Domainrecht: Zur Störerhaftung der DENIC eG als Registrierungsstelle für Domains unter der Top-Level-Domain .de
published on 12/01/2012 08:59
Domainrecht: Zur Störerhaftung der DENIC eG als Registrierungsstelle für Domains unter der Top-Level-Domain .de
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Das LG Frankfurt a. M. hat mit dem Urteil vom 15.01.2009 (Az: 2/3 O 411/08, 2-3 O 411/08) folgendes entschieden:
Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und in welchem Maße eine Prüfung für den vermeintlichen Störer zumutbar ist. Eine Einschränkung ist insbesondere dann angezeigt, wenn der Störungszustand für denjenigen, der als Störer in Anspruch genommen wird, nicht ohne weiteres oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erkennbar ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit In Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin entstandene Abmahnkosten zu tragen.
Die Klägerin ist die Muttergesellschaft des H.-...-Konzerns, zu dem eine Reihe von Versicherungsunternehmen gehören, die alle das Zeichen „H“ beziehungsweise das Zeichen „H“ in unterschiedlichen Kombinationen in ihrer Firma tragen. Der H.-...-Konzern ist weiten Teilen der Bevölkerung bekannt. Außerdem ist die Klägerin Trägerin einer Reihe von Kennzeichenrechten an der Bezeichnung „H.-...“.
Die Beklagte ist die genossenschaftlich organisierte deutsche Vergabestelle für Domain-Namen unter der Top-Level-Domain „.de“, wobei eine Domain immer nur einmal vergeben werden kann. Die Beklagte registriert eine Domain auf einen entsprechenden Antrag hin dann, wenn sie nicht schon registriert ist. Eine Prüfung, ob an einer angemeldeten Domain Rechte Dritter bestehen, führt die Beklagte m dem von ihr im Hinblick auf die großen Mengen von Registrierungsanträgen (rund 200.000 Registrierungsanträge pro Monat) vollautomatisch betriebenen Registrierungssystem nicht durch.
Die Beklagte registrierte für eine angeblich auf Zypern sitzende Frau M. F. die Domain „www.h...de“, wobei unter der angegebenen Anschrift die Anmelderin tatsächlich nicht erreichbar war; entsprechendes gilt für den bei der Anmeldung angegebenen technischen Ansprechpartner, den sogenannten „admin-c“, für den eine unzutreffenden Adresse in B. angegeben worden war.
Die Klägerin ließ die Beklagte zunächst mit Schreiben des Klägervertreters vom 17.06.2008 (Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 13 f. d. A.) auf einen von ihr in der Domain www.huk-coburg24.de gesehenen Namensrechts- und Kennzeichenverstoß hinweisen, was sie mit Schreiben vom 02.07.2008 (Anlage K 5 zur Klageschrift, Bl. 15 d. A.) wiederholte. Außerdem stellte die Klägerin einen sogenannten Dispute-Antrag bei der Beklagten, durch den gemäß der Domainvergabebedingungen die Weiterübertragung der Domain gehindert und diese der Klägerin beim späteren Freiwerden gesichert wurde. Die Beklagte gab mit Schreiben vom 04.07.2008 (Anlage K 6 zur Klageschrift, Bl. 16 d. A.) bekannt, dass die Domain am 03.07.2008 durch den Provider gelöscht und aufgrund des Dispute-Antrags die Klägerin Domaininhaberin geworden sei.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nun auf Erstattung des wie aus Seite 7 der Klageschrift (Bl. 7 d. A.) ersichtlich berechneten Betrags an Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 1.314,71 für das Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.07.2008 an die Beklagte in Anspruch, wobei die Parteien vor allem darum streiten, ob die Beklagte infolge des Hinweises auf die Domain in dem ersten Schreiben des Klägervertreters gehalten war, die Domain von sich aus zu löschen.
Die Klägerin meint, die Beklagte sei zur Löschung der Domain verpflichtet gewesen. Die Bezeichnung „H.-...“ sei bei rund € 5 Milliarden Jahresprämieneinnahme im H.-...-Konzern, einem Marktanteil in der Kfz-Versicherung von 11%, dem 2. Platz in der Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung, insgesamt 8,8 Mio. Kunden und einer Bekanntheitsquote von 94% unter allen erwachsenen Deutschen als Geschäftsbezeichnung so bekannt und berühmt, dass für die Beklagte eine in der Domain „www.h...de“ liegende Rechtsverletzung unschwer zu erkennen gewesen sei. Die engen Voraussetzungen, die der BGH insoweit in der Entscheidung sogenannten ambiente.de-Entscheidung für eine Störerhaftung der Beklagten aufgestellt habe, seien weiterzuentwickeln und führten hier zur Haftung der Beklagten; denn jedem Mitarbeiter der Beklagten („auch dem Hausmeister“) sei „H.-...“ bekannt und deshalb ersichtlich gewesen, dass die in Zypern sitzende Anmeldern der Domain hierzu nicht berechtigt gewesen sei. Die Beklagte unterhalte eine Rechtsabteilung, die zu dieser Prüfung in der Lage gewesen sei, dort sei auch bekannt gewesen, dass der Zusatz „24“ rein beschreibend und markenrechtlich daher irrelevant gewesen sei. Anders als in der ambiente.de-Entscheidung gehe es hier auch nicht nur um Markenrechte, sondern auch um Namensrechte, deren Prüfung weniger kompliziert sei. Eine Rechtsverfolgung gegen den in der von der Beklagten unterhaltenen Datenbank „whois“ registrierten Anmelder sowie die Möglichkeit eines Dispute-Antrags sei in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig uneffektiv, weil die Anmelderangaben in der „whois“-Datenbank ebenfalls ungeprüft übernommen wurden, die Rechtsverfolgung verliere sich dann schnell in der anonymen Weite der Weit.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.314,71 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 22.07.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meint, dass in der Domain „www.h...de“ kein offensichtlicher Rechtsverstoß, der sie als reine Registrierungsstelle mit sehr begrenzten Prüfkapazitäten zum Einschreiten hätte verpflichten, vorgelegen habe. Die Löschung einer Domain-Bezeichnung, deren Rechtswidrigkeit noch nicht durch ein rechtskräftiges Urteil gegen den Domain-Inhaber festgestellt sei, sei für sie im Ergebnis nur dann zumutbar, wenn die Bezeichnung mit einem berühmten Kennzeichen identisch sei. An beiden Voraussetzungen fehle es im vorliegenden Fall, ihre aus einem Volljuristen und 5 Sachbearbeitern bestehende Rechtsabteilung unterhalte sie nicht aus Gründen der Domainüberprüfung. Eine ausgedehnte Prüfpflicht sei mit ihren Aufgaben bei derzeit rund 12 Millionen Domains und monatlich rund 200.000 Registrierungsanträgen, die nur vollautomatisiert bearbeitet werden könnten, auch nicht zu vereinen. Sie selbst bestehe aus Gründen des öffentlichen Interesses, eine leichte Registrierbarkeit von Domains sei allgemein erwünscht, sie verfolge keine Gewinnerzielungsabsicht. Mit der „whois“-Datenbank und der Möglichkeit von Dispute-Anträgen eröffne sie Rechteinhabern ein Vorgehen gegen vermeintliche Verletzer, das auch die Klägerin hier habe erfolgreich nutzen können. Das „Identitätskriterium“ aus der ambiente.de-Entscheidung sei hier nicht gegeben, eine Prüfung auf das Vorliegen einer Verwechselungsgefahr sei nicht zu verlangen, maßgeblich sei der Horizont eines beliebigen Sachbearbeiters und nicht derjenige eines auf das Markenrecht spezialisierten Juristen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze mitsamt Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 11.12.2008 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Abmahnkosten nicht zu, weil die Beklagte nicht, wie von der Klägerin in den Schreiben vom 17.06.2008 und vom 02.07.2008 geltend gemacht worden ist, aufgrund einer Haftung als Störerin von sich aus zum Löschen der im damaligen Zeitpunkt noch auf eine Dritte registrierten Domain „www.h...de“ verpflichtet war. Ausgehend von der auf den vorliegenden Fall übertragbaren und in Fortführung der von den Parteien diskutierten ambiente.de-Entscheidung des BGH getroffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Urteil vom 13.02.2006 (Az. 6 U 132/01), die den Parteien bekannt ist, der sich die Kammer ausdrücklich anschließt und bei der die Marke „viagra“ verschiedenen Domains gegenüber stand, die neben „viagra“ beschreibende Zusätze enthielten, ergibt sich dies hier wie folgt:
Eine Haftung der Beklagten kommt von vornherein nur als Störerhaftung in Betracht, gestützt auf den Umstand, dass die Beklagte mit der Registrierung der Domain eine Ursache für eine zum Nachteil der Klägerin eingetretene Rechtsverletzung gesetzt hat. Im Ergebnis sind die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten als Störerin jedoch nicht erfüllt. Die Haftung des Störers setzt die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und in welchem Maße eine Prüfung für den vermeintlichen Störer zumutbar ist. Eine Einschränkung ist insbesondere dann angezeigt, wenn der Störungszustand für denjenigen, der als Störer in Anspruch genommen wird, nicht ohne weiteres oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erkennbar ist.
