Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 11. Okt. 2016 - L 13 R 473/15

bei uns veröffentlicht am11.10.2016
vorgehend
Sozialgericht Regensburg, S 5 R 555/14, 01.06.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 1. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der im Oktober 1960 in der Türkei geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, ist im September 1973 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Er hat nach seinen eigenen Angaben keine Berufsausbildung sowie keine anderen Qualifikationen absolviert. Ein Anlernverhältnis bestand nicht. Er war dann ab 1977 bis 1985 auf diversen Arbeitsplätzen als Spengler-/Schlosserhelfer, 1986 bis 1987 als Pförtner und Wachmann, im Anschluss daran bis 1988 als Speditionsmitarbeiter, 1989 bis 1990 als Schweißer, 1990 bis 1993 wieder als Speditionsmitarbeiter und zuletzt durchgehend von 1994 bis Oktober 2013 als Wachmann im Separatwachdienst beschäftigt.

Mit Antrag vom 14. Januar 2014 begehrte der Kläger unter Hinweis auf neurologische Probleme, Angstzustände, Konzentrationsschwierigkeiten, Schweißausbrüche und Herzrasen Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Diese holte eine Auskunft des letzten Arbeitgebers ein. Danach handelte es sich bei der zuletzt verrichteten Arbeit als Wachmann um eine Tätigkeit, die von betriebsfremden ungelernten Kräften nach einer Einweisung von 3 Wochen verrichtet werden könne.

Die Beklagte holte nach Beiziehung diverser Befundberichte und eines sozialmedizinischen Gutachtens des MDK Bayern vom 17. Februar 2014, wonach eine Leistungsfähigkeit von weniger als 3 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorliege, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. S. vom 8. April 2014 ein. Dr. S. stellte beim Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mäßiggradig ausgeprägt, mit psychovegetativen Störungen (einschließlich Spannungskopfschmerz), eine schlafgebundene Atmungsstörung, einen Bluthochdruck, wirbelsäulenabhängige Beschwerden ohne schwerwiegende Funktionsminderung, Kniegelenksbeschwerden rechts ohne wesentliche Funktionsminderung, eine Nikotinabhängigkeit sowie ein Übergewicht fest und bescheinigte dem Kläger noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, Schicht- und Nachtdienst, besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie Tätigkeiten mit Publikumsverkehr. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 15. Mai 2015 ab. Der Kläger könne noch 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den er verwiesen werden könne, Arbeiten verrichten.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er leide unter einer starken Persönlichkeitsstörung, einer schweren Depression sowie Wirbelsäulen- und Kniegelenksbeschwerden. Auf das für den MDK Bayern erstellte sozialmedizinische Gutachten wurde verwiesen.

Die Beklagte zog daraufhin ein in einem Schwerbehindertenrechtsstreit (Az. S 14 SB 298/13) für das Sozialgericht Regensburg (SG) erstelltes Gutachten des Medizinaloberrats Z. vom 20. September 2013 bei, wonach ein Einzel-GdB für die seelische Störung von 40 zu vergeben sei und sich der Gesamt-GdB auf 50 erhöhe. Aktenkundig wurde ferner ein Entlassungsbericht der Klinik A. über Maßnahmen der stationären Rehabilitation, die im Mai/Juni 2004 stattfanden. Hier wurde der Kläger als leistungsfähig in einem Umfang von 6 Stunden und mehr als Wachmann sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen.

