Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2001 - 2 StR 438/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Gegen diese Entscheidung wendet er sich mit seiner Revision, die er auf die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts stützt.Die Revision hat mit der auf eine Verletzung von § 265 Abs. 1 StPO gestützten Verfahrensbeschwerde Erfolg. Die unverändert zugelassene Anklage vom 28. April 1999 legte dem Angeklagten unter anderem zur Last, zusammen mit dem früheren Mitangeklagten R. den italienischen Staatsangehörigen M. getötet zu haben. Ohne einen entsprechenden Hinweis verurteilte die Schwurgerichtskammer den Angeklagten nach Abtrennung des
Verfahrens gegen R. , den es freisprach, wegen in Alleintäterschaft begangenen Totschlags.
Diese Verfahrensweise verletzt § 265 Abs. 1 StPO. Will das Gericht im Urteil von einer anderen Teilnahmeform ausgehen als die unverändert zugelassene Anklage, muß es den Angeklagten nach § 265 Abs. 1 StPO zuvor darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben, seine Verteidigung darauf einzurichten. Das gilt auch bei einer Verurteilung wegen Alleintäterschaft statt Mittäterschaft (vgl. BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 5 und 6).
Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Urteil auf diesem Verstoß beruht.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
Es ist bedenklich, dem Angeklagten strafschärfend anzulasten, das Betäubungsmittelgeschäft sei in einem besonders hohen Maße verwerflich, weil der Angeklagte durch den späteren Verkauf des Kokains, welches “blutige Ware” darstellte, erheblichen Gewinn gezogen habe.
Jähnke Detter Bode Rothfuß Fischer
Annotations
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.