Bebauungsplan: Nutzungsuntersagung bei Verstoß gegen Zwei-Wohnungs-Klausel

bei uns veröffentlicht am01.06.2007

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für Öffentliches Recht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zum Baurecht und Vergaberecht - BSP Bierbach Streifler & Partner PartGmbB Berlin Mitte

Legt ein Bebauungsplan fest, dass Wohnhäuser nicht mehr als zwei Wohnungen haben dürfen, kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung von Räumen als selbstständige dritte Wohneinheit untersagen. Mit dieser Entscheidung wies das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt die Klage eines Hauseigentümers zurück. Im entschiedenen Fall sah der maßgebliche Bebauungsplan Wohnbebauung vor, Einzelhäuser durften nicht mehr als zwei Wohnungen haben. In den Bauplänen des 1994 genehmigten Reihenhauses waren eine Wohnung im Erdgeschoss sowie eine weitere - zweite - Wohnung im Ober- und Dachgeschoss eingetragen. Nach Fertigstellung des Gebäudes wurde das Dachgeschoss als selbstständige Wohnung vermietet; die Mieter sind zwischenzeitlich wieder ausgezogen. Die Kreisverwaltung als zuständige Bauaufsichtsbehörde untersagte dem Hauseigentümer die Nutzung des Dachgeschosses als selbstständige dritte Wohneinheit. Hiergegen erhob dieser nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage beim Verwaltungsgericht.

Die Richter begründeten die Klageabweisung wie folgt: Nach den Bauplänen sei eine dritte Wohnung nicht genehmigt und könne wegen der entgegenstehenden Festsetzungen im Bebauungsplan auch nicht zugelassen werden. Obwohl die Mieter ausgezogen seien, sei das Nutzungsverbot gerechtfertigt. Der Hauseigentümer habe sich in der Vergangenheit nicht an die Beschränkung auf zwei Wohnungen gehalten. Er wolle das Dachgeschoss in Zukunft wieder als selbstständige Wohnung nutzen. Da die Kreisverwaltung seit 2004 gegen sämtliche Eigentümer vorgehe, die sich nicht an die Zwei-Wohnungs-Klausel gehalten hätten, sei die behördliche Maßnahme schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht zu beanstanden (VG Neustadt, 4 K 906/06.NW).

 

 

 

 

 

 

 

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Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Die regelmäßigen Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai statt. Sie sind zeitgleich mit den regelmäßigen Wahlen nach § 5 Abs. 1 des Sprecherausschussgesetzes einzuleiten.

(2) Außerhalb dieser Zeit ist der Betriebsrat zu wählen, wenn

1.
mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um fünfzig, gestiegen oder gesunken ist,
2.
die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist,
3.
der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat,
4.
die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten worden ist,
5.
der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder
6.
im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht.

(3) Hat außerhalb des für die regelmäßigen Betriebsratswahlen festgelegten Zeitraums eine Betriebsratswahl stattgefunden, so ist der Betriebsrat in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen. Hat die Amtszeit des Betriebsrats zu Beginn des für die regelmäßigen Betriebsratswahlen festgelegten Zeitraums noch nicht ein Jahr betragen, so ist der Betriebsrat in dem übernächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 - 13 Sa 767/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kosten der ersten Instanz der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5 zu tragen hat.

2. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Der 1965 geborene, ledige und kinderlose Kläger war seit dem 1. September 1991 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als „Manager Business Finance“ im Geschäftsfeld „Enterprise Solution“ in F.

3

Die Beklagte gehört zur weltweit tätigen N-Gruppe mit Hauptsitz in Kanada, die Telekommunikationslösungen anbietet. In Deutschland werden Standorte ua. in F und Fr unterhalten. Im Januar 2009 leiteten weltweit verschiedene Gesellschaften dieser Unternehmensgruppe koordiniert Insolvenzverfahren ein, um so die verschiedenen, länder- und gesellschaftsübergreifend organisierten Geschäftsfelder bestmöglich verkaufen zu können. Am 14. Januar 2009 eröffnete der High Court of Justice in London (High Court) das Administrationsverfahren als Hauptinsolvenzverfahren im Sinne der Europäischen Insolvenzverordnung über das Vermögen der Beklagten und bestellte die Herren Bl, Ha, H und Hu zu sog. „Joint Administrators“ (künftig: Administratoren bzw. Administrator). Dies wurde vom Amtsgericht F am 27. Januar 2009 öffentlich bekannt gemacht und in das Handelsregister eingetragen. Ein Sekundärinsolvenzverfahren wurde nicht eröffnet.

4

Nach dem Beschluss des High Court vom 14. Januar 2009 bestimmen sich die Aufgaben und Befugnisse der Administratoren nach dem Anhang zu diesem Beschluss und dem diesem Beschluss als Anlage A beigefügten Anhang 1 zum Insolvency Act 1986. In Ziff. 9 des Beschlusses ist angeordnet, dass die Administratoren einzeln oder gemeinsam tätig werden können. Nach Ziff. 4 Abs. 6 des Anhangs zu diesem Beschluss fungieren die Administratoren als Vertreter der Gesellschaft. Nach Anhang 1 zum Insolvency Act 1986 haben sie ua. die Befugnis, Gerichtsverfahren für und im Namen der Gesellschaft abzuwehren, einen Vertreter zu bestellen sowie Arbeitnehmer zu entlassen. Außerdem dürfen sie eine Einigung oder einen Vergleich im Namen der Gesellschaft abschließen.

5

Zur Vorbereitung des Verkaufs ua. des Geschäftsfelds „Enterprise Solutions“ wurden in der Unternehmensgruppe tief greifende Restrukturierungsmaßnahmen beschlossen, darunter der Abbau von 196 Arbeitsplätzen bei der Beklagten. Zur Umsetzung dieses Personalabbaus schlossen die Beklagte, die dabei von einem der Administratoren vertreten wurde, der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat und die örtlichen Betriebsräte einen Interessenausgleich vom 17. Juli 2009. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die Beklagte insgesamt 418 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Der Interessenausgleich sah in § 3 als „Erste Betriebsänderung“ vor, dass den 196 in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmern ein Wechsel in eine Transfergesellschaft angeboten werden sollte. Dieser Liste, in der auch der Kläger benannt ist, lag eine nach einem Punkteschema durchgeführte soziale Auswahl zugrunde. Nachdem sich nur 176 Mitarbeiter zum Wechsel in die Transfergesellschaft bereit erklärt hatten, sollten Kündigungen ausgesprochen werden. Mit Schreiben vom 20. August 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers, der einen Wechsel in die Transfergesellschaft abgelehnt hatte, zum 30. November 2009 an. Sie teilte neben den Sozialdaten des Klägers dem Betriebsrat mit, dass für den Bereich „Enterprise“ ein verbindliches, an verschiedene Bedingungen geknüpftes Kaufangebot vorliege. Unter Ziff. 1 des Anhörungsschreibens führte sie an, zur Verhinderung einer Liquidation noch vor Durchführung des Verkaufs sei der Interessenausgleich vom 17. Juli 2009 geschlossen worden. Der erforderliche Personalabbau habe durch das Angebot zum Wechsel in die Transfergesellschaft nicht vollständig umgesetzt werden können. Deshalb müssten nunmehr Kündigungen erklärt werden. Weiter heißt es:

        

„2. Weiterhin macht A den Erwerb des Geschäftsbereichs ‚Enterprise Solutions’ davon abhängig, dass maximal 74 in diesem Bereich beschäftigte Mitarbeiter bei Vollzug der Transaktion auf sie übergehen. Aus diesem Grund sowie zur finanziellen Stabilisierung des Unternehmens müssen nunmehr 7 weitere Stellen abgebaut werden. …

        

3. Die Stelle von Herrn B wird als Teil des vereinbarten Personalabbaus aus betriebsbedingten Gründen abgebaut und fällt zum 31.10.2009 weg.

        

Die Betriebsparteien haben sich auf eine Namensliste nach §§ 1 Abs. 5 KSchG / 125 InsO geeinigt, auf der auch Herr B namentlich aufgeführt ist.

        

In der Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer ist Herr B am wenigsten sozial schutzwürdig.

        

Einen anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen gibt es nicht.

        

...“   

6

Nachdem keine Reaktion des Betriebsrats erfolgt war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 28. August 2009 zum 30. November 2009. Das Schreiben ist von Herrn R unterzeichnet, dem zuvor Vollmacht vom Administrator Ha erteilt worden war.

7

Am 18. Dezember 2009 veräußerte die Beklagte den Bereich „Enterprise Solutions“ an die A GmbH.

8

Der Kläger hat geltend gemacht, nach Art. 10 EuInsVO gelte für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf das Arbeitsverhältnis ausschließlich das Recht des Mitgliedstaats, das auf den Arbeitsvertrag anzuwenden sei. Das sei hier deutsches Recht. Deshalb habe der Administrator für die Beklagte bei Erklärung der Kündigung nicht tätig werden können. Eine deutsche GmbH werde von ihrem Geschäftsführer, nicht aber von einem Administrator vertreten. Außerdem seien die §§ 125 und 113 InsO nicht anwendbar, weil der Interessenausgleich nicht von einem Insolvenzverwalter, sondern von der Beklagten als Arbeitgeberin, vertreten durch einen Administrator, geschlossen sei. Ohnehin habe es keine Betriebsänderung gegeben, weil nur 20 Mitarbeiter betroffen gewesen seien. Zu diesen habe der Kläger nicht gehört, denn seine Stelle sei eine von den in Ziff. 2 der Betriebsratsanhörung erwähnten. Auch sei die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Auch seien freie Arbeitsplätze vorhanden gewesen. Frau Be habe ihr Arbeitsverhältnis gekündigt und Frau Au sei zum 1. September 2009 aus Fr in die Abteilung des Klägers versetzt worden. Diese zusätzlich neu geschaffene Stelle hätte nicht mit Frau Au, sondern mit dem Kläger besetzt werden müssen. Der Betriebsrat sei unzureichend angehört worden, denn der Kläger gehöre zum Bereich „Enterprise Solutions“, könne also nicht unter Ziff. 1 der Betriebsratsanhörung fallen. Auch fehlten konkrete Angaben zur Sozialauswahl. Zudem sei dem Betriebsrat verschwiegen worden, dass freie Arbeitsplätze vorhanden gewesen seien.

9

Der Kläger hat zuletzt - soweit noch von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. August 2009 nicht zum 30. November 2009 aufgelöst wurde;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Manager Business Finance weiterzubeschäftigen.

10

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, die vom Kläger zur Sozialauswahl benannten Arbeitnehmer seien mit diesem nicht vergleichbar. Freie Arbeitsplätze seien nicht vorhanden gewesen. Die Stelle von Frau Be habe nicht wieder besetzt werden sollen. Die mit Frau Au besetzte Stelle sei unterhalb der Hierarchieebene des Klägers angesiedelt. Der Betriebsrat habe durch die Verhandlungen über den Interessenausgleich einen Kenntnisstand besessen, der ihm aufgrund der Anhörung vom 20. August 2009 eine sachgerechte Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung ermöglicht habe.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 28. August 2009 mit dem 30. November 2009 beendet worden.

12

I. Für die Entscheidung des Rechtsstreits sind die deutschen Gerichte auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) international zuständig.

13

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch unter Geltung von § 545 Abs. 2 ZPO eine in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung(st. Rspr., zuletzt BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - Rn. 14, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 23 = EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1).