Die Beklagte holte sodann ein Gutachten der Internistin S. vom 28. August 2014 ein, die folgende Gesundheitsstörungen beim Kläger feststellte:

1. Koronare 3-Gefäßerkrankung mit Zustand nach PTCA und Stenting des RIVA am 22. Februar 2002 ohne Hinweise auf Progress, ohne regionale Wandbewegungsstörungen und ohne Einschränkung der systolischen linksventriculären Pumpfunktion

2. Schwergradiges obstruktives Schlafapnoe-Syndrom mit vorherrschender Tagesschläfrigkeit, Anpassung eines nCPAP-Gerätes 03/2004, Incompliance und fortgesetzter schädlicher Nikotinkonsum ohne Hinweise auf schwere obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung oder respiratorische Insuffizienz

3. Chronische Laryngitis mit Verdacht auf Reinkeödem der Stimmbänder, ED 8/2014

4. Metabolisches Syndrom, leichte bauchbetonte Adipositas, Steatosis hepatis, schädlicher Alkoholkonsum, diabetische Stoffwechsellage, Hyperlipidämie und arterielle Hypertonie mit beginnender hypertensiver Herzerkrankung, positiver Familienanamnese

5. Bewegungs- und belastungsabhängige Beschwerden im LWS-Bereich bei degenerativen Veränderungen und anamnestisch Zustand nach Bandscheibenprolaps, Sequestration LWK1/2 und LWK 4/5 sowie linksbetonter Bandscheibenprolaps auf Höhe LWK 5/SWK 1 08/2007 ohne Wurzelreizsymptomatik

6. Kombinierte Persönlichkeitsstörung und rezidivierende depressive Störung, mäßiggradig ausgeprägt, mit psychovegetativen Störungen, Schlafstörungen und Spannungskopfschmerz.

Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über 6 Stunden verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Wechsel- /Nachtschicht, besonderer Zeitdruck (Akkord, Fließband), überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Klettern oder Steigen, häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 10 kg, Besteigen von Leitern, Gerüsten o.ä., Arbeiten an laufenden ungesicherten Maschinen, besondere Einwirkung von Staub, Gas, Dampf, Rauch, hohe nervliche Belastung, häufiges Bücken, Kontakt mit Alkohol, Arbeiten mit Absturz-/Unfallgefahr, Verantwortung für Personen, Fahr- oder Steuerungstätigkeiten.

Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben und im Wesentlichen auf den bisherigen Vortrag verwiesen. Das SG hat nach Beiziehung von Befundberichten ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. C. vom 19. Februar 2015 eingeholt. Dr. C. hat bei dem Kläger eine Angst und depressive Störung, gemischt, eine rezidivierende depressive Episode, mäßiggradig, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen und narzisstischen Zügen, einen chronischen Alkoholmissbrauch ohne Alkoholfolgeerkrankungen, ein Schlafapnoe-Syndrom sowie ein Cervikal- und Lumbalsyndrom, ohne Nervenkompression oder Wurzelreizung, diagnostiziert. Der Kläger könne noch 6 Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Sicherheitsdienstmitarbeiter verrichten. Nachtdienst sollte vermieden werden. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Anpassungs- und Umstellungsvermögen seien gegeben. Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.

Der Kläger hat daraufhin gemäß § 109 SGG beantragt, Dr. D. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens zu beauftragen. Nachdem Dr. D. erklärt hatte, er sei behandelnder Arzt und ihm sei eine neutrale Begutachtung nicht möglich, hat der Kläger den Neurologen und Psychiaters Dr. P. als Gutachter gemäß § 109 SGG benannt. Dieser Antrag ist vom SG als prozessverzögernd und grob nachlässig verspätet abgelehnt worden. Es hat dann die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2015 unter Berufung auf das Gutachten von Dr. C. abgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und auf die seit Jahren bestehende psychische Erkrankung verwiesen. Die depressive Störung habe sich mit dem Tod der Ehefrau im Jahr 2013 noch verschlimmert. Er habe deshalb auch seine letzte Tätigkeit als Sicherheitsmitarbeiter aufgeben müssen. Daneben bestünden noch orthopädische Leiden, die psychische Erkrankung stehe jedoch im Vordergrund. Das Gutachten von Dr. C. sei nicht nachvollziehbar. Sie habe festgestellt, die Angst-/Panikstörung habe sich im Laufe des Jahres 2013 gebessert. Medizinaloberrat Z. habe jedoch das Gegenteil hiervon festgestellt. Auch habe sich das Schlafapnoe-Syndrom verschlechtert. Er benutze das mittlerweile neu eingestellte Gerät dauerhaft, ohne dass sich jedoch das Schlafapnoe-Syndrom verbessert habe.

