Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2017 - 4 StR 215/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 27. September 2017 einstimmig beschlossen:
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinen Antragsschriften vom 18. Mai 2017 bemerkt der Senat: Die beim unechten Unterlassungsdelikt erforderliche sog. Quasi-Kausalität , wonach ein Unterlassen nur dann mit dem tatbestandsmäßigen Erfolg als „quasi-ursächlich“ in Zurechnungsverbindung gesetzt werden kann, wenn die- ser beim Hinzudenken der gebotenen Handlung entfiele, wenn also die gebotene Handlung den Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 4. September 2014 – 4 StR 473/13, BGHSt 59, 292, 301 f.; Urteil vom 12. Januar 2010 – 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087, jeweils mwN), ist durch die im angefochtenen Urteil mitgeteilten Ergebnisse des Gutachtens der obduzierenden Rechtsmedizinerin Dr. H. unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe hinreichend belegt. Auch wenn eine ins Einzelne gehende Darstellung der tatsäch- lichen Grundlagen ihres Gutachtens fehlt (zu den diesbezüglichen Anforderungen vgl. nur BGH, Urteil vom 6. März 1986 – 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 31 mwN), genügt hier die ausführliche, zusammenfassende Bewertung, wonach wegen des geringen Umfangs der subduralen Blutung „bei ärztlicher Hilfe die Chance auf eine Verlängerung der Lebenszeit des Tatopfers in nicht unerheb- lichem Maße bestanden hätte“ und selbst bei fortgeschrittener Bewusstlosigkeit durch eine Intubation akut Hilfe möglich gewesen wäre. Dass das Landgericht durch seine missverständliche Formulierung den rechtlichen Maßstab für die hypothetische Kausalität verkannt haben könnte, besorgt der Senat nicht, zumal das Ergebnis des Gutachtens der Sachverständigen Dr. H. jedenfalls pauschal von dem Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der Universität M. , Prof. Dr. Dr. U. , der an der Obduktion teilnahm, bestätigt wurde. Nach des- sen Bewertung wäre das Leben des Tatopfers „mit Sicherheit verlängert“ wor- den.
Sost-Scheible RiBGH Cierniak ist urlaubsabwe- Franke send und daher gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible Bender Quentin
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.