14

2. Der Geltungsbereich der EuGVVO ist eröffnet.

15

a) Die Anwendung der Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO erfordert einen Auslandsbezug (EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 29, ZIP 2011, 2377). Dieser notwendige Auslandsbezug liegt hier vor. Zwar haben sowohl der Kläger seinen Wohnsitz als auch die Beklagte ihren Geschäftssitz im Inland. Ungeachtet dessen ist kein reiner Inlandssachverhalt gegeben. Der Auslandsbezug kann sich auch daraus ergeben, dass durch den Grund der Streitigkeit mehrere Vertragsstaaten mit einbezogen sind (EuGH 1. März 2005 - C-281/02 - [Owusu] Rn. 26, Slg. 2005, I-1383). Dafür genügt es, dass der Rechtsstreit Fragen hinsichtlich der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit der Gerichte aufwerfen kann (EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 30, aaO). Vorliegend ist ein Administrationsverfahren nach englischem Recht als Hauptinsolvenzverfahren nach Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO) eröffnet worden. Art. 3 EuInsVO weist in bestimmten Grenzen den Gerichten des Staats der Verfahrenseröffnung eine internationale Zuständigkeit auch für Einzelverfahren, die mit dem Insolvenzverfahren im Zusammenhang stehen, zu(EuGH 19. April 2012 - C-213/10 - [F-Tex] Rn. 27, 29, NZI 2012, 469). Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur Abgrenzung der Zuständigkeit deutscher und englischer Gerichte und damit die Einschlägigkeit der EuGVVO. Könnten sowohl englische als auch deutsche Gerichte ihre Zuständigkeit annehmen, bestünde die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen. Dies will nach ihrem Erwägungsgrund Nr. 15 die EuGVVO vermeiden. Die Anwendung der einheitlichen Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO anstelle der in Deutschland und England geltenden Zuständigkeitsvorschriften des nationalen Rechts dient damit dem mit der EuGVVO verfolgten Ziel der Rechtssicherheit (vgl. EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 33, aaO).

16

b) Auch der sachliche Geltungsbereich der EuGVVO ist gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO eröffnet. Zu den zivilrechtlichen Streitigkeiten im Sinne der Bestimmung gehören auch Streitigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - Rn. 27, BAGE 132, 182). Art. 1 Abs. 2 Buchst. b EuGVVO steht der Anwendbarkeit der EuGVVO nicht entgegen. Diese Bereichsausnahme erfasst nur Klagen, die unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen und mit ihm in einem engen Zusammenhang stehen. Solche Klagen werden durch Art. 3 EuInsVO der internationalen Zuständigkeit der Gerichte des Staats der Verfahrenseröffnung zugeordnet. Zu diesen Annexverfahren zählen Klagen gegen Kündigungen, die ein Insolvenzverwalter im Sinne der EuInsVO in Deutschland nach deutschem Recht erklärt hat, auch dann nicht, wenn sie auf der Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste nach § 125 InsO und mit der kurzen Frist des § 113 InsO erfolgt sind. Für solche Verfahren bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach der EuGVVO und nicht nach der EuInsVO.

17

aa) Aus den Erwägungsgründen Nr. 2, 7 und 15 der EuGVVO folgt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den in Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung enthaltenen Begriff „Zivil- und Handelssachen“ und damit deren Anwendungsbereich weit fassen wollte. Damit korrespondiert der erste Satz des Erwägungsgrundes Nr. 6 der EuInsVO. Deshalb ist der Anwendungsbereich des Art. 1 EuGVVO weit und der des Art. 3 EuInsVO eng auszulegen(EuGH 10. September 2009 - C-292/08 - [German Graphics Graphische Maschinen GmbH] Rn. 22 - 25, Slg. 2009, I-8421). Art. 3 Abs. 1 EuInsVO weist den Gerichten des für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zuständigen Mitgliedstaats die internationale Zuständigkeit nur für Klagen zu, die sich unmittelbar aus einem Insolvenzverfahren herleiten und in engem Zusammenhang damit stehen(EuGH 19. April 2012 - C-213/10 - [F-Tex] Rn. 27, 29, NZI 2012, 469; 12. Februar 2009 - C-339/07 - [Deko Marty Belgium] Rn. 21, Slg. 2009, I-767).

18

bb) Ob ein solcher enger Zusammenhang eines Einzelverfahrens mit dem Stammverfahren besteht, hat das angerufene Gericht nach dem von ihm anzuwendenden Recht zu bestimmen (vgl. EuGH 19. April 2012 - C-213/10 - [F-Tex] Rn. 46, NZI 2012, 469). Die Ausgestaltung des jeweiligen Einzelverfahrens durch die einschlägige nationale Rechtsordnung bestimmt, ob die Kriterien, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einen engen Zusammenhang begründen, vorliegen (vgl. Mankowski/Willemer RIW 2009, 669, 671). Der autonom auszulegende Begriff des Annexverfahrens ist von den angerufenen nationalen Gerichten auf der Grundlage des für das Einzelverfahren einschlägigen Rechts auszufüllen (vgl. Fehrenbach IPRax 2009, 492, 497). Kündigungsschutzklagen gegen eine nach deutschem Arbeitsrecht erklärte Kündigung fehlt der spezifische Insolvenzbezug, um den erforderlichen engen Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren anzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn sie sich auf die §§ 113, 125 InsO stützen.

19

(1) Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ordnet den Gerichten des Staats der Verfahrenseröffnung die internationale Zuständigkeit für sämtliche sich unmittelbar aus der Insolvenz eines Unternehmens ergebenden Verfahren zu, um durch die Bündelung dieser Verfahren die Effizienz grenzüberschreitender Insolvenzen zu verbessern und diese zu beschleunigen. Außerdem soll dies verhindern, dass Parteien durch die Verlagerung von Vermögen oder Rechtsstreitigkeiten in andere Mitgliedstaaten ihre Rechtsstellung verbessern können (forum shopping, vgl. zu diesen Zielen EuGH 12. Februar 2009 - C-339/07 - [Deko Marty Belgium] Rn. 21 ff., Slg. 2009, I-767). Nach diesen Zwecken ist bei Kündigungen, auf die nach den Regeln des Internationalen Privatrechts wie im vorliegenden Fall deutsches Recht und deshalb nach Art. 10 EuInsVO auch im Anwendungsbereich der EuInsVO ausschließlich das deutsche Kündigungsrecht anzuwenden ist(siehe dazu unter III), eine Bündelung im Staat der Verfahrenseröffnung nicht geboten. Im Gegenteil widerspräche eine solche Bündelung diesen Zwecken. Wären über Art. 3 Abs. 1 EuInsVO die Gerichte des Staats der Verfahrenseröffnung zuständig, müssten sie aufgrund der Bestimmung des Art. 10 EuInsVO deutsches Arbeitsrecht anwenden. Die einheitliche Durchführung aller in den verschiedenen Mitgliedstaaten bei einer grenzüberschreitenden Insolvenz erklärten Kündigungen im Staat der Verfahrenseröffnung nach dem jeweils für das Arbeitsverhältnis geltendem Recht der anderen Mitgliedstaaten würde zu Verzögerungen und einer Verkomplizierung der Abwicklung der Insolvenz führen.

20

(2) Diese Erwägungen treffen auch auf Klagen gegen Kündigungen zu, die ein Insolvenzverwalter im Sinne der EuInsVO mit der Frist des § 113 InsO auf der Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste nach § 125 InsO erklärt hat(vgl. Cranshaw jurisPR-InsR 11/2011 Anm. 2). Darüber hinaus sind auch in solchen Passivprozessen die allgemeinen deutschen kündigungsrechtlichen Bestimmungen, die lediglich insolvenzrechtlich modifiziert werden, anzuwenden. Aus § 113 InsO ergibt sich kein eigenständiger Kündigungsgrund der Insolvenz oder Sanierung, vielmehr ist das Kündigungsschutzgesetz auch bei einer Kündigung des Insolvenzverwalters nach § 113 InsO zu beachten, wenn es nach seinem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich Anwendung findet(BAG 20. September 2006 - 6 AZR 249/05 - Rn. 39, AP BGB § 613a Nr. 316 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 62). Erfolgt die Kündigung auf der Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste, kommen dem Insolvenzverwalter zwar die Wirkungen des § 125 InsO zugute. Dadurch werden aber lediglich §§ 1 und 2 KSchG modifiziert. Im Übrigen hat der Insolvenzverwalter, will er eine wirksame, einer rechtlichen Überprüfung standhaltende Kündigung erklären, die allgemein für Kündigungen geltenden Bestimmungen einzuhalten, auf deren Geltung die Insolvenz keinen Einfluss hat. Dazu gehören etwa die Wahrung der Schriftform des § 623 BGB und die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG. Auch Kündigungsschutzklagen gegen Kündigungen auf der Grundlage der §§ 113, 125 InsO dienen damit keinem insolvenzspezifischen Zweck und haben ihren Rechtsgrund nicht im Insolvenzrecht, sondern im Arbeitsrecht(zu diesem Abgrenzungskriterium Mankowski/Willemer RIW 2009, 669, 672).

21

3. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich aus Art. 19 Nr. 1 iVm. Art. 60 Abs. 1 Buchst. a EuGVVO. Die Beklagte hat ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszugs ihren Sitz in Deutschland.

22

II. Die Beklagte ist passivlegitimiert. Sie hat die streitbefangene Kündigung erklärt und ist dabei entsprechend der nach Art. 18 Abs. 1 EuInsVO maßgeblichen Rechtsstellung der Administratoren nach englischem Recht von einem Administrator vertreten worden. Diese führen Gerichtsverfahren für und im Namen des Schuldners (Ziff. 5 der Anlage A zum Beschluss des High Court vom 14. Januar 2009, Anhang 1 zum Insolvency Act 1986).

23

Ein etwaiger Betriebsübergang in der Folgezeit ändert an der Passivlegitimation nichts. Der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, bleibt für die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der Kündigung auch nach einem Betriebsübergang passivlegitimiert (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 33, NZA-RR 2012, 465).

24

III. Die Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 28. August 2009 bestimmt sich nach deutschem Arbeitsrecht.

25

1. Die Eröffnung des Administrationsverfahrens als Hauptinsolvenzverfahren nach Art. 3 EuInsVO ist von den deutschen Gerichten anzuerkennen.

26

a) Nach Art. 16 Abs. 1 EuInsVO wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch ein nach Art. 3 EuInsVO zuständiges Gericht eines Mitgliedstaats grundsätzlich in allen übrigen Mitgliedstaaten, die sich an dieser Verordnung beteiligen, anerkannt, sobald die Entscheidung im Staat der Verfahrenseröffnung wirksam ist. Diese Prioritätsregel beruht auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens (vgl. Erwägungsgrund Nr. 22 der EuInsVO). Allerdings verlangt dieser Grundsatz, dass das Gericht des Mitgliedstaats, bei dem ein Antrag auf Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens anhängig gemacht wird, seine Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO prüft, dh. untersucht, ob der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen (sog. center of main interests, COMI) in diesem Mitgliedstaat hat. Im Gegenzug erkennen die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten die Entscheidung über die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens an. Eine Überprüfung der vom Eröffnungsgericht getroffenen Beurteilung seiner Zuständigkeit durch die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten findet nicht statt (EuGH 21. Januar 2010 - C-444/07 - [MGProbud] Rn. 26 - 29, Slg. 2010, I-417). Die Anerkennung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach Art. 16 EuInsVO hat zur Folge, dass das Hauptinsolvenzverfahren gemäß Art. 17 Abs. 1 EuInsVO automatisch und ohne irgendwelche zusätzlichen Förmlichkeiten in den anderen Mitgliedstaaten die Wirkungen entfaltet, die das Recht des Staats der Verfahrenseröffnung ihr beilegt, sofern kein Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet ist.

27

b) Das Administrationsverfahren ist im Anhang A zur EuInsVO genannt und damit ein Insolvenzverfahren iSd. Art. 2 Buchst. a EuInsVO. Anhang C zur EuInsVO führt den Administrator an, der damit ein Verwalter iSd. Art. 2 Buchst. b EuInsVO ist. Die deutschen Gerichte sind deshalb an die Entscheidung des High Court vom 14. Januar 2009, über das Vermögen der Beklagten das Administrationsverfahren als Hauptinsolvenzverfahren iSd. Art. 3 Abs. 1 EuInsVO zu eröffnen, gebunden.