Die Prüfungspflichten, die die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Vergabe- und Registrierungsstelle für Domain-Namen treffen, hat der Bundesgerichtshof in seinem - für die Beurteilung der vorliegenden Problematik grundlegenden - Urteil „ambiente.de“ näher umrissen. Danach ist der Beklagten grundsätzlich nur eine Prüfung auf offenkundige, aus ihrer Sicht eindeutige, Rechtsverstöße zuzumuten. Diese eingeschränkten Prüfungspflichten greifen außerdem erst dann ein, wenn die Beklagte darauf hingewiesen wird, dass die eingetragene Domain-Bezeichnung Rechte Dritter verletzt. Demnach kann der Beklagten im vorliegenden Fall nicht schon zur Last gelegt werden, dass sie die in Rede stehende Domain registriert hat. Prüfungspflichten konnten allenfalls durch das erste Schreiben der Klägervertreter vom 17.06.2008 an die Beklagte begründet werden, mit dem die Klägerin auf eine von ihr gesehene Rechtsverletzung hingewiesen hatte. Auch dieser Hinweis hat indes die Voraussetzungen für eine Störerhaftung der Beklagten nicht herbeigeführt, weil es an einer offenkundigen, für die Beklagte eindeutigen, Rechtsverletzung fehlte.
Der Bundesgerichtshof hat die nach einem derartigen Hinweis des Verletzten einsetzenden Prüfungspflichten der Beklagten mit Rücksicht auf die Funktion und die Aufgabenstellung der Beklagten eng begrenzt. Die Voraussetzung einer offenkundigen und für die Beklagte ohne weiteres feststellbaren Rechtsverletzung kann vor diesem Hintergrund nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen erfüllt sein. Die Beklagte muss ohne weitere Nachforschungen zweifelsfrei feststellen können, dass ein registrierter Domain-Name die Rechte Dritter verletzt. Der Rechtsverstoß muss für den zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten unschwer zu erkennen sein. Unschwer zu erkennen ist ein Rechtsverstoß in diesem Zusammenhang für die Beklagte nur dann, wenn ihr ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel beziehungsweise eine unzweifelhaft wirksame Unterwerfungserklärung des Domain-Inhabers vorliegt - beides war hier nicht der Fall - oder wenn die Rechtsverletzung derart eindeutig ist, dass sie sich der Beklagten aufdrängen muss. Eine Marken- oder Namensrechtsverletzung kann für die Beklagte allenfalls dann offensichtlich sein, wenn die Domain mit einem berühmten Namen oder einer berühmten Marke identisch ist, der oder die über eine überragende Verkehrsgeltung auch in allgemeinen Verkehrkreisen verfügt. Diese Umstände müssen sich auch den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen.
Die Einwände der Klägerin geben keine Veranlassung, von diesen klaren Kriterien abzuweichen und die Voraussetzungen für eine Löschungsverpflichtung der Beklagten von einer einzelfallbezogenen Abwägung aller Umstände abhängig zu machen. Der für die Beklagte zumutbare Prüfungsaufwand orientiert sich an den organisatorischen Möglichkeiten, die der Beklagten unter den Rahmenbedingungen einer eng begrenzten, auf Kostengünstigkeit ausgerichteten, personellen Ausstattung einerseits sowie dem Ziel einer effizienten und zügigen Erfüllung ihrer primären Aufgaben andererseits zu Gebote stehen. Die Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen begegnet im Zusammenhang mit der hier allein in Betracht kommenden Störerhaftung schon deshalb keinen durchgreifenden Bedenken, weil es ohnehin nicht angemessen erscheint, das Haftungs- und Prozessrisiko, das bei Auseinandersetzungen um die Rechtmäßigkeit eines Domain-Namens dessen Inhaber trifft, auf die Beklagte zu verlagern. Derjenige, der durch einen Domain-Namen in seinen Rechten verletzt wird, hat die Möglichkeit, seine Ansprüche gegen den Inhaber des Domain-Hamens geltend zu machen. Dies wird ihm durch Maßnahmen der Beklagten erleichtert. So stellt ihm die Beklagte relevante Informationen über die Domain und deren Inhaber zur Verfügung, nimmt sogenannte „dispute-Einträge“ vor, die einer Übertragung des Domain-Namens auf Dritte während einer laufenden Auseinandersetzung vorbeugen, und verlangt von im Ausland ansässigen Domain-Inhabern die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten. Die Beklagte ist aber nicht gehalten, dem möglicherweise durch einen Domain-Namen Verletzten das Risiko und die Mühen einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Inhaber der Domain abzunehmen. Ohnedies könnte die Klärung des Konflikts der Beklagten nicht endgültig überlassen werden; maßgeblich bliebe auch bei einer Prüfung durch die Beklagte letztlich die gerichtliche Klärung des zwischen dem Inhaber des Domain-Namens und dem (angeblich) Verletzten bestehenden Streits.
Die unter den genannten Rahmenbedingungen begrenzten Möglichkeiten der Beklagten bedingen zum einen, dass bei der Frage der Offenkundigkeit eines geltend gemachten Rechtsverstoßes auf den zuständigen Sachbearbeiter abzustellen ist. Bei diesem können besondere Kenntnisse im Marken- und Namensrecht nicht vorausgesetzt werden. Auf die Sicht eines mit dem Marken- und Namensrecht vertrauten Juristen könnte es nur dann ankommen, wenn Hinweise auf vermeintliche Rechtsverletzungen durchgängig von fachkundigen Juristen bearbeitet werden müssten. Damit wäre die Beklagte angesichts der sehr großen Anzahl von Registrierungen und der erheblichen Zahl von Streitfällen - die Beklagte nimmt nach den Feststellungen des OLG Frankfurt am Main in der viagratip.de-Entscheidung jährlich rund 5.000 „dispute-Einträge“ vor - jedoch organisatorisch überfordert. Die Existenz einer Rechtsabteilung ändert daran nichts. Des weiteren haben die begrenzten Kapazitäten der Beklagten und in Verbindung hiermit auch das Abstellen auf die Erkenntnismöglichkeiten des zuständigen Sachbearbeiters zur Konsequenz, dass die für einen Anspruch gegen die Beklagte notwendige Offenkundigkeit der Rechtsverletzung des Domain-Inhabers mit einer eher schematischen Betrachtungsweise korrespondiert und nicht erst aus einer Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles entnommen werden kann. Nach den oben dargestellten Maßstäben, die sich aus der Entscheidung „ambiente.de“ des Bundesgerichtshofs ergeben, hat die Beklagte im vorliegenden Fall keine Prüfungspflichten verletzt. Sie ist daher nicht zur Beseitigung des Störungszustandes und damit zur Löschung der beiden angegriffenen Domain-Bezeichnungen verpflichtet. Voraussetzung für eine Störerhaftung der Beklagten ist, wie bereits ausgeführt, im Falle einer Marken- oder Namensrechtsverletzung die Identität des Domain-Namens mit einer berühmten Marke oder einem berühmten Namen. Hierbei handelt es sich nicht etwa nur um einen vom Bundesgerichtshof in dem Urteil „ambiente.de“ erwähnten Beispielsfall, sondern um die Formulierung eines Kriteriums, bei dessen Vorliegen die für eine Störerhaftung der Beklagten notwendige Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung allenfalls gegeben sein kann. Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei „H.-...“ um eine berühmte Marke, ein berühmtes Unternehmenskennzeichen oder einen berühmten Namen handelt, und ob sich dies den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen musste. Es fehlt jedenfalls an der Identität der beanstandeten Domain-Namen mit der Klagemarke. Bei der Bezeichnung „h...de“ handelt es sich um die Schöpfung eines neuen Begriffs unter Nennung der Marke „H.-...“. Zwar ist der Wortteil „h.“ prägend. Die Einbeziehung des demgegenüber nicht kennzeichnungskräftigen Zusatzes „24“ in den Gesamtbegriff schließt die Annahme einer Zeichenidentität gleichwohl aus. Abgesehen davon handelt es sich bei Wertungen auf der Grundlage der Prägetheorie regelmäßig nicht um Umstände, die sich den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen. Es besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, von der Voraussetzung einer identischen Markenverwendung abzurücken, zumal diese im Domainrecht infolge der mit ihr verbundenen Behinderung des Markeninhabers bei der Benutzung der Marke für seinen eigenen Internetauftritt eine gegenüber der nur verwechslungsfähigen Annäherung an die Marke eigenständige Verletzungsqualität besitzt. Unbeschadet dessen würde es im vorliegenden Fall selbst dann an einer offenkundigen Rechtsverletzung fehlen, wenn bereits die Einbeziehung der Marke in ein mit ihr nicht identisches Gesamtzeichen zu einer Löschungspflicht der Beklagten führen könnte.
Dass das fragliche Identitätskriterium entgegen der Ansicht der Klägerin als notwendige Voraussetzung einer Störerhaftung der Beklagten anzusehen ist, ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Begründung für die Nichtzulassung der Revision durch das OLG Frankfurt am Main. Das OLG hatte hiernach die Revision nicht zugelassen,
„weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat ist den Grundsätzen gefolgt, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „ambiente.de“ formuliert hat. Nach dieser Entscheidung ist die identische Verwendung einer berühmten Marke nicht nur ein Beispielsfall einer für die Beklagte offenkundigen Markenrechtsverletzung, sondern eine hierfür notwendige Voraussetzung,“
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711.
Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und in welchem Maße eine Prüfung für den vermeintlichen Störer zumutbar ist. Eine Einschränkung ist insbesondere dann angezeigt, wenn der Störungszustand für denjenigen, der als Störer in Anspruch genommen wird, nicht ohne weiteres oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erkennbar ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit In Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin entstandene Abmahnkosten zu tragen.
Die Klägerin ist die Muttergesellschaft des H.-...-Konzerns, zu dem eine Reihe von Versicherungsunternehmen gehören, die alle das Zeichen „H“ beziehungsweise das Zeichen „H“ in unterschiedlichen Kombinationen in ihrer Firma tragen. Der H.-...-Konzern ist weiten Teilen der Bevölkerung bekannt. Außerdem ist die Klägerin Trägerin einer Reihe von Kennzeichenrechten an der Bezeichnung „H.-...“.
Die Beklagte ist die genossenschaftlich organisierte deutsche Vergabestelle für Domain-Namen unter der Top-Level-Domain „.de“, wobei eine Domain immer nur einmal vergeben werden kann. Die Beklagte registriert eine Domain auf einen entsprechenden Antrag hin dann, wenn sie nicht schon registriert ist. Eine Prüfung, ob an einer angemeldeten Domain Rechte Dritter bestehen, führt die Beklagte m dem von ihr im Hinblick auf die großen Mengen von Registrierungsanträgen (rund 200.000 Registrierungsanträge pro Monat) vollautomatisch betriebenen Registrierungssystem nicht durch.
Die Beklagte registrierte für eine angeblich auf Zypern sitzende Frau M. F. die Domain „www.h...de“, wobei unter der angegebenen Anschrift die Anmelderin tatsächlich nicht erreichbar war; entsprechendes gilt für den bei der Anmeldung angegebenen technischen Ansprechpartner, den sogenannten „admin-c“, für den eine unzutreffenden Adresse in B. angegeben worden war.
Die Klägerin ließ die Beklagte zunächst mit Schreiben des Klägervertreters vom 17.06.2008 (Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 13 f. d. A.) auf einen von ihr in der Domain www.huk-coburg24.de gesehenen Namensrechts- und Kennzeichenverstoß hinweisen, was sie mit Schreiben vom 02.07.2008 (Anlage K 5 zur Klageschrift, Bl. 15 d. A.) wiederholte. Außerdem stellte die Klägerin einen sogenannten Dispute-Antrag bei der Beklagten, durch den gemäß der Domainvergabebedingungen die Weiterübertragung der Domain gehindert und diese der Klägerin beim späteren Freiwerden gesichert wurde. Die Beklagte gab mit Schreiben vom 04.07.2008 (Anlage K 6 zur Klageschrift, Bl. 16 d. A.) bekannt, dass die Domain am 03.07.2008 durch den Provider gelöscht und aufgrund des Dispute-Antrags die Klägerin Domaininhaberin geworden sei.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nun auf Erstattung des wie aus Seite 7 der Klageschrift (Bl. 7 d. A.) ersichtlich berechneten Betrags an Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 1.314,71 für das Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.07.2008 an die Beklagte in Anspruch, wobei die Parteien vor allem darum streiten, ob die Beklagte infolge des Hinweises auf die Domain in dem ersten Schreiben des Klägervertreters gehalten war, die Domain von sich aus zu löschen.
Die Klägerin meint, die Beklagte sei zur Löschung der Domain verpflichtet gewesen. Die Bezeichnung „H.-...“ sei bei rund € 5 Milliarden Jahresprämieneinnahme im H.-...-Konzern, einem Marktanteil in der Kfz-Versicherung von 11%, dem 2. Platz in der Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung, insgesamt 8,8 Mio. Kunden und einer Bekanntheitsquote von 94% unter allen erwachsenen Deutschen als Geschäftsbezeichnung so bekannt und berühmt, dass für die Beklagte eine in der Domain „www.h...de“ liegende Rechtsverletzung unschwer zu erkennen gewesen sei. Die engen Voraussetzungen, die der BGH insoweit in der Entscheidung sogenannten ambiente.de-Entscheidung für eine Störerhaftung der Beklagten aufgestellt habe, seien weiterzuentwickeln und führten hier zur Haftung der Beklagten; denn jedem Mitarbeiter der Beklagten („auch dem Hausmeister“) sei „H.-...“ bekannt und deshalb ersichtlich gewesen, dass die in Zypern sitzende Anmeldern der Domain hierzu nicht berechtigt gewesen sei. Die Beklagte unterhalte eine Rechtsabteilung, die zu dieser Prüfung in der Lage gewesen sei, dort sei auch bekannt gewesen, dass der Zusatz „24“ rein beschreibend und markenrechtlich daher irrelevant gewesen sei. Anders als in der ambiente.de-Entscheidung gehe es hier auch nicht nur um Markenrechte, sondern auch um Namensrechte, deren Prüfung weniger kompliziert sei. Eine Rechtsverfolgung gegen den in der von der Beklagten unterhaltenen Datenbank „whois“ registrierten Anmelder sowie die Möglichkeit eines Dispute-Antrags sei in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig uneffektiv, weil die Anmelderangaben in der „whois“-Datenbank ebenfalls ungeprüft übernommen wurden, die Rechtsverfolgung verliere sich dann schnell in der anonymen Weite der Weit.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.314,71 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 22.07.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meint, dass in der Domain „www.h...de“ kein offensichtlicher Rechtsverstoß, der sie als reine Registrierungsstelle mit sehr begrenzten Prüfkapazitäten zum Einschreiten hätte verpflichten, vorgelegen habe. Die Löschung einer Domain-Bezeichnung, deren Rechtswidrigkeit noch nicht durch ein rechtskräftiges Urteil gegen den Domain-Inhaber festgestellt sei, sei für sie im Ergebnis nur dann zumutbar, wenn die Bezeichnung mit einem berühmten Kennzeichen identisch sei. An beiden Voraussetzungen fehle es im vorliegenden Fall, ihre aus einem Volljuristen und 5 Sachbearbeitern bestehende Rechtsabteilung unterhalte sie nicht aus Gründen der Domainüberprüfung. Eine ausgedehnte Prüfpflicht sei mit ihren Aufgaben bei derzeit rund 12 Millionen Domains und monatlich rund 200.000 Registrierungsanträgen, die nur vollautomatisiert bearbeitet werden könnten, auch nicht zu vereinen. Sie selbst bestehe aus Gründen des öffentlichen Interesses, eine leichte Registrierbarkeit von Domains sei allgemein erwünscht, sie verfolge keine Gewinnerzielungsabsicht. Mit der „whois“-Datenbank und der Möglichkeit von Dispute-Anträgen eröffne sie Rechteinhabern ein Vorgehen gegen vermeintliche Verletzer, das auch die Klägerin hier habe erfolgreich nutzen können. Das „Identitätskriterium“ aus der ambiente.de-Entscheidung sei hier nicht gegeben, eine Prüfung auf das Vorliegen einer Verwechselungsgefahr sei nicht zu verlangen, maßgeblich sei der Horizont eines beliebigen Sachbearbeiters und nicht derjenige eines auf das Markenrecht spezialisierten Juristen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze mitsamt Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 11.12.2008 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Abmahnkosten nicht zu, weil die Beklagte nicht, wie von der Klägerin in den Schreiben vom 17.06.2008 und vom 02.07.2008 geltend gemacht worden ist, aufgrund einer Haftung als Störerin von sich aus zum Löschen der im damaligen Zeitpunkt noch auf eine Dritte registrierten Domain „www.h...de“ verpflichtet war. Ausgehend von der auf den vorliegenden Fall übertragbaren und in Fortführung der von den Parteien diskutierten ambiente.de-Entscheidung des BGH getroffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Urteil vom 13.02.2006 (Az. 6 U 132/01), die den Parteien bekannt ist, der sich die Kammer ausdrücklich anschließt und bei der die Marke „viagra“ verschiedenen Domains gegenüber stand, die neben „viagra“ beschreibende Zusätze enthielten, ergibt sich dies hier wie folgt:
Eine Haftung der Beklagten kommt von vornherein nur als Störerhaftung in Betracht, gestützt auf den Umstand, dass die Beklagte mit der Registrierung der Domain eine Ursache für eine zum Nachteil der Klägerin eingetretene Rechtsverletzung gesetzt hat. Im Ergebnis sind die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten als Störerin jedoch nicht erfüllt. Die Haftung des Störers setzt die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und in welchem Maße eine Prüfung für den vermeintlichen Störer zumutbar ist. Eine Einschränkung ist insbesondere dann angezeigt, wenn der Störungszustand für denjenigen, der als Störer in Anspruch genommen wird, nicht ohne weiteres oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erkennbar ist.
Die Prüfungspflichten, die die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Vergabe- und Registrierungsstelle für Domain-Namen treffen, hat der Bundesgerichtshof in seinem - für die Beurteilung der vorliegenden Problematik grundlegenden - Urteil „ambiente.de“ näher umrissen. Danach ist der Beklagten grundsätzlich nur eine Prüfung auf offenkundige, aus ihrer Sicht eindeutige, Rechtsverstöße zuzumuten. Diese eingeschränkten Prüfungspflichten greifen außerdem erst dann ein, wenn die Beklagte darauf hingewiesen wird, dass die eingetragene Domain-Bezeichnung Rechte Dritter verletzt. Demnach kann der Beklagten im vorliegenden Fall nicht schon zur Last gelegt werden, dass sie die in Rede stehende Domain registriert hat. Prüfungspflichten konnten allenfalls durch das erste Schreiben der Klägervertreter vom 17.06.2008 an die Beklagte begründet werden, mit dem die Klägerin auf eine von ihr gesehene Rechtsverletzung hingewiesen hatte. Auch dieser Hinweis hat indes die Voraussetzungen für eine Störerhaftung der Beklagten nicht herbeigeführt, weil es an einer offenkundigen, für die Beklagte eindeutigen, Rechtsverletzung fehlte.