Der Senat hat nach Beiziehung eines Befundberichts des Bezirksklinikums A-Stadt (schlafmedizinisches Zentrum) eine ergänzende Stellungnahme von Dr. C. nach Aktenlage vom 14. September 2015 eingeholt. Dr. C. hat hierin an ihrer sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung festgehalten. Die Durchführung eines weiteren Gutachtens sei nicht erforderlich.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. D. vom 18. April 2016 eingeholt. Dr. D. hat folgende Gesundheitsstörungen beim Kläger festgestellt:

1. Zumindest mittelgradig ausgeprägte depressive Episode

2. Gemischte Angststörung mit agoraphobischen und sozialphobischen Anteilen

3. Somatoforme autonome Funktionsstörung (Herzphobie)

4. Schädlicher Gebrauch von Alkohol

5. Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, impulsiven, ängstlich-abhängigen Persönlichkeitszügen

6. Diskrete Hemisymptomatik links

7. Beginnendes Karpaltunnel-Syndrom links

8. HWS- und LWS-Syndrom mit pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen ohne sicheren Nachweis einer Wurzelschädigung

9. Koronare Herzerkrankung

10. Arterielle Hypertonie

11. Schlafapnoesyndrom

12. Diabetes mellitus Typ II.

Der Kläger könne nur noch leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen weniger als 3 Stunden täglich verrichten. Das Leistungsbild bestehe mindestens seit 21. Januar 2016 (Tag der Untersuchung in der Praxis). Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.

Nachdem sich die Beklagte der Leistungsbeurteilung durch Dr. D. nicht angeschlossen hatte, hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. C. vom 12. Juli 2016 eingeholt. Dr. C. hat ausgeführt, auch nach Kenntnis des Gutachtens von Dr. D. und unter Mitberücksichtigung eines vom Kläger mittlerweile vorgelegten weiteren Schwerbehindertengutachtens des Medizinalratoberrats Z. vom 21. April 2016 (weiterhin Gesamt-GdB von 50) ergebe sich keine Änderung ihrer Leistungsbeurteilung. Der Kläger hat wiederum eine Stellungnahme von Dr. D. vom 18. Juli 2016 übersandt, worin Dr. D. an seiner Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Klägers festhält.

Mit Schriftsatz vom 27. September 2016 hat der Kläger eine neuerliche Stellungnahme von Dr. D. vom 14. September 2016 vorgelegt. Dr. C. habe die Frage gestellt, ob weiterhin eine nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlung stattfinde. Dies werde von Dr. D. bestätigt. Es sollten daher aktuelle Befundberichte eingeholt werden. In seiner Stellungnahme hat Dr. D. erklärt, auch aus seiner Sicht würden sich die von ihm und von Dr. C. festgestellten Diagnosen weitgehend decken. Konzentrationsstörungen und Tagesmüdigkeit seien sicher teilweise auf das vorliegende obstruktive Schlafapnoe-Syndrom zurückzuführen. Die kognitiv-mentalen Ausfälle des Klägers seien aber vornehmlich Ausdruck des vorliegenden depressiven Syndroms. Es finde weiterhin eine regelmäßige nervenärztliche Behandlung bei Dr. L. statt. Auch werde die Medikation den wechselnden psychopathologischen Befundlagen angepasst. Eine Psychotherapie werde weitergeführt. Entscheidend sei die deutliche Herausarbeitung der Funktions- und Fähigkeitseinbußen in seinem Gutachten vom Januar 2016.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Regensburg vom 1. Juni 2015 sowie des Bescheids der Beklagten vom 15. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. September 2014 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 15. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI zu.

Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. C. ist der Kläger noch in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erledigen. Der abweichenden Leistungsbeurteilung von Dr. D. vermag der Senat nicht zu folgen.

Im Vordergrund stehen beim Kläger die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet.