28

c) Die Angriffe des Klägers, der insbesondere in der Verhandlung vor dem Senat deutlich gemacht hat, dass er die Vorgehensweise der Beklagten, die nicht überschuldet gewesen sei, für rechtsmissbräuchlich hält, führen zu keinem anderen Ergebnis. Die vom High Court angenommene Zuständigkeit und die darauf basierende Eröffnungsentscheidung hätten nur mit den nach dem englischem Recht dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen angefochten werden können (vgl. EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 - [Eurofood IFSC] Rn. 43, Slg. 2006, I-3813). Eine solche Anfechtung ist nicht erfolgt. Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen der ordre-public-Klausel des Art. 26 EuInsVO liegen entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor. Diese Klausel kann nur in Ausnahmefällen eingreifen. Anderenfalls würde das Ziel dieser Verordnung, die Effizienz und Wirksamkeit von Insolvenzverfahren mit grenzüberschreitender Wirkung zu verbessern (vgl. Erwägungsgrund Nr. 8 der EuInsVO), ausgehöhlt. Ihre Anwendung kommt deshalb nur in Betracht, wenn eine in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltende Norm oder ein dort als wesentlich geltendes Recht offensichtlich verletzt ist (EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 - [Eurofood IFSC] Rn. 62 f., aaO). Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Kläger nichts vorgetragen.

29

2. Grundsätzlich gilt damit gemäß Art. 4 Abs. 1 EuInsVO für das vom High Court eröffnete Insolvenzverfahren und seine Wirkungen das englische Insolvenzrecht(lex fori concursus). Dies erfasst nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EuInsVO insbesondere die Befugnisse des Schuldners und des Verwalters, die sich damit grundsätzlich nach englischem Insolvenzrecht bestimmen. Von dieser Kollisionsnorm macht jedoch Art. 10 EuInsVO eine Ausnahme. Danach ist für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen Arbeitsvertrag und auf das Arbeitsverhältnis ausschließlich das Recht des Mitgliedstaats maßgeblich, das auf den Arbeitsvertrag anzuwenden ist (lex causae). Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass nach den Kollisionsregeln des internationalen Privatrechts für das Arbeitsverhältnis der Parteien deutsches Arbeitsrecht maßgeblich ist. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich, und die Feststellung wird auch von keiner Partei angegriffen.

30

IV. Die Kündigung der Beklagten vom 28. August 2009 ist wirksam.

31

1. Die Kündigung ist nicht nach § 1 KSchG iVm. § 125 InsO sozial ungerechtfertigt.

32

a) Der Beklagten kommen bei der Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung entgegen der Ansicht der Revision die Wirkungen des § 125 InsO zugute, obwohl sie selbst, vertreten durch den Administrator Ha, den Interessenausgleich vom 17. Juli 2009 vereinbart hat, der Interessenausgleich also nicht zwischen dem Betriebsrat und einem Insolvenzverwalter nach deutschem Recht zustande gekommen ist. Bei grenzüberschreitenden Insolvenzen im Sinne der EuInsVO, bei denen deutsches Arbeitsrecht aufgrund der Regelung in Art. 10 EuInsVO anwendbar ist, ist § 125 InsO unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass auch ein Administrator, der in der vom englischen Insolvenzrecht vorgesehenen Weise für den Schuldner handelt, als Insolvenzverwalter iSd. § 125 InsO anzusehen ist und daher einen Interessenausgleich mit Namensliste abschließen kann, der die Wirkungen des § 125 InsO nach sich zieht.

33

aa) Art. 10 EuInsVO legt als Sonderkollisionsnorm das anwendbare Recht nicht selbst fest, sondern gibt lediglich den Weg über das allgemeine Kollisionsrecht zur Anwendung des Rechts des Mitgliedstaats frei, das nach dem internationalen Privatrecht anzuwenden ist(Stephan in HK-InsO 6. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 1; Dammann in Pannen Europäische Insolvenzverordnung Art. 10 Rn. 2). So wird über das Kollisionsrecht der Schutz des Arbeitnehmers und des Arbeitsverhältnisses vor der Anwendung statutsfremder Rechtsvorschriften gewährleistet (Virgós/Schmit Erläuternder Bericht zu dem EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren [im Folgenden: Erläuternder Bericht] Nr. 125). Vor dem Hintergrund dieses Regelungszwecks verdeutlicht der Begriff „ausschließlich“ nur, dass eine kumulative oder alternative Anknüpfung an die lex fori concursus nicht stattfindet (MünchKommInsO/Reinhart 2. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 23; Virgós/Schmit Erläuternder Bericht Nr. 127; MünchKommBGB/Kindler 5. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 9), und zwar auch dann nicht, wenn die Kündigungsschutzbestimmungen des Rechts des Staats der Verfahrenseröffnung für den Arbeitnehmer günstiger sind als das nach Art. 10 EuInsVO maßgebliche Recht(Dammann in Pannen Europäische Insolvenzverordnung Art. 10 Rn. 11) oder vergleichbare Regelungen nicht kennen (Kölner Schrift/Mankowski 3. Aufl. Kap. 47 Rn. 120). Durch die Regelung des Art. 10 EuInsVO soll das Arbeitsvertragsstatut unter Einbeziehung seines Insolvenzarbeitsrechts zur Anwendung kommen und das Insolvenzstatut verdrängen. Der arbeitsrechtliche und der insolvenzrechtliche Arbeitnehmerschutz sollen demselben Recht unterliegen (Kölner Schrift/Mankowski Kap. 47 Rn. 117).

34

bb) Aus dem von der Revision herangezogenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. Januar 2010 (- C-444/07 - [MG Probud] Rn. 47, Slg. 2010, I-417) folgt nichts anderes.

35

(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dort lediglich ausgeführt, dass das Recht des Staats der Verfahrenseröffnung anzuwenden ist, wenn die Voraussetzungen der Art. 5 bis 15 EuInsVO nicht erfüllt sind. Deshalb richteten sich in dem dem Gerichtshof vorgelegten Fall das Schicksal des Vermögens des Schuldners in der Bundesrepublik Deutschland und die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Maßnahmen, denen dieses Vermögen unterworfen werden konnte, allein nach polnischem Recht (EuGH 21. Januar 2010 - C-444/07 - [MG Probud] Rn. 43, 47, Slg. 2010, I-417). Diese Ausführungen sind im Zusammenhang mit dem Regel-Ausnahme-System der Art. 4 bis 15 EuInsVO zu lesen. Nach der Grundregel des Art. 4 Abs. 1 EuInsVO wird mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts, dh. des Gerichts, in dem sich das COMI des Schuldners befindet, zugleich das anwendbare Recht festgelegt. Maßgeblich ist danach grundsätzlich das Insolvenzrecht des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren eröffnet worden ist. Die Art. 5 bis 15 EuInsVO sehen in den dort geregelten Fällen Ausnahmen von dieser Grundregel vor(EuGH 5. Juli 2012 - C-527/10 - [ERSTE Bank Hungary] Rn. 38 f., ZIP 2002, 1815). Aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt vorliegend lediglich, dass sich die Wirksamkeit der Kündigung nicht nach englischem, sondern deutschem Arbeitsrecht bestimmt. Insoweit wird, wie der Kläger zu Recht annimmt, Art. 4 Abs. 1 EuInsVO durch Art. 10 EuInsVO verdrängt.

36

(2) Daraus folgt jedoch entgegen der Annahme des Klägers nicht die Unanwendbarkeit des § 125 InsO. Bei der Anwendung des deutschen Arbeitsrechts haben die deutschen Gerichte nämlich ungeachtet der Anordnung der ausschließlichen Geltung deutschen Rechts durch Art. 10 EuInsVO die Anerkennungswirkung gemäß Art. 16 Abs. 1 EuInsVO und die Wirkungserstreckung nach Art. 17 Abs. 1 EuInsVO und damit gemäß § 18 Abs. 1 EuInsVO die sich aus dem englischem Recht ergebende Rechtsstellung des Administrators und dessen daraus erwachsende Befugnisse zu achten.

37

(a) Den vom High Court mit Beschluss vom 14. Januar 2009 bestellten Administratoren kommt nicht dieselbe Rechtsstellung wie einem Insolvenzverwalter nach deutschem Recht zu, der in die Arbeitgeberstellung der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO fortbestehenden Arbeitsverhältnisse einrückt und Rechtsnachfolger des Schuldners wird. Die Arbeitgeberstellung ist bei der Beklagten verblieben, die bei ihren im Zusammenhang mit den beabsichtigten Kündigungen erfolgten Rechtshandlungen von den Administratoren vertreten worden ist (Ziff. 4 Abs. 6 des Anhangs zum Beschluss vom 14. Januar 2009).

38

(b) Folgte man der Rechtsauffassung des Klägers, wäre es einem Administrator, der nach Art. 10 EuInsVO deutsches Recht anwenden muss, aufgrund dieser unterschiedlichen Ausgestaltung der Befugnisse eines Verwalters nach englischem und deutschem Recht effektiv unmöglich, nach deutschem Arbeitsrecht tätig zu werden, weil er nicht Arbeitgeber geworden ist, nicht die Stellung eines Insolvenzverwalters und auch nicht die eines Geschäftsführers einer GmbH hat. Er könnte aufgrund seiner Rechtsstellung weder einen Interessenausgleich mit Namensliste nach § 125 InsO noch einen Interessenausgleich nach § 1 Abs. 5 KSchG schließen. Er könnte nicht einmal Kündigungen erklären, weil er nach Ansicht des Klägers die Beklagte nicht nach deutschem GmbH-Recht vertreten kann. Im Ergebnis wäre damit dem Administrator englischen Rechts jedes Handeln verwehrt, weil er kein Insolvenzverwalter im Sinne der deutschen Insolvenzordnung ist.

39

(c) Ein solches Verständnis der auf der Grundlage des Art. 10 EuInsVO anzuwendenden deutschen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wäre jedoch mit Art. 3, Art. 16 Abs. 1 iVm. Art. 17 Abs. 1 EuInsVO, die von den deutschen Arbeitsgerichten die Anerkennung des Administrationsverfahrens und der dadurch nach englischem Recht eintretenden Wirkungen verlangen, nicht zu vereinbaren. Die Anerkennung eines in einem Mitgliedstaat nach Art. 3 EuInsVO eröffneten Hauptinsolvenzverfahrens zieht die Anerkennung der Bestellung und der Befugnisse des Hauptinsolvenzverwalters in den anderen Mitgliedstaaten nach sich(Pannen/Riedemann in Pannen Europäische Insolvenzverordnung Art. 18 Rn. 16; Virgós/Schmit Erläuternder Bericht Nr. 160). Nur so ist das Recht des Staats der Verfahrenseröffnung (Insolvenzstatut) durchzusetzen. Dies stellt Art. 18 Abs. 1 EuInsVO klar und vervollständigt so die automatische Anerkennung des Hauptinsolvenzverfahrens(vgl. Uhlenbruck/Lüer 13. Aufl. Art. 18 EuInsVO Rn. 1; MünchKommBGB/Kindler 5. Aufl. Art. 18 EuInsVO Rn. 2). Es darf deshalb nicht von der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters nach dem jeweiligen Recht des Staats der Verfahrenseröffnung abhängen, ob ihm die Erleichterungen der Kündigungen in der Insolvenz nach §§ 113, 125 sowie § 128 Abs. 2 InsO zugute kommen oder nicht. Dies widerspräche dem Zweck der EuInsVO, effiziente und wirksame grenzüberschreitende Insolvenzverfahren sicherzustellen (vgl. dazu EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 - [Eurofood IFSC] Rn. 48, Slg. 2006, I-3813).

