagten schildernden Angaben des Belastungszeugen L. glaubhaft waren.
7
Bei dieser Beweislage müssen die Urteilsgründe ersehen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Im Rahmen der Beweiswürdigung hätten zumindest noch folgende Umstände erörtert werden müssen:
8
aa) Der Zeuge L. hat bekundet, in einem fortgeschrittenen Stadi- um der „Geschäftsbeziehung“ sei das Rauschgift in der Regel nach vorheri- ger telefonischer Verabredung im Pkw des Angeklagten übergeben worden (UA S. 6). Bei den Bestellungen habe er Heroin als „alte Freundin“ und Koka- in als „neue Freundin“ bezeichnet (UA S. 8). Angesichts dessen hätten die Ergebnisse der Überwachung der Telekommunikation des Angeklagten, die nach den Urteilsgründen von einem nicht näher spezifizierten Zeitpunkt bis zur Festnahme andauerte (UA S. 4), mitgeteilt werden müssen; hieran fehlt es.
9
bb) Im Rahmen der Ermittlungen konnten im Keller des gesondert verfolgten S. Heroin, Kokain sowie Streckmittel aufgefunden werden. Der Zeuge Luranc hat insoweit angegeben, die Betäubungsmittel hätten dem Angeklagten gehört, der diese von S. habe strecken und verpacken lassen (UA S. 5). Obwohl dieser im Urteil als Zeuge bezeichnet wird, teilt das Landgericht nicht mit, ob und gegebenenfalls in welchem Maße S. bei seiner Vernehmung L. s Angaben bestätigt hat.
10
cc) Bei der Bewertung der belastenden Aussage ist stets zu prüfen, ob die Möglichkeit besteht, dass der Zeuge sich oder auch einen anderen durch falsche Angaben entlasten will (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009 – 5 StR 578/08), oder ob sonst eine Motivation für eine Falschbelastung vorliegt , dieser sich beispielsweise eine Strafmilderung nach § 31 BtMG „verdienen“ will (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai2007 – 5 StR 94/07). Letzteres hat das Landgericht zwar erkannt. Da es aber hinsichtlich der rechtskräftigen Verurteilung L. s weder Schuld- noch Strafausspruch mitteilt, vermag der Senat nicht zu überprüfen, welche Bedeutung den für den Angeklagten belastenden Angaben in dem gesondert geführten Verfahren zukam.
11
dd) Schließlich bleibt unerklärt, weshalb der Angeklagte nach der Schilderung des Zeugen L. bei einem Treffen Anfang Mai 2012 einen Begleiter als seinen Bruder vorgestellt haben soll (UA S. 11), obwohl der Zeuge nach den Feststellungen bereits vor den verfahrensgegenständlichen Taten Betäubungsmittelgeschäfte gerade mit „dem Bruder des Angeklagten“ abgewickelt hat (UA S. 5).
12
3. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts bezüglich der Taten II.1. bis 16. der Urteilsgründe zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn die genannten Umstände in die gebotene Gesamtschau einbezogen worden wären. Da der Angeklagte nach den Feststellungen auch bei der Tat II.17. der Urteilsgründe Heroin an den Zeugen L. liefern sollte, hebt der Senat trotz insofern weiterer belastender Indizien den Schuldspruch insgesamt mit den zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) auf.
13
4. Im Hinblick auf die neu zu treffende Entscheidung bemerkt der Senat :
14
a) Nach den landgerichtlichen Feststellungen handelte es sich bei den 17 Geschäften (innerhalb des etwa sechsmonatigen Tatzeitraums) jeweils um Mengen von zehn bis 20 Gramm Heroin. Dabei entnahm der Angeklagte in zwei Fällen Heroin „aus einer Gesamtmenge von jeweils 250 Gramm“; in je einem weiteren Fall „erfolgte der Verkauf aus einem Beutel mit 150 Gramm Heroin“ (UA S. 5) und „übergabder Angeklagte dem ZeugenL. … insgesamt 140 Gramm Heroin zur vorübergehenden Aufbewahrung“ (UA S. 6). Angesichts dessen weist der Senat darauf hin, dass mehrere Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln eine einheitliche Tat bilden, sofern sie dieselbe Rauschgiftmenge betreffen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1994 – 1 StR 720/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 1).
15
b) Sollte das bei den Betäubungsmittelgeschäften verwendete Fahrzeug des Angeklagten, ein Audi A 8, wiederum eingezogen werden, wird dessen Wert festzustellen sein, um prüfen zu können, ob alle ausgesprochenen Rechtsfolgen einschließlich der Einziehung einen gerechten Schuldaus- gleich darstellen (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 5. Aufl., Rn. 369 mwN).
