Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2012 - 5 StR 134/12

bei uns veröffentlicht am20.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 134/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 20. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2012

beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge wird als unbegründet, seine Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 12. April 2012 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
G r ü n d e
1
Die Anhörungsrüge ist nicht innerhalb der Frist des § 356a Satz 2 StPO angebracht worden. Wiedereinsetzungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere wäre ein etwaiges Verschulden des Verteidigers an der Nichteinhaltung der Frist, weil dieser nicht auf die Möglichkeit der Erhebung einer Anhörungsrüge hingewiesen habe, dem Verurteilten zuzurechnen. Bei fehlerhafter Erhebung der Gehörsrüge muss sich ein Verurteilter Verteidigerverschulden zurechnen lassen, weil es sich in erster Linie um die Vorstufe der Verfassungsbeschwerde handelt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. August 2008 – 1StR 162/08, wistra 2009, 33, vom 17. Juli 2009 – 5 StR 353/08 –, vom 24. Juni 2009 – 1 StR 556/07 – und vom 20. Mai 2011 – 1 StR 381/10, wistra 2011, 315). Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Anhörungsrüge auch in der Sache offensichtlich erfolglos wäre.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 356a Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung


Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 556/07 vom 24. Juni 2009 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2009 beschlossen: Der
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Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

5 StR 353/08

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 17. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juli 2009

beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Anhörungsrüge wird als unbegründet, seine Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 24. März 2009 wird als unzulässig verworfen. Der Verurteilte trägt auch die Kosten seiner Rechtsbehelfe.
G r ü n d e
1
Die Anhörungsrüge ist nicht innerhalb der Frist des § 356a Satz 2 StPO angebracht worden. Wiedereinsetzungsgründe sind nicht vorgetragen. Insbesondere kann nicht nachvollzogen werden, inwieweit der Verurteilte erst durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Kenntnis von einem Gehörsverstoß erlangt haben will. Ein hier jedenfalls gegebenes anwaltliches Verschulden an der Fristversäumung kann dem Angeklagten zugerechnet werden, weil es sich bei dem Verfahren in erster Linie um die Vorstufe der Verfassungsbeschwerde handelt (BGH wistra 2009, 33). Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Anhörungsrüge auch in der Sache offensichtlich erfolglos wäre.
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 556/07
vom
24. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2009 beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten vom 27. Januar 2009 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge (§ 356a StPO) gegen den Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 sowie seine Anhörungsrüge gegen diesen Beschluss werden auf Kosten des Verurteilten als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Mit Urteil des Landgerichts München I vom 25. April 2007 wurde der damalige Angeklagte wegen unerlaubter Betäubungsmittelgeschäfte zu zwei Gesamtstrafen in Höhe von vier Jahren und neun Monaten und von zehn Jahren verurteilt. Außerdem wurde gegen ihn die Sicherungsverwahrung angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten verwarf der Senat mit Beschluss vom 4. Dezember 2007 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde des Angeklagten wurde mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. August 2008 - 2 BvR 46/08 - schon deshalb nicht zur Entscheidung angenommen, da sie mangels Mitteilung der angegriffenen Entscheidung und des Inhalts der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig war. Mit persönlich verfasstem Schrift- satz vom 27. Januar 2009 hat der Angeklagte nunmehr die Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO gegen den Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 erhoben. Gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Seine Verteidiger hätten, so trägt der Verurteilte zutreffend vor, keine Anhörungsrüge erhoben. Ein derartiger schwerwiegender Verteidigerfehler sei ihm nicht zuzurechnen. Ihm persönlich sei diese Möglichkeit unbekannt gewesen. Niemand, auch nicht seine Verteidiger, hätten ihn hierauf hingewiesen. Er habe in der Justizvollzugsanstalt Straubing „gerüchteweise, allerdings unspezifiziert“ von der Anhörungsrüge gehört. Mit Schreiben vom 10. Januar 2009 habe er Frau Rechtsanwältin G. - sie vertrat ihn nicht im vorangegangenen Strafverfahren - um Auskunft gebeten, die er mit dem Text des § 356a StPO am 23. Januar 2009 erhalten habe.

