Amtsgericht München Urteil, 10. Mai 2017 - 825 Cs 113 Js 220759/16

bei uns veröffentlicht am10.05.2017

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Der Angeklagte …B, geb. am wird freigesprochen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

Angewandte Vorschriften: §§ 464, 467 StPO.

Gründe

(Abgekürzt gemäß § 267 IV StPO)

I.

Dem Angeklagten wurde im Strafbefehl, dessen Erlass die Staatsanwaltschaft am 17.02.2017 beantragte, folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Am 22.07.2016 ab ca. 18.00 Uhr erschoss David S im Bereich des Olympiaeinkaufszentrums (OEZ) in München insgesamt 9 Personen und sich selbst. Zudem verletzte er eine Vielzahl weiterer Personen.

Nur drei Tage später, am 25.07.2016 gegen 14:30 Uhr kündigte der Angeklagte absichtlich im Altenpflegeheim am xxxx in München gegenüber mehreren Arbeitskollegen an, dass er Amok laufen würde, wenn er erneut die Pflege einer bestimmten Person übernehmen müsste. Hierbei hatte der Angeklagte erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen, dass seine Arbeitskollegen seine Äußerung als Androhung eines Amoklaufes verstehen und dementsprechend ernst nehmen würden. Auch hatte der Angeklagte erkannt und gebilligt, dass bei einem Bekanntwerden des Inhalts seiner Äußerungen ein im Einzelnen nicht überschaubarer Personenkreis erheblich beunruhigt werden würde, insbesondere durch etwaig zu ergreifende polizeiliche Präventivmaßnahmen.

Er soll sich der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten gem. § 16 I Nr. 2 StGB schuldig gemacht haben.

Das Gericht erließ den Strafbefehl nicht, sondern beraumte gem. § 408 III S. 2 StPO Hauptverhandlung an.

II.

Der Angeklagte ist aus rechtlichen Gründen freizusprechen.

Aufgrund der Beweisaufnahmen steht fest, dass der dem Strafbefehl zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ist.

Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch nicht den Straftatbestand des § 126 StGB, da es unter Berücksichtigung der konkreten Umstände bereits objektiv nicht geeignet war, den öffentlichen Frieden zu stören. Bei der Äußerung des Angeklagten handelte es sich um eine Unmutsäußerung im Hinblick auf die Pflege einer bestimmten Person im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses und war als solche auch zu erkennen. Nach Art und Inhalt der Äußerung sowie den Umständen ihrer Abgabe war niemals damit zu rechnen, dass der angekündigte Angriff nach dem aus der Sicht eines objektiven Beobachters voraussehbaren wahrscheinlichen Geschehensablauf einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.02.2017, NStZ-RR 2017, 108)

Der Angeklagte war somit freizusprechen.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 I StPO.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 464 Kosten- und Auslagenentscheidung; sofortige Beschwerde


(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

Strafgesetzbuch - StGB | § 126 Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten


(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs,2. eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des § 177 Absatz 4 bi

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(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs,
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen des § 177 Absatz 4 bis 8 oder des § 178,
3.
einen Mord (§ 211), Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches),
4.
eine gefährliche Körperverletzung (§ 224) oder eine schwere Körperverletzung (§ 226),
5.
eine Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
6.
einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255),
7.
ein gemeingefährliches Verbrechen in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3, des § 316a Abs. 1 oder 3, des § 316c Abs. 1 oder 3 oder des § 318 Abs. 3 oder 4 oder
8.
ein gemeingefährliches Vergehen in den Fällen des § 309 Abs. 6, des § 311 Abs. 1, des § 316b Abs. 1, des § 317 Abs. 1 oder des § 318 Abs. 1
androht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor.