Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. März 2019 - 20 ZB 17.31433

published on 04/03/2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. März 2019 - 20 ZB 17.31433
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Verwaltungsgericht Augsburg, Au 4 K 17.31655, 06/09/2017

Gericht

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Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg ist unbegründet, da die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht vorliegt.

Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die Rechtssache eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten (Klärungsfähigkeit) und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit). Klärungsbedürftig sind nur Fragen, die nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz zu lösen oder nicht bereits durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Berufungsgerichts geklärt sind (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124, Rn. 36 und 38 m.w.N.).

Die Kläger halten für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob syrischen Staatsangehörigen anknüpfend an die Wehrdienstentziehung eines nahen Familienangehörigen im Falle der Rückkehr nach Syrien unter dem Gesichtspunkt der Sippenhaft ebenfalls asylerhebliche bzw. flüchtlingsrelevante Maßnahmen des syrischen Regimes drohen.

Diese Frage ist durch die Rechtsprechung, insbesondere des 21. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, Urteil v. 20.6.2018 - 21 B 18.30825 - juris Rn. 52 ff.; OVG Saarl, Urteil v. 20.8.2018 - 1 A 589/17 - juris Rn. 55; VGH BW, Urteil v. 9.8.2017 - A 11 S 710/17 - juris Rn. 50) geklärt.

Durch die Antragsbegründung wird ein erneuter Klärungsbedarf dieser Frage nicht dargelegt. Soweit die Begründung sich auf Entscheidungen des VG Freiburg vom Juni und Juli 2017 bezieht, sind diese durch die oben genannte Entscheidung des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. August 2017 überholt. Soweit die Kläger sich darüber hinaus auf die in den Urteilen des VG Freiburg in Bezug genommenen Erwägungen des UNHCR zum Schutzbedarf von Personen, die aus der arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung, November 2015, berufen, wird ein erneuter Klärungsbedarf nicht begründet. Denn der UNHCR nennt dort an der in Bezug genommenen Stelle (S. 26) allein einige „Risikofälle“, bei denen es „wahrscheinlich“ sei, dass sie internationalen Schutz benötigten. Die Ausführungen des UNHCR an dieser Stelle sind also sehr allgemein gehalten. Demgegenüber hat der 21. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in der genannten Entscheidung vom 20. Juni 2018 sich im Einzelnen mit der viel detaillierteren Stellungnahme des UNHCR „Relevante Herkunftslandinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-Länderleitfadens für Syrien vom Februar 2017“ auseinandergesetzt (BayVGH a.a.O. Rn. 60 bis 64).

Auch die in Bezug genommene Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die Syrische Armee, vom 28. März 2015, enthält allein einen pauschalen Hinweis, dass Familienangehörige von Deserteuren und Personen, die sich dem Militärdienst entzogen haben, verhaftet oder von den syrischen Behörden unter Druck gesetzt würden. Die inzwischen veröffentlichte, aktuellere und detailliertere Schnellrecherche der Länderanalyse der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 25. Januar 2017 zur Reflexverfolgung in Syrien wurde dagegen vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der genannten Entscheidung detailliert gewürdigt. Schließlich kann auch die angeführte Auskunft der Deutschen Botschaft Beirut vom 3. Februar 2016 nicht einen erneuten Klärungsbedarf begründen. Denn diese bezieht sich auf eine Studie des Danish Immigration Service vom September 2015. Danach bestehe, wenn der Deserteur mit Oppositionsgruppierungen in Verbindung gebracht werde, für die Familie das Risiko von Sippenhaft. Demgegenüber ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu seiner Einschätzung unter Würdigung des aktuelleren Berichts des Danish Immigration Service vom August 2017 unter anderem zu Rekrutierungspraktiken in von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten gekommen. Zusammengefasst lässt sich eine erneute Klärungsbedürftigkeit der formulierten Frage schon deshalb nicht begründen, da die von der Begründung des Zulassungsantrags angeführten Quellen lediglich pauschal genannt werden und älter sind, als die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung intensiv gewürdigten Quellen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di
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published on 20/06/2018 00:00

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. November 2016 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gerichtskosten werden nic
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Annotations

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.