40

(d) Die Anerkennungswirkung des Art. 3 iVm. Art. 16 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 sowie Art. 18 Abs. 1 EuInsVO gebietet bei grenzüberschreitenden Insolvenzen, bei denen deutsches Arbeitsrecht aufgrund der Regelung in Art. 10 EuInsVO anwendbar ist und bei denen ein Verwalter iSv. Art. 2 Buchst. b EuInsVO mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste schließt, die unionsrechtskonforme Auslegung des § 125 InsO (zu diesem Auslegungsgrundsatz bei unmittelbar geltendem Unionsrecht EuGH 28. September 1994 - C-200/91 - [Coloroll Pension Trustees] Rn. 29, Slg. 1994, I-4389). Handelt ein solcher Verwalter in der vom Insolvenzrecht des Staats der Verfahrenseröffnung vorgesehenen Weise für den Schuldner, ist er als Insolvenzverwalter iSd. § 125 InsO anzusehen. Nur eine solche Auslegung des § 125 InsO stellt sicher, dass der Verwalter im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats seine ihm nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO zukommenden Befugnisse effektiv nutzen und grenzüberschreitende Insolvenzen effizient abwickeln kann(für eine Anwendbarkeit der §§ 120 ff. InsO: Paulus Europäische Insolvenzverordnung 3. Aufl. Art. 10 Rn. 7; Kebekus/Sabel/Schlegel in Graf-Schlicker InsO 3. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 2; Schmidt EWiR 2011, 215, 216; Göpfert/Müller NZA 2009, 1057, 1061 mwN in Fn. 72; für eine Anwendung des § 125 InsO jedenfalls zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und im Hinblick auf das betriebsverfassungsrechtliche Territorialitätsprinzip: Zwanziger Kommentar zum Arbeitsrecht der Insolvenzordnung 4. Aufl. Einf. Rn. 51; allgemein für eine Anwendbarkeit der insolvenzarbeitsrechtlichen Lösungsrechte aufgrund der Regelung des Art. 10 EuInsVO: MünchKommInsO/Reinhart 2. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 8; LZS-Zeuner Internationales Insolvenzrecht Art. 10 EuInsVO Rn. 4; Dammann in Pannen Europäische Insolvenzverordnung Art. 10 Rn. 8; Kölner Schrift/Mankowski 3. Aufl. Kap. 47 Rn. 117, 120; MünchKommBGB/Kindler 5. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 6; aA soweit ersichtlich nur Stephan in HK-InsO 6. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 3 unter Berufung auf Hessisches LAG 14. Dezember 2010 - 13 Sa 969/10 - ZIP 2011, 289, das jedoch die Anwendbarkeit der §§ 113, 120 ff. InsO aufgrund von Art. 10 EuInsVO in dieser Entscheidung gerade bejaht hat).

41

(e) Entgegen der Ansicht des Klägers steht dieser unionsrechtskonformen Auslegung nicht der Erwägungsgrund Nr. 28 der EuInsVO entgegen.

42

(aa) Der Kläger entnimmt diesem Erwägungsgrund, dass sich die Rechte und Pflichten des Administrators Ha als Insolvenzverwalter iSv. Art. 10 EuInsVO nach dem Vertragsstatut richteten. Er folgert daraus, dass der Administrator nicht wirksam zur Vornahme arbeitgeberseitiger Rechtshandlungen ermächtigt gewesen sei, weil seine Legitimation ausschließlich auf englischem und nicht auf deutschem Recht beruhe. Er nimmt weiter an, dass die Zubilligung der Kündigungserleichterung durch § 125 InsO dem Schutzzweck des Art. 10 EuInsVO widerspreche.

43

(bb) Der Erwägungsgrund Nr. 28 der EuInsVO stellt jedoch nur klar, dass die Sonderkollisionsregel in Art. 10 EuInsVO ausschließlich für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Fortsetzung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Rechte und Pflichten aller am Arbeitsverhältnis Beteiligten gilt, während Insolvenzprobleme, die nicht mit den Wirkungen der Verfahrenseröffnung auf das Arbeitsverhältnis zusammenhängen, dem Insolvenzstatut unterliegen(Uhlenbruck/Lüer 13. Aufl. Art. 10 EuInsVO Rn. 5; vgl. auch Virgós/Schmit Erläuternder Bericht Nr. 125). Er untermauert lediglich die Zielrichtung des Art. 10 EuInsVO(Kölner Schrift/Mankowski 3. Aufl. Kap. 47 Rn. 117) und grenzt ab, welche Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf das Arbeitsverhältnis sich nach dem Vertragsstatut und welche sich nach dem Insolvenzstatut richten. Dem Erwägungsgrund Nr. 28 der EuInsVO lassen sich nur Hinweise auf die Reichweite des Art. 10 EuInsVO, nicht aber auf die Auslegung des nach dem Arbeitsvertragsstatut anwendbaren Rechts entnehmen.

44

cc) Die Beklagte ist beim Abschluss des Interessenausgleichs mit Namensliste vom 17. Juli 2009 durch den Administrator Ha vertreten worden, der dabei im Einklang mit seiner Rechtsstellung nach dem englischen Insolvenzrecht tätig geworden ist. Die Administratoren sind nach Ziff. 4 Abs. 1 des Anhangs zum Beschluss des High Court vom 14. Januar 2009 befugt, alle für die Verwaltung des Geschäftsbetriebs der Beklagten notwendigen oder zweckmäßigen Maßnahmen zu ergreifen. Sie haben gemäß Ziff. 9 und Ziff. 18 der Anlage A zu diesem Beschluss (Anhang 1 zum Insolvency Act 1986) die Befugnis, für und im Namen der Gesellschaft alle Dokumente zu unterzeichnen und Einigungen abzuschließen. Sie können dabei nach Ziff. 9 des Beschlusses des High Court vom 14. Januar 2009 die Beklagte auch einzeln vertreten. Der Interessenausgleich vom 17. Juli 2009 ist damit zwischen einem Insolvenzverwalter iSd. § 125 InsO und dem Betriebsrat geschlossen worden.

45

b) Auch die übrigen Voraussetzungen für ein Eingreifen des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO liegen vor.

46

aa) Die Kündigung vom 28. August 2009 beruht auf einer Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG. Eine solche liegt auch bei einem bloßen Personalabbau vor, wenn die Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht sind(st. Rspr., vgl. BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12). Nach der dem Interessenausgleich vom 17. Juli 2009 zugrunde liegenden unternehmerischen Planung war ein Personalabbau beabsichtigt, der den maßgeblichen Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG deutlich überstieg. Entgegen der Auffassung des Klägers sind dabei auch diejenigen Arbeitnehmer mitzuzählen, die im Wege eines dreiseitigen Vertrags unter Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses zur Beklagten in eine Transfergesellschaft wechseln sollten, weil auch diese Beendigungen von der Beklagten veranlasst waren. Auf die Anzahl der tatsächlich von der Beklagten gekündigten Arbeitnehmer kommt es insoweit nicht an (vgl. BAG 23. August 1988 - 1 AZR 276/87 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 59, 242).

47

bb) Für den Abschluss des Interessenausgleichs vom 17. Juli 2009 war der Gesamtbetriebsrat originär zuständig. Wird ein geplanter Personalabbau auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen Konzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe von der Betriebsänderung betroffen, so dass das Verteilungsproblem nur betriebsübergreifend und einheitlich und damit auf der Ebene des Gesamtbetriebsrats gelöst werden kann, ist dieser damit gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG für den Abschluss eines betriebsübergreifenden Interessenausgleichs zuständig(vgl. BAG 8. Juni 1999 - 1 AZR 831/98 - zu III 2 der Gründe, BAGE 92, 11). Diese Kompetenz erstreckt sich auch auf die Vereinbarung einer Namensliste (BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA BetrVG 2001 § 26 Nr. 3; Fitting 26. Aufl. § 50 Rn. 60 und § 112a Rn. 25).

48

cc) Der Wirksamkeit des Interessenausgleichs vom 17. Juli 2009 steht nicht entgegen, dass er nicht nur vom Gesamtbetriebsrat, sondern auch von den örtlichen Betriebsräten der betroffenen Betriebe vereinbart worden ist. Der Interessenausgleich ist am 22. Juli 2009 zunächst vom originär zuständigen Gesamtbetriebsrat unterzeichnet worden. Am Folgetag haben dann die örtlichen Betriebsräte unterzeichnet. Damit haben diese zu erkennen gegeben, dass sie für die einzelnen Betriebe die Normsetzung billigten, wobei sie sich die betriebsübergreifenden Kenntnisse des Gesamtbetriebsrats zu eigen gemacht haben. Bedenken im Hinblick auf die Normurheberschaft und hinsichtlich der Rechtsquellenklarheit bestehen deshalb, anders als möglicherweise im Fall gemischter, von Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat gemeinsam unterzeichneter Vereinbarungen (vgl. dazu BAG 15. April 2008 - 1 AZR 86/07 - Rn. 17 ff., BAGE 126, 251), hier nicht.

49

dd) Durch den Wechsel einer Vielzahl von Arbeitnehmern in die Transfergesellschaft ist keine wesentliche Änderung der Sachlage, die nach § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO die Vermutungswirkung entfallen ließe, eingetreten. Der Abbau von Arbeitsplätzen durch den Abschluss dreiseitiger Verträge und den Wechsel von Arbeitnehmern in die Transfergesellschaft entsprach gerade dem Willen der Betriebsparteien (vgl. zu § 1 Abs. 5 KSchG BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 20 f., AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17).

50

c) Der Kläger hat die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht widerlegt.

51

aa) Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass sein bisheriger Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist.

52

bb) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Kläger die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO, die sich auch auf die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz erstreckte, nicht widerlegt habe. Damit hat es zugleich festgestellt, dass es im Zeitpunkt der Kündigung keinen freien Arbeitsplatz gab, auf dem der Kläger hätte weiterbeschäftigt werden können, und das Beschäftigungsbedürfnis für ihn damit entfallen ist.

53

(1) Die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO erstreckt sich nicht nur auf den Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten des auf der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO umfasst auch die Vermutung, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu veränderten Bedingungen im Beschäftigungsbetrieb nicht möglich ist(aA Berkowsky Die betriebsbedingte Kündigung 6. Aufl. § 13 Rn. 37; APS/Dörner/Künzl 4. Aufl. § 125 InsO Rn. 22). Darüber hinaus wird die Vermutungswirkung jedenfalls dann auf das Fehlen von anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem freien Arbeitsplatz in anderen Betrieben des Unternehmens erstreckt, wenn sich die Betriebspartner bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich mit Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben befasst haben, wovon auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Interessenausgleich regelmäßig auszugehen ist (vgl. BAG 20. September 2006 - 6 AZR 249/05 - Rn. 25, AP BGB § 613a Nr. 316 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 62; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 InsO Rn. 20; MünchKommInsO/Löwisch/Caspers 2. Aufl. § 125 InsO Rn. 84; ErfK/Gallner 12. Aufl. § 125 InsO Rn. 7; Schiefer DB 1998, 925, 927; aA FK-InsO/Eisenbeis 6. Aufl. § 125 Rn. 8; KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 16; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 7. Aufl. § 125 InsO Rn. 15; Stahlhacke/Vossen 10. Aufl. Rn. 2316).

54

(a) Der Wortlaut des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO spricht nur auf den ersten Blick dafür, dass sich die Vermutung lediglich auf die fehlende Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung in dem Betrieb bezieht, für den der Interessenausgleich vereinbart worden ist. Der Inhalt der gesetzlichen Vermutungswirkung erschließt sich aus der Gesetzgebungsgeschichte. Der Entwurf einer Insolvenzordnung vom 15. April 1992 sah in § 128 für einen zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich, „in dem die zu entlassenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnet sind“, die Vermutung vor, „daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist“(BT-Drucks. 12/2443 S. 29). Seine heutige Fassung hat § 125 InsO erst auf Vorschlag des Rechtsausschusses erhalten. Durch die Ersetzung der Umschreibung des erfassten Personenkreises mit „Arbeitnehmern, denen gekündigt werden soll“ statt wie im Entwurf durch „die zu entlassenden Arbeitnehmer“ sowie durch die Änderungen in Nr. 1 sollte die Vermutungswirkung ausdrücklich auf den Fall der Änderungskündigung erstreckt werden (BT-Drucks. 12/7302 zu § 143a S. 171 f.). Darin erschöpft sich die Bedeutung des Einschubs „oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen“. Die Regelung sollte durch die Änderungen im Gesetzgebungsverfahren in ihrem Grundgedanken ausdrücklich unverändert bleiben (BT-Drucks. 12/7302 zu § 143a S. 171).

