Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2012 - 4 StR 66/12

bei uns veröffentlicht am03.07.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 66/12
vom
3. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 3. Juli 2012 einstimmig

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 17. Oktober 2011 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Es wird davon abgesehen, den Beschwerdeführern die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 109 Abs. 2 i.V.m. § 74 JGG); jedoch haben sie ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu den erhobenen Besetzungsrügen : Maßstab für die revisionsgerichtliche Überprüfung ist insofern Willkür (BGH, Beschluss vom 7. Juni 2005 - 2 StR 21/05, BGHSt 50, 132, 137 mwN). Die Entscheidung des Vorsitzenden, den ersten Hauptverhandlungstag vom 30. September 2011 nicht mehr als den nachverlegten ordentlichen Sitzungstag vom 29. September 2011, sondern als den vorverlegten ordentlichen Sitzungstag vom 4. Oktober 2011 heranzuziehen, ist nicht zu beanstanden. Denn die Zuordnung eines außerplanmäßigen Sitzungstages als vor- oder nachverlegter ordentlicher Sitzungstag ist durch den Vorsitzenden nach denselben Regeln abänderbar wie die Verlegung eines "normalen" Sitzungstages. Sie wird hier durch die insbesondere im Vermerk des Vorsitzenden vom 15. September 2011 und die von ihm im Hauptverhandlungstermin vom 30. September 2011 dargelegten Gründe getragen. Die Sache war schon im Hinblick darauf in besonderer Weise eilbedürftig , dass sich die Angeklagten, bei denen die Anwendung von Jugendstrafrecht zumindest in Betracht kam, in Untersuchungshaft befanden und für den 14. Oktober 2011 die Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO anstand. Der Termin für den Beginn der Hauptverhandlung am 30. September 2011 wurde nach Absprache mit den Verteidigern angesetzt; ein anderer Termin war vor der Haftprüfung "nicht möglich". Dies beruhte ersichtlich - jedenfalls wurde von den Verteidigern in der Revision nichts an- deres vorgetragen - auf der Terminslage eines oder der Verteidiger der Angeklagten, denn die Jugendkammer war am 4. Oktober erst ab 12 Uhr mit einem Fortsetzungstermin in anderer Sache befasst ; der 29. September wurde erst mit einem anderen Termin belegt, nachdem der Vorsitzende den Beginn der Hauptverhandlung auf den 30. September 2011 bestimmt hatte. Vor diesem Hintergrund liegt jedenfalls eine unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr vertretbare Entziehung des gesetzlichen Richters durch die Heranziehung der für den ordentlichen Sitzungstag vom 4. Oktober 2011 vorgesehenen Schöffen nicht vor, wenn der Vorsitzende - wie hier - dem von der Rechtsprechung mehrfach hervorgehobenen Grundsatz, dass die Verlegung eines ordentlichen gegenüber der Bestimmung eines außerordentlichen Sitzungstages Vorrang hat (vgl. dazu BGH aaO S. 134), dadurch Rechnung trägt, dass er - wie im Hinweis des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 14. Juli 2010 (1 StR 123/10, NStZ-RR 2010, 312, 313) vorgeschlagen - einen "ordentlichen Sitzungstag, wenn dieser zufällig bereits durch einen Fortsetzungstermin belegt ist, verlegt", anstatt einen außerordentlichen Sitzungstag anzuberaumen (so BGH, Beschluss vom 7. Juni 2005 - 2 StR 21/05, BGHSt 50, 132, 136). Mutzbauer Roggenbuck Schmitt Bender Quentin

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juli 2012 - 4 StR 66/12 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 74 Kosten und Auslagen


Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2005 - 2 StR 21/05

bei uns veröffentlicht am 07.06.2005

Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StPO § 338 Nr. 1; GVG §§ 45, 47, 77 Abs. 1 Wird eine Strafsache auf einen Tag zwischen zwei ordentlichen Sitzungstagen terminiert, die zu diesem Zeitpunkt bereits mit Fortsetzungsverhandlungen in
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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Aug. 2013 - 1 StR 201/13

bei uns veröffentlicht am 06.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 201/13 vom 6. August 2013 in der Strafsache gegen wegen versuchten besonders schweren Raubes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. August 2013, an der teilgenomm

