Verwaltungsrecht: Der Rundfunkbeitrag ist europarechtlich unbedenklich
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Aktuelle Entscheidung: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Mit seiner Klage wandte sich der Kläger gegen die Erhebung von rückständigen Rundfunkbeiträgen durch den Beklagten Südwestrundfunk (SWR). Er machte geltend, dass die Rundfunkbeitragserhebung verfassungswidrig und mit Unionsrecht unvereinbar sei. Insbesondere stelle die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit Mitteln des Rundfunkbeitrags eine ungerechtfertigte Privilegierung im Vergleich zu den Angeboten privater Dritter dar.
Dieser Auffassung folgte das OVG nicht. Aus der Richtlinie über audiovisuellen Mediendienste (2007/65/EG, neu kodifiziert durch die Richtlinie 2010/13/EU) sowie der dieser zugrundeliegenden Erwägungsgründe gehe eine Anerkennung des Nebeneinanders von öffentlich-rechtlichem und privaten Rundfunks hervor. Ein solches duales Rundfunksystem erfordere zwangsläufig eine unterschiedliche Finanzierung. Während private Anbieter mit Werbung den von ihnen veranstalteten Rundfunk finanzierten, seien die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, bei denen die Werbung deutlich beschränkt sei, auf Abgabeneinnahmen angewiesen. Weiterhin hätten der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz und das Bundesverwaltungsgericht die Verfassungsmäßigkeit und unionsrechtliche Vereinbarkeit des Rundfunkbeitrags anerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich nicht der Zustimmung der Kommission der Europäischen Union bedurft habe.
Aktuelles Verfahren: Europäischer Gerichtshof
In einem aktuell anhängigen Verfahren beschäftigt sich nun auch der EuGH mit dem allgemeinen Rundfunkbeitrag (C-492/17). Das Landgericht Tübingen hatte eine Reihe von Zwangsvollstreckungsverfahren aufgrund des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags des Landes Baden-Württemberg ausgesetzt und den EuGH die Frage vorgelegt, ob der Rundfunkbeitrag europarechtlich zulässig sei.
Im Vordergrund steht dabei nicht zuletzt die Annahme, der Rundfunkbeitrag könne eine europarechtlich unzulässige Beihilfe (Subvention) darstellen. Seit der Umstellung von einer gerätebezogenen auf eine haushaltsbezogene Zahlungspflicht ist der Beitrag von einer Gegenleistung der Sender unabhängig. Vor allem diese Unabhängigkeit begründet Bedenken hinsichtlich der steuergleichen Wirkung des Rundfunkbeitrags. Insofern könnte es sich bei dem allgemeinen Rundfunkbeitrag um eine staatliche Beihilfe handeln, die konkurrierende inländische private Sender benachteilige und ausländische Sender vom deutschen Markt verdränge. Dies würde einen Verstoß gegen das unionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot und die Informationsfreiheit darstellen.
Allgemeines: Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags
Grundsätzlich gilt, dass für jede Wohnung ein Rundfunkbeitrag zu zahlen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob oder wie viele Empfangsgeräte sich in der Wohnung befinden, oder ob diese genutzt werden.
1. Wie hoch ist der Rundfunkbeitrag?
Seit der geringfügigen Senkung im April 2015 beträgt der Rundfunkbeitrag einheitlich 17,50 Euro pro Monat und Wohnung. Wie viele Personen in der Wohnung leben, spielt hinsichtlich der Höhe des Beitrags keine Rolle.
2. Wer muss den Rundfunkbeitrag zahlen?
Beitragsschuldner ist der Inhaber der Wohnung, d.h. jede volljährige Person, welche die Wohnung bewohnt. Bewohnen mehrere Personen eine Wohnung gemeinsam, müssen sie auch gemeinsam für den Beitrag aufkommen. Allerdings darf der Beitragsservice von jedem einzelnen den vollen Beitrag verlangen.
3. Welche Ausnahmen gibt es?
Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei Vorliegen sozialer oder gesundheitlicher Gründe ist eine vollständige Befreiung von der Zahlungspflicht bzw. eine Reduzierung der Beitragshöhe möglich.
Einen Anspruch auf Befreiung vom Rundfunkbeitrag haben:
- Empfänger staatlicher Grundsicherung, d.h. Sozialhilfeempfänger und Hartz-IV-Empfänger bei Vorlage eines aktuellen Bewilligungsbescheids bzw. einer Bescheinigung über den Leistungsbezug
- Empfänger von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung
- Auszubildende und Studenten, die Berufsausbildungsbeihilfe oder BAföG erhalten und nicht mehr bei ihren Eltern wohnen
- Pflegebedürftige und Einrichtungen des Gemeinwohls
- Kriegsgeschädigte und Menschen mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung, insbesondere Blinde, Gehörlose und Taubblinde
- Asylbewerber bei Vorlage eines aktuellen Bewilligungsbescheids
Einen Anspruch auf Reduzierung der Beitragshöhe haben:
- Blinde Menschen und Personen mit einer starken Sehbehinderung von mindestens 60 Prozent
- Gehörlose Menschen und Personen mit einer sehr starken Höhschädigung
- Menschen, die zu 80 Prozent schwerbehindert sind
Praxishinweis: Durch die 19. Änderung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags ist es möglich, sich bis zu 3 Jahre rückwirkend befreien zu lassen.
4. Wann beginnt und endet die Beitragspflicht?
Die Beitragspflicht beginnt mit dem Ersten des Monats, ab dem ein Erwachsener eine Wohnung bewohnt, dort gemeldet ist oder im Mietvertrag als Mieter genannt ist. Sie endet mit dem Ende des Monats, in dem das Mietverhältnis endet oder die Abmeldung bei der Meldestelle erfolgt. Allerdings gilt dies nur, wenn die betreffende Person den Beitragsservice zeitgleich informiert. Andernfalls endet die Beitragspflicht erst mit Ablauf des Monats, in dem diese Mitteilung erfolgt.
Ausblick: Rundfunkbeitrag im Vergleich
1. jährliche Rundfunkgebühren pro Haushalt (Stand: Januar 2017)
Land |
Erfasste Geräte |
Beitrag in Euro |
Schweiz |
TV und Radio |
417,55 |
Dänemark |
TV |
335,01 |
Norwegen |
TV |
310,54 |
Österreich |
TV und Radio |
298,56 |
Schweden |
TV |
244,44 |
Deutschland |
TV und Radio |
210,00 |
Großbritannien |
TV |
173,65 |
Irland |
TV |
160,00 |
Frankreich |
TV |
138,00 |
Italien |
TV |
90 |
2. Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender durch den Rundfunkbeitrag
Jahr |
Einnahmen in Mrd. Euro |
2006 |
7,29 |
2007 |
7,30 |
2008 |
7,26 |
2009 |
7,60 |
2010 |
7,55 |
2011 |
7,53 |
2012 |
7,49 |
2013 |
2,68 |
2014 |
8,32 |
2015 |
8,13 |
2016 |
7,89 |