Basdorf Sander Schneider Dölp König

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Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Mai 2013 - 5 StR 239/13 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 31 Strafmilderung oder Absehen von Strafe


Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter1.durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich d

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2013 - 3 StR 37/13

bei uns veröffentlicht am 04.04.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 37/13 vom 4. April 2013 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. April 2013, an der teilgenommen haben: Richt

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2007 - 5 StR 94/07

bei uns veröffentlicht am 22.05.2007

5 StR 94/07 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 22. Mai 2007 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2007 besc

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 37/13
vom
4. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. April 2013,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 2012 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die mit dem Ziel einer Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Totschlags, zumindest aber der Verhängung einer höheren Strafe eingelegte und mit sachlichrechtlichen Beanstandungen begründete Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
2
1. Die Überzeugung der Strafkammer, der Angeklagte habe bei den mit einem Baseballschläger ausgeführten Schlägen nur mit Körperverletzungsvorsatz gehandelt, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
3
a) Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fern liegend erkennt, weiter, dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet. Da die Schuldformen des bedingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlässigkeit im Grenzbereich eng beieinander liegen, müssen vor der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement, umfassend geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2010 - 3 StR 533/09, NStZ-RR 2010, 144, 145). Hierzu bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände des Einzelfalles, in welche vor allem die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage mit einzubeziehen sind (BGH, Urteile vom 22. März 2012 - 4 StR 558/11, NJW 2012, 1524, 1525; vom 23. Februar 2012 - 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444; vom 27. August 2009 - 3 StR 246/09, NStZ-RR 2009, 372).
4
b) Kann der Tatrichter auf der Grundlage dieser Gesamtbewertung aller Umstände Zweifel an der subjektiven Tatseite nicht überwinden, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt. Liegen solche Rechtsfehler nicht vor, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Über- zeugungsbildung auch dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise möglich oder sogar näher liegend gewesen wäre (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 26. April 2012 - 4 StR 599/11, juris Rn. 9 mwN).
5
c) Gleichermaßen Sache des Tatrichters ist es, die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen be- oder entlastenden Indizien in der Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses zu bewerten. Ist diese Bewertung nach den dargestellten rechtlichen Maßstäben vertretbar, so kann das Revisionsgericht nicht auf der Grundlage einer abweichenden Beurteilung der Bedeutung einer Indiztatsache in die Überzeugungsbildung des Tatrichters eingreifen (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326). Dies muss insbesondere auch dann gelten, wenn der Tatrichter im Rahmen der Prüfung des bedingten Tötungsvorsatzes Gewalthandlungen des Täters festgestellt hat, die für das Opfer objektiv lebensbedrohlich sind. Zwar hat der Bundesgerichtshof die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung als wesentlichen Indikator sowohl für das Wissens - als auch für das Willenselement des bedingten Vorsatzes angesehen (BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444) und bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen das Vorliegen beider Elemente als naheliegend bezeichnet (BGH, Urteile vom 28. Januar 2010 - 3 StR 533/09, NStZ-RR 2010, 144, 145; vom 22. März 2012 - 4 StR 558/11, NJW 2012, 1524, 1525; vom 27. August 2009 - 3 StR 246/09, NStZ-RR 2009, 372). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Tatrichter der objektiven Gefährlichkeit der Tathandlung bei der Prüfung der subjektiven Tatseite von Rechts wegen immer die ausschlaggebende indizielle Bedeutung beizumessen hätte. Darin läge vielmehr eine vom Einzelfall gelöste Festlegung des Beweiswerts und der Beweisrichtung eines im Zusammenhang mit derartigen Delikten immer wieder auftretenden Indizes, die einer unzulässigen Beweisregel nahekäme und deshalb dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) widerspräche.
6
d) Nach alledem ist es bei der Prüfung des bedingten Tötungsvorsatzes - nicht anders als sonst bei der Würdigung der Beweise - aus revisionsrechtlicher Sicht erforderlich, aber auch ausreichend, sämtliche objektiven und subjektiven , für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände des Einzelfalles in eine individuelle Gesamtschau einzubeziehen und zu bewerten. Dies gilt auch für solche Beweisanzeichen, die sich auf den ersten Blick als ambivalent darstellen, die also dem Tatrichter, je nachdem, wie er sie im Einzelfall bewertet , rechtlich zulässige Schlüsse sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten ermöglichen. So kann eine Alkoholbeeinflussung des Täters von Rechts wegen den Schluss auf eine verminderte Hemmschwelle gegenüber der Tötung eines Menschen oder auf fehlendes Bewusstsein von Umständen, die gegen einen tödlichen Ausgang des Geschehens sprechen, ebenso tragen wie umgekehrt den Schluss auf ein unüberlegtes Handeln, bei dem sich der Täter nahe liegender tödlicher Folgen nicht bewusst wird. Eine rechtlich vertretbare tatrichterliche Entscheidung darüber, in welchem der möglichen, zueinander in einem Gegensatz stehenden Beweiszusammenhänge ein solcher Umstand im konkreten Fall indizielle Bedeutung entfaltet, ist vom Revisionsgericht hinzunehmen. Der Tatrichter kann in einem solchen Falle nicht gehalten sein, denselben Umstand nochmals in dem anderen Beweiszusammenhang zu erwägen und damit Gefahr zu laufen, sich zu seinem anderweitig gewonnenen Ergebnis zu Gunsten oder zu Lasten des Angeklagten in Widerspruch zu setzen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326).
7
e) An diesen Grundsätzen (BGH, Urteil vom 20. September 2012 - 3 StR 140/12, NStZ-RR 2013, 75, 77) gemessen ist gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts nichts zu erinnern. Sie beruht auf einer bewertenden Gesamtschau aller maßgeblichen objektiven und subjektiven Tatumstände des Einzelfalles. Die von der Strafkammer in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen sind weder lückenhaft, widersprüchlich oder unklar noch verstoßen sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze.