55

(b) Unter Berücksichtigung dieser Gesetzgebungsgeschichte begründet § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO zum einen die Vermutung, dass die von dieser Bestimmung erfassten Beendigungskündigungen durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, egal zu welchen Bedingungen, im bisherigen Beschäftigungsbetrieb entgegenstehen, bedingt sind. Zum anderen wird vermutet, dass eine Weiterbeschäftigung auch in anderen Betrieben des Unternehmens nicht möglich ist. Dies folgt aus der mit § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG identischen Wortwahl „dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen“ und dem generellen Verweis auf § 1 KSchG im Eingangssatzteil des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO, die den Unternehmensbezug der Vermutungswirkung deutlich machen(Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 InsO Rn. 20). Das Kündigungsschutzgesetz ist hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit generell unternehmensbezogen (st. Rspr. seit BAG 17. Mai 1984 - 2 AZR 109/83 - zu C III der Gründe, BAGE 46, 191). Besteht eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Betrieb des Unternehmens, ist die Kündigung nicht durch die dringenden betrieblichen Erfordernisse „bedingt“. Schließlich gelten dieselben Vermutungswirkungen für Änderungskündigungen, die auf der Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste erklärt werden. Dies steht im Einklang mit dem Ziel des Gesetzes, das dem Insolvenzverwalter rechtssichere Kündigungen ermöglichen und deshalb die soziale Rechtfertigung einer vom Insolvenzverwalter in Anwendung einer Namensliste erklärten betriebsbedingten Kündigung nur in Ausnahmefällen in Frage stellen will (ausführlich BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 45, ZIP 2012, 1927).

56

(c) In dieser Auslegung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO besteht der vom Gesetzgeber beabsichtigte Einklang mit den Vermutungswirkungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG, die grundsätzlich auch das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Betrieb des Unternehmens erfassen(BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 20, BAGE 124, 48; zu dem diesbezüglichen Willen des Gesetzgebers BT-Drucks. 15/1204 S. 9, 11). Der zT angenommene Wertungswiderspruch zwischen den Vermutungswirkungen des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und § 1 Abs. 5 KSchG(Zwanziger Kommentar zum Arbeitsrecht der Insolvenz 4. Aufl. § 125 InsO Rn. 47) liegt damit nicht vor.

57

(2) Die Revision erhebt gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass die Weiterbeschäftigung des Klägers, sei es auch zu veränderten Bedingungen, nicht möglich sei, keine substantiierten Rügen. Mit der Feststellung, der Arbeitsplatz von Frau Be sei nicht wieder besetzt worden, setzt sich die Revision nicht auseinander. Hinsichtlich des mit Frau Au besetzten Arbeitsplatzes beschränkt sich die Revision auf die wörtliche Wiederholung des Vortrags in den Tatsacheninstanzen, die zum 1. September 2009 neu geschaffene Stelle habe nicht mit Frau Au, sondern mit dem Kläger besetzt werden müssen, ohne insoweit materielle Rechts- oder Verfahrensfehler aufzuzeigen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass ein neu geschaffener Arbeitsplatz zu besetzen war, hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, Frau Au und der von ihr besetzte Arbeitsplatz gehörten einer anderen Hierarchieebene als der Kläger an. Entfallen in verschiedenen Betrieben eines Unternehmens Arbeitsplätze und ist die Weiterbeschäftigung nur einer entsprechend geringeren Anzahl von Arbeitnehmern auf einem oder mehreren freien Arbeitsplätzen in einem dieser Betriebe möglich, so hat der Arbeitgeber bei der Besetzung der freien Arbeitsplätze die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zumindest nach § 315 BGB mitzuberücksichtigen(BAG 22. September 2005 - 2 AZR 544/04 - zu B III 3 b aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141). Bietet der Arbeitgeber in einer derartigen Konkurrenzsituation den freien Arbeitsplatz dem Arbeitnehmer an, der sich bereits auf derselben Hierarchieebene wie der Arbeitsplatz befindet, verstößt dies nicht gegen § 315 BGB.

58

d) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die Sozialauswahl nicht grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist. Es sei nicht zu erkennen, dass die Beurteilung der Betriebspartner, die vom Kläger angeführten Arbeitnehmer seien mit diesem nicht vergleichbar, grob fehlerhaft sei. Auch hiergegen führt die Revision keine beachtlichen Angriffe. Sie wiederholt lediglich den bereits in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag, ohne sich in irgendeiner Weise mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts zu befassen, die keine Rechtsfehler erkennen lässt.

59

2. Die Kündigung ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezug auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts angenommen, dass die Anhörung des Betriebsrats den Anforderungen des § 102 BetrVG genüge. Die Revision hat keine dieser Würdigung zugrunde liegenden Rechtsfehler aufgezeigt.

60

a) Entgegen der Rüge der Revision ist der Kläger von der dem Interessenausgleich vom 17. Juli 2009 zugrunde liegenden Betriebsänderung erfasst. Der Kläger gehört zu den auf der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmern. Dies ist dem Betriebsrat unter Ziff. 3 des Anhörungsschreibens mitgeteilt worden. Dieser ist deshalb im Anhörungsschreiben vom 20. August 2009 nicht irreführend informiert worden.

61

b) Das Arbeitsgericht hat unter Berücksichtigung des Grundsatzes der subjektiven Determination (vgl. dazu BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79) ausführlich dargelegt, dass und inwieweit der Betriebsrat im Übrigen ordnungsgemäß informiert worden ist. Diese Ausführungen hat sich das Landesarbeitsgericht zu eigen gemacht. Der Kläger hat sich mit dieser Würdigung nicht auseinandergesetzt, sondern sich darauf beschränkt, sein Vorbringen zur nicht hinreichenden Information des Betriebsrats, insbesondere zur fehlenden Abwägung der Sozialdaten des Klägers einerseits und der Arbeitnehmer Hö und W andererseits, und zum Fehlen freier Arbeitsplätze zu wiederholen, ohne jedoch in irgendeiner Weise Verfahrens- oder materielle Rechtsfehler aufzuzeigen.

62

3. Die Beklagte ist bei Erklärung der Kündigung wirksam vertreten worden. Die Administratoren sind gemäß Ziff. 4 Abs. 6 des Anhangs zum Beschluss des High Court vom 14. Januar 2009 Vertreter der Gesellschaft. Diese Befugnis erstreckt sich ausdrücklich auf die Entlassung von Arbeitnehmern (Ziff. 11 der Anlage A zum Beschluss des High Court vom 14. Januar 2009, Anhang 1 zum Insolvency Act 1986). Sie können dabei einzeln handeln (Ziff. 9 dieses Beschlusses) und auch Vertreter bestellen (Ziff. 11 der Anlage A, Anhang 1 zum Insolvency Act 1986). Diese Befugnisse sind, wie ausgeführt, entgegen der Ansicht des Klägers gemäß Art. 18 Abs. 1 EuInsVO von den deutschen Arbeitsgerichten zu achten, und zwar auch, soweit sie von der Stellung eines Insolvenzverwalters nach deutschem Recht abweichen.

63

4. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat mit Ablauf der Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO am 30. November 2009 geendet. § 113 InsO ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass ein Administrator, der in Wahrnehmung seiner Befugnisse iSv. Art. 18 Abs. 1 EuInsVO handelt, einem Insolvenzverwalter nach deutschem Recht gleichsteht. Insoweit gilt nichts anderes als für § 125 InsO.

64

V. Eines Vorabentscheidungsersuchens des Senats nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts(29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - ZIP 2012, 1876; 21. Dezember 2010 - 1 BvR 3461/08 - CR 2011, 88) nicht.

65

1. Die für die Abgrenzung der internationalen Zuständigkeit nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b EuGVVO einerseits und Art. 3 Abs. 1 EuInsVO andererseits maßgeblichen unionsrechtlichen Fragestellungen sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt. Insbesondere hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Anwendungsbereich des Art. 1 EuGVVO weit und der des Art. 3 EuInsVO eng auszulegen ist(EuGH 10. September 2009 - C-292/08 - [German Graphics Graphische Maschinen GmbH] Rn. 22 - 25, Slg. 2009, I-8421) und Art. 3 Abs. 1 EuInsVO den Gerichten des für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zuständigen Mitgliedstaats nur für Klagen, die sich unmittelbar aus einem Insolvenzverfahren herleiten und in engem Zusammenhang damit stehen, die internationale Zuständigkeit zuweist(EuGH 19. April 2012 - C-213/10 - [F-Tex] Rn. 27, 29, NZI 2012, 469). Die konkrete Subsumtion unter diese vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze ist eine Frage des nationalen Rechts und damit von den nationalen Gerichten vorzunehmen (vgl. Fehrenbach IPRax 2009, 492, 497).

66

2. Die von der Revision aufgeworfene Frage, wie die §§ 113 und 125 InsO bei Tätigwerden eines Insolvenzverwalters im Rahmen einer grenzüberschreitenden Insolvenz zu verstehen sind, ist unter Heranziehung des Gebots der unionsrechtskonformen Auslegung zu beantworten. Diesbezüglich hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits entschieden, dass die nationalen Gerichte den Rechtsschutz zu gewährleisten haben, der sich für die Bürger aus der unmittelbaren Wirkung von Bestimmungen des Unionsrechts ergibt, und es ihnen dabei obliegt, die anwendbaren innerstaatlichen Bestimmungen unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Unionsrechts auszulegen und anzuwenden (vgl. EuGH 28. September 1994 - C-200/91 - [Coloroll Pension Trustees] Rn. 29, Slg. 1994, I-4389; 4. Februar 1988 - C-157/86 - [Murphy ua.] Rn. 11, Slg. 1988, 673). Dieses Gebot verlangt, dass die nationalen Gerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeit die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherstellen und dass sie das gesamte nationale Recht berücksichtigen, um zu beurteilen, inwieweit es so angewandt werden kann, dass es nicht zu einem dem Unionsrecht zuwiderlaufenden Ergebnis führt (EuGH 16. Dezember 2010 - C-239/09 - [SEYDALAND] Rn. 50, Slg. 2010, I-13083). In der Literatur besteht, wie unter Rn. 40 ausgeführt, Einigkeit, dass die §§ 113 und 125 InsO im Fall grenzüberschreitender Insolvenzen, bei denen aufgrund der Regelung des Art. 10 EuInsVO deutsches Arbeitsrecht gilt, anzuwenden sind.

67

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass vor dem Arbeitsgericht ein Teilvergleich über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte und eine Zeugnisberichtigung geschlossen worden ist. Mit seiner Entscheidung, wonach der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, soweit diese nicht durch den Teilvergleich geregelt seien, hat das Arbeitsgericht eine Quotelung nach Verfahrensabschnitten vorgenommen und damit den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung verletzt (vgl. Creutzfeldt RdA 2004, 281, 282). Diese fehlerhafte erstinstanzliche Kostenentscheidung ist von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu berichtigen (BGH 24. November 1980 - VIII ZR 208/79 - zu V der Gründe, NJW 1981, 1453). Unter Berücksichtigung der Aufhebung der Kosten im Teilvergleich hat der Kläger 4/5 der Kosten erster Instanz zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Schäferkord    

        

    Reiner Koch    

                 

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 15. Dezember 2010 - 6 Sa 1344/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vom beklagten Insolvenzverwalter auf der Grundlage eines Interessenausgleichs mit Namensliste erklärten Kündigung und über Ansprüche auf Annahmeverzugsentgelt.

2

Die im September 1956 geborene, verheiratete Klägerin war seit 1986 bei der Schuldnerin, der Q GmbH, beschäftigt. Sie war als Verkaufsberaterin im Bereich Flächenmanagement des Betriebs „Zentrale N“ im Vertriebsaußendienst tätig, zuletzt im Bereich H gegen eine Vergütung von 3.600,00 Euro brutto. Die Schuldnerin beschäftigte mehrere Tausend Arbeitnehmer. Am 1. September 2009 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

3

Am 22. September 2009 schloss der Beklagte mit dem im Unternehmen der Schuldnerin gebildeten Gesamtbetriebsrat einen ersten Interessenausgleich, aufgrund dessen die Tätigkeit mehrerer Betriebe der Schuldnerin eingeschränkt werden sollte.

