Sanierungs- und Abwicklungsgesetz - SAG | § 92 Ausschluss der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung im Einzelfall

(1) Die Abwicklungsbehörde kann im Einzelfall bestimmte bail-in-fähige Verbindlichkeiten oder bestimmte Kategorien berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten ganz oder teilweise aus dem Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausschließen, sofern

1.
für die betreffende Verbindlichkeit trotz angemessener Bemühungen der Abwicklungsbehörde die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung innerhalb einer angemessenen Frist nicht möglich ist;
2.
der Ausschluss zwingend notwendig und verhältnismäßig ist, um die Fortführung der kritischen Funktionen und wesentlichen Geschäftsaktivitäten sicherzustellen, sodass das Institut oder gruppenangehörige Unternehmen die existentiell wichtigen Geschäfte, Dienstleistungen und Transaktionen fortführen kann;
3.
der Ausschluss zwingend notwendig und verhältnismäßig ist, um die Gefahr einer Ansteckung zu vermeiden, die das Funktionieren der Finanzmärkte, einschließlich der Finanzmarktinfrastrukturen, so stören würde, dass dies die Wirtschaft Deutschlands, eines anderen Mitgliedstaats oder der Europäischen Union erheblich beeinträchtigen könnte; dies betrifft insbesondere Einlagen, die von natürlichen Personen, von Kleinstunternehmen sowie kleinen oder mittleren Unternehmen gehalten werden und deren Höhe die gedeckten Einlagen überschreitet, oder
4.
die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung auf diese Verbindlichkeiten zu einer Wertvernichtung führen würde, bei der die von anderen Gläubigern zu tragenden Verluste höher wären, als wenn diese Verbindlichkeiten vom Instrument der Gläubigerbeteiligung ausgeschlossen würden.

(2) Bei der Ausübung des Ermessens nach Absatz 1 hat die Abwicklungsbehörde Folgendes zu berücksichtigen:

1.
den Grundsatz, dass Verluste in erster Linie von den Anteilsinhabern und erst dann von den Gläubigern des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens entsprechend dem Rang ihrer Verbindlichkeiten zu tragen sind;
2.
die Höhe der Verlustabsorptionskapazität, über die das Institut oder das gruppenangehörige Unternehmen noch verfügen würde, wenn die Verbindlichkeit oder die Kategorie von Verbindlichkeiten aus dem Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausgeschlossen würde;
3.
das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Finanzierung der Abwicklungsmaßnahmen.

(2a) Bei der Ausübung des Ermessens nach Absatz 1 berücksichtigt die Abwicklungsbehörde ferner, ob Verbindlichkeiten gegenüber Instituten und gruppenangehörigen Unternehmen, die Teil derselben Abwicklungsgruppe, selbst aber keine Abwicklungseinheiten sind, ausgeschlossen werden sollten, um die wirksame Durchführung der Abwicklungsstrategie sicherzustellen. Bei der Ausübung des Ermessens nach Satz 1 werden nur solche Verbindlichkeiten berücksichtigt, die nicht von der Anwendung der Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse nach § 91 Absatz 2 Nummer 8 ausgenommen sind.

(3) Bevor die Abwicklungsbehörde von der Möglichkeit eines Ausschlusses gemäß Absatz 1 Gebrauch macht, meldet sie den beabsichtigten Ausschluss der Kommission. Für den Fall, dass der beabsichtigte Ausschluss entweder einen Ausgleichsbeitrag des Restrukturierungsfonds oder eine Finanzierung aus einer alternativen Finanzierungsquelle gemäß § 94 erfordert und die Anforderungen dieses Paragraphen in Verbindung mit delegierten Rechtsakten der Kommission nach Artikel 44 Absatz 11 der Richtlinie 2014/59/EU nicht erfüllt sind, gibt die Abwicklungsbehörde der Kommission die Gelegenheit, binnen 24 Stunden den beabsichtigten Ausschluss zu untersagen oder eine Modifizierung des beabsichtigten Ausschlusses vorzuschlagen. Die Abwicklungsbehörde kann ihr Einverständnis zu einer längeren Frist geben.

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