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Wird eine Strafsache auf einen Tag zwischen zwei ordentlichen Sitzungstagen
terminiert, die zu diesem Zeitpunkt bereits mit Fortsetzungsverhandlungen in
anderen Sachen belegt waren, so handelt es sich nicht um eine ordentliche
Sitzung, bei der der Sitzungstag lediglich nach vorn oder nach hinten verlegt
worden ist, sondern um eine außerordentliche Sitzung, für die Hilfsschöffen
heranzuziehen sind.
BGH, Beschluß vom 7. Juni 2005 - 2 StR 21/05 - LG Wiesbaden

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 21/05
vom
7. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Juni 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 1. Juli 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anst iftung zum Mord in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit zwei Verfahrensrügen und der Sachrüge.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Soweit es die Verfahrensrüge II. der Revisionsschrift (Ve rstoß gegen § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO) und die Sachrüge betrifft, ist es aus den Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 8. Februar 2005 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, näherer Erörterung bedarf jedoch die Verfahrensrüge I., mit der vorgetragen wird, daß die Kammer mit den mitwirkenden Schöffen in der Hauptverhandlung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei.

1. Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde: Die am 10. März 2004 begonnene Hauptverhandlung wurde an diesem Tage ausgesetzt. Im Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten und unter Verzicht auf die Ladungsfristen wurde neuer Hauptverhandlungstermin auf Dienstag, den 16. März 2004 bestimmt. Ordentliche Sitzungstage der Kammer in jener Woche waren der 15. und 17. März 2004. An beiden Tagen fanden bereits vorher terminierte Fortsetzungsverhandlungen statt. An der am 16. März 2004 beginnenden Hauptverhandlung nahmen die Schöffen teil, die für Montag, den 15. März 2004 ausgelost waren. Der Angeklagte erhob zu Beginn der Sitzung durch seinen Verteidiger die Besetzungsrüge mit der Begründung, es handele sich um eine außerordentliche Sitzung, zu der die Hilfsschöffen aus der Hilfsschöffenliste hätten herangezogen werden müssen. Die Kammer hat den Besetzungseinwand durch Beschluß zurückgewiesen und ausgeführt, "es handelt sich bei Montag, dem 15.03.04, um den ordentlichen Sitzungstag der Kammer. Dieser wurde ins Auge gefaßt, nachdem die am 10.03.04 begonnene Hauptverhandlung abgebrochen werden mußte. Allerdings konnte die Kammer … nicht mit der Verhandlung beginnen, da ein anderes Schwurgerichtsverfahren fortgesetzt wurde … und nicht abzusehen war, ob noch hinreichende Zeit für die neu anzuberaumende Sache blieb. Im Interesse aller Verfahrensbeteiligten und des in U-Haft befindlichen Angeklagten erschien es daher tunlich, mit der Hauptverhandlung erst am heutigen Tag zu beginnen".
2. Die Kammer war mit den für den ordentlichen Sitzu ngstag des 15. März 2004 ausgelosten Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt. Es handelte sich bei der am 16. März 2004 beginnenden Hauptverhandlung um eine au-
ßerordentliche Sitzung, für die die Schöffen der Hilfsschöffenliste heranzuziehen waren.