Der Bundesgerichtshof hat die nach einem derartigen Hinweis des Verletzten einsetzenden Prüfungspflichten der Beklagten mit Rücksicht auf die Funktion und die Aufgabenstellung der Beklagten eng begrenzt. Die Voraussetzung einer offenkundigen und für die Beklagte ohne weiteres feststellbaren Rechtsverletzung kann vor diesem Hintergrund nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen erfüllt sein. Die Beklagte muss ohne weitere Nachforschungen zweifelsfrei feststellen können, dass ein registrierter Domain-Name die Rechte Dritter verletzt. Der Rechtsverstoß muss für den zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten unschwer zu erkennen sein. Unschwer zu erkennen ist ein Rechtsverstoß in diesem Zusammenhang für die Beklagte nur dann, wenn ihr ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel beziehungsweise eine unzweifelhaft wirksame Unterwerfungserklärung des Domain-Inhabers vorliegt - beides war hier nicht der Fall - oder wenn die Rechtsverletzung derart eindeutig ist, dass sie sich der Beklagten aufdrängen muss. Eine Marken- oder Namensrechtsverletzung kann für die Beklagte allenfalls dann offensichtlich sein, wenn die Domain mit einem berühmten Namen oder einer berühmten Marke identisch ist, der oder die über eine überragende Verkehrsgeltung auch in allgemeinen Verkehrkreisen verfügt. Diese Umstände müssen sich auch den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen.
Die Einwände der Klägerin geben keine Veranlassung, von diesen klaren Kriterien abzuweichen und die Voraussetzungen für eine Löschungsverpflichtung der Beklagten von einer einzelfallbezogenen Abwägung aller Umstände abhängig zu machen. Der für die Beklagte zumutbare Prüfungsaufwand orientiert sich an den organisatorischen Möglichkeiten, die der Beklagten unter den Rahmenbedingungen einer eng begrenzten, auf Kostengünstigkeit ausgerichteten, personellen Ausstattung einerseits sowie dem Ziel einer effizienten und zügigen Erfüllung ihrer primären Aufgaben andererseits zu Gebote stehen. Die Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen begegnet im Zusammenhang mit der hier allein in Betracht kommenden Störerhaftung schon deshalb keinen durchgreifenden Bedenken, weil es ohnehin nicht angemessen erscheint, das Haftungs- und Prozessrisiko, das bei Auseinandersetzungen um die Rechtmäßigkeit eines Domain-Namens dessen Inhaber trifft, auf die Beklagte zu verlagern. Derjenige, der durch einen Domain-Namen in seinen Rechten verletzt wird, hat die Möglichkeit, seine Ansprüche gegen den Inhaber des Domain-Hamens geltend zu machen. Dies wird ihm durch Maßnahmen der Beklagten erleichtert. So stellt ihm die Beklagte relevante Informationen über die Domain und deren Inhaber zur Verfügung, nimmt sogenannte „dispute-Einträge“ vor, die einer Übertragung des Domain-Namens auf Dritte während einer laufenden Auseinandersetzung vorbeugen, und verlangt von im Ausland ansässigen Domain-Inhabern die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten. Die Beklagte ist aber nicht gehalten, dem möglicherweise durch einen Domain-Namen Verletzten das Risiko und die Mühen einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Inhaber der Domain abzunehmen. Ohnedies könnte die Klärung des Konflikts der Beklagten nicht endgültig überlassen werden; maßgeblich bliebe auch bei einer Prüfung durch die Beklagte letztlich die gerichtliche Klärung des zwischen dem Inhaber des Domain-Namens und dem (angeblich) Verletzten bestehenden Streits.
