Sportwetten: EuGH: Zum Betrieb von Glücksspielen über das Internet
published on 17/09/2009 08:52
Sportwetten: EuGH: Zum Betrieb von Glücksspielen über das Internet
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Die große Kammer des EuGH hat mit dem Urteil vom 8. September 2009 (Az: C-42/07) folgendes entschieden:
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 EG, 49 EG und 56 EG.
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Liga Portuguesa de Futebol Profissional (im Folgenden: Liga) und der Bwin International Ltd (im Folgenden: Bwin), vormals Baw International Ltd, einerseits und dem Departamento de Jogos da Santa Casa da Misericórdia de Lisboa (im Folgenden: Santa Casa) andererseits wegen Geldbußen, die von der Direktion des Letztgenannten gegen die Erstgenannten mit der Begründung verhängt wurden, dass sie gegen die portugiesischen Rechtsvorschriften verstoßen hätten, die für das Anbieten bestimmter Glücksspiele über das Internet gälten.
Rechtlicher Rahmen
Die Regelung der Glücksspiele in Portugal
In Portugal unterliegen die Glücksspiele allgemein einem grundsätzlichen Verbot, wobei sich der Staat die Möglichkeit vorbehalten hat, nach einer Regelung, die er für die geeignetste hält, den Betrieb eines oder mehrerer Spiele unmittelbar durch eine staatliche Einrichtung oder durch eine staatlich kontrollierte Einrichtung zu genehmigen oder für den Betrieb solcher Spiele Konzessionen im Wege von Ausschreibungen gemäß dem Verwaltungsverfahrensgesetzbuch an private, mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht handelnde Einrichtungen zu vergeben.
Die Glücksspiele in Form von Lotterien, Lottospielen und Sportwetten werden in Portugal als „soziale Spiele“ (jogos sociais) bezeichnet. Ihr Betrieb ist in der Regel Santa Casa übertragen.
Jedes von Santa Casa veranstaltete Glücksspiel wird einzeln durch eine gesetzesvertretende Verordnung eingeführt. Die gesamte Veranstaltung und der Betrieb der verschiedenen von Santa Casa angebotenen Spiele einschließlich der Höhe der Einsätze, des Gewinnverteilungsplans, der Häufigkeit der Ziehungen, des auf jedes Los entfallenden konkreten Prozentsatzes, der Art der Vereinnahmung der Einsätze, der Vorgehensweise für die Auswahl der zugelassenen Verkaufsstellen sowie der Modalitäten und Fristen für die Bezahlung der Lose werden durch Verordnung der Regierung geregelt.
Der erste fragliche Spieltypus war die Nationallotterie (Lotaria Nacional), die mit Königlichem Edikt vom 18. November 1783 eingeführt wurde. Die Konzession hierfür wurde Santa Casa erteilt und in der Folge fortlaufend erneuert. Heute besteht diese Lotterie in einer monatlichen Auslosung von Zahlen.
Im Anschluss an eine Reihe gesetzgeberischer Neuerungen erwarb Santa Casa das Recht, andere Arten von Glücksspielen auf der Grundlage der Ziehung von Zahlen oder von Sportwettbewerben zu veranstalten. Dies führte zur Einführung von zwei Sportwetten auf Fußballspiele namens „Totobola“ und „Totogolo“, bei denen die Spieler auf das Ergebnis (Sieg, Unentschieden oder Niederlage) beziehungsweise auf die Anzahl der von den Mannschaften erzielten Tore wetten können. Ferner gibt es zwei Lottospiele: „Totoloto“, bei dem 6 Zahlen aus 49 auszuwählen sind, und „EuroMillions“, eine Art europäisches Lotto. Die Spieler von Totobola oder Totoloto haben außerdem die Möglichkeit an einem Spiel mit der Bezeichnung „Joker“ teilzunehmen, das in der Auslosung einer Zahl besteht. Schließlich gibt es noch die Lotaria Instantânea, ein gewöhnlich als „raspadinha“ bezeichnetes Rubbelspiel mit Sofortgewinnen.
Das Anbieten von „sozialen Spielen“ über das Internet
Im Jahr 2003 wurde der rechtliche Rahmen für Lotterien, Lottospiele und Sportwetten den technischen Entwicklungen angepasst, die es möglich machen, Spiele auf elektronischem Weg und vor allem über das Internet anzubieten. Die betreffenden Maßnahmen sind in der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 vom 8. November 2003 (Diário da República I, Serie A, Nr. 259 vom 8. November 2003) enthalten. Sie sollen im Wesentlichen Santa Casa den Vertrieb ihrer Produkte auf elektronischem Weg erlauben und ihr ausschließliches Recht zum Spielbetrieb auf diejenigen Spiele ausweiten, die auf elektronischem Weg, insbesondere über das Internet, angeboten werden, wobei allen anderen Marktteilnehmern die Verwendung dieser Mittel untersagt ist.
Art. 2 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 bestimmt, dass der elektronisch gestützte Betrieb der fraglichen Spiele sowie jedes anderen Spiels, dessen Betrieb Santa Casa noch übertragen werden wird, ausschließlich durch das Departamento de Jogos (Abteilung Spiele) von Santa Casa erfolgt, und stellt klar, dass sich diese Ausschließlichkeitsregelung auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt und vor allem auch das Internet umfasst.
Nach Art. 11 Abs. 1 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 sind Ordnungswidrigkeiten:
„a) die Förderung, die Veranstaltung oder der Betrieb von [Spielen, deren Betrieb Santa Casa übertragen ist] auf elektronischem Weg unter Verstoß gegen die Ausschließlichkeitsregelung des Art. 2 sowie die Ausstellung, der Vertrieb oder der Verkauf von virtuellen Losen und die Bekanntgabe der dazugehörigen Auslosungen, und zwar unabhängig davon, ob sie im In- oder im Ausland erfolgen;
b) die Förderung, die Veranstaltung oder der Betrieb von Lotterien oder sonstigen Auslosungen, die denjenigen der Lotaria Nacional oder der Lotaria Instantânea entsprechen, auf elektronischem Weg unter Verstoß gegen die Ausschließlichkeitsregelung des Art. 2 sowie die Ausstellung, der Vertrieb oder der Verkauf von virtuellen Losen und die Bekanntgabe der dazugehörigen Auslosungen, und zwar unabhängig davon, ob sie im In- oder im Ausland erfolgen;
…“
Art. 12 Abs. 1 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 setzt die Höchst- und Mindestbeträge der Geldbußen fest, mit denen die u. a. in Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b dieser gesetzesvertretenden Verordnung vorgesehenen Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Danach beläuft sich die Geldbuße für juristische Personen auf mindestens 2 000 Euro und höchstens das Dreifache des Gesamtbetrags, der als durch die Veranstaltung des fraglichen Spiels vereinnahmt gilt, sofern der dreifache Betrag 2 000 Euro übersteigt, bis zu einer Obergrenze von 44 890 Euro.
Die Organisation und die Tätigkeiten von Santa Casa
Die Tätigkeiten von Santa Casa waren zu der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit in der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 322/91 vom 26. August 1991 über den Erlass der Satzung von Santa Casa da Misericórdia de Lisboa (Diário da República I, Serie A, Nr. 195 vom 26. August 1991) in der durch die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 469/99 vom 6. November 1999 (Diário da República I, Serie A, Nr. 259 vom 6. November 1999) geänderten Fassung (im Folgenden: gesetzesvertretende Verordnung Nr. 322/91) geregelt.
Die Begründung der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 322/91 hebt die Bedeutung von Santa Casa in vielfältiger Hinsicht – historisch, sozial, als Erbe und wirtschaftlich – hervor und leitet daraus ab, dass die Regierung „besonders und dauerhaft darauf achten muss, [Santa Casa] vor Beeinträchtigungen und Funktionsstörungen zu schützen“, „wobei [Santa Casa] jedoch eine weitgehende Eigenständigkeit bei der Geschäftsführung und beim Betrieb der Gesellschaftsspiele gewährt wird“.