a) Die Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung ko mmt in Betracht, wenn eine sachgemäße Durchführung der zu terminierenden Hauptverhandlung an den ordentlichen Sitzungstagen nicht möglich ist. Da bei einer außerordentlichen Sitzung nicht mit den für bestimmte Sitzungstage ausgelosten Schöffen, sondern mit Hilfsschöffen zu verhandeln ist, berührt die im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden stehende Terminierung einer außerordentlichen Sitzung den gesetzlichen Richter. Bei der Ausübung seines Ermessens hat sich der Vorsitzende an dem Sinn der gesetzlichen Regelung zu orientieren , nach dem mit der Anberaumung außerordentlicher Sitzungen dem aus der Geschäftsbelastung oder anderen verfahrensrechtlichen Notwendigkeiten folgenden Bedarf an zusätzlichen Verhandlungstagen genügt werden soll. Außerordentliche Sitzungen dürfen deshalb nicht an die Stelle von ordentlichen Sitzungstagen treten und sie ersetzen (BGHSt 41, 175, 176, 177; 37, 324, 325, 326 jeweils m.w.N.). Daraus folgt allerdings nicht, daß eine außerordentliche Sitzung bereits dann vorliegt, weil die Hauptverhandlung nicht an einem ordentlichen Sitzungstag stattfindet. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist die Verlegung eines ordentlichen Sitzungstags möglich. Sie ist grundsätzlich auch geboten, weil allgemein der Mitwirkung der nach § 45 GVG im voraus bestimmten Schöffen der Vorrang gebührt (BGHSt 41, 175, 177; 11, 54, 56).Nach den insoweit entwickelten Kriterien liegt keine außerordentliche Sitzung, sondern eine bloße Verlegung des Sitzungstags vor, wenn zum Zeitpunkt der Terminierung ein unmittelbar vorangehender oder unmittelbar zeitlich nachfolgender freier ordentlicher Sitzungstag zur Verfügung steht, der ordentliche Sitzungstag also ungenutzt bleibt (BGHSt 41, 175, 177 = JR 1996, 165, 167 mit
Anmerkung Katholnigg). Dabei liegt nach der Rechtsprechung ein freier ordentlicher Sitzungstag auch dann vor, wenn dieser bewußt deshalb nicht genutzt wird, weil er in der noch nicht näher konkretisierten Erwartung einer anzuberaumenden eiligen Strafsache freigehalten werden soll. Denn andernfalls bestünde die Gefahr, daß durch die Verlegung des Sitzungsbeginns auf außerordentliche Sitzungstage nicht genehme Schöffen von der Teilnahme ausgeschlossen werden (BGHSt 37, 324, 327, 328).

b) Ob ein Sitzungstag in diesem Sinne dann als "frei" anzusehen ist, wenn er lediglich - wie im vorliegenden Fall - für eine Fortsetzungsverhandlung genutzt wird, ist - soweit ersichtlich - bisher nicht vom Bundesgerichtshof entschieden. Der vom Generalbundesanwalt angeführte unveröffentlichte Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 1979 - 4 StR 653/78 - betrifft lediglich den Fall einer zum Zeitpunkt der Terminierung nicht vorgesehenen Nutzung des freien Sitzungstags durch eine Fortsetzungsverhandlung, nachdem aufgrund eines Terminsverlegungsantrags des Angeklagten in der terminierten Sache nicht verhandelt werden konnte. Daß es für die Frage, ob ein freier ordentlicher Sitzungstag gegeben ist, auf den Zeitpunkt der Terminierung ankommt, ist bereits in jener Entscheidung ausgeführt worden und in Rechtsprechung (BGHSt 43, 270, 272 f.; 41, 175, 177 f.) und Literatur (Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht 3. Aufl. § 47 Rdn. 2) unstreitig. Die weiter angeführte Entscheidung BGHSt 41, 175 betrifft die Frage, welche Schöffen bei Terminierungen durch die Hilfsstrafkammer heranzuziehen sind, wenn der ordentliche Sitzungstag durch eine Fortsetzungsverhandlung der ordentlichen Strafkammer belegt ist, und damit ebenfalls - wie noch auszuführen ist - eine andere Fallgestaltung.