8
Die Strafkammer hat alle bedeutsamen objektiven und subjektiven Umstände der Tat in ihre Überlegungen einbezogen und insbesondere gesehen, dass die teils wuchtig geführten Schläge gegen den Kopf des Tatopfers hochgradig lebensgefährliche Gewalthandlungen waren, die ein gewichtiges Indiz dafür sind, dass der Angeklagte den von ihm als möglich erkannten Eintritt des Todes auch billigte. Dass das Landgericht seine Zweifel am Vorliegen des voluntativen Elements des bedingten Tötungsvorsatzes wegen u.a. des vor Ausführung der Schläge gezeigten Verhaltens des Angeklagten, dessen bisheriger Unbestraftheit und unauffälligen Lebenswandels, des Fehlens verbaler Drohungen und eines Tötungsmotivs sowie des Nachtatverhaltens nicht hat überwinden können, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenngleich einzelne der vom Landgericht als gegen einen bedingten Tötungsvorsatz sprechend gewerteten Umstände jeweils für sich genommen nicht von allein ausschlaggebendem Gewicht sein mögen, so ergibt doch die Gesamtbetrachtung aller vom Landgericht erwogenen Indizien eine ausreichende Grundlage für die rechtsfehlerfreie Annahme eines lediglich auf Körperverletzung gerichteten Vorsatzes.
9
2. Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Angesichts aller Umstände in der Person des Angeklagten, in der Tat und in dem dieser vorangehenden Verhalten des Nebenklägers kann die Strafe nicht als zu einem gerechten Schuldausgleich nicht mehr geeignet bezeichnet werden.
Schäfer Pfister Mayer
Gericke Spaniol

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

5 StR 94/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Mai 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2007

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten A. und Ay. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. August 2006 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit diese Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt sind,
b) in den Aussprüchen über die Gesamtfreiheitsstrafen und den Verfall.
2. Die weitergehenden Revisionen dieser Angeklagten werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Auf die Revision des Angeklagten Al. wird das vorbezeichnete Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es diesen Angeklagten betrifft.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen „gemeinschaftlichen unerlaubten“ bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 115 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und neun Monaten verurteilt und den Verfall von 500.000 Euro angeordnet. Den Angeklagten Ay. hat das Landgericht wegen „gemeinschaftlichen unerlaubten“ bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 70 Fällen, wegen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb und Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe und unerlaubtem Erwerb und Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten verurteilt und gegen diesen Angeklagten den Verfall von 250.000 Euro angeordnet. Das Landgericht hat ferner den Angeklagten Al. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und gegen diesen Angeklagten den Verfall von 500 Euro angeordnet. Schließlich hat es den Nichtrevidenten Ab. wegen „unerlaubten“ bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 295 Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Revision des Angeklagten Al. greift mit der Sachrüge durch. Die Rechtsmittel der Angeklagten A. und Ay. sind überwiegend mit der Sachrüge erfolgreich.
2
1. Das Landgericht hat sich – im Wesentlichen auf frühere Angaben des rechtskräftig verurteilten Rauschgifthändlers K. stützend – davon überzeugt, dass der Angeklagte A. als Lieferant von Marihuana, der Angeklagte Ay. als Bunker- und Buchhalter und K. als Verkäufer des Rauschgifts an Endkunden oder Zwischenverkäufer in großem Stil als Mitglieder einer Rauschgifthändlerbande tätig geworden sind. Ab Februar 2001 schlossen sich die ehemalige Lebensgefährtin des K. , die Zeugen O. , und der Angeklagte Ab. der Bande an. Ab. wirkte zwischen seiner Festnahme am 25. Februar 2002 und Ende 2003 und der Angeklagte Ay. frühestens ab Januar 2003 nach Zwistigkeiten mit K. nicht mehr an den Betäubungsmittelgeschäften der Gruppierung mit.
3
Der Angeklagte Al. arbeitete ab August 2003 im Imbissbetrieb des Angeklagten A. . Dieser bat Al. zwischen dem 1. Januar und dem 25. August 2004 in fünf Fällen, als Drogenkurier jeweils mindestens 3 kg Marihuana in die Wohnung des K. zu bringen. Als Vergütung erhielt Al. „entweder Marihuana oder Geld im Wert von mindestens 500 Euro“ (UA S. 34).
4
2. Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen versagen. Ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift vom 8. März 2007 bemerkt der Senat zu den zulässig erhobenen Besetzungsrügen der Angeklagten Ay. und Al. Folgendes:
5
a) Das Präsidium des Landgerichts hat aufgrund einer Überlastungsanzeige des Vorsitzenden der großen Strafkammer 29 vom 31. Oktober 2005 mit einer Entschließung im Umlaufverfahren das am 2. November 2005 bei der großen Strafkammer 29 eingegangene Strafverfahren auf die neu gegründete Hilfsstrafkammer 29a abgeleitet.
