Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Juli 2016 - L 7 AS 235/16

bei uns veröffentlicht am21.07.2016
vorgehend
Sozialgericht Augsburg, S 11 AS 96/16, 02.03.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 2. März 2016 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Förderung einer beruflichen Weiterbildung zur staatlich anerkannten Familienpflegerin.

Nachdem die seit längerem im Leistungsbezug nach dem SGB II stehende Klägerin, die gelernte Friseurin ist, beim Beklagten am 22.09.2009 Antrag auf Förderung einer beruflichen Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin bzw. Familienpflegerin gestellt hatte, veranlasste dieser eine Begutachtung durch den Berufspsychologischen Service (BPS). Da die Klägerin einer Begutachtung ihrer Persönlichkeit im Rahmen dieses Gutachtens nicht zustimmte, beschränkte sich das Gutachten allein auf die fachlichen Fähigkeiten der Klägerin. Insoweit kam das Gutachten vom 04.06.2014 zum Ergebnis, dass - wenn allein die fachlichen Fähigkeiten der Klägerin ausschlaggebend seien - eine Umschulung der Klägerin zur Familienpflegerin zu befürworten sei.

Mit Bescheid vom 17.09.2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Förderung einer beruflichen Weiterbildung zur staatlich anerkannten Familienpflegerin mit der Begründung ab, dass die Klägerin zwar fachlich geeignet sei, die persönliche Eignung jedoch nicht mitbringe. Dies ergebe sich u. a. aus dem Verhalten der Klägerin gegenüber den Mitarbeitern des Beklagten. Hier habe sich gezeigt, dass andere Einstellungen und Wertvorstellungen durch die Klägerin nicht akzeptiert werden könnten und sie nicht kompromissbereit sei, was bei einer Familienpflegerin wegen der damit verbundenen Einbindung in das familiäre Umfeld einer Familie nicht tragbar sei.

Im Widerspruchsbescheid vom 22.12.2015 führte die Beklagte ergänzend aus, dass eine positive Beschäftigungsprognose nicht gegeben sei, da der Arbeitsmarkt im Bereich Familienpflegerin in Bayern einen starken Arbeitskräfteüberhang aufweise. Im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums käme die Beklagte zu dem Ergebnis, dass unter Abwägung aller relevanten Umstände die Förderung der Weiterbildung zu der gewünschten Umschulung als Familienpflegerin abgelehnt werde.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg. Die Zweifel an ihrer Eignung „gingen 100% eindeutig Hand in Hand mit dem offenkundigen Intrigieren ... der Behörde gegen“ die Klägerin. Auch sei auf ihre Dienstaufsichtsbeschwerde beim Beklagten vom Oktober 2015 bisher keine Reaktion erfolgt.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.03.2016 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage als unbegründet ab. Bei der begehrten Leistung handele es sich um eine reine Ermessensentscheidung des Beklagten. Eine Ermessensreduzierung auf Null sei nicht erkennbar. Der Beklagte habe nach den gesetzlichen Vorgaben sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Der Beklagte habe der Klägerin auseinandergesetzt, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handele. Dabei habe der Beklagte alle relevanten Erwägungen in dem Ermessensausübungsprozess einbezogen. Er habe sich insbesondere mit dem psychologischen Gutachten ausführlich auseinandergesetzt, die Persönlichkeit der Klägerin eingeschätzt und deren berufliche Eingliederungschancen bewertet. Weitere Anforderungen seien an die Entscheidung nicht zu stellen.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Mit der Entscheidung sei sie „in überhaupt gar keinster Weise einverstanden“. Sie bestehe auf „Recht und Gerechtigkeit“. Es sei ein Rechtsfehler, dass sie nach Antragstellung im Jahr 2009 zunächst nicht einmal eine echte Antwort erhalten habe. Sie wisse nicht, was aus den Dienstaufsichtsbeschwerden beim Jobcenter geworden sei; sechs Monate seien inzwischen vergangen. „Still und heimlich“ habe hier der beteiligte Jobcentermitarbeiter neue Aufgaben bekommen „wirklich zufällig?“.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 02. März 2016 sowie den Bescheid vom 17.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2015 aufzuheben und ihr die beantrage berufliche Weiterbildung zur staatlich anerkannten Familienpflegerin zu gewähren, des weiteren, dass „die Planlosigkeit endet und ihr ein akzeptabler Alternativvorschlag gemacht wird“.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Förderung der beruflichen Weiterbildung zur staatlich anerkannten Familienpflegerin rechtsfehlerfrei abgelehnt.

Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 81 Abs. 1 SGB III „kann“ der Beklagte Weiterbildungsmaßnahmen fördern, wenn dies für die berufliche Eingliederung eines Leistungsberechtigten notwendig ist. Die Leistung steht mithin im Ermessen des Beklagten. Auch bei der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 SGB III gibt das Gesetz daher keine bestimmte Rechtsfolge vor. Die Beklagte hat insofern lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung nach § 39 SGB I, nicht aber auf eine bestimmte Leistung (vgl. BayLSG Beschluss vom 11.02.2014, L 7 AS 86/14 B ER Rz. 11).

Nur wenn das Ermessen ausschließlich in einem bestimmten Sinne rechtmäßig ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung rechtswidrig wäre, besteht ein Anspruch auf diese einzig mögliche rechtmäßige Entscheidung, nämlich hier die begehrte Förderung der Weiterbildung zur staatlich anerkannten Familienpflegerin. Nur im Falle der Ermessensreduzierung auf Null kommt daher eine Entscheidung in Betracht, wie sie die Klägerin mit ihrem Antrag in der Hauptsache begehrt (vgl. BayLSG a. a. O. Rz. 12).

Eine Ermessensreduzierung auf Null ist jedoch nur dann gegeben, wenn nach dem festgestellten Sachverhalt eine anderweitige Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei ausgeschlossen ist (BayLSG a. a. O. Rz. 13).

Hier ist eine Ermessensreduzierung auf Null nicht ersichtlich. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, eine solche Ermessensreduzierung des Beklagten auf Null herbeizuführen.

Der Hauptantrag der Klägerin ist aus diesem Grunde nicht begründet.

Der Hauptantrag enthält als Minus den Hilfsantrag, den Beklagten zu verurteilen, ihren Antrag vom 22.09.2009 auf berufliche Weiterbildung zur staatlich anerkannten Familienpflegerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Auch im Hinblick auf einen solchen Hilfsantrag hat die Berufung keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Beklagte die gesetzlichen Vorgaben bei der Ermessensausübung beachtet hat und damit auch die getroffene Ermessensentscheidung rechtmäßig ist. Mit der Ermessensentscheidung hat der Beklagte berücksichtigt, dass bei der Klägerin zwar eine fachliche Eignung bestehen mag, wie sie das Gutachten festgestellt hat. Der Beklagte hat, nachdem die Klägerin eine Begutachtung ihrer Persönlichkeit nicht zugestimmt hatte, die ihr bekannten Verhaltensweisen der Klägerin jedoch zu Recht gewürdigt und in die Ermessensentscheidung mit einbezogen und ist dann unter Abwägung sämtlicher Umstände zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass die Klägerin die persönliche Eignung für eine Weiterbildung zu einer staatlich anerkannten Familienpflegerin nicht mit sich bringt. Zutreffend hat der Beklagte im Übrigen die Arbeitsmarktsituation in Bayern in seine Erwägungen einbezogen.

Sowohl aus der Klagebegründung als auch aus der Berufungsbegründung und zuguter Letzt auch dem Verhalten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 21.07.2016 ergibt sich im Übrigen, dass der Beklagte mit seiner Einschätzung des Verhaltens der Klägerin richtig lag. Die Klägerin hat nicht positiv dargestellt, warum sie als Familienpflegerin besonders geeignet wäre. Vielmehr hat sie unsachlich die getroffene Entscheidung des Beklagten angegriffen.

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nunmehr andere „akzeptable Alternativvorschläge“ einforderte, sind diese nicht Streitgegenstand.

Im Ergebnis ist die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 16 Leistungen zur Eingliederung


(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:1.die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ers

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(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf p

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Referenzen

(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:

1.
die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ersten Abschnitt mit Ausnahme der Leistung nach § 31a,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a Absatz 1 bis 5,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts.
Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen nach diesem Buch gelten entsprechend
1.
die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und 6 des Dritten Buches,
2.
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3.
die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
§ 1 Absatz 2 Nummer 4 sowie § 36 und § 81 Absatz 2 und 3 des Dritten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Regelungen des Dritten Buches mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung nach § 47 des Dritten Buches sowie der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 tritt. § 44 Absatz 3 Satz 3 des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget auch die anderen Leistungen nach dem Zweiten Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen darf. Für die Teilnahme erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses werden Leistungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 82 des Dritten Buches nicht gewährt, wenn die betreffende Maßnahme auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(3) Abweichend von § 44 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches können Leistungen auch für die Anbahnung und Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung erbracht werden.

