Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Sept. 2010 - 2 StR 388/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 101 Fällen verurteilt und deswegen wegen 74 Taten unter Einbeziehung von 49 Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie wegen 27 Taten eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt.
- 2
- Schuldspruch und Strafausspruch sind rechtsfehlerfrei.
- 3
- Dass das Landgericht, obwohl es angenommen hat, der Angeklagte habe die veräußerten Kleinmengen teilweise "aus seinem Bestand" entnommen, keine Bewertungseinheiten festgestellt hat, ist nicht rechtsfehlerhaft, weil es hier an jedem Anhaltspunkt für eine Aufteilung der 101 Fälle fehlte und jede Zusammenfassung durch das Tatgericht willkürlich gewesen wäre.
- 4
- Keinen Bestand hat das Urteil jedoch, soweit eine Maßregelanordnung gemäß § 64 StGB unterblieben ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumiert der Angeklagte seit 2001 regelmäßig Heroin und benötigt seit 2005 etwa ein halbes Gramm Heroin täglich. Die Taten beging er, um seinen eigenen Konsum zu finanzieren. Damit liegen, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, die Voraussetzungen des § 64 StGB nahe. Anhaltspunkte, warum es an einer konkreten Erfolgsaussicht einer Therapie fehlen sollte, sind nicht ersichtlich. Das Landgericht hat sich mit der Frage einer Maßregelanwendung nicht befasst. Das Urteil war daher insoweit aufzuheben.
Fischer Appl RiBGH Prof. Dr. Schmitt ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Krehl Eschelbach
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.