Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2000 - 2 ARs 284/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
1. Das Amtsgericht Düsseldorf hat den Angeklagten am 8. September 1998 zu der Freiheitsstrafe von drei Monaten mit Bewährung verurteilt. Am 7. Januar 2000 hat es die Bewährungsaufsicht an das Amtsgericht Essen übertragen, weil der Verurteilte nach dort verzogen war. Bereits am 16. Mai 1997 hatte das Amtsgericht Hattingen den Angeklagten zu der Freiheitsstrafe von vier Monaten mit Bewährung verurteilt. Im Hinblick auf die Verurteilung durch das Amtsgericht Hattingen verweigerte das Amtsgericht Essen am 5. und 19. April 2000 gegenüber dem Amtsgericht Düsseldorf die Übernahme der Bewährungsaufsicht, da die Zuständigkeit hierfür wegen der in Hattingen verhängten höheren Strafe dort konzentriert sei (§ 462 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO). Auch das Amtsgericht Hattingen verweigerte die Übernahme der Bewährungsaufsicht, da es am 30. Mai 2000 die Bewährungsaufsicht in der eigenen Sache an das Amtsgericht Essen übertragen hatte. Am 18. August 2000 wandte sich das Amtsgericht Düsseldorf erneut an das Amtsgericht Hattingen mit der Anregung, sich mitdem Amtsgericht Essen über die Zuständigkeit für die Bewährungsaufsicht zu einigen. Das Amtsgericht Hattingen hat nunmehr die Sache zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Bundesgerichtshof vorgelegt. 2. Zuständig für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen gemäß § 453 StPO ist das Amtsgericht Essen. Auf Grund des Konzentrationsprinzips wurde das Amtsgericht Hattingen als "Stammgericht" auch für die Bewährungsaufsicht für die vom Amtsgericht Düsseldorf bewilligte Strafaussetzung zuständig, weil es die höhere Strafe verhängt hat (§ 462 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO). Das Amtsgericht Hattingen hat jedoch für die von ihm selbst bewilligte Strafaussetzung die Bewährungsaufsicht am 30. Mai an das Amtsgericht Essen als Wohnsitzgericht des Verurteilten übertragen (§ 462 a Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies hat zur Folge, daß dem Amtsgericht Essen auch die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidungen obliegen, die sich auf die vom Amtsgericht Düsseldorf bewilligte Strafaussetzung beziehen. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Zuständigkeitskonzentration beim Wohnsitzgericht - wie der Senat unter Bezugnahme auf Anträge des Generalbundesanwalts wiederholt entschieden hat - ohne weiteres von Gesetzes wegen eintritt (vgl. BGH NStZ 1994, 97; Beschl. v. 17. April 1996 - 2 ARs 80/96; NStZ-RR 2000, 83). Es mag durchaus Gründe von Gewicht für die Annahme geben, daß auch in den weiteren Verfahren der Zuständigkeitswechsel vom "Stammgericht", das die höchste Strafe verhängt hat, zum Wohnsitzgericht eine gesonderte Übertragungsentscheidung des "Stammgerichts" erfordert. Dies bedarf hier jedoch keiner weiteren Erörterung, denn das Amtsgericht Hattingen hat durch seine wiederholte Weigerung hinreichend deutlich gemacht, daß es die Bewährungsaufsicht auch für die vom
Amtsgericht Düsseldorf verhängte Strafe nicht selbst übernehmen, sondern dem Wohnsitzgericht in Essen überlassen wollte. 3. Es besteht kein Anlaß, die Entscheidung des Zuständigkeitsstreits zurückzustellen. Der Generalbundesanwalt hat zwar zu Recht darauf hingewiesen , daß dem Amtsgericht Essen die Bewährungssache des Amtsgerichts Düsseldorf zuletzt vorlag, als das Amtsgericht Hattingen die Bewährungsaufsicht in seiner Sache noch nicht nach Essen übertragen hatte, so daß dieses Gericht damals seine Zuständigkeit zu Recht verneint hat. Um die gerichtliche Zuständigkeit nunmehr mit der gebotenen Beschleunigung zu klären, ist es aber nicht angebracht, die Sache nochmals dem Amtsgericht Essen zur Prüfung zuzuleiten , ob es nunmehr bereit sei, die Bewährungsaufsicht zu übernehmen. Der Senat hat daher unmittelbar die Zuständigkeit des Amtsgerichts Essen festgestellt. Jähnke Bode Rothfuß Fischer Elf
Annotations
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.
(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.