4

Nach einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation schloss der Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat am 15. Oktober 2009 einen Interessenausgleich für die Arbeitnehmer der Betriebe „Zentrale N“, „Küchenvertrieb L“ und „Küchenvertrieb Mitte“. Der Gesamtbetriebsrat war dazu und zu der Ausübung der damit in Zusammenhang stehenden Beteiligungsrechte von den drei örtlichen Betriebsräten „Zentrale N“, „Küchenvertrieb L“ und „Küchenvertrieb Mitte“ nach § 50 Abs. 2 BetrVG beauftragt worden. Der Interessenausgleich sah vor, dass der Geschäftsbetrieb der sog. Q-Shops einschließlich der Betriebsteile des Vertriebsaußen- und Vertriebsinnendienstes, die zum Betrieb „Zentrale N“ gehörten, bis spätestens 31. Januar 2010 vollständig eingestellt werden sollte. Mit dem Interessenausgleich wurde eine seitens des Insolvenzverwalters und des Gesamtbetriebsrats unterschriebene Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer verleimt. In der Liste ist der Name der Klägerin aufgeführt. Der Interessenausgleich nennt die Gründe für die geplanten Kündigungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu kündigenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollten, und die Kriterien für die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer. Der von beiden Seiten unterzeichnete Interessenausgleich lautet in Auszügen wörtlich:

        

„§ 5   

        

Mitteilung des Gesamtbetriebsrats gemäß § 17 Abs. 2 KSchG

        

Im Hinblick auf die erforderlich werdenden betriebsbedingten Kündigungen besteht zwischen den Parteien ferner Einigkeit darüber, dass der Gesamtbetriebsrat noch im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen umfassend gemäß § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet und beteiligt worden ist. Ihm sind insbesondere die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, der Zeitraum, in dem die Entlassungen, die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien vorgenommen werden sollen sowie die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer mitgeteilt worden. Der Arbeitgeber und der Gesamtbetriebsrat haben insbesondere auch die Möglichkeiten beraten, Entlassungen zu vermeiden oder zumindest einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. Die Parteien sehen das Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs. 2 KSchG damit als abgeschlossen an.

        

       

        

§ 13   

        

Schlussbestimmungen

        

Die vorstehenden Maßnahmen treten mit beiderseitiger Unterzeichnung des Interessenausgleichs in Kraft. Die Parteien stimmen überein, dass mit den vorstehenden Bestimmungen der Interessenausgleich gemäß §§ 111, 112 BetrVG, 121 ff. InsO abschließend geregelt ist.“

5

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 hörte der Insolvenzverwalter den örtlichen Betriebsrat der „Zentrale N“ zu den in diesem Betrieb beabsichtigten Kündigungen - ua. des Arbeitsverhältnisses der Klägerin - an. In diesem Betrieb waren 201 Arbeitnehmer von den geplanten Kündigungen betroffen. Unter dem 15. Oktober 2009 teilte der örtliche Betriebsrat mit, er nehme die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis und werde keine Stellungnahme abgeben. Er gehe davon aus, dass die Anhörungen mit dem Inhalt des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 und den dort vereinbarten Namenslisten übereinstimmten. Die Stellungnahme sei abschließend.

6

Der Beklagte erstattete mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 Massenentlassungsanzeige, die der Agentur für Arbeit am 16. Oktober 2009 zuging. Er teilte ua. mit, von den zum Zeitpunkt der Anzeige beschäftigten 3.040 Arbeitnehmern sollten insgesamt 433 Arbeitnehmer entlassen werden. Der Anzeige war eine „Bestätigung des Gesamtbetriebsrats der Q GmbH gemäß § 17 Abs. 2 KSchG“ vom 14. Oktober 2009 beigefügt, die inhaltlich § 5 des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 entsprach. Außerdem lag der Massenentlassungsanzeige dieser Interessenausgleich bei. Die Agentur für Arbeit teilte unter dem 16. Oktober 2009 mit, die Frist des § 18 Abs. 1 KSchG beginne am 17. Oktober 2009 und ende am 16. November 2009. Da die Arbeitsverhältnisse nicht in dieser Frist enden sollten, könnten die Kündigungen ausgesprochen werden.

7

Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 ordentlich zum 31. Januar 2010. Der Vertrieb wurde zum 31. Januar 2010 eingestellt. Die Betriebe wurden am 28. Februar 2010 vollständig stillgelegt.

8

Mit ihrer am 6. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt und Ansprüche auf Annahmeverzugsentgelt für Februar und März 2010 erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam, weil der Beklagte das Konsultationsverfahren vor der Anzeige der Massenentlassung nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Er habe seine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht erfüllt und der Agentur für Arbeit deshalb entgegen § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG auch keine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zugeleitet. Das Schriftformerfordernis des § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG sei nicht disponibel und von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG (MERL) vorgegeben.

9

Die Klägerin hat vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem beklagten Insolvenzverwalter durch die Kündigung vom 16. Oktober 2009, ihr zugegangen am 17. Oktober 2009, noch nicht aufgelöst ist;

        

2.    

festzustellen, dass ihr eine Masseverbindlichkeit in Höhe von 5.927,06 Euro brutto zusteht, die gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu berichtigen ist.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, die Anforderungen des § 17 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG seien gewahrt. Er habe dem Gesamtbetriebsrat bereits im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen alle Auskünfte erteilt, die § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG verlange. Jedenfalls komme dem Bescheid der Agentur für Arbeit vom 16. Oktober 2009 Bindungswirkung zu.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Sie verlangt zudem hilfsweise anstelle des Feststellungsantrags zu 2. Vergütung für Februar und März 2010 von 5.927,06 Euro brutto.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung des beklagten Insolvenzverwalters vom 16. Oktober 2009 beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 31. Januar 2010. Der Klägerin steht daher keine Vergütung für Februar und März 2010 zu.

13

A. Die Kündigung vom 16. Oktober 2009 ist nicht sozialwidrig iSv. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG.

14

I. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG bedingt, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen. Die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO ist nicht widerlegt.

15

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO sind erfüllt.

16

a) Die Kündigung beruht auf einer Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG.

17

aa) Um eine Betriebsänderung handelt es sich auch bei einem bloßen Personalabbau, wenn die Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht sind(vgl. für die st. Rspr. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 253/11 - Rn. 46 mwN). Ausschlaggebend ist die Zahl der in einem Betrieb erfolgenden Kündigungen im Verhältnis zur Zahl der in der Regel in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Der Begriff des Betriebs in § 17 KSchG entspricht dem der §§ 1, 4 BetrVG(st. Rspr., vgl. zB BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 41 mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

18

bb) Der Personalabbau überschritt die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG. Maßgeblich für die Berechnung des Schwellenwerts war die im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin „Zentrale N“ eingesetzte Zahl von Arbeitnehmern. In diesem Betrieb waren 201 Arbeitnehmer von den beabsichtigten Kündigungen betroffen, wie sich aus der schriftlichen Anhörung des örtlichen Betriebsrats vom 15. Oktober 2009 ergibt. Obwohl die Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht festgestellt ist, ergibt sich aus der Zahl der geplanten Kündigungen zugleich, dass die Mindestbeschäftigtenzahl von 60 Arbeitnehmern erreicht und damit der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG von mehr als 25 zu Kündigenden erreicht ist. Sollten im Betrieb „Zentrale N“ über 500 Arbeitnehmer beschäftigt worden sein, wäre die Mindestzahl von 30 beabsichtigten Kündigungen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG deutlich überschritten.

19

b) Die vonseiten des beklagten Insolvenzverwalters und des Gesamtbetriebsrats unterzeichnete Namensliste weist den Namen der Klägerin aus und war mit dem Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 fest verbunden.

20

2. Die Klägerin hat die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht widerlegt. Der Vertrieb der Schuldnerin wurde zum 31. Januar 2010 nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten vollständig eingestellt.

21

II. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 3 KSchG, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Die Klägerin hat schon nicht dargelegt, ob und welche weiterbeschäftigten Arbeitnehmer sie mit sich selbst für vergleichbar hält. Die Arbeitsverhältnisse der mit ihr tätigkeitsbezogen vergleichbaren Arbeitnehmer wurden zum selben Zeitpunkt wie das Arbeitsverhältnis der Klägerin gekündigt, weil der Vertriebsinnen- und Vertriebsaußendienst zum 31. Januar 2010 eingestellt wurde.

22

B. Der Beklagte hörte den örtlichen Betriebsrat der „Zentrale N“ vor Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 ordnungsgemäß und mit detaillierter Begründung iSv. § 102 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG an. Er musste die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht wahren, weil der Betriebsrat unter dem 15. Oktober 2009 abschließend zu den beabsichtigten Kündigungen Stellung genommen hatte. Dafür genügte die eindeutige Äußerung des Betriebsrats, zu den Kündigungen keine Stellung nehmen zu wollen.

23

C. Die Kündigung vom 16. Oktober 2009 verstößt nicht gegen die Anzeigepflicht aus § 17 KSchG. Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei den gerügten Verletzungen von § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG um mögliche Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung handelt. Er braucht ferner nicht darüber zu befinden, ob die Klägerin Verstöße gegen diese beiden Bestimmungen entweder bereits in erster Instanz beanstandet hat oder das Arbeitsgericht seine Hinweispflicht aus § 6 Satz 2 KSchG verletzt und die Klägerin die Rügen im zweiten Rechtszug wirksam nachgeholt hat(vgl. dazu BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 11 ff., EzA KSchG § 6 Nr. 4). Der Beklagte wurde seinen Pflichten aus § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG gerecht.

24

I. Die Anzeigepflicht aus § 17 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 KSchG gilt uneingeschränkt auch für den Insolvenzverwalter(vgl. BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 13, EzA KSchG § 17 Nr. 25; 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 29 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4; siehe auch EuGH 3. März 2011 - C-235/10 bis C-239/10 - [Claes] Rn. 53, NZA 2011, 337 ).

25

II. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Revision der Klägerin nicht schon deswegen unbegründet, weil die Agentur für Arbeit die Massenentlassungsanzeige vom 15. Oktober 2009 nicht beanstandete. Der auf der Grundlage von § 18 Abs. 1, § 20 KSchG ergangene Bescheid der Agentur für Arbeit vom 16. Oktober 2009 hindert die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht daran, die Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige festzustellen. Er heilt mögliche Fehler der Massenentlassungsanzeige nicht (vgl. detailliert BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 70 ff. mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

26

1. Gegenüber der durch das Verfahren nach §§ 17 ff. KSchG nur mittelbar betroffenen Klägerin kann ein solcher Bescheid keine materielle Bestandskraft entfalten. Sie hätte gegen ihn nicht vorgehen können (vgl. im Einzelnen BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 71 mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

27

2. Auch gegenüber der Arbeitsgerichtsbarkeit kommt einem derartigen Bescheid keine materielle Bestandskraft zu. Das ergibt sich aus allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen und wird vom unionsrechtlichen Grundsatz des sog. effet utile verlangt.

28

a) Die Bindungswirkung eines Bescheids der Agentur für Arbeit nach § 20 KSchG umfasst nur den eigentlichen Inhalt dieses Bescheids, also die Dauer der Sperrfrist und den Zeitpunkt ihres Ablaufs oder die Genehmigung, Entlassungen vor Ablauf der Sperrfrist vorzunehmen, nicht aber die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige selbst(vgl. Hinrichs Kündigungsschutz und Arbeitnehmerbeteiligung bei Massenentlassungen S. 154 f.; Reinhard RdA 2007, 207, 214). Die Einhaltung der formalen Anforderungen des § 17 KSchG ist lediglich eine Vorfrage des Bescheids nach § 20 KSchG und gehört damit nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen nicht zum Regelungsinhalt des Bescheids(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 73 ff. mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

29

b) Die Mitgliedstaaten müssen zudem nach Art. 6 MERL Verfahren einrichten, mit denen die Einhaltung der von der Richtlinie 98/59/EG vorgesehenen Verpflichtungen gewährleistet werden kann. Die den Mitgliedstaaten überlassene Ausgestaltung dieser Bestimmung darf der MERL nicht ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 34 und 36, Slg. 2009, I-6653). Diese Verpflichtung steht einer Auslegung der §§ 17 ff. KSchG durch die nationale Arbeitsgerichtsbarkeit entgegen, die die Bindungswirkung eines Bescheids der Arbeitsverwaltung nach §§ 18, 20 KSchG über seinen eigentlichen Regelungsgehalt hinaus annimmt. Weder die Arbeitnehmer noch der (Gesamt-)Betriebsrat sind am Verwaltungsverfahren beteiligt. Würde ein Bescheid nach §§ 18, 20 KSchG dem Arbeitnehmer dennoch die Möglichkeit nehmen, sich im Kündigungsschutzprozess auf Formfehler bei den Anforderungen des § 17 Abs. 3 KSchG zu berufen, wäre das von Art. 6 MERL geforderte Schutzniveau unterschritten(vgl. näher BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 76 ff. mwN, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3).

