Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 16. Nov. 2015 - L 11 AS 687/15 NZB

bei uns veröffentlicht am16.11.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 30.09.2015 - S 17 AS 92/12 - wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I. Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Erstattung überzahlter Leistungen zuletzt in Höhe von 146,94 €.

Der Kläger bezog Alg II zuletzt aufgrund der Bescheide vom 28.02.2011, 26.03.2011 (nicht in der Akte zu finden), 11.04.2011 und 19.04.2011 für die Zeit vom 01.03.2011 bis 30.06.2011. Nach der Mitteilung des Klägers, dass er Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit erziele, hob der Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2011 in der Fassung des Bescheides vom 07.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 die bewilligten Leistungen teilweise auf und forderte die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 689,24 €. Die ihm als Versicherungsvertreter zugeflossenen Provisionen seien als Einkommen anzurechnen.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Da zwischenzeitlich Versicherungsverträge storniert worden seien, müsse er Provisionen zurückzahlen. Zudem habe er Betriebsausgaben u. a. für einen mangels vorhandenen eigenen Führerscheins erforderlichen Fahrer in Höhe von 2.400,00 € und Benzinkosten in Höhe von 480,00 € für die oben genannte Zeit gehabt, die abzuziehen seien. Nach Einholung von Auskünften über die tatsächlich erfolgte Rückzahlung von Provisionen - eine solche Rückzahlung wurde zum Teil nicht bzw. erst am 30.11.2011 gefordert, der Kläger hat bis heute keine Rückzahlung geleistet - hat das SG nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 15.07.2015 und nach Antrag auf mündliche Verhandlung durch den Kläger mit Urteil vom 30.09.2015 die angegriffenen Bescheide teilweise abgeändert und den Kläger zur Erstattung von lediglich 146,94 € verurteilt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Ausgaben für Benzin und Fahrer stünden unabhängig von deren Glaubwürdigkeit in einem krassen Missverhältnis zu den erzielten Einnahmen und seien daher nicht zu berücksichtigen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen. Vor der mündlichen Verhandlung hatte der Kläger die Verlegung des Termins beim SG wegen eines auswärtigen Praktikums beantragt und um einen neuen Termin gebeten. Das SG hatte daraufhin lediglich mitgeteilt, sein persönliches Erscheinen sei nicht angeordnet. In der mündlichen Verhandlung war der Kläger nicht erschienen.

Gegen das Urteil vom 30.09.2015 hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Das SG habe seine Ausgaben für einen Fahrer und seine Benzinkosten nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt, so dass er etwas an die Beklagte zurückzahlen müsse. Damit sei er nicht einverstanden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die bei gezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II. Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Gemäß dem Urteil des SG hat der Kläger lediglich 146,94 € zurückzuzahlen. Allein soweit reicht seine Beschwer.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl, § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).

Anhaltspunkte für eine grundsätzliche Bedeutung bzw. eine Abweichung des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung finden sich nicht. Vom Kläger wird dies auch nicht geltend gemacht.

Ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel, auf den die Entscheidung beruhen kann, wird vom Kläger ebenfalls nicht geltend gemacht. Zwar hat der Kläger vor der mündlichen Verhandlung am 30.09.2015 um eine Verlegung wegen eines unaufschiebbaren auswärtigen Praktikums gebeten, woraufhin ihm das SG lediglich mitgeteilt hat, dass sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet sei. Es hat jedoch keine Entscheidung über eine Verlegung des Termins per Beschluss getroffen. Dies kann eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör darstellen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 160 RdNr. 20; Keller ebenda § 62 Rdnr. 6d), jedoch wurde dieser Verfahrensmangel vom Kläger im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend gemacht, obwohl dies gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG erforderlich ist, wie dem Kläger auch in der vom SG erteilten Rechtsmittelbelehrung mitgeteilt worden war. Dazu sind die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau anzugeben und aus den vorgetragenen Tatsachen muss sich schlüssig ergeben, welcher Mangel gerügt werden soll und sinngemäß auch, welche Verfahrensvorschrift als verletzt angesehen wird. Dies hat der Kläger nicht getan, vielmehr hat er im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde lediglich seine bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingebrachten Ausführungen wiederholt.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 16. Nov. 2015 - L 11 AS 687/15 NZB zitiert 8 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 145


(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Ur

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.