Das Ende der Störerhaftung - jedenfalls großenteils!
Es ist ein Wort, das man den meisten Mandaten erst einmal erklären muß - "Störerhaftung". Wer stört da wen und wofür wird überhaupt gehaftet? Und wieso hat es online eine viel größere Bedeutung entwickelt, als offline? Dieses sehr deutsche Rechtskonstrukt, welches die "Abmahnwelle" im Filesharing-Bereich erst so richtig ins Rollen brachte, hat seine offline-Wurzeln in dem sachenrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB. Danach kann, kurz gesagt, derjenige als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beiträgt. Das fahrlässig ungeschützte WLAN hat somit den Rechtsbruch des eigentlichen Täters ermöglicht; der WLAN-Inhaber wird als "Störer" herangezogen. Die Übertragung dieses Prinzips in die online-Welt hat viel Kritik hervorgerufen und zu einer teilweise unübersichtlichen Rechtsprechungslage geführt, die einem ganz normalen Internet-Anschlußinhaber teilweise schwer einschätzbare Pflichten und Risiken aufbürdeten. Auch wurde die Störerhaftung großenteils als Hemmschuh für die Verbreitung von offenen WLAN-Netzen (->"Freifunk") angesehen.
Die große Koalition hat sich nun offenbar auf eine weitgehende Eindämmung der Störerhaftung für offene WLANs verständigt. Erreicht werden soll dies über eine Ausdehnung des sog. Providerprivilegs auf nichtgewerbliche und nebengewerbliche Anbieter. Dies soll sogar ohne weitere technische Hürden wie die heute üblichen Vorschaltseiten funktionieren. IT- und Providerverbände wie eco reagierten bereits positiv auf die Nachrichten. Abzuwarten bleibt allerdings, ob auch die Gerichte die neuen Normen genau so anwenden werden, wie die Politik sich das vorgestellt hat.
Eine gewisse Beschleunigung hat der ganze Prozeß zuletzt wohl durch die äußerst kritische Stellungnahme des Generalanwaltes vor dem EuGH erfahren. Dieser äußerte sich kritisch, ob die gegenwärtige Praxis der Störerhaftung in Deutschland mit Europarecht zu vereinbaren sei. Offenbar wollte man nun lieber schnell Tatsachen schaffen, bevor der EuGH eine Gesetzesänderung verordnet hätte...
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.