Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2014 - 5 StR 219/14
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
- 1
- Die Maßregelanordnung erweist sich als noch hinnehmbar. Jedoch ist im Blick auf die von der Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellte Therapiedauer von zwei Jahren bei der verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten kein Raum für die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe. Denn Bezugspunkt für die Beurteilung ist nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB die Halbstrafenentlassung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 18. März 2008 – 1 StR 103/08, NStZ-RR 2008, 182). Der Senat bringt daher die Anordnung über die Vorwegvollziehung von Strafe zum Wegfall (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 – 3 StR 487/12 mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.
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Gründe:
- 1
- 1. Der in dieser Sache seit 23. April 2007 inhaftierte Angeklagte wurde wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet (§ 64 StGB). Zur Vollstreckungsreihenfolge hat die Strafkammer unter Hinweis auf § 67 Abs. 2, 5 StGB nF (Gesetz vom 16. Juli 2007, BGBl I 1327) bestimmt, dass von der Strafe ein Teil von zwei Jahren vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt zu vollziehen ist. Sachverständig beraten geht sie davon aus, dass beim Angeklagten eine Therapiedauer von voraussichtlich einem Jahr erforderlich ist. Auf dieser Grundlage hat sie sich bei der Bemessung der Dauer des Vorwegvoll- zuges an der Möglichkeit einer „Zwei-Drittel-Reststrafenaussetzung“ orientiert. Angesichts seiner näher dargelegten, teilweise einschlägigen Vorstrafen und seiner bisherigen Strafverbüßungen sei nicht von einer „positiven HalbReststrafenaussetzung“ auszugehen.
- 2
- 2. Seine auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision führt (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO i.V.m. § 349 Abs. 4 StPO) zu einer Änderung der Entscheidung über den vorweg zu vollziehenden Teil der Strafe, bleibt aber im Übrigen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 3
- a) Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts.
- 4
- b) Die Entscheidung über die Dauer des Vorwegvollzugs war abzuändern:
- 5
- (1) Gemäß § 67 Abs. 1 StGB ist die Maßregel vor der Strafe zu vollziehen. Das Gericht bestimmt jedoch, dass die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird (§ 67 Abs. 2 Satz 1 StGB). Ist - wie hier - eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verhängt, „soll“ das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB); dies also dann, wenn nicht aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eine andere Entscheidung eher die Erreichung eines Therapieerfolges erwarten lässt (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 67 Rdn. 10, 12 m.w.N.). Liegen - wie hier - keine Gründe vor, die gegen eine Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe sprechen, so hat der Tatrichter im Erkenntnisverfahren bei der Bemessung des vorweg zu vollziehenden Teils der Strafe keinen Beurteilungsspielraum mehr.
- 6
- (2) Zu der nach alledem gebotenen Entscheidung hat der Generalbundesanwalt unter anderem ausgeführt: „Einer Zurückverweisung der Sache … bedarf es … nicht. Vielmehr kann der Senat die Dauer des Vorwegvollzuges … selbst festlegen (vgl. BGH Beschl. v. 15. November 2007 - 3 StR 390/07). Die … Therapie (wird) voraussichtlich ein Jahr dauern … . Demgemäß kann der Senat die Höhe des vor der Unterbringung zu vollziehenden Teils der Gesamtstrafe auf ein Jahr und drei Monate bestimmen. Nach dessen Vollstreckung und einer ein Jahr dauernden Unterbringung ist mit zwei Jahren und drei Monaten die Hälfte der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe erledigt. Die … Untersuchungshaft ist auf die Dauer des vor der Unterbringung zu vollziehenden Teils der Strafe anzurechnen (BGH aaO).“
- 7
- Dem stimmt der Senat zu.
- 8
- c) Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Nack Wahl Boetticher Elf Sander
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Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen dreier Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Die hiergegen gerichtete, auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Die Bestimmung der Dauer der Vorwegvollziehung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Da bei richtiger Berechnung lediglich neun Monate der Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen und hierauf die seit 17. Dezember 2011 andauernde Untersuchungshaft anzurechnen wäre, bringt der Senat die Anordnung über die Vorwegvollziehung von Strafe nunmehr insgesamt zum Wegfall. Er kann hierüber entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst entscheiden, weil der Strafausspruch keinen Rechtsfehler aufweist, die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei festgestellt ist und es sich bei der Bestimmung der Dauer der Vorwegvollziehung um einen auf klaren gesetzlichen Vorgaben beruhenden Rechenvorgang handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07, NStZ 2008, 213).
- 3
- Der geringe Teilerfolg macht es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten der Revision zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).