Nach Art. 1 Abs. 1 ihrer Satzung ist Santa Casa eine „gemeinnützige juristische Person im administrativen Bereich“ (pessoa colectiva de utilidade pública administrativa). Ihre Verwaltungsorgane bestehen nach Art. 12 Abs. 1 ihrer Satzung aus einem Direktor und einem Verwaltungsrat. Nach Art. 13 der Satzung werden der Direktor durch Verfügung des Premierministers und die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats durch Verfügung der die Aufsicht über Santa Casa führenden Regierungsmitglieder ernannt.
Nach Art. 2 Abs. 1 ihrer Satzung wurden Santa Casa besondere Aufgaben im Bereich des Schutzes der Familie, des Mutterschutzes, des Kinderschutzes, der Hilfe für schutzlose und gefährdete Minderjährige, der Hilfe für ältere Menschen, schwerwiegender sozialer Mangelsituationen sowie der allgemein- und fachmedizinischen Gesundheitsversorgung übertragen.
Die Einnahmen aus dem Betrieb der Glücksspiele werden zwischen Santa Casa und anderen gemeinnützigen oder sozialen Einrichtungen aufgeteilt. Die betreffenden anderen gemeinnützigen Einrichtungen umfassen Verbände der freiwilligen Feuerwehr, Sondereinrichtungen der sozialen Solidarität, Einrichtungen zum Schutz und zur Rehabilitation behinderter Menschen sowie den Fonds für kulturelle Entwicklung.
Für den Betrieb der Glücksspiele ist die Abteilung Spiele von Santa Casa zuständig. Für diese Abteilung gilt eine Geschäftsordnung, die wie die Satzung von Santa Casa mit der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 322/91 erlassen wurde. Sie hat ihre eigenen Verwaltungs- und Kontrollorgane.
Das Verwaltungsorgan der Abteilung Spiele besteht nach Art. 5 der Geschäftsordnung aus dem Direktor von Santa Casa, der zwingend den Vorsitz führt, und zwei geschäftsführenden Verwaltungsratsmitgliedern, die durch gemeinsame Verfügung des Ministers für Arbeit und soziale Solidarität und des Ministers für Gesundheit ernannt werden. Nach den Art. 8, 12 und 16 der Geschäftsordnung der Abteilung Spiele besteht die Mehrheit der Mitglieder des Wettbewerbsgremiums, des Ziehungsgremiums und des Beschwerdegremiums aus Vertretern der öffentlichen Verwaltung, nämlich der Generalinspektion für Finanzen und der Bezirksregierung Lissabon. So ist der Vorsitzende des Beschwerdegremiums, der ein höheres Stimmgewicht hat, ein durch Verfügung des Justizministers ernannter Richter. Zwei der drei Mitglieder dieses Gremiums werden durch Verfügungen des Generalinspekteurs für Finanzen und des Präfekten von Lissabon, das dritte vom Direktor von Santa Casa ernannt.
Der Abteilung Spiele sind die Befugnisse einer Verwaltungsbehörde verliehen worden, um Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des unzulässigen Betriebs von Glücksspielen, die ausschließlich Santa Casa zugewiesen worden sind, zu organisieren und zu betreiben. Die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 282/2003 verleiht namentlich der Direktion dieser Abteilung die Verwaltungsbefugnisse, die erforderlich sind, um Geldbußen, wie sie in Art. 12 Abs. 1 dieser gesetzesvertretenden Verordnung vorgesehen sind, zu verhängen.
Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefrage
Bwin ist ein Online-Spieleveranstalter mit Sitz in Gibraltar. Sie bietet Glücksspiele über eine Internetseite an.
Bwin hat in Portugal keine Niederlassung. Ihre Server für die Online-Angebote befinden sich in Gibraltar und in Österreich. Alle Wetten werden vom Verbraucher unmittelbar auf der Internetseite von Bwin oder durch ein anderes unmittelbares Kommunikationsmittel abgeschlossen. Die Bezahlung auf dieser Seite erfolgt insbesondere mittels Bankkarte, aber auch durch andere elektronische Zahlungsmittel. Der Wert der etwaigen Gewinne wird auf dem von Bwin für den Spieler angelegten Wettkonto gutgeschrieben. Der Spieler kann das entsprechende Geld als neuen Spieleinsatz verwenden oder es auf sein Bankkonto überweisen lassen.
Bwin bietet eine breite Palette von Online-Glücksspielen an, die Sportwetten, Kasinospiele wie Roulette und Poker und Spiele auf der Grundlage der Auslosung von Zahlen, die dem von Santa Casa betriebenen Totoloto ähneln, umfasst.
Die angebotenen Sportwetten beziehen sich auf die Ergebnisse sowohl von Fußballspielen als auch von anderen Sportwettkämpfen. Die verschiedenen Spielmöglichkeiten umfassen – entsprechend den Spielen Totobola und Totogolo, deren Betrieb Santa Casa übertragen ist – Wetten auf das Ergebnis (Sieg, Unentschieden oder Niederlage) der Begegnungen im Rahmen der portugiesischen Fußballmeisterschaft. Bwin bietet außerdem Online-Sportwetten in Echtzeit an, deren Quoten schwanken und sich je nach dem Verlauf des Sportereignisses, auf das gewettet wird, verändern. Informationen wie der Spielstand, die verstrichene Spielzeit, die vergebenen gelben und roten Karten usw. werden auf der Internetseite von Bwin in Echtzeit angezeigt, so dass es den Spielern möglich ist, Wetten interaktiv zu platzieren, während das Sportereignis in Gang ist.
Die Liga ist ausweislich der Vorlageentscheidung eine juristische Person des Privatrechts mit Vereinsstruktur und ohne Gewinnerzielungsabsicht, in der sämtliche Vereine zusammengefasst sind, die in Portugal Fußballwettkämpfe auf professioneller Ebene austragen. Sie richtet insbesondere die nationale Erste Fußballliga aus und ist mit deren Vermarktung betraut.
Die Liga und Bwin haben in ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen erläutert, durch einen von ihnen am 18. August 2005 für vier Spielzeiten ab der Saison 2005/06 geschlossenen Sponsorenvertrag sei Bwin zum institutionellen Hauptsponsor der portugiesischen Ersten Fußballliga geworden. Nach diesem Vertrag wurde die früher als „Super Liga“ bezeichnete Erste Liga zunächst in „Liga betandwin.com“ und dann in „Bwin Liga“ umbenannt. Außerdem wurden die Firmenzeichen von Bwin auf der Ausrüstung der Spieler und in den Stadien der Erstligavereine angebracht. Darüber hinaus wurde die Internetseite der Liga mit Hinweisen auf die Internetseite von Bwin und einer dorthin führenden Verknüpfung versehen, was es den Verbrauchern in Portugal und anderen Staaten ermöglicht, die ihnen so angebotenen Glücksspieldienstleistungen in Anspruch zu nehmen.
Die Direktion der Abteilung Spiele von Santa Casa erließ daraufhin in Ausübung der ihr mit der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 verliehenen Befugnisse Bescheide, mit denen Bußgelder von 75 000 Euro gegen die Liga und von 74 500 Euro gegen Bwin wegen Ordnungswidrigkeiten im Sinne von Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung verhängt wurden. In diesen Beträgen sind rechtlich zwei Geldbußen zusammengefasst, die gegen die Liga und gegen Bwin verhängt wurden, und zwar zum einen wegen der Förderung, der Veranstaltung und des Betriebs von Santa Casa zugewiesenen „sozialen Spielen“ oder ihnen entsprechenden Spielen über das Internet und zum anderen wegen der Werbung für diese Spiele.
Die Liga und Bwin erhoben unter Berufung insbesondere auf die Gemeinschaftsvorschriften und die Gemeinschaftsrechtsprechung in diesem Bereich beim vorlegenden Gericht Klage auf Aufhebung der genannten Bescheide.
Das Tribunal de Pequena Instância Criminal do Porto hat deshalb beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Stellt die Ausschließlichkeitsregelung zugunsten von Santa Casa, wenn sie auf Bwin angewandt wird, d. h. einen Dienstleister, der in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringt, niedergelassen ist und keine Betriebsstätte in Portugal hat, eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs unter Verstoß gegen die Grundsätze der Dienstleistungs-, der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß den Art. 49 EG, 43 EG und 56 EG dar?
Stehen das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die erwähnten Grundsätze einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, die hinsichtlich des Betriebs von Lotterien und Wetten einerseits eine Ausschließlichkeitsregelung zugunsten einer einzigen Einrichtung errichtet und diese Regelung andererseits auf das „gesamte Staatsgebiet einschließlich … des Internets“ ausdehnt?
Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
Mit Schriftsatz, der am 30. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat Bwin beantragt, der Gerichtshof möge nach Art. 61 der Verfahrensordnung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen.
Der Generalanwalt ist gemäß dieser Bestimmung zu dem Antrag angehört worden.
Der Gerichtshof kann gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auf Antrag der Parteien die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht.
Dagegen sehen die Satzung und die Verfahrensordnung des Gerichtshofs keine Möglichkeit für die Parteien vor, zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Stellung zu nehmen.
In ihrem Antrag begnügt sich Bwin jedoch im Wesentlichen damit, die Schlussanträge des Generalanwalts zu kommentieren, wobei sie vor allem betont, dass dieser sich bei einer Reihe von tatsächlichen Punkten auf die Erklärungen von Santa Casa und der portugiesischen Regierung gestützt habe, ohne auf ihr eigenes Vorbringen und das der Liga einzugehen, mit dem diese Punkte bestritten worden seien, oder aber darauf hinzuweisen, dass sie bestritten worden seien.
Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass er im vorliegenden Fall über alle erforderlichen Angaben verfügt, um die Frage des vorlegenden Gerichts beantworten zu können, und die Rechtssache nicht mit Blick auf ein vor ihm nicht erörtertes Vorbringen geprüft werden muss.
Daher besteht keine Veranlassung, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen.
Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
In ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen stellt die italienische Regierung die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens mit der Begründung in Abrede, dass der Gerichtshof mit der vom vorlegenden Gericht gestellten Frage gebeten werde, sich zur Vereinbarkeit einer Bestimmung des nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht zu äußern.
Insoweit ist daran zu erinnern, dass das mit Art. 234 EG errichtete System der Zusammenarbeit auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht. Im Rahmen eines gemäß diesem Artikel eingeleiteten Verfahrens ist die Auslegung der nationalen Vorschriften Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten und nicht des Gerichtshofs, und es kommt diesem nicht zu, sich zur Vereinbarkeit von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts mit den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu äußern. Dagegen ist der Gerichtshof befugt, dem nationalen Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, über die Frage der Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht zu entscheiden.
Das vorlegende Gericht begehrt mit seiner Frage vom Gerichtshof keine Stellungnahme zur Vereinbarkeit der konkreten portugiesischen Glücksspielregelung mit dem Gemeinschaftsrecht, sondern nur zu bestimmten, in allgemeinen Worten beschriebenen Gesichtspunkten dieser Regelung, genauer zum Verbot für alle anderen Dienstleister als Santa Casa – einschließlich der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen –, im portugiesischen Staatsgebiet Santa Casa zugewiesene Glücksspiele und diesen entsprechende Spiele über das Internet anzubieten. Ein solches Ersuchen ist zulässig.
Außerdem ziehen die italienische, die niederländische und die norwegische Regierung sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens insoweit in Zweifel, weil die Angaben zum Inhalt und zu den Zielen der im Ausgangsverfahren anwendbaren portugiesischen Regelung unzureichend seien.
Die Informationen, die dem Gerichtshof im Rahmen einer Vorlageentscheidung geliefert werden müssen, dienen nicht nur dazu, dem Gerichtshof zu ermöglichen, dem vorlegenden Gericht sachdienliche Antworten zu geben, sondern sie sollen auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen interessierten Beteiligten die Möglichkeit geben, sich gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs zu äußern. Nach ständiger Rechtsprechung ist es dazu zum einen erforderlich, dass das nationale Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich seine Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen. Zum anderen muss die Vorlageentscheidung die genauen Gründe angeben, aus denen dem nationalen Gericht die Auslegung des Gemeinschaftsrechts fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof erforderlich erscheint. Dabei ist es unerlässlich, dass das nationale Gericht ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Gemeinschaftsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften herstellt.
Insoweit trifft zwar zu, dass die Genauigkeit und sogar der Nutzen sowohl der Erklärungen der Regierungen der Mitgliedstaaten und der anderen interessierten Beteiligten als auch der Antwort des Gerichtshofs davon abhängen können, dass die Angaben zum Inhalt und zu den Zielen der im Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Regelung hinreichend detailliert sind. Gleichwohl kann in Anbetracht der Aufgabenteilung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof nicht verlangt werden, dass das vorlegende Gericht vor einer Vorlage an den Gerichtshof sämtliche Tatsachenerhebungen und die rechtliche Würdigung vornimmt, die ihm im Rahmen seiner Rechtsprechungsaufgabe obliegen. Es reicht nämlich, dass sich der Gegenstand sowie diejenigen Punkte des Ausgangsrechtsstreits, die für die Gemeinschaftsrechtsordnung hauptsächlich von Interesse sind, aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergeben, damit sich die Mitgliedstaaten gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs äußern und wirkungsvoll am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligen können.
Im Ausgangsverfahren genügt die Vorlageentscheidung diesen Anforderungen. Das vorlegende Gericht hat den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen festgelegt, in den sich seine Frage an den Gerichtshof einfügt. Soweit die Ziele der portugiesischen Rechtsvorschriften über Glücksspiele in der Vorlageentscheidung nicht genannt werden, hat der Gerichtshof die Vorlagefrage unter Berücksichtigung insbesondere der von den Parteien des Ausgangsverfahrens und der portugiesischen Regierung ihm gegenüber angeführten Ziele zu beantworten. Der Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass er unter diesen Umständen über alle erforderlichen Angaben verfügt, um die Frage beantworten zu können.
Nach alledem ist das Vorabentscheidungsersuchen als zulässig anzusehen.
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung der Art. 43 EG, 49 EG und 56 EG.
Zur Anwendbarkeit der Art. 43 EG und 56 EG
Soweit die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage nicht nur Art. 49 EG, sondern auch die Art. 43 EG und 56 EG betrifft, ist vorweg festzustellen, dass im Licht der in den Akten enthaltenen Angaben nicht ersichtlich ist, dass die beiden letztgenannten Artikel auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwenden wären.
Was die Anwendbarkeit von Art. 43 EG betrifft, steht fest, dass Bwin ihr Geschäft in Portugal ausschließlich über das Internet betreibt, ohne im portugiesischen Hoheitsgebiet ansässige Vermittler einzuschalten und ohne dass folglich eine Haupt- oder Zweitniederlassung in Portugal errichtet worden wäre. Auch ist den Akten nicht zu entnehmen, dass Bwin die Absicht gehabt hätte, sich in Portugal niederzulassen. Folglich gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar sein könnten.
Zur Anwendbarkeit von Art. 56 EG ist festzustellen, dass die etwaigen beschränkenden Wirkungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung auf den freien Kapital- und Zahlungsverkehr nur die unvermeidbare Folge der etwaigen Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs wären. Steht aber eine nationale Maßnahme gleichzeitig mit mehreren Grundfreiheiten im Zusammenhang, prüft der Gerichtshof sie grundsätzlich nur im Hinblick auf eine dieser Freiheiten, wenn sich herausstellt, dass unter den Umständen des Einzelfalls die anderen Freiheiten dieser ersten gegenüber völlig zweitrangig sind und ihr zugeordnet werden können.
