Sitzverlegung der Gesellschaft zwischen EU und Drittstaat
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Sitzverlegung der Gesellschaft zwischen EU und Drittstaat
Sitzverlegung der Gesellschaft zwischen EU und Drittstaat
Die vom EuGH im Rahmen der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze gelten lediglich für den europäischen Raum, sodass sich die Frage stellt nach welchem Recht sich die Möglichkeit einer rechtsformwahrenden Gesellschaftsverlegung beurteilt, wenn jenes nicht ausschließlich innerhalb der EU geschieht, sondern in Zusammenhang mit einem Drittstaat, sprich keinem Mitgliedstaat der europäischen Union.
Deutschland geht in Zusammenhang mit dem Zuzug einer wirksam nach einer nicht EU-Mitgliedsstaatenrechtsordnung gegründeten Gesellschaft, als auch im Rahmen eines Wegzugs einer deutschen Gesellschaft in ein nicht EU-Land grundsätzlich von der Anwendbarkeit der Sitztheorie aus, sodass sich hieraus erhebliche Unterschiede zu der Rechtslage in Bezug zu reinen EU-Sachverhalten ergeben.
Auch bei der Sitzverlegung einer Gesellschaft mit Drittstaatenbezug entscheidet das neue Sitzrecht über das Weiterbestehen der Gesellschaft (Zuzugsvoraussetzungen), wohingegen das alte Sitzrecht die Anforderungen an einen Wegzug statuiert (Wegzugsvoraussetzungen).
Eine Sitzverlegung ist dann möglich, wenn das ursprüngliche Personalstatut des Wegzugsstaates und das neue Personalstatut des Zuzugstaates den Wegzug unter gleichzeitigem identitäts- und rechtsfähigkeitswahrenden Zuzug erlauben.
3.1. Zuzug ausländischer Gesellschaften ins Inland
Ist es das Ziel einer nach dem Recht eines Drittstaates wirksam gegründeten Gesellschaft von ihrem Ursprungsland in einen EU-Mitgliedsstaat zu ziehen, so stellt sich die Frage welches Recht entscheidet ob jenes bewerkstelligt werden kann.
Entscheidet sich eine wirksam nach ausländischem Recht in einem Drittstaat gegründete Gesellschaft dazu ihren Verwaltungssitz aus ihrem Gründungsstaat nach Deutschland zu verlegen, so führt jenes unter Zugrundelegung der in Deutschland in Drittstaatensachverhalten maßgeblichen Sitztheorie zu einem Statutenwechsel.
Damit die ausländische Gesellschaft ihre im Gründungsstaat erworbene Rechtsfähigkeit auch in Deutschland behält ist maßgeblich, dass sie nach dem Wegzugsrecht nicht aufgelöst wird und das deutsche Recht sie in ihrer ursprünglich bestehenden Identität aufnimmt. Demgemäß entscheidet ausschließlich das deutsche Sachrecht darüber, ob die in Frage stehende Gesellschaft neu gegründet werden muss oder in ihrer bestehenden Form fortgeführt werden kann.
Der Fortführung einer ausländischen Gesellschaft in Deutschland steht dabei regelmäßig der im Gesellschaftsrecht geltende Numerus clausus der Gesellschaftsformen entgegen, sodass regelmäßig eine Neugründung erforderlich sein dürfte, sofern die vom BGH vertretene ex lege Umwandlung in eine deutsche Personengesellschaft nicht zielführend ist.
Dabei stellt die in Frage stehende ausländische Gesellschaft kein rechtliches Nichts dar, sondern ist als unechte Vorgesellschaft entweder als rechtsfähige OHG oder GbR zu behandeln.
Bei Bejahung einer OHG bietet § 191 I Nr.1 UmwG bei Beachtung der dort genannten Voraussetzungen die Möglichkeit zu einer Umwandlung in eine GmbH des deutschen Rechts.
Wird hingegen ausschließlich der satzungsmäßige Sitz aus dem Ausland nach Deutschland verlegt, so hängt die Fortführung der Gesellschaft primär vom Wegzugsrecht ab, auf welches die im Rahmen von Drittstaatensachverhalten in Deutschland geltende Sitztheorie verweist.