c) Der Senat hält die Auslegung der Kammer, nach der ein freier ordentlicher Sitzungstag auch dann anzunehmen ist, wenn er zum Zeitpunkt der Terminierung lediglich durch Fortsetzungstermine belegt ist, nicht für zutreffend. Ihr steht nicht nur der allgemeine Sprachgebrauch entgegen, nach dem ein Sitzungstag, an dem die Kammer tatsächlich verhandelt hat, nicht als frei oder ungenutzt bezeichnet wird. Insbesondere ist eine solche Auslegung aus verfassungsrechtlichen Gründen bedenklich. Zwar kommen bei der Verhandlung einer Fortsetzungssache am ordentlichen Sitzungstag die für den ordentlichen Sitzungstag ausgelosten Schöffen, die in der Regel mit den Schöffen der Fortsetzungsverhandlung nicht identisch sein werden, nicht zum Einsatz. Dies liegt aber nicht daran, daß sie - aus welchen Gründen auch immer - bewußt übergangen wurden, sondern daran, daß eine Verhandlung mit ihnen an diesem Tag nicht möglich war. Anders als bei der bewußten Freihaltung eines Sitzungstags besteht nicht die Gefahr der Manipulation der Schöffenbank, da zum Zeitpunkt der Terminierung der Hauptverhandlung der neuen Sache die Fortsetzungsverhandlungen an den in Betracht kommenden ordentlichen Sitzungstagen bereits angesetzt waren. Zöge man in einem solchen Fall unter der Prämisse eines bloß verlegten ordentlichen Sitzungstags die insoweit ausgelosten Schöffen heran, könnte dies zu erheblichen Unklarheiten führen, etwa bei der Terminierung nicht nur einer, sondern mehrerer weiterer Hauptverhandlungen an verschiedenen Tagen zwischen zwei ordentlichen mit - wie hier - Fortsetzungsverhandlungen belegten Sitzungstagen. Auch der Fall, daß die Schöffen der Fortsetzungsverhandlung zufällig auch für den dafür in Anspruch genommenen weiteren ordentlichen Sitzungstag ausgelost sind, ist denkbar und machte unter Umständen weitere Ausnahmen erforderlich. Gerade im Hinblick darauf, daß mit der Einordnung als ordentliche oder außerordentliche Sitzung der gesetzliche Richter bestimmt wird, bedarf es klarer, übersichtlicher und
praktikabler Kriterien, an denen sich die Einordnung orientieren kann. Dem wird nur eine Auslegung gerecht, nach der ein mit einer oder mehreren Fortsetzungsterminen belegter Sitzungstag nicht zugleich als verlegter Sitzungstag für eine andere später terminierte Hauptverhandlung gelten kann, die unmittelbar vor oder nach dem durch die Fortsetzungsverhandlung in Anspruch genommenen Sitzungstag anberaumt worden ist. Die Entscheidung BGHSt 41, 175 steht nicht entgegen. Sie betrifft das Nebeneinander von Hauptstrafkammer und Hilfsstrafkammer. Dabei hat die Hilfsstrafkammer - die nach § 45 GVG weder über eigene Schöffen noch eigene Sitzungstage in diesem Sinne verfügt - mit den für die Hauptstrafkammer ausgelosten Schöffen zu verhandeln, wenn die Sitzung am ordentlichen Sitzungstag durchgeführt wird und die Hauptstrafkammer diese nicht benötigt, sei es, daß sie am ordentlichen Sitzungstag eine Fortsetzungssache verhandelt, sei es, daß dieser Sitzungstag von der Hauptstrafkammer freigehalten wurde. Dann entspricht es aber allgemeinen Grundsätzen, daß dieser Sitzungstag, an dem die Hilfsstrafkammer grundsätzlich hätte verhandeln können, als lediglich verlegt anzusehen ist, wenn die Verhandlung unmittelbar vor oder nach diesem ordentlichen Sitzungstag anberaumt wird.
3. Gemessen an diesen Grundsätzen handelte es sich bei der Hauptverhandlung am 16. März 2004, die zwischen zwei mit Fortsetzungsverhandlungen belegten ordentlichen Sitzungstagen anberaumt war, um eine außerordentliche Sitzung, für die Hilfsschöffen hätten herangezogen werden müssen. Dies haben der Vorsitzende und die Kammer mit der Behandlung dieser Sitzung als bloß verlegte ordentliche Sitzung verkannt.
4. Dennoch kann nicht von einem klar zutage liegenden Ge setzesverstoß oder einem willkürlichen Eingriff in die Besetzung des Gerichts die Rede sein. Die Kammer hat ersichtlich dem Grundsatz Rechnung tragen wollen, nach dem die nach § 45 GVG ausgelosten Schöffen zunächst heranzuziehen sind. Angesichts der Tatsache, daß diese Fallkonstellation bisher nicht vom Bundesgerichtshof entschieden ist, erscheint die Heranziehung der Schöffen, die für den dem Hauptverhandlungstermin vorangehenden Sitzungstag ausgelost waren, zwar fehlerhaft, jedoch nicht als willkürliche, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbare Entziehung des gesetzlichen Richters (zu diesem Erfordernis vgl. BGHSt 25, 66, 72; 239, 241; 27, 105, 107; 34, 121, 123; Classen in v. Mangoldt/Klein/Starck, Bonner GG 4. Aufl. Art. 101 Abs. 1 Rdn. 31; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 338 Rdn. 6 - jew. m.w.N.). Die Rüge greift daher im Ergebnis nicht durch.
Bode Otten Rothfuß Roggenbuck Appl