Somit ist die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage nur mit Blick auf Art. 49 EG zu beantworten.
Zur Bedeutung der Vorlagefrage
Der Ausgangsrechtsstreit betrifft die Vermarktung bestimmter auf elektronischem Weg, d. h. über das Internet, abgewickelter Glücksspiele in Portugal. Bwin, ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer, bietet in Portugal Glücksspiele ausschließlich über das Internet an, und die Ordnungswidrigkeiten gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003, die der Liga und Bwin im Ausgangsrechtsstreit zur Last gelegt werden, betreffen ausschließlich Handlungen im Zusammenhang mit auf elektronischem Weg veranstalteten Spielen.
Die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage ist deshalb so zu verstehen, dass dieses im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 49 EG einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach der Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen.
Zum Vorliegen von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit
Art. 49 EG verlangt die Aufhebung jeder Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus den anderen Mitgliedstaaten gilt –, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Im Übrigen gilt die Dienstleistungsfreiheit sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch des Dienstleistungsempfängers.
Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Dienstleistungserbringern wie Bwin untersagt, in seinem Hoheitsgebiet Dienstleistungen über das Internet anzubieten, stellt eine Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs dar.
Mit einer solchen Regelung wird außerdem die Freiheit der Einwohner des betreffenden Mitgliedstaats beschränkt, über das Internet Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die in anderen Mitgliedstaaten angeboten werden.
Somit ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung, wie die portugiesische Regierung im Übrigen ausdrücklich einräumt, zu einer Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs führt.
Zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit
Zu prüfen ist, inwieweit die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen, die in den nach Art. 55 EG auf diesem Gebiet anwendbaren Art. 45 EG und 46 EG ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
Art. 46 Abs. 1 EG lässt Beschränkungen zu, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses herausgestellt wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen.
Wie von den meisten Mitgliedstaaten, die beim Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, ausgeführt, gehört die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Gemeinschaft ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben.
Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
Somit steht den Mitgliedstaaten zwar frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, doch müssen die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen.
Daher ist im vorliegenden Fall insbesondere zu prüfen, ob die mit den im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Rechtsvorschriften verfügte Beschränkung des Anbietens von Glücksspielen über das Internet geeignet ist, die Verwirklichung eines oder mehrerer der von dem betroffenen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziele zu gewährleisten, und ob sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels oder der Ziele erforderlich ist. Auf jeden Fall dürfen die Beschränkungen nicht diskriminierend angewandt werden.
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass eine nationale Regelung nur dann geeignet ist, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.
Nach Angaben der portugiesischen Regierung und von Santa Casa besteht das mit der nationalen Regelung verfolgte Ziel hauptsächlich in der Bekämpfung der Kriminalität, genauer im Schutz der Glücksspieler vor Betrug durch die Anbieter.
Dazu ist festzustellen, dass die Bekämpfung der Kriminalität ein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein kann, der geeignet ist, Beschränkungen hinsichtlich der Wirtschaftsteilnehmer zu rechtfertigen, denen es gestattet ist, Dienstleistungen im Glücksspielsektor anzubieten. Glücksspiele bergen nämlich in Anbetracht der Höhe der Beträge, die mit ihnen eingenommen werden können, und der Gewinne, die sie den Spielern bieten können, eine erhöhte Gefahr von Betrug und anderen Straftaten.
Der Gerichtshof hat ferner anerkannt, dass eine begrenzte Erlaubnis von Spielen im Rahmen eines Ausschließlichkeitsrechts den Vorteil bietet, den Spielbetrieb in kontrollierte Bahnen zu lenken und die Gefahren eines auf Betrug und andere Straftaten ausgerichteten Spielbetriebs auszuschalten.
Die portugiesische Regierung macht geltend, die Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten für die Veranstaltung von Glücksspielen an Santa Casa erlaube es, den Betrieb eines überwachten und sicheren Systems sicherzustellen. Zum einen belege das weit zurückreichende, sich über mehr als fünf Jahrhunderte erstreckende Bestehen von Santa Casa die Zuverlässigkeit dieser Einrichtung. Zum anderen arbeite Santa Casa in enger Abhängigkeit von der portugiesischen Regierung. Der rechtliche Rahmen der Glücksspiele, die Satzung von Santa Casa und die Beteiligung der Regierung an der Ernennung der Mitglieder der Verwaltungsorgane von Santa Casa erlaubten dem Staat eine wirksame Aufsicht über Letztere. Dieses durch Recht und Satzung errichtete System gebe dem Staat hinreichende Sicherheiten für die Einhaltung der Vorschriften zur Wahrung der Redlichkeit der von Santa Casa veranstalteten Glücksspiele.
Aus dem oben in den Randnrn. 12 bis 19 geschilderten nationalen rechtlichen Rahmen ergibt sich, dass die Organisation und der Betrieb von Santa Casa Beweggründen und Anforderungen folgen, die auf Ziele von öffentlichem Interesse abstellen. Der Abteilung Spiele von Santa Casa sind die Befugnisse einer Verwaltungsbehörde verliehen worden, um Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des unzulässigen Betriebs von Glücksspielen, die ausschließlich Santa Casa zugewiesen worden sind, zu organisieren und zu betreiben.
Die Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten für den Betrieb von Glücksspielen über das Internet an einen einzigen, einer engen Überwachung durch die öffentliche Gewalt unterliegenden Wirtschaftsteilnehmer wie Santa Casa kann es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ermöglichen, den Betrieb dieser Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, und ist geeignet, die Verbraucher vor Betrug durch die Anbieter zu schützen.
Zur Frage der Erforderlichkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung bringt die portugiesische Regierung vor, die Behörden eines Mitgliedstaats hätten in Bezug auf nicht gebietsansässige Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienstleistungen über das Internet anböten, nicht die gleichen Überwachungsmöglichkeiten wie im Fall eines Wirtschaftsteilnehmers wie Santa Casa.
Dazu ist festzustellen, dass der Sektor der über das Internet angebotenen Glücksspiele in der Gemeinschaft nicht harmonisiert ist. Ein Mitgliedstaat darf deshalb die Auffassung vertreten, dass der Umstand allein, dass ein Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin zu diesem Sektor gehörende Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist und in dem er grundsätzlich bereits rechtlichen Anforderungen und Kontrollen durch die zuständigen Behörden dieses anderen Mitgliedstaats unterliegt, rechtmäßig über das Internet anbietet, nicht als hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten angesehen werden kann, wenn man die Schwierigkeiten berücksichtigt, denen sich die Behörden des Sitzmitgliedstaats in einem solchen Fall bei der Beurteilung der Qualitäten und der Redlichkeit der Anbieter bei der Ausübung ihres Gewerbes gegenüber sehen können.
Außerdem bergen die Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontaktes zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden.
Zudem kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der für manche der Sportwettbewerbe, auf die er Wetten annimmt, sowie für manche der daran beteiligten Mannschaften als Sponsor auftritt, eine Stellung innehat, die es ihm erlaubt, den Ausgang dieser Wettbewerbe unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen und so seine Gewinne zu erhöhen.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung in Anbetracht der Besonderheiten, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, als durch das Ziel der Bekämpfung von Betrug und anderen Straftaten gerechtfertigt angesehen werden kann.
Deshalb ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 49 EG einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, nach der Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Art. 49 EG steht einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegen, nach der Wirtschaftsteilnehmer wie die Bwin International Ltd, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen.
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 EG, 49 EG und 56 EG.
