Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2002 - 1 StR 188/02

25.06.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 188/02
vom
25. Juni 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2002 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 31. Januar 2002 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat: Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Das Landgericht mußte sich nicht zur Beauftragung eines weiteren Sachverständigen gedrängt sehen. Der vernommene Sachverständige A. , dessen Sachkunde - soweit ersichtlich - während der Hauptverhandlung nicht angezweifelt wurde, hatte den Angeklagten eingehend untersucht und begutachtet. Aus seinen Darlegungen ging hervor, daß der Angeklagte zwei Monate nach der Tat an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose erkrankt war. Es entspricht - wie die Revision selbst zu Recht hervorhebt - gesicherter psychiatrischer Erkenntnis, daß der akuten Manifestation dieser Krankheit eine prodromale Phase vorausgehen kann, die durch kognitive Störungen gekennzeichnet sein kann. Der Senat hält es angesichts der im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Umstände für ausgeschlossen, daß dem Sachverständigen die Mög- lichkeit derartiger Vorläufersyndrome aus dem Blick geraten sein könnte. Im übrigen hätte der Angeklagte, eine prodromale Wahrnehmungsstörung dahingehend unterstellt, er sei davon ausgegangen , der Geschädigte T. ziehe seinerseits eine Waffe, nicht in Putativnotwehr gehandelt. Aufgrund der getroffenen Feststellungen führte in der konkreten Tatsituation allein der Angeklagte einen rechtswidrigen Angriff, indem er das entsicherte und durchgeladene Gewehr auf T. im Anschlag hielt und damit diesen zumindest im Sinne des § 241 StGB bedrohte. T. befand sich daher seinerseits bereits in einer Notwehrlage, die ihn dazu berechtigt hätte, sich gegen den - von ihm nicht provozierten - Angriff mit dem Ziehen einer Waffe zur Wehr zu setzen. Der Angeklagte hätte folglich mit der Abgabe des Schusses auch dann rechtswidrig gehandelt, wenn die von ihm vorgestellten Umstände der Wirklichkeit entsprochen hätten, weil es gegen rechtmäûige Notwehr keine Notwehr gibt (vgl. BGHSt 39, 374, 376). Schäfer Wahl Boetticher Schluckebier Kolz

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2002 - 1 StR 188/02 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 241 Bedrohung


(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutend

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.