Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2017 - 5 S 17.1338

19.07.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

Der Antrag, Herrn ... vom Amt des Beamtenbeisitzers zu entbinden, wird abgelehnt.

Gründe

I.

Herr H. wurde als Beamtenbeisitzer der 3. Qualifikationsebene, Verwaltungszweig Polizei, bei der Kammer für Disziplinarverfahren nach Landesrecht am Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach vorgeschlagen und vom Wahlausschuss zum Beamtenbeisitzer für die am 1. Januar 2015 beginnende Amtszeit gewählt. Bereits vor der Wahl, mit Wirkung vom 1. August 2014, war er von der Bayerischen Bereitschaftspolizei zum Zweckverband B. versetzt worden. Der Präsident des Verwaltungsgerichts beantragt nun, Herrn H. wegen der Beendigung seines Beamtenverhältnisses zum Freistaat Bayern vom Amt des Beamtenbeisitzers zu entbinden.

II.

Dem Antrag auf Entbindung vom Amt des Beamtenbeisitzers, über den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach Art. 48 Abs. 3 Satz 1 BayDG zu entscheiden hat, kann nicht entsprochen werden.

1. Es liegt kein Entbindungsgrund nach Art. 48 Abs. 1 Nr. 4 BayDG vor. Gemäß dieser Vorschrift sind Beamtenbeisitzer von ihrem Amt zu entbinden, wenn die Voraussetzungen für das Amt nach Art. 44 Abs. 1 BayDG bei der Wahl nicht vorlagen. Die dort genannten zwingenden Berufungsvoraussetzungen, insbesondere der Status eines Beamten auf Lebenszeit bei einem bayerischen Dienstherrn, sind in der Person des Herrn H. erfüllt. Dieser stand im Zeitpunkt der Wahl im Dienst des Zweckverbandes B., bei dem es sich um einen einem bayerischen Dienstherrn im Sinn des § 2 Nr. 1 BeamtStG handelt.

2. Auch eine Entbindung nach Art. 48 Abs. 1 Nr. 6 BayDG ist nicht möglich. Diese Bestimmung knüpft an die Beendigung des Beamtenverhältnisses im Sinn des § 21 BeamtStG an. Sie greift daher nur bei den dort vorgesehenen Tatbeständen, namentlich bei Entlassung, Verlust der Beamtenrechte, Entfernung aus dem Dienst und Ruhestandseintritt ein. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen (Schreiben des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 22.7.2014 und Schreiben des Zweckverbands B. vom 14.8.2014) wurde Herr H. unter Fortführung seines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit mit Wirkung vom 1. August 2014 zum Zweckverband B. versetzt. Diese Vorgehensweise steht im Einklang mit Art. 48 Abs. 4 BayBG, wonach bei der Versetzung von Beamten in ein Amt eines anderen Dienstherrn das Beamtenverhältnis mit dem neuen Dienstherrn fortgesetzt wird. Insofern unterscheidet sich der Fall von einem früheren vom Senat entschiedenen Entbindungsgesuch, dem eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beim Freistaat Bayern auf eigenen Antrag und eine Neubegründung eines Beamtenverhältnisses bei einem anderen Dienstherrn zugrunde lag (BayVGH, B.v. 16.4.2012 – 5 S. 12.782 – juris). Die hier erfolgte bloße Versetzung lässt das Beamtenverhältnis unberührt.

3. Eine Entbindung vom Amt des Beamtenbeisitzers lässt sich auch nicht aus anderen Erwägungen rechtfertigen. Eine erweiternde Auslegung des Art. 48 Abs. 1 Nr. 6 BayDG kommt vor dem Hintergrund, dass die Entbindungsvorschriften die Garantie des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ausgestalten, aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in Betracht (BayVGH, B.v. 16.4.2012 – 5 S. 12.782 – juris Rn. 2). Weder besteht eine mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses vergleichbare Sachlage, in der der Beamte tatsächlich auf Dauer aus dem Hauptamt ausscheidet, noch ist ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 24 VwGO möglich (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2010 – 5 S. 10.537 – juris Rn. 7 f.). Schließlich steht dem Verbleib im Amt des Beamtenbeisitzers auch nicht entgegen, dass Herr H. für einen anderen als den tatsächlich einschlägigen Verwaltungszweig vorgeschlagen und gewählt worden ist und dass er infolge dessen in der Heranziehungsliste von Anfang an fehlerhaft zugeordnet war. Dieser Verstoß ist nicht von besonderem Gewicht und hat deshalb auf die Wahl keinen Einfluss (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 29 Rn. 8). Der Beamtenbeisitzer bleibt bis zum Ablauf der Wahlperiode nicht nur im Amt, sondern auch in der Heranziehungsliste demjenigen Verwaltungszweig zugeordnet, für den er vorgeschlagen und gewählt worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2010 – 5 S. 10.537 – juris Rn. 9 m.w.N.). Bei der Berücksichtigung des Verwaltungszweigs und der Qualifikationsebene im Rahmen der Heranziehung eines Beamtenbeisitzers nach Art. 43 Abs. 3 Satz 1 BayDG handelt es sich lediglich um eine Sollvorschrift.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 24


(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden, wenn er 1. nach §§ 20 bis 22 nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann oder2. seine Amtspflichten gröblich verletzt hat oder3. einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs.

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 21 Beendigungsgründe


Das Beamtenverhältnis endet durch 1. Entlassung,2. Verlust der Beamtenrechte,3. Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen oder4. Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand.

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 2 Dienstherrnfähigkeit


Das Recht, Beamtinnen und Beamte zu haben, besitzen 1. Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände,2. sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die dieses Recht im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes besitzen oder

Referenzen

Das Recht, Beamtinnen und Beamte zu haben, besitzen

1.
Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände,
2.
sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die dieses Recht im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes besitzen oder denen es durch ein Landesgesetz oder aufgrund eines Landesgesetzes verliehen wird.

Das Beamtenverhältnis endet durch

1.
Entlassung,
2.
Verlust der Beamtenrechte,
3.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach den Disziplinargesetzen oder
4.
Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Ein ehrenamtlicher Richter ist von seinem Amt zu entbinden, wenn er

1.
nach §§ 20 bis 22 nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann oder
2.
seine Amtspflichten gröblich verletzt hat oder
3.
einen Ablehnungsgrund nach § 23 Abs. 1 geltend macht oder
4.
die zur Ausübung seines Amtes erforderlichen geistigen oder körperlichen Fähigkeiten nicht mehr besitzt oder
5.
seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk aufgibt.

(2) In besonderen Härtefällen kann außerdem auf Antrag von der weiteren Ausübung des Amtes entbunden werden.

(3) Die Entscheidung trifft ein Senat des Oberverwaltungsgerichts in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 4 auf Antrag des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 5 und des Absatzes 2 auf Antrag des ehrenamtlichen Richters. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß nach Anhörung des ehrenamtlichen Richters. Sie ist unanfechtbar.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend in den Fällen des § 23 Abs. 2.

(5) Auf Antrag des ehrenamtlichen Richters ist die Entscheidung nach Absatz 3 von dem Senat des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben, wenn Anklage nach § 21 Nr. 2 erhoben war und der Angeschuldigte rechtskräftig außer Verfolgung gesetzt oder freigesprochen worden ist.