Bei der Untersuchung des Klägers durch Dr. C. war dieser in einem guten Allgemeinzustand bei einem ausreichenden Ernährungszustand. Blutdruck und Herzfrequenz waren regelgerecht. Dr. C. hat ausgeführt, dass bei Berücksichtigung der vorliegenden Befundberichte von einer kompensierten internistischen Situation ohne kardiologische Beeinträchtigungen ausgegangen werden kann.

Bei der Prüfung der Motorik war am auffälligsten ein Finger-Boden-Abstand von ca. 100 cm. Dabei wurden vom Kläger Beschwerden im Lumbalbereich angegeben. Im Cervikal-Lumbalbereich zeigte sich ein Muskelhartspann, jedoch ohne Hinweise für eine Wurzelreizung oder Wurzelkompression und ohne bedeutsame neurologische Funktionsbeeinträchtigungen. Das Zeichen nach Laségue war beidseits negativ.

Die Gangproben, auch die erschwerten Gangproben mit Zehenspitzenstand und Fersen- und Hackengang, waren regelgerecht. Das Gangbild war sicher und flüssig. Der Faustschluss war dem Kläger seitengleich bei hinreichender Kraftentfaltung möglich. Periphere oder zentrale Paresen sowie Muskelverschmächtigungen zeigten sich nicht. Die kleine Handmuskulatur war nicht beeinträchtigt. Tonus und Trophik der Muskulatur waren ebenso wie die Muskeleigenreflexe regelgerecht. Vegetative oder sensible Störungen konnten von Dr. C. nicht positiviert werden.

In psychischer Hinsicht war der Kläger bewusstseinsklar und in allen Qualitäten vollständig orientiert bei gepflegtem äußeren Erscheinungsbild. Die interpersonelle Kontaktaufnahme war der erfahrenen Gerichtsachverständigen gut möglich. Der Kläger wirkte ruhig, zugewandt und kooperativ. Das psychomotorische Tempo war regelgerecht, Mimik und Gestik zum Teil lebhaft sowie gut modulationsfähig. Die Grundstimmung war subdepressiv ausgelenkt, über weite Strecken verbittert. Suizidale Tendenzen konnte Dr. C. nicht feststellen. Eine höhergradige Ausprägung der Depression im Sinne einer schweren Depression konnte Dr. C. nicht feststellen. Eine entsprechende Symptomatik ergab sich auch nicht aus den Ausführungen des Klägers. Insgesamt hat Dr. C. beim Kläger nur eine leichtgradige depressive Symptomatik kombiniert mit Ängstlichkeit feststellen können, durch die Antrieb und Psychomotorik nicht relevant beeinträchtigt werden. Die vom Kläger geäußerten Beschwerden umfassten in erster Linie vegetative Störungen ohne relevanten Krankheitswert. Hinweise für eine eigenständige Schmerzerkrankung ergaben sich nicht. Das Intelligenzniveau des Klägers ist von Dr. C. als durchschnittlich bezeichnet worden. Inhaltliche oder formale Denkstörungen, Ich- oder Wahrnehmungsstörungen liegen beim Kläger nicht vor. Hinweise für eine hirnorganische Beeinträchtigung, eine Beeinträchtigung von Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnis, Antrieb und energetischem Potenzial ergaben sich nicht.

Im Vordergrund stehen beim Kläger die Symptome einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit impulsiven und narzisstischen Störungen. Die Auswertung der FPI-Persönlich- keitsfragebogen erbrachte eine ausgeprägte Akzentuierung der Persönlichkeit mit hoher Ausprägung von negativer Lebenseinstellung, geringer Leistungsorientierung, Gehemmtheit, Erregbarkeit, Introversion, emotionaler Labilität und Aggressivität.

Aus diesen Gesundheitsstörungen resultieren nach den überzeugenden Feststellungen von Dr . E. jedoch lediglich qualitative Leistungseinschränkungen in Bezug auf die geistig-psychische Belastbarkeit. Insbesondere sollte keine Tätigkeit mit Nachtschicht mehr ausgeübt werden.