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Liga Portuguesa de Futebol Profissional (im Folgenden: Liga) und der Bwin International Ltd (im Folgenden: Bwin), vormals Baw International Ltd, einerseits und dem Departamento de Jogos da Santa Casa da Misericórdia de Lisboa (im Folgenden: Santa Casa) andererseits wegen Geldbußen, die von der Direktion des Letztgenannten gegen die Erstgenannten mit der Begründung verhängt wurden, dass sie gegen die portugiesischen Rechtsvorschriften verstoßen hätten, die für das Anbieten bestimmter Glücksspiele über das Internet gälten.
Rechtlicher Rahmen
Die Regelung der Glücksspiele in Portugal
In Portugal unterliegen die Glücksspiele allgemein einem grundsätzlichen Verbot, wobei sich der Staat die Möglichkeit vorbehalten hat, nach einer Regelung, die er für die geeignetste hält, den Betrieb eines oder mehrerer Spiele unmittelbar durch eine staatliche Einrichtung oder durch eine staatlich kontrollierte Einrichtung zu genehmigen oder für den Betrieb solcher Spiele Konzessionen im Wege von Ausschreibungen gemäß dem Verwaltungsverfahrensgesetzbuch an private, mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht handelnde Einrichtungen zu vergeben.
Die Glücksspiele in Form von Lotterien, Lottospielen und Sportwetten werden in Portugal als „soziale Spiele“ (jogos sociais) bezeichnet. Ihr Betrieb ist in der Regel Santa Casa übertragen.
Jedes von Santa Casa veranstaltete Glücksspiel wird einzeln durch eine gesetzesvertretende Verordnung eingeführt. Die gesamte Veranstaltung und der Betrieb der verschiedenen von Santa Casa angebotenen Spiele einschließlich der Höhe der Einsätze, des Gewinnverteilungsplans, der Häufigkeit der Ziehungen, des auf jedes Los entfallenden konkreten Prozentsatzes, der Art der Vereinnahmung der Einsätze, der Vorgehensweise für die Auswahl der zugelassenen Verkaufsstellen sowie der Modalitäten und Fristen für die Bezahlung der Lose werden durch Verordnung der Regierung geregelt.
Der erste fragliche Spieltypus war die Nationallotterie (Lotaria Nacional), die mit Königlichem Edikt vom 18. November 1783 eingeführt wurde. Die Konzession hierfür wurde Santa Casa erteilt und in der Folge fortlaufend erneuert. Heute besteht diese Lotterie in einer monatlichen Auslosung von Zahlen.
Im Anschluss an eine Reihe gesetzgeberischer Neuerungen erwarb Santa Casa das Recht, andere Arten von Glücksspielen auf der Grundlage der Ziehung von Zahlen oder von Sportwettbewerben zu veranstalten. Dies führte zur Einführung von zwei Sportwetten auf Fußballspiele namens „Totobola“ und „Totogolo“, bei denen die Spieler auf das Ergebnis (Sieg, Unentschieden oder Niederlage) beziehungsweise auf die Anzahl der von den Mannschaften erzielten Tore wetten können. Ferner gibt es zwei Lottospiele: „Totoloto“, bei dem 6 Zahlen aus 49 auszuwählen sind, und „EuroMillions“, eine Art europäisches Lotto. Die Spieler von Totobola oder Totoloto haben außerdem die Möglichkeit an einem Spiel mit der Bezeichnung „Joker“ teilzunehmen, das in der Auslosung einer Zahl besteht. Schließlich gibt es noch die Lotaria Instantânea, ein gewöhnlich als „raspadinha“ bezeichnetes Rubbelspiel mit Sofortgewinnen.
Das Anbieten von „sozialen Spielen“ über das Internet
Im Jahr 2003 wurde der rechtliche Rahmen für Lotterien, Lottospiele und Sportwetten den technischen Entwicklungen angepasst, die es möglich machen, Spiele auf elektronischem Weg und vor allem über das Internet anzubieten. Die betreffenden Maßnahmen sind in der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 vom 8. November 2003 (Diário da República I, Serie A, Nr. 259 vom 8. November 2003) enthalten. Sie sollen im Wesentlichen Santa Casa den Vertrieb ihrer Produkte auf elektronischem Weg erlauben und ihr ausschließliches Recht zum Spielbetrieb auf diejenigen Spiele ausweiten, die auf elektronischem Weg, insbesondere über das Internet, angeboten werden, wobei allen anderen Marktteilnehmern die Verwendung dieser Mittel untersagt ist.
Art. 2 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 bestimmt, dass der elektronisch gestützte Betrieb der fraglichen Spiele sowie jedes anderen Spiels, dessen Betrieb Santa Casa noch übertragen werden wird, ausschließlich durch das Departamento de Jogos (Abteilung Spiele) von Santa Casa erfolgt, und stellt klar, dass sich diese Ausschließlichkeitsregelung auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt und vor allem auch das Internet umfasst.
Nach Art. 11 Abs. 1 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 sind Ordnungswidrigkeiten:
„a) die Förderung, die Veranstaltung oder der Betrieb von [Spielen, deren Betrieb Santa Casa übertragen ist] auf elektronischem Weg unter Verstoß gegen die Ausschließlichkeitsregelung des Art. 2 sowie die Ausstellung, der Vertrieb oder der Verkauf von virtuellen Losen und die Bekanntgabe der dazugehörigen Auslosungen, und zwar unabhängig davon, ob sie im In- oder im Ausland erfolgen;
b) die Förderung, die Veranstaltung oder der Betrieb von Lotterien oder sonstigen Auslosungen, die denjenigen der Lotaria Nacional oder der Lotaria Instantânea entsprechen, auf elektronischem Weg unter Verstoß gegen die Ausschließlichkeitsregelung des Art. 2 sowie die Ausstellung, der Vertrieb oder der Verkauf von virtuellen Losen und die Bekanntgabe der dazugehörigen Auslosungen, und zwar unabhängig davon, ob sie im In- oder im Ausland erfolgen;
…“
Art. 12 Abs. 1 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 setzt die Höchst- und Mindestbeträge der Geldbußen fest, mit denen die u. a. in Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b dieser gesetzesvertretenden Verordnung vorgesehenen Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Danach beläuft sich die Geldbuße für juristische Personen auf mindestens 2 000 Euro und höchstens das Dreifache des Gesamtbetrags, der als durch die Veranstaltung des fraglichen Spiels vereinnahmt gilt, sofern der dreifache Betrag 2 000 Euro übersteigt, bis zu einer Obergrenze von 44 890 Euro.
Die Organisation und die Tätigkeiten von Santa Casa
Die Tätigkeiten von Santa Casa waren zu der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit in der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 322/91 vom 26. August 1991 über den Erlass der Satzung von Santa Casa da Misericórdia de Lisboa (Diário da República I, Serie A, Nr. 195 vom 26. August 1991) in der durch die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 469/99 vom 6. November 1999 (Diário da República I, Serie A, Nr. 259 vom 6. November 1999) geänderten Fassung (im Folgenden: gesetzesvertretende Verordnung Nr. 322/91) geregelt.
Die Begründung der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 322/91 hebt die Bedeutung von Santa Casa in vielfältiger Hinsicht – historisch, sozial, als Erbe und wirtschaftlich – hervor und leitet daraus ab, dass die Regierung „besonders und dauerhaft darauf achten muss, [Santa Casa] vor Beeinträchtigungen und Funktionsstörungen zu schützen“, „wobei [Santa Casa] jedoch eine weitgehende Eigenständigkeit bei der Geschäftsführung und beim Betrieb der Gesellschaftsspiele gewährt wird“.