II.


3
Die Gehörsrüge ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO gestellt wurde und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist nicht gewährt werden kann.
4
1. Der Antrag, das Verfahren in die Lage vor Erlass des Senatsbeschlusses vom 4. Dezember 2007 zurückzuversetzen, ist binnen einer Woche nach Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu stellen (§ 356a Satz 2 StPO). Dabei geht es nur um die Kenntnis der tatsächlichen Umstände , aus denen sich der Verstoß ergibt (BGH, Beschl. vom 13. August 2008 - 1 StR 162/08 - Rdn. 7 m.w.N.). Dies ist hier der Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007, der von der Geschäftsstelle am 6. Dezember 2007 auch an den Angeklagten verschickt wurde, der ihm auch zuging, wie die Erhebung der Verfassungsbeschwerde zeigt. Die Gehörsrüge wurde daher mit Schriftsatz vom 27. Januar 2009 verspätet erhoben.
5
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge (§ 356a StPO) gegen den Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 ist unzulässig.
6
Der Verurteilte hat nicht glaubhaft gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO), dass er über die Möglichkeit der Erhebung einer Anhörungsrüge seitens seiner beiden Verteidiger, die ihn im Revisionsverfahren vertraten, nicht informiert wurde. Die schlichte Erklärung des von der Fristversäumung Betroffenen genügt hierzu regelmäßig (vgl. Graalman-Scheerer in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 45 Rdn. 18) und insbesondere im vorliegenden Fall nicht. Mit der Vorlage entsprechender Äußerungen der beiden Verteidiger in der Revisionsinstanz hätte der Verurteilte den Anforderungen zur Glaubhaftmachung auch unschwer genügen können. Auch im Schriftsatz des schließlich mit der Begründung der Anhörungsrüge beauftragten Rechtsanwalts S. vom 7. Mai 2009 findet sich zur Glaubhaftmachung lediglich der Hinweis auf die Angaben des Verurteilten.
7
Auch im Falle einer fehlenden Information seiner Verteidiger ist es höchst zweifelhaft - kann hier aber dahinstehen -, ob der Verurteilte den Widereinsetzungsantrag innerhalb der Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses - der fehlenden Kenntnis von der Möglichkeit einer Anhörungsrüge - gestellt hat (§ 45 Abs. 1 StPO). Es ist nach den Angaben des Verurteilten selbst wenig glaubhaft, dass er nicht schon erhebliche Zeit vor dem 23. Januar 2009 in ausreichender Weise über die Möglichkeit der Erhebung einer Anhörungsrüge in- formiert war. Der Verurteilte ist im Umgang mit Rechtsfragen nicht unerfahren, wie sein selbst verfasster Schriftsatz zur Erhebung der Anhörungsrüge zeigt. Wann er erstmals „gerüchteweise, allerdings unspezifiziert“ von der Anhörungsrüge hörte und was unter „gerüchteweise, allerdings unspezifiziert“ zu verstehen ist, hat der Angeklagte gleichwohl nicht mitgeteilt.
8
Es kann auch dahinstehen, ob ein Verteidiger in jedem Fall die Möglichkeit der Erhebung einer Gehörsrüge mit seinem Mandanten erörtern muss. Die Gehörsrüge dient nicht dazu, die gesamte Revisionsentscheidung nochmals zu überprüfen. Es handelt sich um einen außerordentlichen Rechtsbehelf, der allein dazu dient, einen bestimmten Grundrechtsverstoß, nämlich die Verletzung des Anspruchs eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise - so dies denn ausnahmsweise im Revisionsverfahren geschehen sein sollte -, zu beanstanden. Dann muss dieser Mangel durch Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vor der Revisionsentscheidung behoben werden. Liegt ein solcher Fehler aber auch aus Sicht der Verteidiger völlig fern, dann muss die Gehörsrüge auch nicht zwingend thematisiert werden. Dementsprechend ist auch keine Rechtsmittelbelehrung seitens des Revisionsgerichts vorgeschrieben.
9
Dazu, dass sich ein Verurteilter Verteidigerverschulden bei fehlerhafter Erhebung der Gehörsrüge zurechnen lassen muss, vgl. BGH, Beschl. vom 13. August 2008 - 1 StR 162/08 - Rdn. 16 ff.