6
Im rechtzeitig erhobenen Besetzungseinwand haben die Verteidiger geltend gemacht, ein zwingender sachlicher Anlass für die Umverteilung allein dieses Verfahrens habe nicht bestanden, weil ein 13 Tage später bei der großen Strafkammer 29 anhängig gewordenes weiteres Verfahren nicht ebenfalls abgeleitet worden sei. Des weiteren ist mit dem Besetzungseinwand geltend gemacht worden, dem Präsidium des Landgerichts sei bekannt gewesen, dass die Hilfsstrafkammer 29a mit dem Vorsitzenden und einem Beisitzer besetzt worden sei, die das Verfahren gegen K. geführt hätten , aus dem erst die Erkenntnisse für das vorliegende Verfahren erwachsen seien. Zudem sei dieser Vorsitzende von der Staatsanwaltschaft als Zeuge benannt worden. Eine solche Einzelfallzuweisung an eine derartig vorbefasste Strafkammer sei nicht vertretbar.
7
Der Vorsitzende der erkennenden Strafkammer 29a hat den Besetzungseinwand dem Präsidium zur Entscheidung über die darin liegende Gegenvorstellung gegen die Ableitung vorgelegt. Das Präsidium hat in seiner Sitzung vom 25. Januar 2006 keine Veranlassung gesehen, von der am 15. November 2005 getroffenen und am 30. November 2005 bestätigten Entscheidung abzugehen. Daraufhin hat das Landgericht die Besetzungsrüge als unbegründet zurückgewiesen, weil die Entscheidungen des Präsidiums für die Strafkammer bindend seien.
8
b) Der geltend gemachte Revisionsgrund des § 338 Nr. 1b StPO liegt nicht vor. Die erkennende Strafkammer war nicht vorschriftswidrig besetzt. Das Präsidium durfte die große Strafkammer 29 um nur eine Haftsache, nämlich das gegenständliche Verfahren entlasten (vgl. BGHSt 44, 161, 166). Der Vortrag der Revisionen belegt den geltend gemachten Ermessensfehler, es unterlassen zu haben, die abgeleitete Sache mit dem am 15. November 2005 bei der großen Strafkammer 29 eingegangen weiteren Verfahren abgewogen zu haben, nicht. Die Behauptung, zum Zeitpunkt des Präsidiumsbeschlusses am 15. November 2005 sei der Eingang der weiteren Sache bekannt gewesen, wird durch den Revisionsvortrag nicht bewiesen. Soweit die Revisionen auf die Kenntnis dieses Umstandes zum Zeitpunkt der bestätigenden Entscheidung vom 30. November 2005 und der Entscheidung über die Gegenvorstellung vom 25. Januar 2006 abstellen, wird nichts dafür vor- getragen, warum die Ableitung gerade der hier vorliegenden umfangreichen Haftsache einen Ermessensfehler des Präsidiums begründen könnte (vgl. BGHSt 44, 161, 170; vgl. auch BVerfG – Kammer – NJW 2005, 2689, 2690). Zu welchen Änderungen des Jahresgeschäftsverteilungsplans das Präsidium nach § 21e Abs. 3 GVG wegen Überlastung eines Spruchkörpers zwingt, ist weitgehend dem pflichtgemäßen Ermessen des Präsidiums überlassen (BGHSt aaO). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sein eigenes Ermessen an die Stelle des pflichtgemäßen Ermessens des Präsidiums des Landgerichts zu setzen (BGHSt aaO m.w.N.).
9
Das Präsidium hat das ihm zustehende Ermessen auch nicht dadurch überschritten, indem es daran festgehalten hat, die erkennende Hilfsstrafkammer 29a mit zwei Richtern zu besetzen, die in der Ausgangssache gegen K. und O. Recht gesprochen haben. Das Interesse der Rechtspflege an einer problemlosen Handhabung des konkreten Verfahrens ist nicht Entscheidungsmaßstab für die Ableitungsentscheidung. Hierfür kommt es lediglich auf die konkrete Überlastung oder unzureichende Auslastung des jeweiligen Spruchkörpers unter Beachtung des Abstraktionsprinzips an (vgl. BGHSt aaO).
10
Diese Auffassung wird aus rechtssystematischer Sicht bestätigt durch die in § 338 Nr. 2 und 3 StPO genannten Revisionsgründe und den diesen zugrunde liegenden Verfahrensvorschriften. Nur in deren Rahmen können allein behauptete Verstöße gegen die Neutralitätspflicht eines Richters geltend gemacht werden. Schließlich machen die Revisionen auch vor dem Hintergrund des weiteren – aber offensichtlich unbegründeten – Antrags gemäß § 22 Nr. 5 StPO analog nicht mehr als eine schlichte Vorbefassung des Vorsitzenden und eines Beisitzers geltend. Daran ändert auch die – ersichtlich vorsorgliche – Benennung des Vorsitzenden als Zeugen in der Anklageschrift für dessen Wahrnehmungen in der Hauptverhandlung gegen K. nichts. In einem solchen Fall könnten sogar die erkennenden Richter noch zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch in analoger Anwendung von § 26a Abs. 1 Nr. 2 Alternative 1 StPO berufen sein (vgl. BVerfG – Kammer –, Beschluss vom 29. Januar 2007 – 2 BvR 1743/06; BGHSt 50, 216, 220). Daraus folgt, dass das Präsidium des Landgerichts bei Nichtbeachtung einer schlichten Vorbefassung sein Ermessen nicht überschritten haben kann.