Die unter den genannten Rahmenbedingungen begrenzten Möglichkeiten der Beklagten bedingen zum einen, dass bei der Frage der Offenkundigkeit eines geltend gemachten Rechtsverstoßes auf den zuständigen Sachbearbeiter abzustellen ist. Bei diesem können besondere Kenntnisse im Marken- und Namensrecht nicht vorausgesetzt werden. Auf die Sicht eines mit dem Marken- und Namensrecht vertrauten Juristen könnte es nur dann ankommen, wenn Hinweise auf vermeintliche Rechtsverletzungen durchgängig von fachkundigen Juristen bearbeitet werden müssten. Damit wäre die Beklagte angesichts der sehr großen Anzahl von Registrierungen und der erheblichen Zahl von Streitfällen - die Beklagte nimmt nach den Feststellungen des OLG Frankfurt am Main in der viagratip.de-Entscheidung jährlich rund 5.000 „dispute-Einträge“ vor - jedoch organisatorisch überfordert. Die Existenz einer Rechtsabteilung ändert daran nichts. Des weiteren haben die begrenzten Kapazitäten der Beklagten und in Verbindung hiermit auch das Abstellen auf die Erkenntnismöglichkeiten des zuständigen Sachbearbeiters zur Konsequenz, dass die für einen Anspruch gegen die Beklagte notwendige Offenkundigkeit der Rechtsverletzung des Domain-Inhabers mit einer eher schematischen Betrachtungsweise korrespondiert und nicht erst aus einer Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles entnommen werden kann. Nach den oben dargestellten Maßstäben, die sich aus der Entscheidung „ambiente.de“ des Bundesgerichtshofs ergeben, hat die Beklagte im vorliegenden Fall keine Prüfungspflichten verletzt. Sie ist daher nicht zur Beseitigung des Störungszustandes und damit zur Löschung der beiden angegriffenen Domain-Bezeichnungen verpflichtet. Voraussetzung für eine Störerhaftung der Beklagten ist, wie bereits ausgeführt, im Falle einer Marken- oder Namensrechtsverletzung die Identität des Domain-Namens mit einer berühmten Marke oder einem berühmten Namen. Hierbei handelt es sich nicht etwa nur um einen vom Bundesgerichtshof in dem Urteil „ambiente.de“ erwähnten Beispielsfall, sondern um die Formulierung eines Kriteriums, bei dessen Vorliegen die für eine Störerhaftung der Beklagten notwendige Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung allenfalls gegeben sein kann. Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei „H.-...“ um eine berühmte Marke, ein berühmtes Unternehmenskennzeichen oder einen berühmten Namen handelt, und ob sich dies den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen musste. Es fehlt jedenfalls an der Identität der beanstandeten Domain-Namen mit der Klagemarke. Bei der Bezeichnung „h...de“ handelt es sich um die Schöpfung eines neuen Begriffs unter Nennung der Marke „H.-...“. Zwar ist der Wortteil „h.“ prägend. Die Einbeziehung des demgegenüber nicht kennzeichnungskräftigen Zusatzes „24“ in den Gesamtbegriff schließt die Annahme einer Zeichenidentität gleichwohl aus. Abgesehen davon handelt es sich bei Wertungen auf der Grundlage der Prägetheorie regelmäßig nicht um Umstände, die sich den Mitarbeitern der Beklagten ohne weiteres erschließen. Es besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, von der Voraussetzung einer identischen Markenverwendung abzurücken, zumal diese im Domainrecht infolge der mit ihr verbundenen Behinderung des Markeninhabers bei der Benutzung der Marke für seinen eigenen Internetauftritt eine gegenüber der nur verwechslungsfähigen Annäherung an die Marke eigenständige Verletzungsqualität besitzt. Unbeschadet dessen würde es im vorliegenden Fall selbst dann an einer offenkundigen Rechtsverletzung fehlen, wenn bereits die Einbeziehung der Marke in ein mit ihr nicht identisches Gesamtzeichen zu einer Löschungspflicht der Beklagten führen könnte.
Dass das fragliche Identitätskriterium entgegen der Ansicht der Klägerin als notwendige Voraussetzung einer Störerhaftung der Beklagten anzusehen ist, ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Begründung für die Nichtzulassung der Revision durch das OLG Frankfurt am Main. Das OLG hatte hiernach die Revision nicht zugelassen,
„weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat ist den Grundsätzen gefolgt, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „ambiente.de“ formuliert hat. Nach dieser Entscheidung ist die identische Verwendung einer berühmten Marke nicht nur ein Beispielsfall einer für die Beklagte offenkundigen Markenrechtsverletzung, sondern eine hierfür notwendige Voraussetzung,“
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711.
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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kein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB- BGH-Urteil vom 18.01.2012 - Az: I ZR 187/10
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Ein auf der fehlerhaften Schreibweise einer bereits zuvor registrierten Internetadresse gebildeter Domainname kann gegen das Verbot unlauterer Behinderung gem. § 4 Nr. 10 UWG verstoßen.
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Die Domain-Vergabestelle DENIC ist a
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wenn mit der Löschung des Domainnamens eine Rechtsfolge begehrt wird, die aus kennzeichenrechtlichen Vorschriften deswegen nicht hergeleitet werden kann-BGH vom 09.11.11-Az:I ZR 150/09
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