III.


10
Die Anhörungsrüge wäre jedoch auch unbegründet. Der Senat hat weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen.
11
Der Verurteilte hat insbesondere beanstandet, der Senat habe die Ausführungen der Revision zum - behaupteten - fehlerhaften Umgang des Tatgerichts mit gestellten Hilfsbeweisanträgen (es handelte sich um einen Hilfsbeweisantrag mit dem Ziel der Vernehmung dreier Sachverständiger) nicht zur Kenntnis genommen. Auf die entsprechende Rüge geht der Generalbundesanwalt jedoch in seiner Antragsschrift vom 5. November 2007 unter I. ausführlich ein, wie anschließend auch auf das weitere Revisionsvorbringen. Die Darlegungen des Generalbundesanwalts machte sich der Senat ersichtlich zu eigen, da er den Beschluss über die Verwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO nicht weiter begründete. Dies entspricht der Ratio des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 und 3 StPO und gibt daher gerade keinen Hinweis auf die Nichtbeachtung des Sachvortrags des Revisionsführers (BVerfG, Beschl. vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07). Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07 - m.w.N.), auch nicht deswegen, weil der Beschwerdeführer auf den Antrag des Generalbundesanwalts erwidert hatte (BGH, Beschlüsse vom 22. August 2007 - 1 StR 233/07 - und vom 13. August 2008 - 1 StR 162/08 - Rdn. 20).
Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 381/10
vom
20. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2011 beschlossen:
1. Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Senatsbeschluss vom 16. November 2010 wird auf seine Kosten als unzulässig zurückgewiesen. 2. Die Anträge des Verurteilten, ihm gegen die Versäumung der Frist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO) zur Antragstellung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 356a Satz 2 StPO und gegen die Versäumung der Frist des § 356a Satz 2 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, sind gegenstandslos.

Gründe:

