Zivilrecht: Schadensrecht: Reality TV: Schmerzensgeld für Aussendung im Fernsehen

bei uns veröffentlicht am07.12.2008

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zum Zivilrecht - BSP Bierbach Streifler & Partner PartGmbB Berlin Mitte
Überrumpelt ein Fernsehsender im Rahmen einer Reality-TV-Berichterstattung eine gefilmte Person und ringt ihr in dieser Situation ein Einverständnis zur Sendung der Bilder ab, kann gleichwohl ein Schadenersatzanspruch bestehen.

Das musste sich ein Fernsehsender sagen lassen, der in seinem Programm über die Arbeit einer Gerichtsvollzieherin berichtet hatte. Im Fernsehen war zu sehen, wie die Gerichtsvollzieherin mit Hilfe eines Schlossers in Begleitung von zwei Polizeibeamten und einem Kamerateam die Wohnung eines gesuchten Schuldners betrat. Dort traf sie den nur mit einer Unterhose bekleideten Kläger, der bei der Kontrolle seines Ausweises vor laufender Kamera seinen Namen nannte. Allerdings war der aus der Slowakei stammende Kläger - wie sich noch während des Drehs herausstellte - nicht der gesuchte Schuldner. Gesendet wurde trotzdem. Der Kläger verklagte daraufhin den Sender wegen der Ausstrahlung dieser für ihn entwürdigenden Szene auf Schmerzensgeld. Der Fernsehsender verteidigte sich damit, den Kläger aufgeklärt und von ihm die Zustimmung für die Ausstrahlung erhalten zu haben. Der Kläger trug hingegen vor, er sei überrumpelt worden und der deutschen Sprache gar nicht ausreichend mächtig gewesen.

Das Landgericht (LG) München I hielt den Schmerzensgeldanspruch für berechtigt und verurteilte den Fernsehsender zur Zahlung eines Betrags von 5000 EUR. Die Richter sahen es als eine Überrumpelung an, von zwei Polizisten aus dem Schlaf geweckt zu werden, die den Ausweis verlangen. Hinzu käme, dass das Kamerateam durch das Betreten der Wohnung den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt und eben diese Situation dann ausgenutzt habe, um dem Kläger ein Einverständnis abzuringen. Ein solch sittenwidrig erworbenes Einverständnis sei nichtig. Es habe daher keine wirksame Einwilligung des Klägers in die schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gegeben (LG München I, 9 O 18165/07).

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