11
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand, soweit die Angeklagten A. und Ay. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden sind.
12
Die vom Landgericht zu bewertende Beweislage ist durch besondere Schwierigkeiten charakterisiert. Die Angaben des maßgeblichen – rechtskräftig verurteilten „ausgesprochen problematischen“ (UA S. 59) – Belastungszeugen K. haben wegen dessen umfänglicher Berufung auf § 55 StPO dem Landgericht nur mittelbar durch Verlesen seiner Einlassung als Angeklagter aus dem ihn betreffenden Strafurteil und Vernehmung eines polizeilichen Vernehmungsbeamten zur Verfügung gestanden; sie stimmten mit den zum Teil andersartigen und weitaus geringeren Teilgeständnissen der Angeklagten A. und Ay. nicht überein. Das Landgericht hat ferner festgestellt , dass der Zeuge K. , der die Vergünstigungen des § 31 BtMG erheischt hat (UA S. 59), möglicherweise hinsichtlich der von ihm verkauften Mengen nicht die volle Wahrheit gesagt, den Umfang des von ihm verkauften Rauschgifts geschönt und hinsichtlich seiner früheren Lebensgefährtin und ehemaligen Mitangeklagten O. keine oder falsche Angaben gemacht hat (UA S. 61). Das ob dieser Umstände zu besonders kritischer Würdigung der Angaben des K. verpflichtete Landgericht (vgl. BGHSt 47, 220, 223 f.; 48, 161, 168; BGH NJW 2007, 237, 239 f., zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen) hat seine Schuldsprüche hinsichtlich des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge indes schon auf eine widersprüchliche und lückenhafte Beweisführung gestützt und ist hierdurch den besonderen Anforderungen der überaus schwierigen Beweislage nicht gerecht geworden (vgl. BGH StV 2006, 515).
13
a) Das Landgericht hat für den Tatzeitraum Oktober bis Dezember 1999 aus dem von K. täglich verkauften Marihuana eine Gesamtmenge von 1,84 kg berechnet und daraus nach Vornahme eines Sicherheitsabschlags auf fünf gemeinsame Einkäufe der Angeklagten A. und Ay. geschlossen. Die so begründeten Schuldsprüche stoßen unter mehren Gesichtspunkten auf durchgreifende Bedenken:
14
Die Annahme der Verkaufsmenge des K. – fünf Tütchen Marihuana zu je 4 g täglich – wird von den dafür herangezogenen Angaben des K. (UA S. 51) von drei bis fünf Tütchen je Tag nicht vollständig getragen. Die Annahme des Landgerichts, Ay. habe gemeinsam mit A. das Rauschgift eingekauft, kann sich zwar auf die Einlassung des K. in dessen Verfahren stützen (UA S. 50), steht indes im Widerspruch zu der vom Landgericht in der Bandenabrede (UA S. 51) niedergelegten, von den Angeklagten Ay. (UA S. 43) und A. (UA S. 37) eingeräumten Rollenverteilung , wonach Ay. als Bunkerhalter und Verpacker, A. hingegen allein als Lieferant tätig werden sollte.
15
Die das Jahr 1999 betreffenden Schuldsprüche können aber letztlich nicht aufrecht erhalten bleiben, weil der der polizeilichen Vernehmung des K. vom 7. Juni 2005 entnommene Geschäftsbeginn im Widerspruch zu dessen Angaben als Angeklagter in seiner Hauptverhandlung steht. In der verlesenen Einlassung hat K. dargelegt, dass er erst seit Anfang 2000 „Gras“ verkauft habe, und dies anfangs eigenhändig, ohne jegliche Hilfe von anderen (UA S. 48). Der Angeklagte Ay. hat für das Jahr 1999 lediglich ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch Vermittlung von Kunden eingeräumt (UA S. 42). Der Angeklagte A. bestätigt zwar eine frühere Geschäftsbeziehung zwischen K. und Ay. , beschreibt dessen Rolle als Bunkerhalter aber nicht aufgrund eigener sicherer Kenntnis (UA S. 37). Diese Widersprüche hätten der tatrichterlichen Aufklärung und Bewertung bedurft. Davon war das Landgericht nicht dispensiert, weil – worauf der Generalbundesanwalt abstellt – die Einlassung des K. als Angeklagter in der fünf Tage später erfolgten polizeilichen Vernehmung konkretisiert worden sei. In der Sache hat K. in seiner polizeilichen Vernehmung zwar eine ihn treffende Mehrbelastung formuliert – ohne dass aber ersichtlich geworden ist, wie sich diese zu seinem Nachteil nach seinem Geständnis noch ausgewirkt hat –, indes aber auch eine Mehrbelastung der Angeklagten Ay. und A. vorgenommen. Diese hätte bei der hier gegebenen Beweislage einer besonderen Glaubhaftigkeitsbeurteilung bedurft (vgl. BGH StV 2005, 253, 254).
16
b) Für den Tatzeitraum Januar 2000 bis Januar 2001 hat das Landgericht aus den von K. und dem Mitangeklagten Ab. ab Februar 2001 verkauften Mengen von rund täglich 150 g Marihuana eine Lieferung von einem Kilogramm pro Woche durch die Angeklagten Ay. und A. und bei weiter angenommenen 50 Lieferungen auf 25 Einkäufe dieser Angeklagten von je zwei Kilogramm Marihuana geschlossen und sich auf diese Weise von 25 Taten des unerlaubten Handeltreibens überzeugt (UA S. 86 f.).