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Wird eine Strafsache auf einen Tag zwischen zwei ordentlichen Sitzungstagen
terminiert, die zu diesem Zeitpunkt bereits mit Fortsetzungsverhandlungen in
anderen Sachen belegt waren, so handelt es sich nicht um eine ordentliche
Sitzung, bei der der Sitzungstag lediglich nach vorn oder nach hinten verlegt
worden ist, sondern um eine außerordentliche Sitzung, für die Hilfsschöffen
heranzuziehen sind.
BGH, Beschluß vom 7. Juni 2005 - 2 StR 21/05 - LG Wiesbaden

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 21/05
vom
7. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Juni 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 1. Juli 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anst iftung zum Mord in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit zwei Verfahrensrügen und der Sachrüge.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Soweit es die Verfahrensrüge II. der Revisionsschrift (Ve rstoß gegen § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO) und die Sachrüge betrifft, ist es aus den Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 8. Februar 2005 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, näherer Erörterung bedarf jedoch die Verfahrensrüge I., mit der vorgetragen wird, daß die Kammer mit den mitwirkenden Schöffen in der Hauptverhandlung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei.

1. Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde: Die am 10. März 2004 begonnene Hauptverhandlung wurde an diesem Tage ausgesetzt. Im Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten und unter Verzicht auf die Ladungsfristen wurde neuer Hauptverhandlungstermin auf Dienstag, den 16. März 2004 bestimmt. Ordentliche Sitzungstage der Kammer in jener Woche waren der 15. und 17. März 2004. An beiden Tagen fanden bereits vorher terminierte Fortsetzungsverhandlungen statt. An der am 16. März 2004 beginnenden Hauptverhandlung nahmen die Schöffen teil, die für Montag, den 15. März 2004 ausgelost waren. Der Angeklagte erhob zu Beginn der Sitzung durch seinen Verteidiger die Besetzungsrüge mit der Begründung, es handele sich um eine außerordentliche Sitzung, zu der die Hilfsschöffen aus der Hilfsschöffenliste hätten herangezogen werden müssen. Die Kammer hat den Besetzungseinwand durch Beschluß zurückgewiesen und ausgeführt, "es handelt sich bei Montag, dem 15.03.04, um den ordentlichen Sitzungstag der Kammer. Dieser wurde ins Auge gefaßt, nachdem die am 10.03.04 begonnene Hauptverhandlung abgebrochen werden mußte. Allerdings konnte die Kammer … nicht mit der Verhandlung beginnen, da ein anderes Schwurgerichtsverfahren fortgesetzt wurde … und nicht abzusehen war, ob noch hinreichende Zeit für die neu anzuberaumende Sache blieb. Im Interesse aller Verfahrensbeteiligten und des in U-Haft befindlichen Angeklagten erschien es daher tunlich, mit der Hauptverhandlung erst am heutigen Tag zu beginnen".
2. Die Kammer war mit den für den ordentlichen Sitzu ngstag des 15. März 2004 ausgelosten Schöffen nicht vorschriftsmäßig besetzt. Es handelte sich bei der am 16. März 2004 beginnenden Hauptverhandlung um eine au-
ßerordentliche Sitzung, für die die Schöffen der Hilfsschöffenliste heranzuziehen waren.