30

III. Der Wirksamkeit der Kündigung vom 16. Oktober 2009 steht nicht entgegen, dass der Beklagte seiner Anzeige keine Stellungnahme des örtlichen Betriebsrats der „Zentrale N“ beifügte.

31

1. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG verlangt, dass der Arbeitgeber bei Entlassungen, die der Agentur für Arbeit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG anzuzeigen sind, die Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen beifügt.

32

2. Der Beklagte musste der Massenentlassungsanzeige vom 15. Oktober 2009 aber keine Stellungnahme des örtlichen Betriebsrats der „Zentrale N“ beifügen. Es genügte, dass er der Anzeige die Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats vom 14. Oktober 2009 und den Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 beifügte. Der mit dem originär zuständigen Gesamtbetriebsrat geschlossene Interessenausgleich ersetzte nach § 125 Abs. 2 InsO die Stellungnahme des „Betriebsrats“ iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG(vgl. BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 18 ff., AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA BetrVG 2001 § 26 Nr. 3).

33

a) § 125 Abs. 2 InsO besagt zwar nicht ausdrücklich, dass auch ein mit dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommener Interessenausgleich mit Namensliste die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ersetzt. Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 125 Abs. 2 InsO sprechen jedoch für ein solches Verständnis.

34

aa) Die Formulierung „Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt …“ in § 125 Abs. 2 InsO erfasst jeden qualifizierten Interessenausgleich mit Namensliste unabhängig davon, ob der Interessenausgleich mit dem Betriebsrat oder dem Gesamtbetriebsrat zustande kommt.

35

bb) Nach § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können.

36

(1) Es muss sich um eine Angelegenheit handeln, die mehrere Betriebe betrifft. Darüber hinaus muss objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung bestehen. Ob ein solches zwingendes Erfordernis besteht, bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands (vgl. BAG 19. Juni 2012 - 1 ABR 19/11 - Rn. 21 mwN).

37

(2) Wird ein geplanter Personalabbau - wie hier - auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen Konzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe von der Betriebsänderung betroffen, ist der Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG originär zuständig für den Abschluss eines betriebsübergreifenden Interessenausgleichs mit Namensliste. Dann kann nur auf dieser überbetrieblichen Ebene geklärt werden, welche Arbeitnehmer gekündigt und welche Arbeitnehmer in welchem Betrieb weiterbeschäftigt werden. In einem solchen Fall haben nicht die örtlichen Betriebsräte gegenüber der Agentur für Arbeit zu den geplanten Kündigungen Stellung nehmen. Der mit dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommene Interessenausgleich mit Namensliste ersetzt dessen Stellungnahme nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG( vgl. BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 24 f. mwN, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA BetrVG 2001 § 26 Nr. 3 ).

38

b) Sinn und Zweck sowohl des § 125 Abs. 2 InsO als auch des § 17 KSchG bestätigen dieses Verständnis.

39

aa) § 125 Abs. 2 InsO will möglichst schnelle Sanierungen ermöglichen und Verzögerungen bei der Abwicklung der Rechtsverhältnisse des Schuldners vermeiden(vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 149). Dieses Vereinfachungs- und Beschleunigungsziel würde bei betriebsübergreifenden Betriebsänderungen zur Sanierung von Unternehmen verfehlt, wenn ein mit dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommener Interessenausgleich mit Namensliste die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG nicht ersetzte( vgl. im Einzelnen BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 22 mwN, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA BetrVG 2001 § 26 Nr. 3 ).

40

bb) Auch der Zweck des § 17 KSchG spricht für eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für betriebsübergreifende Massenentlassungen. Die Agentur für Arbeit soll rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder wenigstens Verzögerung von Belastungen des Arbeitsmarkts einleiten und für anderweitige Beschäftigungen der Entlassenen sorgen können. Dazu ist den Arbeitnehmern mit Art. 2 MERL und der Umsetzung dieser Bestimmung in nationales Recht durch § 17 KSchG ein kollektiv ausgestaltetes Recht auf Information und Konsultation eingeräumt(vgl. BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 27 mwN, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA BetrVG 2001 § 26 Nr. 3 unter Hinweis auf EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 42, Slg. 2009, I-6653). Dieser Zweck erfordert es nicht, dass nur ein örtlicher Betriebsrat als Arbeitnehmervertretung verstanden wird und daher lediglich ein vom örtlichen Betriebsrat mit dem Insolvenzverwalter geschlossener Interessenausgleich mit Namensliste die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ersetzt. Erforderliche Kenntnisse des Gesamtbetriebsrats über die betrieblichen und regionalen Verhältnisse sind dadurch gewährleistet, dass jeder örtliche Betriebsrat mindestens ein Mitglied in den Gesamtbetriebsrat entsendet ( vgl. BAG 7. Juli 2011 - 6 AZR 248/10 - Rn. 28, aaO ).

41

3. Das Erfordernis der beizufügenden Stellungnahme nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG wurde demnach mit dem beigefügten qualifizierten Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009, den der Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossen hatte, gewahrt. Aufgrund der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss des Interessenausgleichs kommt es nicht darauf an, dass die örtlichen Betriebsräte ihn hier ausdrücklich nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BetrVG mit der Stellungnahme und der Ausübung der zugehörigen Beteiligungsrechte beauftragt hatten. Selbst die in einen Interessenausgleich ohne Namensliste integrierte Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats hätte den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG genügt, wenn der Gesamtbetriebsrat abschließend zu der beabsichtigten Massenentlassung Stellung genommen hätte(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 56, EzA-SD 2012 Nr. 19, 3; 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 14 ff. und 34, EzA KSchG § 17 Nr. 25 ).

42

IV. Der Beklagte verletzte auch nicht seine Pflichten aus § 17 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG.

43

1. Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach § 17 Abs. 1 KSchG anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, und die vorgesehenen Kriterien für die Berechnung etwaiger Abfindungen. Der Arbeitgeber hat der Agentur für Arbeit nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 KSchG gleichzeitig eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten. Sie muss nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG zumindest die in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 KSchG enthaltenen Angaben enthalten.

44

2. Mit §§ 5 und 13 des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 und mit seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2009 erklärte der Gesamtbetriebsrat, rechtzeitig und umfassend über die anzeigepflichtigen Entlassungen unterrichtet worden zu sein. Das allein genügt zum Nachweis der Erfüllung der Konsultationspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG allerdings noch nicht. Die Vorlage des Interessenausgleichs mit Namensliste ersetzt nur die Stellungnahme des Betriebsrats oder Gesamtbetriebsrats gegenüber der Agentur für Arbeit. Erforderlich ist daneben noch die vorherige schriftliche Unterrichtung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 33 und 39 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4).

45

a) Unschädlich ist, dass der Beklagte seiner Unterrichtungspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG mithilfe der Angaben im Interessenausgleich gerecht werden wollte.

46

aa) Die Verbindung des Interessenausgleichsverfahrens mit der Erfüllung der Unterrichtungspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist zulässig.

47

(1) Soweit die gegenüber dem Betriebsrat bestehenden Pflichten aus § 111 BetrVG mit denen aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG und § 102 Abs. 1 BetrVG übereinstimmen, kann der Arbeitgeber sie gleichzeitig erfüllen(vgl. BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 23, EzA KSchG § 17 Nr. 25 ). Dass und welche Verfahren gleichzeitig durchgeführt werden sollen, muss dabei hinreichend klargestellt werden (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 34 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4 ).

48

(2) Aus § 5 Satz 1 und Satz 2 des Interessenausgleichs vom 15. Oktober 2009 geht ausdrücklich hervor, dass mit dem Interessenausgleich zugleich die Unterrichtungspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfüllt werden sollte.

49

bb) Die Verbindung des Verfahrens nach § 111 BetrVG mit der Unterrichtung des (Gesamt-)Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG verletzt keine unionsrechtlichen Vorgaben. Insoweit ist kein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erforderlich. Die Frage ist durch den Gerichtshof der Europäischen Union auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. dazu zB BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 20 ff., ZIP 2012, 1876; 21. Dezember 2010 - 1 BvR 3461/08 - Rn. 5 ff., CR 2011, 88; siehe auch BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 33 ff., ZIP 2012, 1927).

50

(1) § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG setzt Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b MERL um. Es handelt sich um ein von dieser Richtlinienvorgabe gewährleistetes kollektives Informationsrecht der Arbeitnehmervertretung, nicht um ein individuelles Recht der einzelnen Arbeitnehmer (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 38 ff., Slg. 2009, I-6653). Nach Art. 6 der Richtlinie 98/59/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass den Arbeitnehmervertretern und/oder den Arbeitnehmern administrative und/oder gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung der Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie zur Verfügung stehen. Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Verfahren einzurichten, mit denen die Einhaltung der von der Richtlinie 98/59/EG vorgesehenen Verpflichtungen gewährleistet werden kann. Da die Richtlinie die Verpflichtung aber nicht weiter ausformt, ist die Ausgestaltung dieser teilharmonisierten Verfahren Sache der Mitgliedstaaten. Die Verfahrensausgestaltung darf den Bestimmungen der Richtlinie jedoch nicht ihre praktische Wirksamkeit iSd. Effektivitäts- und Äquivalenzprinzips nehmen (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 33 ff. und 59 ff., aaO).

51

(2) Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass die Verbindung des Interessenausgleichsverfahrens mit der schriftlichen Unterrichtung des (Gesamt-)Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG richtlinienkonform ist.

52

(a) Der Entwurf des Interessenausgleichs dokumentiert gegenüber dem (Gesamt-)Betriebsrat die Bemühungen des Arbeitgebers, Massenentlassungen zumindest zu beschränken (vgl. dazu EuGH 3. März 2011 - C-235/10 bis C-239/10 - [Claes] Rn. 56, NZA 2011, 337; 10. September 2009 - C-44/08 - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto] Rn. 64, Slg. 2009, I-8163 ).

53

(b) Dem widerspricht die Vorgabe in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 MERL nicht, wonach der Arbeitgeber die Arbeitnehmervertretung rechtzeitig unterrichten muss. Der Wortlaut der Richtlinienvorgabe bringt klar zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber der Arbeitnehmervertretung die betreffenden Auskünfte rechtzeitig im Verlauf der Konsultationen erteilen muss, damit die Arbeitnehmervertreter konstruktive Vorschläge unterbreiten können (vgl. EuGH 10. September 2009 - C-44/08 - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto] Rn. 51, Slg. 2009, I-8163). Daraus folgt, dass diese Auskünfte im Verlauf und nicht unbedingt im Zeitpunkt der Eröffnung der Konsultationen zu erteilen sind. Der Arbeitgeber hat der Arbeitnehmervertretung nach dem Grundgedanken der Richtlinienvorgabe während der gesamten Konsultationen die relevanten Informationen zu geben. Eine flexible Handhabung ist erforderlich, weil die Auskünfte zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Konsultationsprozesses zur Verfügung stehen können. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit und die Pflicht hat, die Auskünfte im Lauf des Verfahrens zu vervollständigen (vgl. EuGH 10. September 2009 - C-44/08 - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto] Rn. 52 ff., aaO). Dieser Prozess kann gegenüber dem Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat deshalb unmittelbar vor Schluss der Konsultation nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG schriftlich dokumentiert werden.

54

(c) Die Annahme einer rechtlich zulässigen Verbindung des Interessenausgleichsverfahrens mit der Information des (Gesamt-)Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG entspricht damit auch dem Erfordernis unionsrechtskonformer Auslegung(vgl. für die st. Rspr. des EuGH etwa 5. September 2012 - C-42/11 - [Lopes Da Silva Jorge] Rn. 53 ff.; 24. Mai 2012 - C-97/11 - [Amia] Rn. 27 ff., EurUP 2012, 210; 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 23 ff., AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 7 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 8).