Nach Art. 1 Abs. 1 ihrer Satzung ist Santa Casa eine „gemeinnützige juristische Person im administrativen Bereich“ (pessoa colectiva de utilidade pública administrativa). Ihre Verwaltungsorgane bestehen nach Art. 12 Abs. 1 ihrer Satzung aus einem Direktor und einem Verwaltungsrat. Nach Art. 13 der Satzung werden der Direktor durch Verfügung des Premierministers und die übrigen Mitglieder des Verwaltungsrats durch Verfügung der die Aufsicht über Santa Casa führenden Regierungsmitglieder ernannt.
Nach Art. 2 Abs. 1 ihrer Satzung wurden Santa Casa besondere Aufgaben im Bereich des Schutzes der Familie, des Mutterschutzes, des Kinderschutzes, der Hilfe für schutzlose und gefährdete Minderjährige, der Hilfe für ältere Menschen, schwerwiegender sozialer Mangelsituationen sowie der allgemein- und fachmedizinischen Gesundheitsversorgung übertragen.
Die Einnahmen aus dem Betrieb der Glücksspiele werden zwischen Santa Casa und anderen gemeinnützigen oder sozialen Einrichtungen aufgeteilt. Die betreffenden anderen gemeinnützigen Einrichtungen umfassen Verbände der freiwilligen Feuerwehr, Sondereinrichtungen der sozialen Solidarität, Einrichtungen zum Schutz und zur Rehabilitation behinderter Menschen sowie den Fonds für kulturelle Entwicklung.
Für den Betrieb der Glücksspiele ist die Abteilung Spiele von Santa Casa zuständig. Für diese Abteilung gilt eine Geschäftsordnung, die wie die Satzung von Santa Casa mit der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 322/91 erlassen wurde. Sie hat ihre eigenen Verwaltungs- und Kontrollorgane.
Das Verwaltungsorgan der Abteilung Spiele besteht nach Art. 5 der Geschäftsordnung aus dem Direktor von Santa Casa, der zwingend den Vorsitz führt, und zwei geschäftsführenden Verwaltungsratsmitgliedern, die durch gemeinsame Verfügung des Ministers für Arbeit und soziale Solidarität und des Ministers für Gesundheit ernannt werden. Nach den Art. 8, 12 und 16 der Geschäftsordnung der Abteilung Spiele besteht die Mehrheit der Mitglieder des Wettbewerbsgremiums, des Ziehungsgremiums und des Beschwerdegremiums aus Vertretern der öffentlichen Verwaltung, nämlich der Generalinspektion für Finanzen und der Bezirksregierung Lissabon. So ist der Vorsitzende des Beschwerdegremiums, der ein höheres Stimmgewicht hat, ein durch Verfügung des Justizministers ernannter Richter. Zwei der drei Mitglieder dieses Gremiums werden durch Verfügungen des Generalinspekteurs für Finanzen und des Präfekten von Lissabon, das dritte vom Direktor von Santa Casa ernannt.
Der Abteilung Spiele sind die Befugnisse einer Verwaltungsbehörde verliehen worden, um Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des unzulässigen Betriebs von Glücksspielen, die ausschließlich Santa Casa zugewiesen worden sind, zu organisieren und zu betreiben. Die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 282/2003 verleiht namentlich der Direktion dieser Abteilung die Verwaltungsbefugnisse, die erforderlich sind, um Geldbußen, wie sie in Art. 12 Abs. 1 dieser gesetzesvertretenden Verordnung vorgesehen sind, zu verhängen.
Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefrage
Bwin ist ein Online-Spieleveranstalter mit Sitz in Gibraltar. Sie bietet Glücksspiele über eine Internetseite an.
Bwin hat in Portugal keine Niederlassung. Ihre Server für die Online-Angebote befinden sich in Gibraltar und in Österreich. Alle Wetten werden vom Verbraucher unmittelbar auf der Internetseite von Bwin oder durch ein anderes unmittelbares Kommunikationsmittel abgeschlossen. Die Bezahlung auf dieser Seite erfolgt insbesondere mittels Bankkarte, aber auch durch andere elektronische Zahlungsmittel. Der Wert der etwaigen Gewinne wird auf dem von Bwin für den Spieler angelegten Wettkonto gutgeschrieben. Der Spieler kann das entsprechende Geld als neuen Spieleinsatz verwenden oder es auf sein Bankkonto überweisen lassen.
Bwin bietet eine breite Palette von Online-Glücksspielen an, die Sportwetten, Kasinospiele wie Roulette und Poker und Spiele auf der Grundlage der Auslosung von Zahlen, die dem von Santa Casa betriebenen Totoloto ähneln, umfasst.
Die angebotenen Sportwetten beziehen sich auf die Ergebnisse sowohl von Fußballspielen als auch von anderen Sportwettkämpfen. Die verschiedenen Spielmöglichkeiten umfassen – entsprechend den Spielen Totobola und Totogolo, deren Betrieb Santa Casa übertragen ist – Wetten auf das Ergebnis (Sieg, Unentschieden oder Niederlage) der Begegnungen im Rahmen der portugiesischen Fußballmeisterschaft. Bwin bietet außerdem Online-Sportwetten in Echtzeit an, deren Quoten schwanken und sich je nach dem Verlauf des Sportereignisses, auf das gewettet wird, verändern. Informationen wie der Spielstand, die verstrichene Spielzeit, die vergebenen gelben und roten Karten usw. werden auf der Internetseite von Bwin in Echtzeit angezeigt, so dass es den Spielern möglich ist, Wetten interaktiv zu platzieren, während das Sportereignis in Gang ist.
Die Liga ist ausweislich der Vorlageentscheidung eine juristische Person des Privatrechts mit Vereinsstruktur und ohne Gewinnerzielungsabsicht, in der sämtliche Vereine zusammengefasst sind, die in Portugal Fußballwettkämpfe auf professioneller Ebene austragen. Sie richtet insbesondere die nationale Erste Fußballliga aus und ist mit deren Vermarktung betraut.
Die Liga und Bwin haben in ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen erläutert, durch einen von ihnen am 18. August 2005 für vier Spielzeiten ab der Saison 2005/06 geschlossenen Sponsorenvertrag sei Bwin zum institutionellen Hauptsponsor der portugiesischen Ersten Fußballliga geworden. Nach diesem Vertrag wurde die früher als „Super Liga“ bezeichnete Erste Liga zunächst in „Liga betandwin.com“ und dann in „Bwin Liga“ umbenannt. Außerdem wurden die Firmenzeichen von Bwin auf der Ausrüstung der Spieler und in den Stadien der Erstligavereine angebracht. Darüber hinaus wurde die Internetseite der Liga mit Hinweisen auf die Internetseite von Bwin und einer dorthin führenden Verknüpfung versehen, was es den Verbrauchern in Portugal und anderen Staaten ermöglicht, die ihnen so angebotenen Glücksspieldienstleistungen in Anspruch zu nehmen.
Die Direktion der Abteilung Spiele von Santa Casa erließ daraufhin in Ausübung der ihr mit der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003 verliehenen Befugnisse Bescheide, mit denen Bußgelder von 75 000 Euro gegen die Liga und von 74 500 Euro gegen Bwin wegen Ordnungswidrigkeiten im Sinne von Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung verhängt wurden. In diesen Beträgen sind rechtlich zwei Geldbußen zusammengefasst, die gegen die Liga und gegen Bwin verhängt wurden, und zwar zum einen wegen der Förderung, der Veranstaltung und des Betriebs von Santa Casa zugewiesenen „sozialen Spielen“ oder ihnen entsprechenden Spielen über das Internet und zum anderen wegen der Werbung für diese Spiele.
Die Liga und Bwin erhoben unter Berufung insbesondere auf die Gemeinschaftsvorschriften und die Gemeinschaftsrechtsprechung in diesem Bereich beim vorlegenden Gericht Klage auf Aufhebung der genannten Bescheide.