17
Auch diese Begründung der Schuldsprüche begegnet durchgreifenden Bedenken. Die Annahme eines durchschnittlichen Verkaufs von mindestens 150 g Marihuana pro Tag findet in den Angaben des K. keine ausreichende Stütze. Dieser hat in seiner eigenen Hauptverhandlung angegeben (UA S. 49), dass er in sieben Wochen ein Kilogramm verkauft habe, später pro Woche 500 g; es seien aber auch Pausen von einem bis zwei Monate eingetreten. In seiner polizeilichen Vernehmung (UA S. 51) hat er angegeben , täglich 20 Tütchen mit insgesamt 80 g verkauft zu haben; 500 g seien nach zwei bis drei Wochen weg gewesen. Zwar hat K. für diesen Tatzeitraum weiter angegeben (UA S. 52), dass der Angeklagte A. im Sommer 2000 bestimmt hätte, dass auch größere Mengen weggegeben werden könnten. Solches rechtfertigt aber nicht die Annahme eines Jahresdurchschnitts an Verkaufsmengen, der erheblich über den von K. im Einzelnen angegebenen Mengen liegt.
18
Soweit das Landgericht – zwar im Ansatz zutreffend – aus der von dem Mitangeklagten Ab. geschilderten Geschäftslage bei den Rauschgifthändlern K. und O. Schlüsse auf die zeitlich früheren Geschäftsumstände gezogen hat, begegnet auch dies durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht hat die Aussage dieses Angeklagten, der ebenfalls die Vorteile des § 31 BtMG erreichen wollte (UA S. 63), nur unvollständig gewürdigt. Es ist nicht darauf eingegangen, dass dieser Angeklagte zwar präzise Angaben zu den von K. und O. verkauften Drogenmengen gemacht hat, indes seine eigene, eher überschaubare Verkaufstätigkeit sogar hinsichtlich der verkauften Mindestmengen nicht genau hat angeben können oder wollen (UA S. 94).
19
Der Senat kann auch nicht einen Teil der Schuldsprüche im Blick auf die Teilgeständnisse der Angeklagten Ay. und A. aufrechterhalten. Ay. hat zwar eingeräumt, mehrfach Marihuana dem K. in Tütchen geliefert, auch kiloweise Rauschgift in Beuteln verpackt und K. zur Verfügung gestellt zu haben (UA S. 42 f.). Der Angeklagte A. hat eine Geschäftsbeziehung mit K. als Vermittler von Marihuana im Umfang von 20 Kilogramm eingeräumt (UA S. 38). Diese Angaben und die eine Handelstätigkeit – aber nur im Allgemeinen – bestätigenden Aussagen der Zeugin T. (UA S. 65) lassen sich aber mit den vom Landgericht angenommenen 25 Taten noch nicht im Sinne von Mindestfeststellungen in Einklang bringen.
20
c) Auch für den Tatzeitraum Februar 2001 bis Dezember 2002 begründet das Landgericht die Schuldsprüche aus Einkäufen, die A. und Ay. getätigt haben, um den wöchentlichen Verkauf durch K. und Ab. von je einem Kilogramm Marihuana zu ermöglichen. Das Landgericht hat auf den 100 Wochen umfassenden Tatzeitraum einen Sicherheitsabschlag von 20 Wochen vorgenommen und nimmt Einkäufe durch A. und Ay. im Umfang von je zwei Kilogramm, mithin 40 Fälle des Handeltreibens an (UA S. 88 f.).
21
Dieser Aufbau der Schuldsprüche stößt auf die gleichen durchgreifenden Bedenken, wie sie zu b) dargelegt worden sind. K. hat für die Zeit bis Sommer 2001 keine weitergehenden Angaben hinsichtlich einer Steigerung seiner Umsätze gemacht (UA S. 49, 51).
22
Soweit K. angegeben hat, dass im Sommer 2001 angefangen worden sei, im Bereich 50, 100 oder 150 g zu verkaufen, und A. eineinhalb bis zwei Kilogramm Marihuana nicht so guter Qualität zum Verkauf freigegeben habe, durfte das Landgericht die darauf und auf die Angaben des Mitangeklagten Ab. gestützten größeren Verkaufsmengen den Angeklagten A. und Ay. aber nicht als Liefermenge anlasten, ohne sich mit einem erheblichen, die Angeklagten A. und Ay. entlastenden Umstand auseinandergesetzt zu haben (vgl. BGH NJW 2003, 150, 152; 2006, 925, 928). Ab. hat in seiner vom Landgericht als glaubhaft bewerteten Einlassung bekundet, dass das von A. gelieferte Rauschgift „Scheiß-Stoff“ (UA S. 62) gewesen sei, weswegen K. auch Drogen aus Holland geliefert bekommen habe. Mit einer danach möglichen Belieferung des K. durch Dritte, die im Übrigen auch die Angeklagten A. (UA S. 38) und Ay. (UA S. 43) bekundet haben, hat sich das Landgericht aber nicht auseinandergesetzt. Jede Lieferung durch Dritte hätte aber den aus den Abverkäufen des K. begründeten Schuldumfang und naheliegenderweise auch die Anzahl der vom Landgericht angenommenen Taten verringert.