(3a) Abweichend von § 81 Absatz 4 des Dritten Buches kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung beauftragen, wenn die Maßnahme den Anforderungen des § 180 des Dritten Buches entspricht und

1.
eine dem Bildungsziel entsprechende Maßnahme örtlich nicht verfügbar ist oder
2.
die Eignung und persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dies erfordern.
§ 176 Absatz 2 des Dritten Buches findet keine Anwendung.

(3b) Abweichend von § 87a Absatz 2 des Dritten Buches erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Weiterbildungsgeld, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen nach § 87a Absatz 1 des Dritten Buches erfüllen.

(4) Die Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Ausbildungsvermittlung durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur wahrnehmen lassen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Höhe, Möglichkeiten der Pauschalierung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Erstattung von Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags nach Satz 1 festzulegen.

(5) (weggefallen)

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn

1.
die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern oder eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden,
2.
die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und
3.
die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Als Weiterbildung gilt die Zeit vom ersten Tag bis zum letzten Tag der Maßnahme mit Unterrichtsveranstaltungen, es sei denn, die Maßnahme ist vorzeitig beendet worden.

(1a) Anerkannt wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei arbeitslosen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch, wenn durch den Erwerb erweiterter beruflicher Kompetenzen die individuelle Beschäftigungsfähigkeit verbessert wird und sie nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist.

(2) Der nachträgliche Erwerb eines Berufsabschlusses durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

1.
nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, oder aufgrund einer mehr als vier Jahre ausgeübten Beschäftigung in an- oder ungelernter Tätigkeit eine ihrem Berufsabschluss entsprechende Beschäftigung voraussichtlich nicht mehr ausüben können,
2.
für den angestrebten Beruf geeignet sind,
3.
voraussichtlich erfolgreich an der Maßnahme teilnehmen werden und
4.
mit dem angestrebten Beruf ihre Beschäftigungschancen verbessern.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, werden nur gefördert, wenn eine Berufsausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in ihrer Person liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist oder die Weiterbildung in einem Engpassberuf angestrebt wird. Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Kindererziehung und der Pflege pflegebedürftiger Personen mit mindestens Pflegegrad 2 stehen Zeiten einer Beschäftigung nach Satz 1 Nummer 1 gleich. Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 und Satz 2 gelten entsprechend.

(3) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden durch Übernahme der Weiterbildungskosten zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses gefördert, wenn

1.
sie die Voraussetzungen für die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach Absatz 1 erfüllen und
2.
zu erwarten ist, dass sie an der Maßnahme erfolgreich teilnehmen werden.
Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Leistung wird nur erbracht, soweit sie nicht für den gleichen Zweck durch Dritte erbracht wird. Die Agentur für Arbeit hat darauf hinzuwirken, dass sich die für die allgemeine Schulbildung zuständigen Länder an den Kosten der Maßnahme beteiligen. Leistungen Dritter zur Aufstockung der Leistung bleiben anrechnungsfrei.

(3a) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können zum Erwerb von Grundkompetenzen durch die Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn

1.
die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen für die Förderung der beruflichen Weiterbildung erfüllt sind und
2.
der Erwerb der Grundkompetenzen die Grundlage schafft für eine erfolgreiche berufliche Weiterbildung oder allgemein die Beschäftigungsfähigkeit verbessert.

(4) Der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer wird das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung bescheinigt (Bildungsgutschein). Der Bildungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional und auf bestimmte Bildungsziele beschränkt werden. Der von der Arbeitnehmerin oder vom Arbeitnehmer ausgewählte Träger hat der Agentur für Arbeit den Bildungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Die Agentur für Arbeit kann auf die Ausstellung eines Bildungsgutscheins bei beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verzichten, wenn

1.
der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer damit einverstanden sind oder
2.
die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer oder die Betriebsvertretung das Einverständnis zu der Qualifizierung nach § 82 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 erklärt haben.

(5) (weggefallen)

(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.

(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.