Lehman - Zertifikate – besteht eine Hinweispflicht auch auf Gewinnmarge der Bank bei einem Eigengeschäft?

16.06.2010

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Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Rechtsanwalt für Kapitalmarktrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
In den Schadensersatzprozessen zweier Anleger gegen die Hamburger Sparkasse wegen des Erwerbs von Lehman-Zertifikaten hat der 13. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (13 U 117/09 und 13 U 118/09) am 23.04.2010 im Berufungsverfahren die Urteile des Landgerichts Hamburg abgeändert und die Klagen abgewiesen.

In beiden Fällen hat das Gericht auf Seiten der Hamburger Sparkasse keine zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung der Pflicht zur anleger- und anlagegerechten Beratung festgestellt.

Eine Beratungspflichtverletzung könne – entgegen der Sichtweise des Landgerichts – insbesondere nicht darin gesehen werden, dass die Kläger beim Erwerb der Zertifikate nicht über die Höhe der Gewinnmarge der Hamburger Sparkasse und die nicht vorhandene Einlagensicherung aufgeklärt wurden. Auch könnten die empfohlenen Produkte nicht als besonders spekulative Anlage angesehen werden. Bei einem regulären Verlauf hätten die Zertifikate lediglich das Risiko mit sich gebracht, dass für die Laufzeit keinerlei Rendite auf das eingesetzte Kapital erwirtschaftet worden wäre. Auf die Bonität der Lehman-Brothers Inc. habe im Zeitpunkt der Beratungen in den Jahren 2006 und 2007 ohne Weiteres vertraut werden können. Die Beratung der Anleger, die bereits über Erfahrungen mit riskanteren Wertpapieren verfügt hätten und von der Beklagten über die Möglichkeit eines Totalverlustes aufgeklärt worden seien, sei insgesamt angemessen gewesen.

Die beklagte Bank hatte im Jahr 2007 von Lehman Brothers ausgegebene Zertifikate gekauft, um sie weiterzuverkaufen. Sie erwarb die Zertifikate zu einem gegenüber dem Nennbetrag reduzierten Ausgabepreis und veräußerte sie dann zum Nennbetrag.

Zur unterbliebenen Belehrung über die Höhe der von der Beklagten erzielten Gewinnmarge hat der Senat ausgeführt, dass die sog. „kick-back“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs  auf die hiesigen Fallkonstellationen nicht übertragbar sei. Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die hiesigen Fälle scheidet nach der Auffassung des Senats aus, da der Verkauf der Zertifikate ein Eigengeschäft der Beklagten war und entsprechend kein Dreipersonenverhältnis vorgelegen habe. In den hier zu entscheidenden Fällen habe eine entsprechende Aufklärungspflicht zudem schon deshalb nicht bestanden, weil die Beklagte mit der Empfehlung der Lehman-Zertifikate sogar einen geringeren Gewinn als mit dem Verkauf ihrer anderen Anlageprodukte erwirtschaftet habe. Gegenüber anderen Anlageformen habe damit kein erhöhter Vertriebsanreiz und deshalb auch kein Interessenkonflikt existiert, der die Beklagte zur Offenlegung der Marge und / oder des Platzierungsrisikos verpflichtet habe.

Der Senat hat in beiden Fällen die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Frage, ob eine Bank im Rahmen der Anlageberatung einen Hinweis auf die von ihr erzielte Gewinnmarge aus einem Eigengeschäft erteilen muss bzw. neben dem Hinweis auf das Emittentenrisiko auch noch Aufklärung über das Nichteingreifen eines Einlagensicherungssystem schuldet, sei von grundsätzlicher Bedeutung und bislang nicht höchstrichterlich entschieden worden.


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