23
Die für diesen Tatzeitraum vorliegenden Teilgeständnisse des Ay. (UA S. 43) und des A. (UA S. 38) lassen sich ebenfalls nicht einem Teil der Schuldsprüche zuordnen. Alle die diesen Tatzeitraum betreffenden Verurteilungen sind deshalb aufzuheben.
24
d) Für den Tatzeitraum Januar bis Dezember 2003 begründet das Landgericht 25 Ankäufe zu je 3 kg durch den Angeklagten A. aufgrund der Angabe des K. in dessen polizeilicher Vernehmung vom 7. Juni 2005 (UA S. 54), wonach A. Marihuanagebinde von 2 bis 3 kg direkt in die Wohnung des K. gebracht habe. Das Landgericht hat sich die Überzeugung gebildet, dies sei einmal pro Woche geschehen (UA S. 90), wodurch 104 kg im Jahr 2003 und nach Vornahme eines Sicherheitsabschlags 25 Einkaufsfälle zu je 3 kg gegeben seien.
25
Die Annahme einer wöchentlichen Belieferung durch A. begegnet aber durchgreifenden Bedenken. Sie beruht für diesen Tatzeitraum nicht auf einer ausdrücklichen Erklärung des K. , sondern fußt auf dessen Angaben zu dem nachfolgenden Tatzeitraum im Jahr 2004. Dazu hat K. angegeben, im Jahr 2004 sei es höchstens vier- bis fünfmal vorgekommen, dass A. nicht habe liefern können. Er habe höchstens zwei Wochen auf die Belieferung mit neuen Drogen warten müssen. Der daraus vom Landgericht ersichtlich gezogene Schluss, im Jahr 2003 habe ohne Lieferunterbrechung eine wöchentliche Belieferung mit 2 bis 3 kg Marihuana durch A. stattgefunden, beruht aber auf einer unvollständigen Auswertung der Angaben des K. zu dem Geschäftsjahr 2004. Nach den vom Landgericht auch insoweit als glaubhaft angesehenen Angaben des K. hat dieser nämlich im Jahr 2004 am allermeisten verkauft (UA S. 50). Dies sei eine Menge von ca. 7 bis 10 kg Marihuana monatlich gewesen (UA S. 55). Die Annahme einer wöchentlichen Belieferung im Jahr 2003 mit 2 bis 3 kg übertrifft dann aber mit einem monatlichen Lieferumfang von mindestens 8 bis 12 kg die Umsätze im Geschäftsjahr 2004 mit monatlich 7 bis 10 kg, in dem zudem am allermeisten – also mehr als im Jahr davor – verkauft worden ist. Damit beruhen die diesen Tatzeitraum betreffenden Schuldsprüche ebenfalls auf widersprüchlichen Annahmen. Dies und die unterlassene Erörterung einer möglichen Belieferung durch Dritte nötigen ebenfalls zur Aufhebung der Verurteilungen in diesem Tatzeitraum.
26
e) Für den Tatzeitraum Januar bis 25. August 2004 nimmt das Landgericht Ankäufe des Angeklagten A. „etwa alle zwei Wochen, in mindestens 20 Fällen“ von je 3,5 kg Marihuana zur Belieferung des K. an (UA S. 27). Dabei legt es letztendlich einen oberen Rand von 10 kg monatlich zugrunde, weil K. auch erklärt habe, monatlich 7 bis 10 kg bezogen zu haben. Das Landgericht gelangt dann für den acht Monate umfassenden Tatzeitraum zu einer Handelsmenge von 80 kg – abzüglich eines Sicherheitsabschlags von 10 kg – auf 70 kg (UA S. 91 f.). Daraus hat das Landgericht auf 20 Ankäufe des A. zu je 3,5 kg Marihuana geschlossen.
27
Auch diese Begründung der Schuldsprüche unterliegt durchgreifenden Bedenken. Wie das Landgericht dazu kommt, die Obergrenze der monatlichen Lieferungen (vgl. allerdings UA S. 91) seinen weiteren Berechnungen zugrunde zu legen, bleibt ungeklärt. Der Tatzeitraum umfasst zudem lediglich 34 Wochen und 6 Tage, sodass ein alle zwei Wochen stattgefundener Ankauf durch A. nicht 20, sondern nur 17 Fälle ergeben kann. Dies nötigt den Senat dazu, auch die diesen Tatzeitraum betreffenden Schuldsprüche aufzuheben.
28
Daran kann das für den Tatzeitraum April bis 25. August 2004 vorliegende Teilgeständnis des Angeklagten A. nichts ändern. Dieser hat angegeben , wöchentlich fast 2 kg Marihuana dem K. vermittelt zu haben (UA S. 39). Darauf hat das Landgericht indes nicht abgestellt; es ist auch von einer anderen Tatbegehung durch den Angeklagten A. , nämlich einem selbstständigen Ankauf zur Belieferung des K. und nicht einer bloßen Vermittlung ausgegangen. Bei dieser Sachlage scheidet eine Bestätigung der Schuldsprüche ab April 2004 durch den Senat aus.