Hinzu kommt ein chronischer Alkoholmissbrauch, der jedoch noch nicht zu Alkoholfolgeerkrankungen geführt hat. Insbesondere waren von Dr. C. keine hirnorganische Beeinträchtigungen oder Koordinationsstörungen im Rahmen einer Alkohol-Encephalopathie zu objektivieren.

Das Schlafapnoe-Syndrom führt nicht zu einer höhergradigen Beeinträchtigung der Aufmerksamkeitsleistungen des Klägers. Hier zeigte sich bei den Testungen durch Dr. C. ein überdurchschnittliches Arbeitstempo bei knapp durchschnittlicher Sorgfaltsleistung, obwohl der Kläger nach seinen eigenen Angaben seit 48 Stunden nicht mehr geschlafen habe. Eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit resultiert hieraus also auch nicht.

Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger noch in der Lage ist, zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden täglich und mehr zu verrichten.

Die hiervon abweichende Einschätzung von Dr. D. hat den Senat nicht überzeugt. Die von Dr. D. festgestellten Diagnosen decken sich im Wesentlichen mit den von Dr. C. angegebenen. Dies hat Dr. D. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. September 2016 ebenfalls bestätigt. Die von ihm neu beschriebene diskrete Halbseitensymptomatik links mit Linksbetonung der Muskeleigenreflexe und Unsicherheit beim Knie-Hacken-Versuch führen auch nach seinen Angaben nicht zu weiteren neurologischen Beeinträchtigungen, insbesondere nicht zu Funktionsstörungen von Motorik oder Koordination. Nach der den Senat überzeugenden Einschätzung von Dr. C. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12. Juli 2016 lässt sich aus einer bloßen diskreten Seitendifferenz von Muskeleigenreflexen keine relevante Minderung des Leistungsvermögens insbesondere in quantitativer Hinsicht ableiten. Dies gilt umso mehr, als sowohl Dr. C. selbst als auch der nervenärztliche Gutachter Medizinaloberrat Z. in seinem Gutachten vom April 2016 einen unauffälligen neurologischen Status erhoben haben.

In psychischer Hinsicht wird von Dr. D. auch nur eine mittelgradige Ausprägung der Depression beschrieben. Dies entspricht der diagnostischen Einordnung des Medizinaloberarzt Z. in seinem Gutachten vom April 2016, der ebenfalls von einer mittelgradigen depressiven Symptomatik mit Somatisierung spricht. Die von Dr. D. angegebene gemischte Angststörung mit agoraphobischen und sozialphobischen Anteilen wird nicht eindeutig diagnostiziert. Das Vollbild der jeweiligen Störung nach ICD 10 wird nicht beschrieben. Medizinaloberrat Z. hat diese Diagnose ebenfalls nicht gestellt. Er beschreibt in seinem Gutachten vom April 2016 eine im Wesentlichen unveränderte Symptomatik im Vergleich zur Vorbegutachtung im Jahr 2013. Auch in seiner letzten ergänzenden Stellungnahme vom 14. September 2016 hat Dr. D. diesen Mangel nicht beheben können. Schließlich geht Dr. D. nicht darauf ein, dass die im Vorfeld durchgeführte Behandlungsintensität auf psychiatrischem und psychotherapeutischem Gebiet durchaus intensiviert werden könnte. Der Senat unterstellt es als zutreffend, dass der Kläger weiterhin in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung ist, wie dies von Dr. D. in seiner letzten ergänzenden Stellungnahme behauptet wird. Dies gilt auch für den Umstand, dass ein Wechsel in der Psychopharmaka-Medikation in der Vergangenheit stattgefunden hat. Die Einholung weiterer Befundberichte, um dies zu belegen, kann damit unterbleiben. Der Kläger hat aber jedenfalls keine tagklinischen, stationär-psychiatrischen oder psychosomatischen Behandlungsansätze in den letzten Jahren unternommen. Dies spricht gegen einen erheblichen Leidensdruck des Klägers. Die von Dr. D. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. September 2016 als Grund für die unterschiedliche sozialmedizinische Bewertung genannten Funktions- und Fähigkeitseinbußen des Klägers erschließen sich dem Senat nicht. Insoweit sind auch von Dr. D. nicht so wesentlich andere Feststellungen getroffen worden, dass dies Anlass für ihn gewesen wäre, eine deutlich gravierendere Diagnosestellung zu treffen. Ein nachvollziehbarer Grund für eine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen im Sinne einer Verschlechterung ist auch nicht ersichtlich. Das Vorliegen einer bloßen mittelgradigen depressiven Episode genügt auch in einer Zusammenschau mit weiteren psychiatrischen Gesundheitsstörungen (insbesondere kombinierte Persönlichkeitsstörung) für die Annahme einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auch für leichte, zustandsangepasste Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht aus. Bei der Bewertung ist zudem zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen des behandelnden Psychiaters Dr . B. von einer deutlichen Aggravationsneigung und Schonhaltung des Klägers ausgegangen werden kann, der sich explizitermaßen auf seine Berentung kapriziert habe. Eine Auseinandersetzung mit diesem Aspekt bleibt Dr. D. schuldig.

