Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2005 - 1 StR 218/05
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Die Entscheidung des Landgerichts über die Verpflichtung zur Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen nennt allein die gesetzliche Grundlage für die Entschädigungspflicht nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen und stellt ohne weitere Darlegungen fest, dass ein Ausschlussgrund für die Entschädigungsgewährung nicht vorliege. Dies stellt vorliegend keine ausreichende Begründung für die Zuerkennung einer Entschädigungsleistung dar, nachdem noch der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. April 2003 anlässlich der Haftprüfung die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten maßgeblich auf dessen widersprüchliches Aussageverhalten im Zusammenhang mit dem Tod des Säuglings und die weitere - zunächst verneinte - Frage,ob von ihm eine Herzdruck-Massage durchgeführt worden sei, gestützt wurde. Danach ist es jedenfalls nicht offensichtlich, dass die Voraussetzungen nach § 5 oder § 6 StrEG nicht vorliegen, weshalb es einer Auseinandersetzung des Tatrichters mit diesen Umständen bedurft hätte. Die für die neue Entscheidung noch zu klärenden Fragen betreffen vornehmlich tatrichterliche Aufgaben, nachdem Art und Umfang der entschädigungspflichtigen Fragen sowie die weiteren Einzelheiten ohne Anhörung der Beteiligten allein aus den dem Senat vorliegenden Akten nicht feststellbar sind (BGH NJW 1990, 2072, 2073; NJW 1991, 1839, 1840). Das Verfahren war daher zur Ermittlung der maßgeblichen Umstände sowie zur neuen Entscheidung an die Strafkammer zurückzugeben. Nack Wahl Kolz Elf Graf
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Referenzen - Gesetze
(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen
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für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt, - 2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist, - 3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen, - 4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.
(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.
(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.
(1) Die Entschädigung kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte
- 1.
die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt worden ist, weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat oder weil ein Verfahrenshindernis bestand.
(2) Die Entschädigung für eine Freiheitsentziehung kann ferner ganz oder teilweise versagt werden, wenn das Gericht die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften anwendet und hierbei eine erlittene Freiheitsentziehung berücksichtigt.