Arbeitsgericht München Beschluss, 07. Aug. 2015 - 27 Ca 6552/15

published on 07/08/2015 00:00
Arbeitsgericht München Beschluss, 07. Aug. 2015 - 27 Ca 6552/15
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Arbeitsgericht München, 27 Ca 6552/15, 23/10/2015

Gericht

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Tenor

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Zahlung einer Erfindervergütung.

Der Kläger war vom 01.10.1994 bis zum 13.01.2013 bei der Beklagten zuletzt als Forschungsleiter eines Geschäftsbereiches beschäftigt. Er war Miterfinder einiger patentierter Erfindungen, u. a. die Erzeugung einer Antikörpersammlung, die bei der Beklagten als H. bezeichnet wird. Die Patentfamilie wird bei der Beklagten als M. bezeichnet.

Zunächst berechnete die Beklagte die jährliche Erfindervergütung nach dem durch das Arbeitnehmererfindungsgesetz vorgesehenen Berechnungsrichtlinien. Am 19..01.2007 verständigten sich die Parteien darauf, rückwirkend ab 2005 die Berechnungsmethode nach einer definierten Berechnungsformel zu ermitteln und die Erfindervergütung entsprechend zu bezahlen (vgl. Vertrag bezüglich der Erfindervergütung Anlage K 1, Bl. 45 bis 47 in beglaubigter Übersetzung). Danach sollte der Kläger fortan vom Umsatz pauschal 0,031% aus dem therapeutischen und aus dem nichttherapeutischen Bereich, sofern dieser einen Betrag von EUR. 1.000.000 übersteigt, erhalten. Die Umsätze ergeben sich aus dem jeweiligen Geschäftsbericht. Diese Vereinbarung wurde bis 2012 so durchgeführt. Für das Jahr 2013 teilte die Beklagte dem Kläger am 01.04.2014 mit, dass die Vergütung € 13.221,32 beträgt (Bl. 59 ff. d. A.) ausgehend von einem Umsatz in Höhe von € 42.649.427,00. Im Geschäftsbericht wurde ein Umsatz von € 77.900.000,00 ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 31.10.2014 (Bl. 65 ff.) setzte die Beklagte die Vergütung gemäß § 12 Abs. 3 Arbeitnehmererfindungsgesetz auf € 17.445,59 fest und zahlte diesen Betrag an den Kläger aus. Der Kläger widersprach der Festsetzung mit Schreiben vom 27.01.2015 (Bl. 71 ff. d. A.).

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm eine weitere Vergütung in Höhe von € 27.291,41 zusteht. Er trägt hierzu vor, der Geschäftsbericht weise „therapeutische Umsätze“ in Höhe von insgesamt € 77.900.000,00 aus, die in „Partnered Discovery“ und „Proprietery Development“ geteilt seien. Weiter habe die Beklagte weitere Umsätze durch Auslizensierung erzielt, die nicht im Geschäftsbericht verzeichnet seien; so sei die Einmalzahlung für N. in Höhe von € 22.500.000,00 für O. in Höhe von € 70.770.000,00 vollumfänglich zu berücksichtigen.

Ein Abzug für Kosten einer Studie und eine Zurechnung in Höhe von nur 15% sei nicht nachvollziehbar und auch nicht vereinbart. Mit Schriftsatz vom17.06.2005 erhob der Kläger Zahlungsklage.

Die Beklagte hat den Rechtsweg gerügt.

Sie meint, Streitigkeiten i. S. v. § 39 Abs. 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz seien vorliegend nicht gegeben, da es sich um eine Streitigkeit über die Frage der Angemessenheit und damit der Höhe der Erfindervergütung handele. Streitig sei, welche Umsätze als „annual revenues“ gemäß der Vergütungsvereinbarung anzusehen und ob diese zurechenbar seien. Hierfür bedürfe es der Würdigung des patentrechtlichen Gesamtzusammenhanges und spezifischer Fachkenntnisse im Patentwesen.

Der Kläger erhielt Gelegenheit, sich zur Rechtswegsrüge zu äußern. Er trägt hierzu vor, die Streitigkeit beziehe sich auf eine festgesetzte Vergütung; die Berechnungsparameter seien einvernehmlich geregelt worden. Streitig sei allein die Höhe der Vergütung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.

1. Gemäß § 39 Abs. 1 Arbeitnehmererfindungsgesetz sind für alle Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte (§ 143 des Patentgesetzes) ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Gemäß § 39 Abs. 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz sind hiervon ausgenommen Rechtsstreitigkeiten, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Erfindung zum Gegenstand haben.

Gemäß § 12 Arbeitnehmererfindungsgesetz soll Art und Höhe der Vergütung in angemessener Frist nach Inanspruchnahme der Diensterfindung durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgestellt werden.

2. Danach gilt vorliegend Folgendes:

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet.

2.1. Die Ausnahme des § 39 Abs. 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz kommt dann zur Anwendung, wenn die Höhe der Vergütung verbindlich festgesetzt und deren Rechtsgrund unstreitig ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Prozentsatz auf 0,031 von Hundert vereinbart und Gesamteinnahmen im therapeutischen Bereich zugrunde zu legen sind. Weiter sind zu vergüten die Einnahmen i. V. m. der Erfindung aus dem nichttherapeutischen Bereich, sofern diese einen Betrag in Höhe von € 1.000.000,00 übersteigen.

2.2. Streit herrscht nunmehr über die Auslegung, welche Umsätze zugrunde zu legen sind; insbesondere, ob es sich hierbei um die Einnahmen aus der Nutzung der Erfindung handelt, wie in Ziffer 1.4 der Vereinbarung geregelt. Es handelt sich mithin um die Auslegung einer vertraglichen Regelung, die Parameter sind eindeutig. Der Streit hierüber hindert nicht die Anwendung des § 39 Abs. 2 Arbeitnehmererfindungsgesetz. Eine Würdigung des patentrechtlichen Gesamtzusammenhanges ist nicht erforderlich; gleichfalls sind keine Fachkenntnisse im Patentwesen anzuwenden. Streitentscheidend ist, ob die „Gesamteinnahmen im therapeutischen Bereich“ sich auf die Einnahmen aus der Nutzung dieser Erfindung, wie im Geschäftsbericht niedergelegt, beschränken und ob Kosten für Studien anzurechnen sind. Klärungsbedürftig ist weiterhin, ob mit dem Vertrag bezüglich der Erfindervergütung vom Januar 2007 ein Zurechnungsfaktor, wie die Beklagte meint, vereinbar ist.

2.2. Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statthaft. Auf die nachfolgende Belehrung wird Bezug genommen.

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(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

Annotations

(1) Für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Patentstreitsachen), sind die Zivilkammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Patentstreitsachen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung den Gerichten eines Landes obliegende Aufgaben insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

(3) Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in dem Rechtsstreit entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.