a) Die Anberaumung einer außerordentlichen Sitzung ko mmt in Betracht, wenn eine sachgemäße Durchführung der zu terminierenden Hauptverhandlung an den ordentlichen Sitzungstagen nicht möglich ist. Da bei einer außerordentlichen Sitzung nicht mit den für bestimmte Sitzungstage ausgelosten Schöffen, sondern mit Hilfsschöffen zu verhandeln ist, berührt die im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden stehende Terminierung einer außerordentlichen Sitzung den gesetzlichen Richter. Bei der Ausübung seines Ermessens hat sich der Vorsitzende an dem Sinn der gesetzlichen Regelung zu orientieren , nach dem mit der Anberaumung außerordentlicher Sitzungen dem aus der Geschäftsbelastung oder anderen verfahrensrechtlichen Notwendigkeiten folgenden Bedarf an zusätzlichen Verhandlungstagen genügt werden soll. Außerordentliche Sitzungen dürfen deshalb nicht an die Stelle von ordentlichen Sitzungstagen treten und sie ersetzen (BGHSt 41, 175, 176, 177; 37, 324, 325, 326 jeweils m.w.N.). Daraus folgt allerdings nicht, daß eine außerordentliche Sitzung bereits dann vorliegt, weil die Hauptverhandlung nicht an einem ordentlichen Sitzungstag stattfindet. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist die Verlegung eines ordentlichen Sitzungstags möglich. Sie ist grundsätzlich auch geboten, weil allgemein der Mitwirkung der nach § 45 GVG im voraus bestimmten Schöffen der Vorrang gebührt (BGHSt 41, 175, 177; 11, 54, 56).Nach den insoweit entwickelten Kriterien liegt keine außerordentliche Sitzung, sondern eine bloße Verlegung des Sitzungstags vor, wenn zum Zeitpunkt der Terminierung ein unmittelbar vorangehender oder unmittelbar zeitlich nachfolgender freier ordentlicher Sitzungstag zur Verfügung steht, der ordentliche Sitzungstag also ungenutzt bleibt (BGHSt 41, 175, 177 = JR 1996, 165, 167 mit
Anmerkung Katholnigg). Dabei liegt nach der Rechtsprechung ein freier ordentlicher Sitzungstag auch dann vor, wenn dieser bewußt deshalb nicht genutzt wird, weil er in der noch nicht näher konkretisierten Erwartung einer anzuberaumenden eiligen Strafsache freigehalten werden soll. Denn andernfalls bestünde die Gefahr, daß durch die Verlegung des Sitzungsbeginns auf außerordentliche Sitzungstage nicht genehme Schöffen von der Teilnahme ausgeschlossen werden (BGHSt 37, 324, 327, 328).

b) Ob ein Sitzungstag in diesem Sinne dann als "frei" anzusehen ist, wenn er lediglich - wie im vorliegenden Fall - für eine Fortsetzungsverhandlung genutzt wird, ist - soweit ersichtlich - bisher nicht vom Bundesgerichtshof entschieden. Der vom Generalbundesanwalt angeführte unveröffentlichte Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 1979 - 4 StR 653/78 - betrifft lediglich den Fall einer zum Zeitpunkt der Terminierung nicht vorgesehenen Nutzung des freien Sitzungstags durch eine Fortsetzungsverhandlung, nachdem aufgrund eines Terminsverlegungsantrags des Angeklagten in der terminierten Sache nicht verhandelt werden konnte. Daß es für die Frage, ob ein freier ordentlicher Sitzungstag gegeben ist, auf den Zeitpunkt der Terminierung ankommt, ist bereits in jener Entscheidung ausgeführt worden und in Rechtsprechung (BGHSt 43, 270, 272 f.; 41, 175, 177 f.) und Literatur (Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht 3. Aufl. § 47 Rdn. 2) unstreitig. Die weiter angeführte Entscheidung BGHSt 41, 175 betrifft die Frage, welche Schöffen bei Terminierungen durch die Hilfsstrafkammer heranzuziehen sind, wenn der ordentliche Sitzungstag durch eine Fortsetzungsverhandlung der ordentlichen Strafkammer belegt ist, und damit ebenfalls - wie noch auszuführen ist - eine andere Fallgestaltung.

