Amtsgericht Aschaffenburg Endurteil, 08. Apr. 2015 - 123 C 202/15

bei uns veröffentlicht am08.04.2015

Gericht

Amtsgericht Aschaffenburg

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 110,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2014 sowie weitere 70,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 22.03.2015 zu bezahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 110,69 € festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Der klägerische Anspruch folgt aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 249, 398 BGB, 3 PflVG. Die Klage ist in Höhe des geltend gemachten Rests der Sachverständigenkosten vollumfänglich begründet.

Der Beklagte, der sich überwiegend auf überholte Rechtsprechung beruft, hat weder vorgerichtlich gegenüber der Geschädigten noch im Zuge des vorliegenden Verfahrens konkret mitgeteilt, wie seine Haftpflichtversicherung den vorgenommenen Abzug in Höhe von 110,69.€ von der Sachverständigenrechnung errechnete, an welchen Positionen sie Abzüge von der Rechnung des Sachverständigen machte. Die Begründung der Haftpflichtversicherung ... des Beklagten vom 27.01.2014 (K1 = Bl. 15 d. A.) beschränkte sich auf die Bezugnahme eines Honorartableaus, das sie selbst erstellt hatte aufgrund einer Honorarumfrage bei Sachverständigen in den Jahren 2010/2011 Der Haftpflichtversicherung des Beklagten ist hier möglicherweise entgangen, dass der Unfall sich erst im Jahr 2014 ereignete, sie mithin Daten zugrunde legte, die nicht hinreichend aktuell waren.

Da den Geschädigten keine Erkundigungspflicht trifft bezüglich Preisen von Sachverständigen, er Marktforschung nicht zu betreiben braucht, und der Geschädigte mit der Vorlage der Rechnung seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe genügt, die Rechungshöhe die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten belegt im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO (BGH vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13, R 7 und 8 bei juris), ist ein Grund für die Berechtigung des von der Beklagtenseite vorgenommenen Abzugs nicht ersichtlich. Insbesondere besteht kein Grund, an der Berechtigung des Ansatzes einer Relation von Schadenshöhe zu Sachverständigenkosten zu zweifeln. Da mit höherem Schadensumfang in der Regel auch der Aufwand für die Untersuchung und Reparaturkostenberechnung steigt, der Geschädigte auf die Art der Honorarberechnung keinen Einfluss hat, der Zeitaufwand allein im Hinblick auf die beim Sachverständigen anfallenden Gemeinkosten auch gar nicht geeignet wäre, die erforderlichen Kosten abzubilden, sieht das Gericht keinen vernünftigen Grund, die Schadenshöhe als Grundlage der Honorarberechnung abzulehnen. Im Übrigen hat der BGH in seiner Rechtsprechung auch die Abrechnung nach Schadenshöhe nicht für unzulässig erklärt.

Dass die Nebenkosten überhöht wären, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Im Übrigen hat auch der Geschädigte einen Anspruch auf Überlassung eines Fotosatzes, im Hinblick darauf, dass er stets damit rechnen muss, dass der fahrzeugbezogene Anspruch außergerichtlich, nicht oder nicht vollständig beglichen wird, so dass die Fotos zur Durchsetzung von Ansprüchen, zumindest zur Bewertung der Erfolgsaussicht weiterer Rechtsverfolgung erforderlich sind. Insoweit entsteht dem Geschädigten auch ein Schaden, den der Schädiger ebenso zu ersetzen hat, wie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Geschädigten. Das Bestreiten des Anfalls der Nebenkosten ist im Übrigen unsubstantiiert. Die Beklagtenseite hat keine geringere Anzahl von gefertigten Fotos vorgetragen. Gleiches gilt für den Besichtigungsort des Fahrzeugs, so dass auch zu den Fahrtkosten substantiiertes Bestreiten fehlt.

Im Übrigen entspricht die Abrechnung nach einem pauschalierten Grundhonorar und je nach Schaden in unterschiedlicher Höhe anfallenden Fotokosten, weil in unterschiedlicher Anzahl erforderlich zum Nachweis des jeweiligen Schadensumfangs gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers, dem konkreten Aufwand mehr im Einzelfall, als eine im Schnitt im Zweifelsfalle höhere Pauschale. Schließlich erachtet das Gericht 45,00 € Auslagenpauschale als angemessen für Schreibkosten, Druckkosten für mindestens drei Ausfertigungen des Gutachtens (zwei für den Schädiger und seinen Versicherer sowie eine für den Geschädigten), Porto und Telekommunikationsaufwand.

Da eine Überhöhung der Rechnung des Klägers nicht gegeben ist, geht der Einwand des „dolo agit“ der Beklagtenseite ins Leere. Die Klage war daher in der Hauptsache begründet.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderungen gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Der Beklagte hat sich insoweit das Agieren seines Haftpflichtversicherers zurechnen zu lassen.

Die von der Klagepartei geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten sind schlüssig dargetan. Insbesondere waren die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts geeignet und damit auch erforderlich zur zweckdienlichen Rechtsverfolgung, da die Klägerseite im Hinblick auf das BGH-Urteil vom 11.02.2014 durchaus damit rechnen konnte, dass die Beklagtenseite ihre Haltung zu den Sachverständigenkosten überdenkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.