Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2012 - 4 StR 117/12

published on 22/05/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2012 - 4 StR 117/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/12
vom
22. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 22. Mai 2012 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 12. Dezember 2011, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben ,
a) in den Fällen III. 1., 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch und
c) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten L. und die Revision des Angeklagten B. werden verworfen.
4. Der Angeklagte B. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 9.000 € angeordnet. Den Angeklagten B. hat es wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 500 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagte mit ihren Revisionen und rügen die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel des Angeklagten L. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, während das Rechtsmittel des Angeklagten B. erfolglos bleibt.

I.


2
1. Der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln setzt Eigennützigkeit voraus. Eigennützig handelt der Täter, dem es auf seinen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 21. Februar 1979 – 2 StR 663/78, BGHSt 28, 308, 309, und vom 24. Juni 1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 125). Eine solche Eigennützigkeit des Angeklagten L. belegen die Feststellungen in den Fällen III. 1., 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe nicht.
3
a) Im Fall III. 1. der Urteilsgründe sollte der frühere Mitangeklagte und Abnehmer des Rauschgifts S. genau die 8.400 € bezahlen, die der nie- derländische Lieferant G. seinerseits dafür verlangt hatte. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte L. sonstige persönliche Vorteile aus dem Geschäft versprach, lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Dementsprechend hat die Strafkammer dem Angeklagten L. imRahmen der Strafzumessung ausdrücklich zu Gute gehalten, dass er dem S. ursprünglich nur in einem Fall behilflich sein und als Vermittler zu G. tätig werden wollte. Wer nicht selbst eigennützig handelt, sondern lediglich den Eigennutz eines anderen unterstützen will, ist Gehilfe (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2009 – 3 StR 305/09 Rn. 6). Der Senat sieht davon ab, den Schuldspruch auf Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge umzustellen, da nicht auszuschließen ist, dass in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung des Angeklagten L. wegen täterschaftlichen Handeltreibens tragen.
4
b) Auch in den Fällen III. 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe ist nicht belegt, dass der Angeklagte L. einen Gewinn aus den Geschäften erzielen wollte. In allen Fällen fehlt die Feststellung, welchen Preis der Angeklagte L. mit dem Lieferanten G. vereinbart hatte. Im Fall III. 6. der Urteilsgründe bleibt daher unklar, ob es sich bei den von der Ehefrau des Angeklagten L. aus dem von S. übergebenen Kaufpreis entnommenen 370 € um dessen Gewinn handelte. In den Fällen III. 7., 8. und 9. der Urteilsgründe fehlen auch Feststellungen dazu, welchen Preis der Angeklagte L. mit S. vereinbart hatte. Soweit im Urteil ausdrücklich angegeben ist, dass das Rauschgift gewinnbringend verkauft wurde oder verkauft werden sollte, beziehen sich diese Feststellungen jeweils auf die früheren Mitangeklagten St. und S. .
5
2. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen III. 1., 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in diesen Fällen, der Gesamtstrafe und der Anordnung des Verfalls von Wertersatz. Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, dass die Höhe einer gegebenenfalls festzustellenden Gewinnerwartung auch für die Strafzumessung bedeutsam sein kann. Hinsichtlich der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wird bei der Ermittlung des Erlangten zu beachten sein, dass der Angeklagte L. nach den bisherigen Feststellungen im Fall III. 1. der Urteilsgründe keine Einnahmen erzielt hat.

II.


6
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten B. nicht ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die fehlerhaften Feststellungen hinsichtlich des Tatbestands des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bei dem Angeklagten L. wirken sich auf die Verurteilung des Angeklagten B. wegen tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht aus, weil die Urteilsgründe unzweifelhaft Beihilfehandlungen auch zu Gunsten der früheren Mitangeklagten St. und S. belegen.
Ernemann Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.