c) Der Senat hält die Auslegung der Kammer, nach der ein freier ordentlicher Sitzungstag auch dann anzunehmen ist, wenn er zum Zeitpunkt der Terminierung lediglich durch Fortsetzungstermine belegt ist, nicht für zutreffend. Ihr steht nicht nur der allgemeine Sprachgebrauch entgegen, nach dem ein Sitzungstag, an dem die Kammer tatsächlich verhandelt hat, nicht als frei oder ungenutzt bezeichnet wird. Insbesondere ist eine solche Auslegung aus verfassungsrechtlichen Gründen bedenklich. Zwar kommen bei der Verhandlung einer Fortsetzungssache am ordentlichen Sitzungstag die für den ordentlichen Sitzungstag ausgelosten Schöffen, die in der Regel mit den Schöffen der Fortsetzungsverhandlung nicht identisch sein werden, nicht zum Einsatz. Dies liegt aber nicht daran, daß sie - aus welchen Gründen auch immer - bewußt übergangen wurden, sondern daran, daß eine Verhandlung mit ihnen an diesem Tag nicht möglich war. Anders als bei der bewußten Freihaltung eines Sitzungstags besteht nicht die Gefahr der Manipulation der Schöffenbank, da zum Zeitpunkt der Terminierung der Hauptverhandlung der neuen Sache die Fortsetzungsverhandlungen an den in Betracht kommenden ordentlichen Sitzungstagen bereits angesetzt waren. Zöge man in einem solchen Fall unter der Prämisse eines bloß verlegten ordentlichen Sitzungstags die insoweit ausgelosten Schöffen heran, könnte dies zu erheblichen Unklarheiten führen, etwa bei der Terminierung nicht nur einer, sondern mehrerer weiterer Hauptverhandlungen an verschiedenen Tagen zwischen zwei ordentlichen mit - wie hier - Fortsetzungsverhandlungen belegten Sitzungstagen. Auch der Fall, daß die Schöffen der Fortsetzungsverhandlung zufällig auch für den dafür in Anspruch genommenen weiteren ordentlichen Sitzungstag ausgelost sind, ist denkbar und machte unter Umständen weitere Ausnahmen erforderlich. Gerade im Hinblick darauf, daß mit der Einordnung als ordentliche oder außerordentliche Sitzung der gesetzliche Richter bestimmt wird, bedarf es klarer, übersichtlicher und
praktikabler Kriterien, an denen sich die Einordnung orientieren kann. Dem wird nur eine Auslegung gerecht, nach der ein mit einer oder mehreren Fortsetzungsterminen belegter Sitzungstag nicht zugleich als verlegter Sitzungstag für eine andere später terminierte Hauptverhandlung gelten kann, die unmittelbar vor oder nach dem durch die Fortsetzungsverhandlung in Anspruch genommenen Sitzungstag anberaumt worden ist. Die Entscheidung BGHSt 41, 175 steht nicht entgegen. Sie betrifft das Nebeneinander von Hauptstrafkammer und Hilfsstrafkammer. Dabei hat die Hilfsstrafkammer - die nach § 45 GVG weder über eigene Schöffen noch eigene Sitzungstage in diesem Sinne verfügt - mit den für die Hauptstrafkammer ausgelosten Schöffen zu verhandeln, wenn die Sitzung am ordentlichen Sitzungstag durchgeführt wird und die Hauptstrafkammer diese nicht benötigt, sei es, daß sie am ordentlichen Sitzungstag eine Fortsetzungssache verhandelt, sei es, daß dieser Sitzungstag von der Hauptstrafkammer freigehalten wurde. Dann entspricht es aber allgemeinen Grundsätzen, daß dieser Sitzungstag, an dem die Hilfsstrafkammer grundsätzlich hätte verhandeln können, als lediglich verlegt anzusehen ist, wenn die Verhandlung unmittelbar vor oder nach diesem ordentlichen Sitzungstag anberaumt wird.
3. Gemessen an diesen Grundsätzen handelte es sich bei der Hauptverhandlung am 16. März 2004, die zwischen zwei mit Fortsetzungsverhandlungen belegten ordentlichen Sitzungstagen anberaumt war, um eine außerordentliche Sitzung, für die Hilfsschöffen hätten herangezogen werden müssen. Dies haben der Vorsitzende und die Kammer mit der Behandlung dieser Sitzung als bloß verlegte ordentliche Sitzung verkannt.
4. Dennoch kann nicht von einem klar zutage liegenden Ge setzesverstoß oder einem willkürlichen Eingriff in die Besetzung des Gerichts die Rede sein. Die Kammer hat ersichtlich dem Grundsatz Rechnung tragen wollen, nach dem die nach § 45 GVG ausgelosten Schöffen zunächst heranzuziehen sind. Angesichts der Tatsache, daß diese Fallkonstellation bisher nicht vom Bundesgerichtshof entschieden ist, erscheint die Heranziehung der Schöffen, die für den dem Hauptverhandlungstermin vorangehenden Sitzungstag ausgelost waren, zwar fehlerhaft, jedoch nicht als willkürliche, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbare Entziehung des gesetzlichen Richters (zu diesem Erfordernis vgl. BGHSt 25, 66, 72; 239, 241; 27, 105, 107; 34, 121, 123; Classen in v. Mangoldt/Klein/Starck, Bonner GG 4. Aufl. Art. 101 Abs. 1 Rdn. 31; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 338 Rdn. 6 - jew. m.w.N.). Die Rüge greift daher im Ergebnis nicht durch.
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