Kanzleigründung

Kanzleigründung

erstmalig veröffentlicht: 29.01.2024, letzte Fassung: 29.01.2024
beira.de Redaktion
Zusammenfassung des Autors

Die Gründung einer Anwaltskanzlei erfordert eine umfassende Planung und Vorbereitung. Angefangen bei der Klärung rechtlicher Aspekte, über die Erstellung eines detaillierten Businessplans bis hin zur Sicherung einer stabilen Finanzierung müssen verschiedene Schritte berücksichtigt werden. Die klare Definition von Fachgebiet, Zielgruppe und Alleinstellungsmerkmalen ist ebenso entscheidend wie die Schaffung einer starken Online-Präsenz. Kanzleigründer sollten zudem auf ein durchdachtes Kanzleimarketing setzen, in professionelle Ausstattung investieren und kontinuierliche Fortbildungen für ihre Fachkompetenz in Betracht ziehen. Networking und der Aufbau von Beziehungen zu Kollegen und Mandanten tragen ebenfalls zum Erfolg bei. Insgesamt ist eine durchdachte und strukturierte Herangehensweise entscheidend, um eine solide Grundlage für den erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit als Anwalt zu schaffen.


Die Gründung einer eigenen Kanzlei markiert einen bedeutenden Schritt im beruflichen Werdegang für Juristinnen und Juristen. Der Weg in die Selbstständigkeit als Anwältin oder Anwalt bietet nicht nur die Möglichkeit zur individuellen Entfaltung, sondern erfordert auch unternehmerisches Geschick. Die Entscheidung, eine eigene Kanzlei zu gründen, ist mit zahlreichen Herausforderungen und Chancen verbunden. Von der Entwicklung einer klaren Geschäftsstrategie bis hin zur rechtlichen und organisatorischen Ausgestaltung der Kanzlei – dieser Prozess erfordert sorgfältige Planung und Vorbereitung. Die folgende Themenseite wird einen Überblick über die zentralen Aspekte der Kanzleigründung geben und die wichtigsten Schritte auf dem Weg in die Selbstständigkeit beleuchten.

1. Zulassung zur Anwaltschaft

Alle Absolventen die Zulassung zur Anwaltschaft erhalten haben, können ihre eigene Kanzlei eröffnen. Die Antragstellung erfolgt bei der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer und erfordert die Einreichung von etwaigen Unterlagen, darunter Lebenslauf, beglaubigte Kopie des zweiten Staatsexamens, eventueller akademischer Grad-Nachweis, Führungszeugnis, Erklärung zu möglichen Versagungsgründen gemäß § 7 BRAO, Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung oder vorläufige Deckungszusage sowie die Begleichung der Zulassungsgebühr. Diese beträgt durchschnittlich etwa 250 €.

Nach der Zulassung zur Anwaltschaft ist es für den Rechtsanwalt verpflichtend, eine Kanzlei im Bezirk der entsprechenden Anwaltskammer zu führen. Die Erfüllung dieser Pflicht kann durch das Anbringen eines Kanzleischilds sowie die Bereitstellung der Kontaktdaten (Anschrift, Telefon, Fax, E-Mail) gegenüber der Kammer nachgewiesen werden.

2. Businessplan

Der Weg in die Selbstständigkeit als Anwältin oder Anwalt erfordert, wie bereits erwähnt nicht nur fachliche und soziale Kompetenzen, sondern auch unternehmerische, kaufmännische und organisatorische Fähigkeiten, um eine solide Basis für den erfolgreichen Start zu schaffen. Ein unverzichtbares Instrument auf diesem Weg ist der ausführliche Businessplan, der nicht nur bei jeder Unternehmensgründung, sondern insbesondere auch bei der Eröffnung einer eigenen Kanzlei von zentraler Bedeutung ist.

Während der Gründungsphase spielt die Sicherstellung einer stabilen Finanzierung eine entscheidende Rolle, um den notwendigen Spielraum für den Aufbau eines Mandantenbestandes zu gewährleisten. Hierbei müssen nicht nur die Lebenshaltungskosten während der Einrichtung der Kanzlei berücksichtigt werden, sondern auch ein Budget für Werbemaßnahmen und die Deckung der laufenden Kosten in den ersten Monaten.

Daneben entstehen Kosten für die erforderliche Fachliteratur sowie für Beratung und mögliche Mitgliedschaften in juristischen Datenbanken. Auch die Anschaffung einer spezialisierte Kanzleisoftware kann in Frage kommen. Diese Software unterstützt die Aktenverwaltung und Dokumentenorganisation und kann die Arbeitsprozesse enorm erleichtern. Nicht zu vergessen sind mögliche Kosten für Geschäftswagen, Kommunikationskosten für Porto und Telefon, Service, Weiterbildungskosten sowie Beiträge an Berufsverbände.

