Was geschieht, wenn der Insolvenzgrund erst infolge eines unberechtigten Insolvenzantrages entsteht?

published on 17/11/2008 23:58
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zum Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Juli 2006 (IX ZB 204/04) - Insolvenzrecht - Wirtschaftsrecht - Rechtsanwalt Dirk Streifler - Berlin Mitte


Bitte beachten Sie die aktuellen Ausführungen zu diesem Thema:

Außergerichtlicher Sanierungsvergleich


Zur Insolvenz aus Gläubigersicht

Zu haftungsrechtlichen Folgen einer gescheiterten Unternehmenssanierung

Persönliche Risiken für Organe von Kapitalgesellschaften (GmbH-Geschäftsführer / AG-Vorstand)


Maßgeblich für die Frage nach einem Insolvenzgrund ist der Zeitpunkt des Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach allgemeinem Verfahrensrecht könnte ein Beschwerdegericht einen angefochtenen Beschluss aufheben und die Sache zur erneuten Bescheidung an das Insolvenzgericht zurückverweisen. Das Problem dabei ist, dass spätestens nach der Rückverweisung die Eröffnungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der neuen Entscheidung vorliegen dürften.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt eine Verschlechterung der rechtlichen und wirtschaftlichen Lage des Schuldners. Die sofortige Beschwerde wäre daher trotz der Rechtswidrigkeit des Eröffnungsbeschlusses vielfach aussichtslos, wenn es auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung ankäme.

Bisher waren Schadensersatzansprüche wegen ungerechtfertigter Insolvenzantragstellung kaum durchsetzbar. Beim ETP Seminar zum Thema Insolvenz in der Energiewirtschaft vom 28.03. - 29.03.2006 führte hierzu der Dozent Herr Rohn, Richter am Amtsgericht Rostock und dort zuständig für Insolvenzsachen aus, dass solche Schadensersatzansprüche bei ihm noch nie vorgekommen seien.

Die Erfolgsaussichten eines solchen Anliegens werden nach der Entscheidung des BGH häufig anders zu beurteilen sein.

BGH führt dazu aus, wenn die Eröffnungsvoraussetzungen zu dem Zeitpunkt des ersten Eröffnungsbeschlusses nicht vor lagen, ist dieser Eröffnungsbeschluss aufzuheben und der Eröffnungsantrag abzuweisen, selbst wenn nachfolgend Insolvenzgründe entstanden sind.
Ein Gläubiger, dessen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgewiesen wird, weil im Zeitpunkt der rechtswidrigen Eröffnung die Eröffnungsvoraussetzungen nicht vorlagen, trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Juli 2006 (IX ZB 204/04)

Schadensersatzansprüche können bereits entstehen, wenn ein Eröffnungsgrund zwar noch vor dem Eröffnungsbeschluß, aber erst nach der Antragstellung im Laufe des Sequestrationsverfahrens eintritt.

RA Dirk Streifler

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21/11/2023 15:12

Die BGH-Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung hat sich geändert. Das Urteil vom 6. Mai 2021 (IX ZR 72/20) erhöhte die Anforderungen an den Vorsatz des Schuldners für eine Gläubigerbenachteiligung. Kenntnis einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ist nur noch ein Indiz, abhängig von Tiefe und Dauer der Zahlungsunfähigkeit. Drohende Zahlungsunfähigkeit reicht allein nicht mehr aus, es bedarf weiterer Indizien. Das Urteil vom 10. Februar 2022 erhöhte die Beweislast zu Gunsten der Anfechtungsgegner. Die Urteile vom 3. März 2022 betonen die Bedeutung der insolvenzrechtlichen Überschuldung und weiterer Indizien für den Vorsatz. 
21/11/2023 11:54

Die Rechtsprechung verschärft die Haftungsregeln für Berater, einschließlich Rechtsanwälte, hauptsächlich im Zusammenhang mit unterlassenen Warnungen vor Insolvenzgründen. Dies betrifft auch faktische Geschäftsleiter, die in den Schutzbereich des Mandatsvertrags einbezogen werden können. Berater müssen Geschäftsführer auf mögliche Insolvenzgründe hinweisen, wenn sie in Krisensituationen mandatiert werden. Die Haftung kann eingeschränkt werden, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Diese Entwicklungen betonen die steigenden Anforderungen an Berater und die Bedeutung der Kenntnis aktueller rechtlicher Vorgaben und Urteile, um Haftungsrisiken zu minimieren und Mandanten bestmöglich zu schützen.
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