Das Tribunal de Pequena Instância Criminal do Porto hat deshalb beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Stellt die Ausschließlichkeitsregelung zugunsten von Santa Casa, wenn sie auf Bwin angewandt wird, d. h. einen Dienstleister, der in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringt, niedergelassen ist und keine Betriebsstätte in Portugal hat, eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs unter Verstoß gegen die Grundsätze der Dienstleistungs-, der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß den Art. 49 EG, 43 EG und 56 EG dar?
Stehen das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die erwähnten Grundsätze einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, die hinsichtlich des Betriebs von Lotterien und Wetten einerseits eine Ausschließlichkeitsregelung zugunsten einer einzigen Einrichtung errichtet und diese Regelung andererseits auf das „gesamte Staatsgebiet einschließlich … des Internets“ ausdehnt?
Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
Mit Schriftsatz, der am 30. Oktober 2008 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat Bwin beantragt, der Gerichtshof möge nach Art. 61 der Verfahrensordnung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen.
Der Generalanwalt ist gemäß dieser Bestimmung zu dem Antrag angehört worden.
Der Gerichtshof kann gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auf Antrag der Parteien die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht.
Dagegen sehen die Satzung und die Verfahrensordnung des Gerichtshofs keine Möglichkeit für die Parteien vor, zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Stellung zu nehmen.
In ihrem Antrag begnügt sich Bwin jedoch im Wesentlichen damit, die Schlussanträge des Generalanwalts zu kommentieren, wobei sie vor allem betont, dass dieser sich bei einer Reihe von tatsächlichen Punkten auf die Erklärungen von Santa Casa und der portugiesischen Regierung gestützt habe, ohne auf ihr eigenes Vorbringen und das der Liga einzugehen, mit dem diese Punkte bestritten worden seien, oder aber darauf hinzuweisen, dass sie bestritten worden seien.
Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass er im vorliegenden Fall über alle erforderlichen Angaben verfügt, um die Frage des vorlegenden Gerichts beantworten zu können, und die Rechtssache nicht mit Blick auf ein vor ihm nicht erörtertes Vorbringen geprüft werden muss.
Daher besteht keine Veranlassung, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzuordnen.
Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
In ihren beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen stellt die italienische Regierung die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens mit der Begründung in Abrede, dass der Gerichtshof mit der vom vorlegenden Gericht gestellten Frage gebeten werde, sich zur Vereinbarkeit einer Bestimmung des nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht zu äußern.
Insoweit ist daran zu erinnern, dass das mit Art. 234 EG errichtete System der Zusammenarbeit auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht. Im Rahmen eines gemäß diesem Artikel eingeleiteten Verfahrens ist die Auslegung der nationalen Vorschriften Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten und nicht des Gerichtshofs, und es kommt diesem nicht zu, sich zur Vereinbarkeit von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts mit den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu äußern. Dagegen ist der Gerichtshof befugt, dem nationalen Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, über die Frage der Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht zu entscheiden.
Das vorlegende Gericht begehrt mit seiner Frage vom Gerichtshof keine Stellungnahme zur Vereinbarkeit der konkreten portugiesischen Glücksspielregelung mit dem Gemeinschaftsrecht, sondern nur zu bestimmten, in allgemeinen Worten beschriebenen Gesichtspunkten dieser Regelung, genauer zum Verbot für alle anderen Dienstleister als Santa Casa – einschließlich der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen –, im portugiesischen Staatsgebiet Santa Casa zugewiesene Glücksspiele und diesen entsprechende Spiele über das Internet anzubieten. Ein solches Ersuchen ist zulässig.
Außerdem ziehen die italienische, die niederländische und die norwegische Regierung sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens insoweit in Zweifel, weil die Angaben zum Inhalt und zu den Zielen der im Ausgangsverfahren anwendbaren portugiesischen Regelung unzureichend seien.
Die Informationen, die dem Gerichtshof im Rahmen einer Vorlageentscheidung geliefert werden müssen, dienen nicht nur dazu, dem Gerichtshof zu ermöglichen, dem vorlegenden Gericht sachdienliche Antworten zu geben, sondern sie sollen auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen interessierten Beteiligten die Möglichkeit geben, sich gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs zu äußern. Nach ständiger Rechtsprechung ist es dazu zum einen erforderlich, dass das nationale Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich seine Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen. Zum anderen muss die Vorlageentscheidung die genauen Gründe angeben, aus denen dem nationalen Gericht die Auslegung des Gemeinschaftsrechts fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof erforderlich erscheint. Dabei ist es unerlässlich, dass das nationale Gericht ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Gemeinschaftsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften herstellt.
Insoweit trifft zwar zu, dass die Genauigkeit und sogar der Nutzen sowohl der Erklärungen der Regierungen der Mitgliedstaaten und der anderen interessierten Beteiligten als auch der Antwort des Gerichtshofs davon abhängen können, dass die Angaben zum Inhalt und zu den Zielen der im Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Regelung hinreichend detailliert sind. Gleichwohl kann in Anbetracht der Aufgabenteilung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof nicht verlangt werden, dass das vorlegende Gericht vor einer Vorlage an den Gerichtshof sämtliche Tatsachenerhebungen und die rechtliche Würdigung vornimmt, die ihm im Rahmen seiner Rechtsprechungsaufgabe obliegen. Es reicht nämlich, dass sich der Gegenstand sowie diejenigen Punkte des Ausgangsrechtsstreits, die für die Gemeinschaftsrechtsordnung hauptsächlich von Interesse sind, aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergeben, damit sich die Mitgliedstaaten gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs äußern und wirkungsvoll am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligen können.
Im Ausgangsverfahren genügt die Vorlageentscheidung diesen Anforderungen. Das vorlegende Gericht hat den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen festgelegt, in den sich seine Frage an den Gerichtshof einfügt. Soweit die Ziele der portugiesischen Rechtsvorschriften über Glücksspiele in der Vorlageentscheidung nicht genannt werden, hat der Gerichtshof die Vorlagefrage unter Berücksichtigung insbesondere der von den Parteien des Ausgangsverfahrens und der portugiesischen Regierung ihm gegenüber angeführten Ziele zu beantworten. Der Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass er unter diesen Umständen über alle erforderlichen Angaben verfügt, um die Frage beantworten zu können.
Nach alledem ist das Vorabentscheidungsersuchen als zulässig anzusehen.
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Auslegung der Art. 43 EG, 49 EG und 56 EG.
Zur Anwendbarkeit der Art. 43 EG und 56 EG
Soweit die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage nicht nur Art. 49 EG, sondern auch die Art. 43 EG und 56 EG betrifft, ist vorweg festzustellen, dass im Licht der in den Akten enthaltenen Angaben nicht ersichtlich ist, dass die beiden letztgenannten Artikel auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwenden wären.
Was die Anwendbarkeit von Art. 43 EG betrifft, steht fest, dass Bwin ihr Geschäft in Portugal ausschließlich über das Internet betreibt, ohne im portugiesischen Hoheitsgebiet ansässige Vermittler einzuschalten und ohne dass folglich eine Haupt- oder Zweitniederlassung in Portugal errichtet worden wäre. Auch ist den Akten nicht zu entnehmen, dass Bwin die Absicht gehabt hätte, sich in Portugal niederzulassen. Folglich gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar sein könnten.
Zur Anwendbarkeit von Art. 56 EG ist festzustellen, dass die etwaigen beschränkenden Wirkungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung auf den freien Kapital- und Zahlungsverkehr nur die unvermeidbare Folge der etwaigen Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs wären. Steht aber eine nationale Maßnahme gleichzeitig mit mehreren Grundfreiheiten im Zusammenhang, prüft der Gerichtshof sie grundsätzlich nur im Hinblick auf eine dieser Freiheiten, wenn sich herausstellt, dass unter den Umständen des Einzelfalls die anderen Freiheiten dieser ersten gegenüber völlig zweitrangig sind und ihr zugeordnet werden können.