Legt das Wegzugsrecht die Sitztheorie zu Grunde so kommt es zu keinem Statutenwechsel, sodass der Verlegung allein entgegensteht, wenn das ausländische Sachrecht der Satzungssitzverlegung Auflösungs- bzw. Nichtigkeitswirkung bezogen auf die Gesellschaft zumisst. Ist jenes nicht der Fall, so ist die Gesellschaft in Deutschland anzuerkennen.
Zu einem Statutenwechsel kommt es hingegen, sofern der Wegzugsstaat anstelle der Sitztheorie die Gründungstheorie als maßgeblich erachtet. Jenes hat zur Folge, dass selbst wenn die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit nicht nach dem ausländischen Recht durch die Satzungssitzverlegung verliert kumulativ das deutsche Sachrecht über ihren Fortbestand entscheidet.
Grundsätzlich wird jenes scheitern, da die deutsche Registereintragung eines deutschen Satzungssitzes einer ausländischen Gesellschaft nicht zulässig ist.
Verlegt eine ausländische Gesellschaft, sowohl ihren Satzungs- als auch Verwaltungssitz nach Deutschland, so kommt es infolge der in Deutschland geltenden Sitztheorie zu einem Statutenwechsel.
Bringt die Verlegung der beiden Sitze unter Zugrundelegung der Wegzugsstaatenrechtsordnung die Gesellschaft nicht zum Erlöschen, so entscheidet das deutsche Recht über das Schicksal der ausländischen Gesellschaft. Auch hier muss aufgrund des Numerus clausus der Gesellschaftsformen eine Neugründung der ausländischen Gesellschaft in Erwägung gezogen werden, sofern die ex lege Umwandlung des BGH in eine deutsche Personengesellschaft nicht den Interessen entspricht.
3.2. Wegzug von Gesellschaften ins Ausland
Spiegelbildlich zum vorangegangenen steht die Frage im Raum unter welche Gegebenheiten eine deutsche Gesellschaft in einen ausländischen nicht EU-Mitgliedsstaat (Drittstaat) rechtsform- und identitätswahrend wegziehen kann.
Einen Problemkreis bildet die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes einer deutschen Gesellschaft in das Ausland.
Nach § 4a GmbHG, § 5 AktG ist lediglich ein inländischer Satzungssitz zwingend, wodurch der Satzungssitz vom Verwaltungssitz entkoppelt wurde und der Verwaltungssitz damit grundsätzlich ins Ausland verlegt werden kann.
Hierüber sollte Beschluss der Gesellschafterversammlung gefasst werden, sofern die Möglichkeit der Verlegung des Verwaltungssitzes nicht bereits in der Satzung ausdrücklich geregelt ist und die Verlegung im Handelsregister angemeldet werden, sofern die bestehende inländische Geschäftsanschrift Änderung erfahren soll.
Sieht die ausländische, nach der Sitztheorie berufene, Rechtsordnung keine Rückverweisung auf deutsches Recht vor, so entscheidet ausschließlich das ausländische Recht, ob die deutsche Gesellschaft Anerkennung findet oder nicht.
Die Verlegung des Satzungssitzes unter zu Grunde Legung der Sitztheorie führt zu keinem Statutenwechsel. Daher bleibt es grundsätzlich bei der Geltung des deutschen Sachrechts.
Verlegt eine deutsche AG oder GmbH ihren Sitz ins Ausland, so sind § 4a GmbHG und § 5 AktG maßgeblich, da jene Normen bestimmen, dass sich der satzungsmäßige Sitz zwingend im Inland zu befinden hat.
Eine durch Satzungsänderung erfolgende Verlegung des Satzungssitzes ins Ausland ist nicht möglich, da der satzungsmäßige Sitz maßgeblich für die Zuständigkeit des Registergerichts (§ 7 HGB), des Prozess- (§ 17 ZPO) als auch Insolvenzgerichtes (§§ 3, 4 InsO) ist.
Wird trotz dessen darüber Beschluss gefasst den satzungsmäßigen Sitz in das Ausland zu verlegen, ist solch eine Beschlussfassung aus deutscher Sicht als Auflösungsbeschluss anzusehen, was die Liquidation zur Folge hat.
