Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2012 - 4 StR 181/12

bei uns veröffentlicht am17.07.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 181/12
vom
17. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchter schwerer Brandstiftung u. a.
zu 2.: schwerer Brandstiftung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 17. Juli 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 7. Dezember 2011 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer M. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer N. die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 109 Abs. 2, § 74 JGG). Ergänzend bemerkt der Senat: Die Verurteilung des Angeklagten M. wegen versuchter schwerer Brandstiftung wird von den Feststellungen getragen. Aus dem Umstand, dass sich der Angeklagte M. , nachdem ihm der Angeklagte N. von der bei dem gemeinschaftlichen Kellereinbruch in der R. vorgenommenen Brandlegung erzählt hatte, nicht von weiteren Brandlegungen distanzierte , sondern mit N. in derselben Nacht in das Gebäude C. einbrach, ergibt sich, dass die Inbrandsetzung auch dieses Gebäudes durch N. eine mögliche Tatgestaltung war, die vom gemeinsamen Vorsatz umfasst war (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2011 – 2 StR 330/11). Durch die An- nahme einer Tatbegehung durch Unterlassen ist der Angeklagte M. nicht beschwert. Mutzbauer Roggenbuck Schmitt Bender Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 74 Kosten und Auslagen


Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 109 Verfahren


(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz

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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - 2 StR 330/11

bei uns veröffentlicht am 23.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 330/11 vom 23. November 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Brandstiftung u. a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. November 2011, an der teilgenommen haben

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, die §§ 70c, 72a bis 73 und 81a entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen des § 70a sind nur insoweit anzuwenden, als sich die Unterrichtung auf Vorschriften bezieht, die nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.

(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die Auslagen des Antragstellers nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.

(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 330/11
vom
23. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Brandstiftung u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. November
2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten zu 1.,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten H. und L. gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 25. Februar 2011 werden verworfen. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Brandstiftung in drei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten L. wegen Brandstiftung in vier Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit Diebstahl, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts kannten sich die Angeklagten H. und L. sowie die Mitangeklagten F. und B. seit mehreren Jahren. Im Oktober 2009 entschlossen sie sich zur gemeinsamen Begehung von Einbruchsdiebstählen in wechselnder Tatbeteiligung, über die sie den jeweils nicht teilnehmenden Angeklagten bei späteren Treffenberichteten.
Dabei gehörte es für die Angeklagten dazu, in geeignet erscheinenden Fällen "aus Spaß" auch Brände am Tatort zu legen.

II.

3
1. Die Verurteilung des Angeklagten H. wegen mittäterschaftlicher Brandstiftung wird entgegen der Ansicht der Revision auch in den Fällen, in denen er nicht eigenhändig Feuer legte (Fall II. 6 der Urteilsgründe), von den Feststellungen getragen. Die früheren Brandlegungen, die anlässlich gemeinsamer Einbruchsdiebstähle im Beisein des Angeklagten durch den Mitangeklagten F. (Fall II. 4) bzw. allein durch diesen erfolgten, während der Angeklagte bereits mit dem Abtransport der Beute beschäftigt war (Fall II. 5), waren dem Angeklagten als Mittäter zuzurechnen. Es handelte sich um eine mögliche Gestaltung des Tatablaufs, die aufgrund der generellen Abrede zwischen allen Angeklagten vom gemeinsamen Vorsatz umfasst war und keiner erneuten Übereinkunft im Einzelfall bedurfte. Dafür spricht auch der Umstand, dass sich der Angeklagte nach der ersten in seinem Beisein erfolgten Brandlegung nicht distanzierte, weiterhin an gemeinsamen Einbruchsdiebstählen teilnahm und anlässlich eines solchen schließlich auch eigenhändig Brand legte.
4
2. Soweit das Landgericht im Fall II. 4 der Urteilsgründe den minder schweren Fall gemäß § 306 Abs. 2 StGB unter Hinweis auf die erfolgte Milderung gemäß §§ 22, 49 Abs. 1 StGB und das Verbot der Mehrfachmilderung abgelehnt hat, lässt es nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, ob es zunächst vorrangig das Vorliegen eines minder schweren Falls geprüft hat. Die Annahme eines minder schwerer Falls kam vorliegend indes nur unter Verbrauch der Versuchsmilderung in Betracht, da die Brandlegung des Gartenhauses im Falle ihres Erfolges ohne weiteres auf ein nahe stehendes Wochenend- haus hätte übergreifen können. Der Senat kann insoweit jedoch ausschließen, dass die Kammer zu einer geringeren Strafe gelangt wäre, wenn sie den Strafrahmen des § 306 Abs. 2 StGB (sechs Monate bis zu fünf Jahren) der Strafzumessung zugrunde gelegt hätte, da sich die erkannte Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten bereits im unteren Bereich des tatsächlich zur Anwendung gebrachten Strafrahmens von drei Monaten bis zu sieben Jahren und sechs Monaten bewegt und zudem ohne das Vorliegen besonderer Umstände die erlittene Untersuchungshaft rechtsfehlerhaft strafmildernd berücksichtigt wurde.

III.

5
Die Revision des Angeklagten L. bleibt ebenso erfolglos. Soweit unter dem Gesichtspunkt, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss des 5. Senats vom 16. August 2011 - 5 StR 237/11), Bedenken bestehen könnten, weil das Landgericht gegen den Angeklagten L. im Fall II. 7 der Urteils- gründe auf die gleiche Strafe wie gegen den strafrechtlich erheblich vorbelasteten Mitangeklagten B. erkannt hat, schließt der Senat aus, dass sich dieser Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.
Fischer Appl Schmitt Eschelbach Ott