Somit ist die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage nur mit Blick auf Art. 49 EG zu beantworten.
Zur Bedeutung der Vorlagefrage
Der Ausgangsrechtsstreit betrifft die Vermarktung bestimmter auf elektronischem Weg, d. h. über das Internet, abgewickelter Glücksspiele in Portugal. Bwin, ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassener Wirtschaftsteilnehmer, bietet in Portugal Glücksspiele ausschließlich über das Internet an, und die Ordnungswidrigkeiten gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. a und b der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 282/2003, die der Liga und Bwin im Ausgangsrechtsstreit zur Last gelegt werden, betreffen ausschließlich Handlungen im Zusammenhang mit auf elektronischem Weg veranstalteten Spielen.
Die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage ist deshalb so zu verstehen, dass dieses im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 49 EG einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, nach der Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen.
Zum Vorliegen von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit
Art. 49 EG verlangt die Aufhebung jeder Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus den anderen Mitgliedstaaten gilt –, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Im Übrigen gilt die Dienstleistungsfreiheit sowohl zugunsten des Dienstleistenden als auch des Dienstleistungsempfängers.
Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Dienstleistungserbringern wie Bwin untersagt, in seinem Hoheitsgebiet Dienstleistungen über das Internet anzubieten, stellt eine Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs dar.
Mit einer solchen Regelung wird außerdem die Freiheit der Einwohner des betreffenden Mitgliedstaats beschränkt, über das Internet Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die in anderen Mitgliedstaaten angeboten werden.
Somit ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung, wie die portugiesische Regierung im Übrigen ausdrücklich einräumt, zu einer Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs führt.
Zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit
Zu prüfen ist, inwieweit die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen, die in den nach Art. 55 EG auf diesem Gebiet anwendbaren Art. 45 EG und 46 EG ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
Art. 46 Abs. 1 EG lässt Beschränkungen zu, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses herausgestellt wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen.
Wie von den meisten Mitgliedstaaten, die beim Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, ausgeführt, gehört die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Gemeinschaft ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben.
Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
Somit steht den Mitgliedstaaten zwar frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, doch müssen die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen.
Daher ist im vorliegenden Fall insbesondere zu prüfen, ob die mit den im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Rechtsvorschriften verfügte Beschränkung des Anbietens von Glücksspielen über das Internet geeignet ist, die Verwirklichung eines oder mehrerer der von dem betroffenen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziele zu gewährleisten, und ob sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels oder der Ziele erforderlich ist. Auf jeden Fall dürfen die Beschränkungen nicht diskriminierend angewandt werden.
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass eine nationale Regelung nur dann geeignet ist, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.
Nach Angaben der portugiesischen Regierung und von Santa Casa besteht das mit der nationalen Regelung verfolgte Ziel hauptsächlich in der Bekämpfung der Kriminalität, genauer im Schutz der Glücksspieler vor Betrug durch die Anbieter.
Dazu ist festzustellen, dass die Bekämpfung der Kriminalität ein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein kann, der geeignet ist, Beschränkungen hinsichtlich der Wirtschaftsteilnehmer zu rechtfertigen, denen es gestattet ist, Dienstleistungen im Glücksspielsektor anzubieten. Glücksspiele bergen nämlich in Anbetracht der Höhe der Beträge, die mit ihnen eingenommen werden können, und der Gewinne, die sie den Spielern bieten können, eine erhöhte Gefahr von Betrug und anderen Straftaten.
Der Gerichtshof hat ferner anerkannt, dass eine begrenzte Erlaubnis von Spielen im Rahmen eines Ausschließlichkeitsrechts den Vorteil bietet, den Spielbetrieb in kontrollierte Bahnen zu lenken und die Gefahren eines auf Betrug und andere Straftaten ausgerichteten Spielbetriebs auszuschalten.
Die portugiesische Regierung macht geltend, die Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten für die Veranstaltung von Glücksspielen an Santa Casa erlaube es, den Betrieb eines überwachten und sicheren Systems sicherzustellen. Zum einen belege das weit zurückreichende, sich über mehr als fünf Jahrhunderte erstreckende Bestehen von Santa Casa die Zuverlässigkeit dieser Einrichtung. Zum anderen arbeite Santa Casa in enger Abhängigkeit von der portugiesischen Regierung. Der rechtliche Rahmen der Glücksspiele, die Satzung von Santa Casa und die Beteiligung der Regierung an der Ernennung der Mitglieder der Verwaltungsorgane von Santa Casa erlaubten dem Staat eine wirksame Aufsicht über Letztere. Dieses durch Recht und Satzung errichtete System gebe dem Staat hinreichende Sicherheiten für die Einhaltung der Vorschriften zur Wahrung der Redlichkeit der von Santa Casa veranstalteten Glücksspiele.
Aus dem oben in den Randnrn. 12 bis 19 geschilderten nationalen rechtlichen Rahmen ergibt sich, dass die Organisation und der Betrieb von Santa Casa Beweggründen und Anforderungen folgen, die auf Ziele von öffentlichem Interesse abstellen. Der Abteilung Spiele von Santa Casa sind die Befugnisse einer Verwaltungsbehörde verliehen worden, um Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des unzulässigen Betriebs von Glücksspielen, die ausschließlich Santa Casa zugewiesen worden sind, zu organisieren und zu betreiben.
Die Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten für den Betrieb von Glücksspielen über das Internet an einen einzigen, einer engen Überwachung durch die öffentliche Gewalt unterliegenden Wirtschaftsteilnehmer wie Santa Casa kann es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ermöglichen, den Betrieb dieser Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, und ist geeignet, die Verbraucher vor Betrug durch die Anbieter zu schützen.
Zur Frage der Erforderlichkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung bringt die portugiesische Regierung vor, die Behörden eines Mitgliedstaats hätten in Bezug auf nicht gebietsansässige Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Dienstleistungen über das Internet anböten, nicht die gleichen Überwachungsmöglichkeiten wie im Fall eines Wirtschaftsteilnehmers wie Santa Casa.
Dazu ist festzustellen, dass der Sektor der über das Internet angebotenen Glücksspiele in der Gemeinschaft nicht harmonisiert ist. Ein Mitgliedstaat darf deshalb die Auffassung vertreten, dass der Umstand allein, dass ein Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin zu diesem Sektor gehörende Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist und in dem er grundsätzlich bereits rechtlichen Anforderungen und Kontrollen durch die zuständigen Behörden dieses anderen Mitgliedstaats unterliegt, rechtmäßig über das Internet anbietet, nicht als hinreichende Garantie für den Schutz der nationalen Verbraucher vor den Gefahren des Betrugs und anderer Straftaten angesehen werden kann, wenn man die Schwierigkeiten berücksichtigt, denen sich die Behörden des Sitzmitgliedstaats in einem solchen Fall bei der Beurteilung der Qualitäten und der Redlichkeit der Anbieter bei der Ausübung ihres Gewerbes gegenüber sehen können.
Außerdem bergen die Glücksspiele über das Internet, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontaktes zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden.
Zudem kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der für manche der Sportwettbewerbe, auf die er Wetten annimmt, sowie für manche der daran beteiligten Mannschaften als Sponsor auftritt, eine Stellung innehat, die es ihm erlaubt, den Ausgang dieser Wettbewerbe unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen und so seine Gewinne zu erhöhen.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Beschränkung in Anbetracht der Besonderheiten, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, als durch das Ziel der Bekämpfung von Betrug und anderen Straftaten gerechtfertigt angesehen werden kann.
Deshalb ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 49 EG einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, nach der Wirtschaftsteilnehmer wie Bwin, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Art. 49 EG steht einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegen, nach der Wirtschaftsteilnehmer wie die Bwin International Ltd, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen.
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08/09/2010 12:16
das zulässige Ziel der Suchtbekämpfung wird durch zu viel Werbung für Glücksspiele unterlaufen - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
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