Der Businessplan entwickelt sich aus einer gründlichen Auseinandersetzung mit der Vision und Strategie der Kanzlei während der Konzeptionsphase. Er stellt ein zentrales Dokument dar, welches die Essenz der Unternehmensidee einfängt und die Gestalt der zukünftigen Kanzlei skizziert – hierzu gehören insbesondere Aspekte wie Fachgebiet, Standort, potenzielle Partnerschaften, Kooperationen und die anvisierte Mandantschaft. In erster Linie hat der Buissinessplan die bedeutsame Funktion, die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens und die finanzielle Grundlage präzise zu umreißen.

3. Partner- und Personalsuche

Die Suche nach Partnern und Personal bildet den ersten entscheidenden Schritt bei der Kanzleigründung. Die erste Frage die man sich hier stellen sollte ist, ob man eine Kanzlei alleine führen will und kann oder lieber ein Team gründen sollte. Es gilt, sorgfältig zu evaluieren, mit wem man gemeinsam eine erfolgreiche Kanzlei aufbauen möchte. Welche Qualifikationen und Fähigkeiten ergänzen die eigenen, um einen erfolgreichen Start zu gewährleisten? Die Frage nach der finanziellen Tragfähigkeit spielt hierbei eine zentrale Rolle: Welche Partner oder Mitarbeiter kann ich mir leisten? Gleichzeitig sollte man auch überlegen, welche Einstellungen förderlich für mögliche Zuschüsse sein könnten.

4. Räumlichkeiten

Der zweite Schritt konzentriert sich auf die Planung, Suche und Einrichtung der geeigneten Räumlichkeiten. Dabei gilt es zu überlegen, wo man sich niederlassen möchte und welche Erwartungen die angestrebten Mandanten haben. Die Auswahl eines geeigneten Stadtteils, die Berücksichtigung einer guten Kanzleiumgebung und Verkehrsanbindung sowie die Nähe zu vergleichbaren Dienstleistern sind essentiell. Neben finanziellen Überlegungen sollte auch die Frage nach der Repräsentativität der Räumlichkeiten und möglichen Erweiterungsoptionen im Fokus stehen.

Die strategische Planung der Kanzleiräume ist ein entscheidender Schritt vor der Einrichtung. Hierbei ist es essenziell, die Telefonanlage bereits in dieser Phase mit der benötigten Software abzustimmen und möglicherweise auf eine unkomplizierte Erweiterung für zukünftige Arbeitsplätze vorzubereiten. Eine vorausschauende Büroausstattung ist ebenfalls von Bedeutung, um bei einer Unternehmensvergrößerung keine vollständige Neuanschaffung vornehmen zu müssen.

Spezialisierte Büroausstatter, die sich auf Kanzleien konzentrieren, können hierbei eine wertvolle Unterstützung bieten. Neben grundlegenden Büromöbeln bieten sie oft auch spezifische Anforderungen wie Fristenkalender und Roben an. Diese gezielte Planung ermöglicht nicht nur einen effektiven Arbeitsablauf, sondern erleichtert auch zukünftige Erweiterungen.

a. Wohnzimmerkanzlei

Für diejenigen, die bei der Kanzleigründung Kosten senken möchten oder keinen Bedarf an großen Büroräumen haben, ist die Einrichtung einer Wohnzimmerkanzlei eine Überlegung wert.

Die Möglichkeit, als Anwalt oder Anwältin von zu Hause aus zu arbeiten, ist eine praktikable Option. Eine Kanzlei in der Privatwohnung zu gründen, ist durchaus vereinbar, jedoch ist es wichtig, den Vermieter, um Erlaubnis zu fragen, insbesondere wenn äußerlich erkennbare Maßnahmen wie das Anbringen eines Kanzleischildes geplant sind, um eine mögliche Kündigung zu vermeiden. In der Regel steht dieser Erlaubnis jedoch nichts im Weg.

Die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen für die Einrichtung von Kanzleien gelten auch für solche in Privatwohnungen. Sanitäre Einrichtungen, Feuerschutztüren und Fluchtwege müssen vorhanden sein, und die Kanzleiräume sollten repräsentativ sein, um Mandanten angemessen zu empfangen.

Die Wohnzimmerkanzlei bietet den Vorteil erheblicher Kosteneinsparungen bei der Anmietung und Einrichtung von Geschäftsräumen. Sie ermöglicht eine effiziente Nutzung von Zeit und Geld, da der Weg zur Arbeit entfällt und somit die Lebensqualität oft steigt. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Trennung zwischen privatem (Rückzugs-)Raum und Arbeitsplatz erschwert wird.

b. Bürogemeinschaften

Alternativ bieten sich auch Bürogemeinschaften an, bei denen unabhängig arbeitende Anwälte bzw. Kanzleien Büroräume und gegebenenfalls sogar Angestellte teilen. 

Bürogemeinschaften bei Anwälten sind kooperative Modelle, bei denen unabhängige Anwälte oder Kanzleien gemeinsam Büroräume nutzen. Diese Zusammenarbeit bietet finanzielle Vorteile, da Kosten für Miete und Ressourcen geteilt werden. Die Flexibilität in Bezug auf Mietverträge und Raumbedarf ermöglicht eine bedarfsgerechte Anpassung. Bürogemeinschaften fördern den Austausch von Ressourcen, Erfahrungen und Wissen zwischen den Anwälten. Die räumliche Nähe bietet Networking-Möglichkeiten, die zu Zusammenarbeit und Mandatsweitergaben führen können. Die gemeinsame Nutzung professioneller Arbeitsumgebungen vermittelt Mandanten einen repräsentativen Eindruck. Besonders Solo-Anwälte können von Bürogemeinschaften profitieren, um die Isolation zu vermeiden, die mit dem Betrieb einer eigenen Praxis einhergehen kann. Es ist jedoch wichtig, klare Vereinbarungen zu treffen, um potenzielle Konflikte zu vermeiden und eine effiziente Zusammenarbeit zu gewährleisten. Mietbüros, Coworking Spaces oder andere flexible räumliche Lösungen sind also durchaus rentable Möglichkeiten.

c. Übernahme einer Kanzlei 

Für aufstrebende Anwälte bietet die Übernahme einer bereits etablierten Kanzlei eine vielversprechende Alternative zur Neugründung. Dieser Ansatz ermöglicht es, den Traum von der eigenen Kanzlei zu realisieren, ohne von Grund auf beginnen zu müssen. Der Erwerb einer gut funktionierenden Struktur erleichtert den Eintritt in die Selbstständigkeit erheblich. Es gibt verschiedene Wege, um eine passende Übernahmemöglichkeit zu finden. Persönliche Kontakte zu Kollegen, die nach einem Nachfolger suchen, können hierbei hilfreich sein. Alternativ bieten spezialisierte Unternehmensbörsen wie nexxt-change eine gezielte Auflistung branchenspezifischer Verkaufsangebote. Die Vorteile einer Kanzleiübernahme sind vielfältig. Die Bekanntheit und das Renommee der bestehenden Kanzlei können auf den Übernehmenden übergehen. Ebenso besteht die Möglichkeit, den Mandantenstamm und die beruflichen Kontakte des Vorgängers zu übernehmen. Ein bereits eingespieltes Personalteam erleichtert den reibungslosen Übergang, und die Tätigkeit findet an einem erprobten Standort statt, was Vertrauen bei Mandanten schafft. Jedoch sind auch potenzielle Herausforderungen zu beachten. Die genaue Bestimmung des Wertes der Kanzlei gestaltet sich oft als anspruchsvoll. Zudem bleibt unsicher, ob und wie lange bestehende Dauermandate nach einem Inhaberwechsel erhalten bleiben. Die eigenen Fähigkeiten müssen möglicherweise an die vorhandene Mandatsstruktur angepasst werden. Bei Einzelkanzleien besteht das Risiko, dass Inhaber und Kanzleiname deckungsgleich sind, und eine Umbenennung birgt daher gewisse Risiken.

Eine gründliche Abwägung von Vor- und Nachteilen ist entscheidend, um eine informierte Entscheidung bei der Übernahme einer bestehenden Kanzlei zu treffen und somit einen erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit zu gewährleisten.

5. Verträge / Versicherungen

Der nächste Punkt auf der Liste zur Gründung einer Kanzlei befasst sich mit der Schließung von Verträgen und dem Abschluss wichtiger Versicherungen. 

Zusätzlich zur obligatorischen Berufshaftpflichtversicherung ist es ratsam, persönlich auch eine Kranken- und Pflegeversicherung abzuschließen, um die eigene Gesundheit und Pflege abzusichern. Im Kontext der Kanzleigründung können auch Überlegungen zu Krankentagegeld- oder Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsversicherungen angestellt werden, um sich finanziell abzusichern. Einige Empfehlungen beinhalten außerdem den Abschluss von Sachversicherungen und Bürohaftpflichtversicherungen für zusätzlichen Schutz in verschiedenen Situationen.

Wichtig ist auch der Abschluss von Miet- und Arbeitsverträgen, Vereinbarungen mit Dienstleistern, Leasingverträge für die benötigte Bürotechnik sowie die Auswahl und Absicherung durch geeignete Versicherungen. Nicht zuletzt gehört auch die Ausarbeitung eines Gesellschaftsvertrags mit etwaigen Partnern zu diesem Abschnitt, um die rechtliche Grundlage der Partnerschaft zu festigen.

6. Ra.de-Profil

Zu guter letzt ist auch entsprechende Reichweite von großer Bedeutung für das erfolgreiche Gelingen der Selbstständigkeit. So sollten neue Kanzeien sich zu präsentieren wissen. Mit einem Profil auf Ra.de profitieren Sie von Anfang an von hoher Sichtbarkeit und Auffindbarkeit. Machen Sie die breite Masse auf Ihre Expertise aufmerksam indem Sie Fachartikel, Kommentare und Urteile veröffentlichen und potenziellen Mandanten Rechtstipps geben. Per Direktnachricht können Sie dann jederzeit kontaktiert werden. 

Das Ra.de-Team wünscht Ihnen einen erfolgreichen Start in die Selbstständigkeit. 

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