In Bezug auf das Schlafapnoesyndrom hat Dr. C. überzeugend darauf hingewiesen, dass nach der schlafmedizinischen Kontrolle im Bezirksklinikum A-Stadt dieses unter nCPAP-Behandlung gut kompensiert sei. Damit kommt eine Beeinträchtigung in Form von Tagesschläfrigkeit oder Konzentrationsstörungen nicht in Betracht. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Dr. C. derartiges auch nicht bei ihrer Untersuchung feststellen konnte.

Durch Dr. D. ist nicht ein so gravierend anderes sozialmedizinisches Leistungsbild des Klägers gezeichnet worden, dass der Senat die Überzeugung erlangen konnte, der Kläger sei mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht mehr in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts z. B. als Wachmann bzw. Pförtner im Tagdienst zu verrichten.

Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihm liegen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, durch die für ihn der Arbeitsmarkt verschlossen ist. Die von den Gerichtsachverständigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen, die der Senat bei seiner Prüfung zugrunde legt, sind nicht ungewöhnlich und schränken die Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht im besonderen Maße ein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die oberen Extremitäten des Klägers keine wesentlichen Funktionsbehinderungen aufweisen.

Schließlich besteht auch keine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Das BSG hält dabei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, für eine derart schwere Leistungseinschränkung, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 21. März 2006, B 5 RJ 51/04 unter Hinweis auf Großer Senat in BSGE 80, 24, 35). Eine rentenrelevante Beschränkung der Wegstrecke wurde von keinem Sachverständigen angenommen.

Dem Kläger steht schließlich auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben vor dem 2. Januar 1961 geborene Versicherte, die berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden verrichten kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt für die Beurteilung des "vergleichbaren Versicherten" ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf". Dieser ergibt sich in der Regel aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit. Es ist die Berufstätigkeit zugrunde zu legen, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164).

In der maßgeblichen letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung war der Kläger als Wachmann beschäftigt. Eine Ausbildung hierzu hat er nicht durchlaufen. Nach der Auskunft des Arbeitgebers handelte sich hierbei um eine Tätigkeit, die von ungelernten Kräften nach einer Einarbeitung von 3 Wochen verrichtet werden können. Es handelt sich damit um eine Tätigkeit, die nach dem sogenannten Stufenschema des BSG dem ungelernten Bereich zuzuordnen ist. Damit ist der Kläger uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Da insoweit noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr besteht, kommt die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ebenfalls nicht in Betracht.

Die Berufung war damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

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Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 11. Okt. 2016 - L 13 R 473/15 zitiert 6 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 109


(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 240 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit


(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und2. berufsunfähigsind. (2) Berufsunfähig

Referenzen

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.