Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2015 - 20 ZB 15.50039

published on 20/07/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2015 - 20 ZB 15.50039
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Verwaltungsgericht Ansbach, 14 K 14.50166, 16/01/2015

Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. Januar 2015 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 AsylVfG nicht vorliegen.

Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) wurde vom Bundesamt nicht hinreichend dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG). Zur Darlegung einer Divergenz ist anzugeben, welcher Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 73). Der fragliche Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts muss sich auf dieselbe Rechtsnorm beziehen wie die Entscheidung, von der die Abweichung behauptet wird; die bloße Vergleichbarkeit der Regelungsinhalte genügt nicht (Happ a. a. O. § 124 Rn. 42; BVerwG, B. v. 28.1.2004 - 6 PB 15/03 - NVwZ 2004, 889). Daran fehlt es hier, denn die vom Bundesamt geltend gemachte Divergenz liegt tatsächlich nicht vor. Sowohl das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 - BayVBl. 2014, 628 als auch der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677 verhalten sich ausschließlich zur Frage des Selbsteintritts aufgrund systematischer Mängel des Asylverfahrens in den nach der Dublin-II-Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat, nicht aber zu der Frage, ob der Asylbewerber nach dem Ablauf der Überstellungsfristen nach der Dublin-II-Verordnung ein subjektives Recht auf die Durchführung seines Verfahrens gegenüber der Bundesrepublik Deutschland hat. Abgesehen davon ging das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung von der Anwendbarkeit der Dublin-III-Verordnung aus, zu der sich der Antrag des Bundesamtes nicht verhält. Darüber hinaus hat auch das Verwaltungsgericht den vom Bundesamt behaupteten Rechtsatz, „der einzelne Antragsteller könne sich im Rahmen der gerichtlichen Anfechtung eines „Dublin-Bescheids“ auch auf den Umstand des Ablaufs der Überstellungsfristen sowie auf die sich hieraus ergebenden Zuständigkeitskonsequenzen i. S. eines subjektiven Rechts mit dem Ziel der Bescheidsaufhebung berufen. Dies gelte ungeachtet dessen, ob in tatsächlicher Hinsicht feststeht, ob der bislang zuständige Mitgliedstaat noch an seiner erklärten Übernahmebereitschaft festhält.“, so nicht aufgestellt. Sondern es hat kraft seiner richterlichen Überzeugung festgestellt: „Anhaltspunkte für eine Verlängerung der Frist nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO oder eine fortbestehende Aufnahmebereitschaft des Mitgliedstaats Italien trotz Ablaufs der Überstellungsfrist sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als vorliegend der Mitgliedstaat Italien weder auf das Aufnahmeersuchen noch auf eine Erinnerung des Bundesamts reagiert hat, mithin die Übernahmebereitschaft nicht positiv bekundet wurde.“ Diese Feststellung ist für den Übergang der Zuständigkeit ausreichend (vgl. auch BayVGH B. v. 11.5.2015 - 13a ZB 15.50006 - juris).

Deswegen stellt sich auch die vom Bundesamt aufgeworfene grundsätzliche Frage, „ob der Asylantragsteller gerichtlich die Aufhebung einer Ablehnung gemäß § 27a AsylVfG deshalb begehren kann, weil die Überstellungsfrist in den als zuständig bestimmten Staat im nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt abgelaufen ist, und ob dies insbesondere dann gilt, wenn (noch) nicht feststeht, dass der bislang zuständige Mitgliedstaat wegen Ablaufs der Überstellungsfrist dauerhaft die Übernahme ablehnt.“ nicht. Schließlich hat nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B. v. 29.4.2015 - 11 ZB 15.50033 - juris) der Asylbewerber einen Anspruch darauf, dass erneut in das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats eingetreten wird, wenn die Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO (juris: EGV 343/2003) abgelaufen und der als zuständig bestimmte Mitgliedstaat nicht mehr zur Übernahme bereit ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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Annotations

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.