Amtsgericht Aschaffenburg Endurteil, 24. Okt. 2017 - 130 C 234/17

bei uns veröffentlicht am24.10.2017

Gericht

Amtsgericht Aschaffenburg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 507,00 € festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

I. Die Parteien streiten um Ansprüche auf Versicherungsleistung im Rahmen einer bei der Beklagten bestehenden privaten Unfallversicherung unter der Nummer ... zur Tarifvariante Optimal aufgrund eines am 11.06.2016 erlittenen Unfalls des Klägers im Rahmen seiner Ausbildung zum Fallschirmspringer.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet, da Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aufgrund des Unfallereignisses vom 11.06.2016 aufgrund der Ziffer 5.1.4 der AUB 2008 ausgeschlossen ist. Ziffer 5.1.4 der AUB 2008 lautet: Unfälle der versicherten Person als Luftfahrzeugführer (auch Luftsportgerätführer) soweit sie nach deutschem Recht dafür eine Erlaubnis benötigt, sowie als sonstiges Besatzungsmitglied eines Luftfahrzeugs sind im Versicherungsschutz nur enthalten, sofern diese Unfälle gegen einen Risikozuschlag ausdrücklich eingeschlossen werden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger über eine entsprechende Lizenz nicht verfügt.

1. Zwischen den Parteien ist zunächst unstreitig, dass ein Fallschirm und die Begrifflichkeit Luftfahrzeug bzw. Luftsportgerät fällt. Auch ist zwischen den Parteien im Ergebnis unstreitig, dass der Kläger als „Führer“ dieses Luftfahrzeugs bzw. Luftsportgeräts bei der Verwendung des Fallschirms anzusehen war.

2. Das Verständnis der vertraglichen Leistungsbeschreibung ergibt sich aus der Auslegung des vertraglichen Regelwerks, das grundsätzlich gem. §§ 133, § 157 BGB nach Treu und Glauben vom Verständnishorizont des jeweiligen Erklärungsempfängers auszulegen ist. Dabei sind die im streitgegenständlichen Vertrag von der Beklagten vorgegebenen Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Es kommt so auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83 juris, Rn. 14). Die Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren, wobei in erster Linie vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen ist (BGH, NJW 2011, 681 (681)). Der mit ihr verfolgte Zweck und der erkennbare Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, NJW 2011, 681 (681)).

3. Der Unfall am 11.06.2016 im Rahmen der Ausbildung des Klägers zum Fallschirmspringer war nicht von der streitgegenständlichen Unfallversicherung gedeckt; es liegt mithin kein Versicherungsfall vor. Soweit die Klägerseite argumentiert, der Wortlaut der Regelung der Ziffer 5.1.4 der AUB 2008 beziehe sich ausschließlich auf Luftfahrzeugführer, die eine entsprechende Lizenz haben, so geht diese Interpretation fehl. Das Wort „benötigen“ bedeutet nach dem Wortsinn in diesem Zusammenhang „besitzen müssen“, nicht (tatsächlich) „besitzen“. Entscheidend ist demnach, dass die Ausübung des Fallschirmspringens nach deutschem Recht eine (gültige) Lizenz erfordert, nicht ob der Kläger über eine solche verfügte. Demnach ist unerheblich, ob der Kläger diese Lizenz im Zeitpunkt des Unfalls besaß oder nicht. Eine andere Interpretation scheidet daher bereits nach dem Wortsinn aus. Dies gilt um so mehr, da die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 28.04.2016 (vgl. Anlage B 1, Bl. 57 d.A.) explizit darauf hinwies, dass Fallschirmspringen nicht von seiner Versicherung gedeckt sei.

III.

Mangels Hauptsacheanspruch steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zinsen bzw. Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Aschaffenburg Endurteil, 24. Okt. 2017 - 130 C 234/17 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313a Weglassen von Tatbestand und Entscheidungsgründen


(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Pro

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(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.

(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.

(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.

(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.