Verlegt eine deutsche GmbH sowohl ihren Satzungs- als auch Verwaltungssitz in ein anderes Land so führt jenes zunächst aus kollisionsrechtlicher Sicht zu einem Statutenwechsel, da mit Verlegung des Satzungssitzes als auch Verwaltungssitzes ein Renvoi bei Staaten welche der Gründungstheorie folgen nicht mehr in Betracht kommt.
Ob die entsprechenden Sitzverlegungen die Auflösung beziehungsweise Liquidation der deutschen Gesellschaft nach sich zieht richtet sich nach deutschem Sachrecht, wohingegen das ausländische Recht darüber die Entscheidung trifft ob die verlegte Gesellschaft bei Fortbestehen aus Warte des Wegzugstaates einer Neugründung bedarf oder ob eine identitätswahrende Sitzverlegung möglich ist.
3.3. Verlagerung von Geschäftstätigkeiten nach Deutschland
Neben den Auswirkungen einer Sitzverlegung in ein anderes Land auf das auf die Gesellschaft anwendbare Recht und deren Fortbestand, ist ferner die Anerkennung ausländischer Gesellschaften bei Verlagerung von Geschäftstätigkeiten nach Deutschland problematisch.
Dabei wird es einer ausländischen Gesellschaft, welche ihren ausländischen Verwaltungssitz behält, ohne weitere Schwierigkeiten ermöglicht ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland auszuüben, ohne dass hierfür ein bestimmtes Verfahren durchlaufen werden muss. In solch einer Konstellation muss die Gesellschaft anerkannt werden, wobei die ihr nach ihrem Heimatrecht zukommende Rechtsfähigkeit und ihre Vertretung durch die nach ihrem Heimatrecht maßgeblichen Organe anerkannt wird. Ebenso ergibt sich die Prozess- und Parteifähigkeit der ausländischen Gesellschaft vor der deutschen Gerichtsbarkeit aus ihrem Heimatrecht.
Jedoch muss beachtet werden, dass eine Geschäftstätigkeit die über eine Zweigniederlassung geführt wird, weiterführende Formalitäten erfüllen muss. Eine Zweigniederlassung liegt vor, sofern ein in dauerhafter Art und Weise eingerichteter selbstständiger Geschäftsbetrieb im Inland geführt wird, welcher eine gewisse organisatorische Eigenständigkeit in personeller als auch sachlicher Hinsicht aufweist. Jene Tatsache zieht eine deklaratorische Registerpflicht gem. §§ 13d-13g HGB nach sich.
Nach § 13 d I HGB ist die betreffende Zweigniederlassung bei dem Registergericht anzumelden in dessen Bezirk sie gelegen ist. Die Anmeldepflicht trifft dabei den organschaftlichen Vertreter der ausländischen Gesellschaft.
Solch eine Zweigniederlassung kommt keine eigene Rechtspersönlichkeit zu, sodass sie grundsätzlich als Teil der Hauptgesellschaft dem Gesellschaftsstatut unterworfen wird, wobei Ausnahmen im Rahmen der zulässigen Firmenbildung nach §§ 18, 30 HGB bestehen.
Die §§ 18, 30 HGB sind im Rahmen der Firmenbildung ungeachtet der ausländischen Prämissen über die Firmenbildung obligatorisch zu berücksichtigen, was auch bei EU-Auslandsgesellschaften gilt.
Neben der Registereintragung treffen weitere Pflichten im Rahmen einer Zweigniederlassung zusammen. So unterliegt die Zweigniederlassung der ausländischen Gesellschaft der gewerblichen Anzeigepflicht nach §§ 14, 15 GewO oder muss gegebenenfalls in die Handwerksrolle nach § 7 I HwO eingetragen werden.
Bei einer ausländischen KG ist dabei ferner von Nöten die im Inland gelegene Zweigniederlassung beim Finanzamt anzumelden und eine Mitgliedschaft bei der IHK einzugehen.
Im Rahmen einer Zweigniederlassung einer ausländischer AG oder GmbH besteht gem. § 80 IV AktG bzw. § 35 a IV GmbHG die Pflicht hierzu besondere Angaben zu machen.