29
f) Die Fälle des bisher angenommenen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der Angeklagten A. und Ay. bedürfen demnach insgesamt neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung.
30
Der Senat weist darauf hin, dass der bisher als glaubhaftigkeitssteigernd bewertete Umstand der Selbstbelastung des K. ersichtlich nahezu ohne Bedeutung ist, weil K. als bekannter Rauschgifthändler durch zahlreiche Beweismittel bereits ganz erheblich belastet gewesen ist (vgl. BGH StraFo 2007, 202, 203). Der neue Tatrichter wird zudem ein vom Angeklagten A. benanntes Falschbelastungsmotiv des K. zu erörtern haben (vgl. BGHSt 48, 161, 167 f.; BGHR StPO § 261 Zeuge 8; BGH StV 2006, 515). Die Darlegung, K. habe unter dem Druck gestanden, eventuell zwölf Jahre Freiheitsstrafe zu bekommen oder mit der Nennung des A. als Lieferanten die Strafe halbieren zu können (UA S. 40), erscheint vor dem Hintergrund des Inhalts des von den Revisionen in ihren Verfahrensrügen vorgelegten Beschlusses des Landgerichts vom 6. Februar 2006 nicht aus der Luft gegriffen. Zur Bedeutung der Erwägung, eine lügnerische Aussage des K. hinsichtlich der Identität seiner Lieferanten hätte einen erheblichen intellektuellen Aufwand vorausgesetzt (UA S. 79), verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 17. April 2007 – 5 StR 99/07.
31
4. Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts, die zur Verurteilung des Angeklagten Al. geführt hat, hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
32
Schon der Ausgangspunkt des Landgerichts (UA S. 106), die zu den Taten dieses Angeklagten eher dürftige Schilderung des K. spreche eher für als gegen die Glaubhaftigkeit von dessen ursprünglicher Aussage, weil K. im Falle einer bewussten Falschaussage ohne Weiteres detaillierte Angaben zu den Taten des Al. hätte machen können, ist im Blick auf die aus aussagepsychologischen Untersuchungen gewonnenen Erfahrungsregeln (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2445; BGHSt 45, 164, 170 f.) zur Bedeutung des Detailreichtums als Glaubhaftigkeitskriterium zweifelhaft. Das Landgericht setzt sich mit seiner Wertung auch in Widerspruch zu seiner eigenen Beweiswürdigung im Übrigen, in der gerade der Detailreichtum der früheren Aussagen des K. als glaubhaftigkeitssteigernder Umstand gewürdigt wird.
33
Letztlich maßgeblich für die Aufhebung des Schuldspruchs auch insoweit ist aber auch hier die Lückenhaftigkeit der Beweiswürdigung des Landgerichts.
34
Es lässt eine Al. entlastende Äußerung des A. (UA S. 40) genauso unerörtert wie ein sich aus der Einlassung des Angeklagten Al. in Verbindung mit den mitgeteilten Feststellungen des gegen diesen Angeklagten ergangenen Urteils des Landgerichts Hamburg vom 28. April 2005 ergebendes nahe liegendes Falschbelastungsmotiv des K. . Der Angeklagte Al. hat im Interesse des K. und nach Anstiftung durch dessen Lebensgefährtin O. am 27. Januar 2004 R. mit zwei Messerstichen erheblich verletzt; er ist deshalb vom Amtsgericht Hamburg -Bergedorf zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt worden. Nachdem Al. vom Vollzug der Untersuchungshaft verschont worden war, hatte er versichert, K. und O. aus der Angelegenheit vollständig herauszuhalten (UA S. 105). Indes hat er in seiner Berufungshauptverhandlung, die zu dem das Amtsgericht bestätigenden Urteil vom 28. April 2005 geführt hat, die Hintergründe seiner Handlung offenbart (UA S. 105; UA S. 7). Im Blick auf die den Angeklagten Al. belastende Aussage des K. vom 13. Juni 2005 (UA S. 55) wäre somit auch ein Rachemotiv wegen Bruchs der zugesagten Vertraulichkeit durch Al. als Falschbelastungshypothese in die Prüfung einzubeziehen gewesen (vgl. BGHR StPO § 261 Erfahrungssatz 9).
35
Demnach bedürfen auch die Schuldsprüche zum Nachteil des Angeklagten Al. neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung.
36
5. Die Aufhebung aller Schuldsprüche wegen unerlaubten Handeltreibens mit Marihuana entzieht den darauf beruhenden Verfallsanordnungen und den gegen A. und Ay. festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafen die Grundlage. Für eine erneute Anwendung des § 73c StGB weist der Senat auf BGHR StGB § 73c Härte 4 hin.
37
6. Soweit der Angeklagte A. wegen unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge mit Kokain und Haschisch zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten und wegen des Waffendelikts zu einer solchen von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden ist, bleibt sein Rechtsmittel erfolglos im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Das Gleiche gilt, soweit der Angeklagte Ay. wegen des Waffendelikts zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden ist. Der Senat kann eine Beeinflussung dieser ersichtlich maßvollen Einzelstrafen durch die weiteren aufzuhebenden Einzelstrafen ausschließen.
Basdorf Gerhardt Brause Schaal Jäger

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.