1
Mit Urteil des Landgerichts Landshut vom 19. März 2010 wurde C. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 31 Fällen und wegen Erschleichens einer Aufenthaltsgenehmigung in elf Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu jeweils 20 € verurteilt. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Angeklagte wie auch die Staatsanwaltschaft Revision ein. Das Rechtsmittel des Angeklagten verwarf der Senat mit Beschluss vom 16. November 2010 als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO. Die Entscheidung wurde von der Geschäftsstelle des Senats am 18. November 2010 auch an den Angeklagten zur Übermittlung auf dem Postweg abgeschickt. Die Staatsanwaltschaft nahm ihre Revision zurück. Über die Kosten dieses Rechtsmittels entschied der Senat mit Beschluss vom 2. Dezember 2010.
2
Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2011 erhob der Verteidiger für den Angeklagten Gegenvorstellung gegen den Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2010.
3
Der Berichterstatter richtete dazu folgendes Schreiben an den Verteidiger : "Nach der Begründung der Gegenvorstellung soll sich diese wohl gegen den Senatsbeschluss vom 16. November 2010 richten, mit dem die Revision des Verurteilten verworfen wurde. Die Gegenvorstellung wäre dann in eine - befristete - Anhörungsrüge gemäß § 356a StPO umzudeuten (§ 300 StPO). Dies ist bei der Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs bei Revisionsentscheidungen die speziellere Regelung. Die an keine Frist gebundene Gegenvorstellung ist deshalb daneben ebenso wenig statthaft wie die ebenfalls unbefristete Beanstandung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 33a StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2009 - 1 StR 444/08). Die Gehörsrüge dürfte aber verspätet sein (vgl. § 356a Satz 2 StPO). Der Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Senatsentscheidung (vgl. § 356a Satz 3) ist bislang auch nicht glaubhaft gemacht.
Sollte eine über die Frage der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hinausgehende nochmalige rechtliche Überprüfung des Verwerfungsbeschlusses und dessen Abänderung begehrt werden, ist darauf hinzuweisen, dass dem Senat eine Abänderung seiner Entscheidung verwehrt ist. Die Rechtskraft kann nur unter den Voraussetzungen des § 356a StPO durchbrochen werden. Darüber hinausgehende Rechtsbehelfe sind nicht statthaft."
4
Der Verteidiger reagierte hierauf mit Schreiben vom 25. Januar 2011. Er beantragte, seinem Mandanten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 356a Satz 2 StPO, als auch gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO zu gewähren. Den Mandanten treffe an der Säumnis keine Schuld. Der Verteidiger trage hierfür die Verantwortung, wie von ihm im Einzelnen dargelegt wird. Wann der Beschluss des Senats vom 16. November 2010 bei ihm eingegangen sei, wisse er nicht, da er versehentlich keinen Eingangsstempel angebracht habe und der Posteingang bei ihm auch nicht anderweitig erfasst werde. Am 29. November 2010 habe er den Senatsbeschluss seinem Mandanten per E-mail übersandt und darüber auch mit diesem telefoniert. Wann sein Mandant die an diesen von der Geschäftsstelle des Senats am 18. November 2010 abgeschickte Entscheidung erhalten hat, teilt der Verteidiger nicht mit und wird dementsprechend auch nicht glaubhaft gemacht. Er sei von der Möglichkeit einer fristunabhängigen Gegendarstellung ausgegangen; so habe er seinen Mandanten auch informiert. Die Regelung des § 356a StPO habe er übersehen. Das Schreiben des Senats vom 7. Januar 2011 habe er am 10. Januar 2011 erhalten. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe er weder die Wiedereinsetzungsfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO, noch eine Wiedervorlagefrist notiert.
5
Die Gehörsrüge ist schon deshalb unzulässig, weil nicht mitgeteilt sowie nicht glaubhaft gemacht wird und auch sonst nicht ersichtlich ist, wann der Verurteilte vom Verwerfungsbeschluss des Senats vom 16. November 2010, der an diesen am 18. November 2010 abgeschickt wurde, Kenntnis erlangt hat.
6
Auf die Wiedereinsetzungsanträge wegen eventueller Fristversäumnisse kommt es daher nicht mehr an. Sie sind gegenstandslos.
7
Ein etwaiges Verschulden des Verteidigers an der Versäumung einer Frist wäre seinem Mandanten im Verfahren über die Gehörsrüge allerdings zuzurechnen. Zwar sind im Strafverfahren schwerwiegende Verteidigerfehler, wie etwa die Unkenntnis von der Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels, die zur Fristversäumung führen, dem Beschuldigten in aller Regel nicht anzulasten. Dies gilt jedoch entsprechend § 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG nicht bei der Frage, ob die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO unverschuldet war (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2008 - 1 StR 162/08, Rn. 17 f.).
8
Sollte der Verurteilte - wofür allerdings nichts spricht - doch erst am 29. November 2010 über seinen Verteidiger von der Erfolglosigkeit seines Rechtmittels Kenntnis erlangt haben, wäre die in einen Antrag nach § 356a StPO umzudeutende (§ 300 StPO) Gegenvorstellung seines Verteidigers noch innerhalb der Frist des § 356a Satz 2 StPO beim Senat eingegangen. Die Wiedereinsetzungsanträge wären deshalb auch dann gegenstandslos.
9
Der Anhörungsrüge bliebe aber gleichwohl der Erfolg versagt. Denn eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung zum Nachteil des Verurteilten weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen.
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