55

b) Es kann ferner auf sich beruhen, ob § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG gesetzliche Schriftform iSv. § 126 Abs. 1 BGB verlangt. Sollte das zutreffen, ist der Schriftformverstoß durch die abschließende Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats in § 5 des Interessenausgleichs geheilt, die die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG erfüllt.

56

aa) Im Streitfall ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass der Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 zuerst durch den Bevollmächtigten des beklagten Insolvenzverwalters unterzeichnet wurde. Demnach steht bisher nicht fest, dass der Beklagte den Gesamtbetriebsrat vor Abschluss des Konsultationsverfahrens in einer Weise unterrichtete, die der gesetzlichen Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB entsprach.

57

bb) Eine Verletzung des etwaigen gesetzlichen Schriftformerfordernisses ist hier aber jedenfalls geheilt. Der Betriebsrat machte mit seiner abschließenden Stellungnahme deutlich, dass er sich für ausreichend unterrichtet hielt und die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht ausschöpfen wollte.

58

(1) Der Senat hat bisher offengelassen, ob für die Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG die gesetzliche Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB einzuhalten ist(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 40, EzA KSchG § 6 Nr. 4 ). Weite Teile des Schrifttums nehmen an, dass sie zu wahren ist (so v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 17 Rn. 56; ErfK/Kiel 12. Aufl. § 17 KSchG Rn. 20 und 28; APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 70; Schrader in Schwarze/Eylert/Schrader KSchG § 17 Rn. 52; Stahlhacke/Vossen 10. Aufl. Rn. 1653; KR/Weigand 10. Aufl. § 17 KSchG Rn. 56; Thüsing/Laux/Lembke/Lembke/Oberwinter KSchG 2. Aufl. § 17 Rn. 82 lassen demgegenüber eine Unterrichtung per Telefax oder E-Mail genügen).

59

(2) Die Frage braucht auch in diesem Fall nicht beantwortet zu werden. Es kann auf sich beruhen, ob der Vertreter des Insolvenzverwalters den Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 erst nach dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats unterschrieb.

60

(a) Jedenfalls dann, wenn die von § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG verlangten Angaben gegenüber dem (Gesamt-)Betriebsrat in einem schriftlichen, wenn auch nicht unterzeichneten Text dokumentiert wurden, genügt die abschließende Stellungnahme des (Gesamt-)Betriebsrats, um einen eventuellen Schriftformverstoß zu heilen(weiter gehend LAG Hamm 6. Juni 1986 - 16 Sa 2188/86 - LAGE KSchG § 17 Nr. 2; HaKo/Pfeiffer 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 54; KR/Weigand 10. Aufl. § 17 KSchG Rn. 65, die eine mündliche Unterrichtung bei abschließender Stellungnahme des Betriebsrats für ausreichend halten; offengelassen von APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 76). Dafür spricht der Zweck des Unterrichtungserfordernisses. Die Arbeitnehmervertretung soll konstruktive Vorschläge unterbreiten können, um die Massenentlassung zu verhindern oder einzuschränken (vgl. zu Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b MERL EuGH 10. September 2009 - C-44/08 - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto] Rn. 51 und 64, Slg. 2009, I-8163). Bringt das Gremium, dem die Angaben nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG in einem schriftlich abgefassten Text deutlich vor Augen geführt wurden, selbst zum Ausdruck, dass es sich für ausreichend unterrichtet hält, drückt es damit zugleich aus, dass es keine weiteren Vorschläge unterbreiten kann oder will(vgl. BAG 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 23, EzA KSchG § 17 Nr. 25 ). Die Arbeitnehmervertretung will in einem solchen Fall gerade nicht die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ausschöpfen.

61

(b) Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass eine solche Heilungsmöglichkeit durch eine abschließende Stellungnahme der Arbeitnehmervertretung der von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b MERL vorgegebenen Pflicht zur schriftlichen Mitteilung genügt. Wie bereits ausgeführt, gewährleistet die Richtlinienvorgabe ein kollektives Informationsrecht der Arbeitnehmervertretung, kein individuelles Recht der einzelnen Arbeitnehmer (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 38 ff., Slg. 2009, I-6653). Die Ausgestaltung des Verfahrens zur Durchsetzung der Verpflichtungen des Arbeitgebers ist nach Art. 6 MERL Sache der Mitgliedstaaten. Die Verfahrensausgestaltung darf aber nicht dazu führen, dass der Richtlinie ihre praktische Wirksamkeit genommen wird (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 33 ff. und 59 ff., aaO). Dem sog. effet utile ist nach dem Zweck der Richtlinienvorgabe jedenfalls bei einem schriftlich abgefassten, wenn auch nicht unterschriebenen Unterrichtungstext genügt. Führt die Arbeitnehmervertretung ohne einschränkende oder weiterführende Zusätze selbst aus, sie sei ausreichend unterrichtet, will sie keine weiteren Vorschläge unterbreiten, um die Massenentlassung abzuwenden oder zu beschränken (vgl. zum Zweck von Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b MERL EuGH 10. September 2009 - C-44/08 - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto] Rn. 51, Slg. 2009, I-8163; zu der Heilung einer anderen im Richtlinienrecht verbürgten Schriftform [für Kreditverträge] auch BGH 6. Dezember 2005 - XI ZR 139/05 - Rn. 29 ff., BGHZ 165, 213). Die Heilung eines etwaigen Schriftformverstoßes verringert die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b MERL gewährleistet, unter diesen Voraussetzungen nicht (vgl. zu der nötigen Aufrechterhaltung des Pflichtenniveaus EuGH 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 65, aaO).

62

3. Der Beklagte wurde auch seiner Pflicht gegenüber der Agentur für Arbeit aus § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG gerecht, indem er der Massenentlassungsanzeige den Interessenausgleich vom 15. Oktober 2009 beifügte. Die Agentur für Arbeit konnte dem Interessenausgleich, der den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG entsprach, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Gesamtbetriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG entnehmen. Der Gesamtbetriebsrat hatte mit § 5 des Interessenausgleichs deutlich gemacht, dass er annahm, der Beklagte habe seine Pflichten aus §§ 111, 112 BetrVG und § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfüllt. Daraus konnte die Agentur für Arbeit ersehen, dass ein etwaiger Schriftformverstoß jedenfalls durch die abschließende Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats geheilt war. Mit dieser Stellungnahme belegte der Gesamtbetriebsrat zugleich, dass Kündigungen in dem aus dem Interessenausgleich ersichtlichen Umfang auch nach seiner Auffassung unvermeidlich waren und soziale Maßnahmen beraten worden waren (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 45 mwN, EzA KSchG § 6 Nr. 4).

63

D. Die dreimonatige Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO ist eingehalten. Die der Klägerin am 17. Oktober 2009 zugegangene Kündigung wirkte zum 31. Januar 2010.

64

E. Da die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2010 auflöste, steht der Klägerin keine Vergütung für Februar und März 2010 zu.

65

F. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

        

    Schäferkord    

        

    Reiner Koch    

                 

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Dem vorbereitenden Schriftsatz sind die in den Händen der Partei befindlichen Urkunden, auf die in dem Schriftsatz Bezug genommen wird, in Abschrift beizufügen.

(2) Kommen nur einzelne Teile einer Urkunde in Betracht, so genügt die Beifügung eines Auszugs, der den Eingang, die zur Sache gehörende Stelle, den Schluss, das Datum und die Unterschrift enthält.

(3) Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder von bedeutendem Umfang, so genügt ihre genaue Bezeichnung mit dem Erbieten, Einsicht zu gewähren.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch den Antrag auf Parteivernehmung nach § 445 geführt werden.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 115/01 Verkündet am:
3. Mai 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 25. Januar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es um die Höhe des zuerkannten Leistungsanspruchs geht.
Insoweit wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 6. November 1997 verkaufte der Beklagte ein in B. gelegenes und mit einem Miet- und Geschäftshaus bebautes Grundstück für 2.250.000 DM an die Klägerin. Der Vertrag enthält die Zusicherung einer bestimmten "Jahresnetto-Ist-Kaltmiete" für das Jahr 1997 sowie eines ungekündigten Bestandes im einzelnen aufgeführter Mietverträge, frei von Zahlungsrückständen.
Die Klägerin erbrachte die vertraglich geschuldeten Leistungen und wurde in das Grundbuch eingetragen. Die Schlüssel erhielt sie im Mai 1998 übergeben. Sie verlangt wegen Fehlens der zugesicherten Eigenschaften Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz des darüber hinausgehenden Schadens, zum Teil im Wege der Feststellungsklage.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision, mit der der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt hat, hat der Senat nur hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Zahlungs- bzw. Befreiungsanspruchs angenommen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Infolge der teilweisen Nichtannahme der Revision steht die Haftung des Beklagten gemäß § 463 Satz 1 BGB a.F. dem Grunde nach rechtskräftig fest. Soweit der Beklagte in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hat, die Klägerin habe sich die vereinnahmten Mieten auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch anrechnen zu lassen, meint das Berufungsgericht, es fehle dazu an einer schlüssigen Darlegung der Höhe des gegenzurechnenden Betrages durch den darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten.

II.


Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
1. Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß sich die Klägerin gezogene Mieteinnahmen als Vorteil auf den von ihr geltend gemachten Schaden anrechnen lassen muß, soweit diese nicht wiederum durch Betriebs- und Erhaltungskosten gemindert sind. Es entspricht auch höchstrichterlicher Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur, daß für solche Vorteile grundsätzlich der Schädiger, hier also der Beklagte, darlegungs- und beweispflichtig ist (BGHZ 94, 195, 217; Staudinger/Schiemann, BGB (1998), § 249 Rdn. 141; Baumgärtel/Strieder, Beweislast, 2. Aufl., § 249 Rdn. 14 m.w.N.).
2. Dieser Grundsatz gilt indes nicht uneingeschränkt.

a) So entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß die Darlegungslast des Pflichtigen, wenn es um Geschehnisse aus dem Vermögensbereich der anderen Partei geht, durch eine sich aus § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ergebende Mitwirkungspflicht des Gegners gemindert wird (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 1978, VI ZR 218/76, NJW 1979, 760, 761; Urt. v. 31. Januar 1991, IX ZR 124/90, WM 1991, 814, 815). Im Bereich der Vorteilsausgleichung hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einzelfall auch eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast angenommen, wenn dies wegen der Nähe zu den in der Sphäre des Geschädigten liegenden Umständen geboten erschien. So ist dem Geschädigten z.B. die Darlegungslast hinsichtlich einer als Folge der Schädigung erlangten Steuerersparnis auferlegt worden, weil nur ihm die für die Berechnung der Ersparnis erforderlichen Einzelheiten bekannt waren (vgl. BGH, Urt. v. 10. Februar 1987, VI ZR 17/86,
NJW 1987, 1814, 1815; s. auch Senat, Urt. v. 15. April 1983, V ZR 152/82, NJW 1983, 2137, 2139; BGH, Urt. v. 31. Januar 1983, II ZR 24/82, NJW 1983, 1735, 1736).

b) Diesen Besonderheiten trägt die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe für einen den Schaden mindernden Vermögensvorteil nicht ausreichend vorgetragen, nicht Rechnung. Es überspannt vielmehr die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag, die stets nicht abstrakt festgelegt werden können, sondern sich nach den jeweiligen Umständen richten und insbesondere von der Einlassung des Prozeûgegners abhängen (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 1991, X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709).
Fest steht nämlich im vorliegenden Fall, daû Mieteinkünfte erwirtschaftet worden sind, daû also der Klägerin ein zu berücksichtigender Vermögensvorteil zugeflossen ist. Damit genügte der Beklagte zunächst seiner Darlegungslast hinsichtlich des Vorhandenseins und der Geltendmachung eines die Klageforderung mindernden Vorteils. Mehr konnte er nicht vortragen, da ihm nicht bekannt war und er dies auch nicht zuverlässig ermitteln konnte, in welcher Höhe die Klägerin Mieteinnahmen erzielt hat und inwieweit diese wiederum durch Betriebs- und Unterhaltskosten geschmälert sind. Jeder weitere Vortrag hätte sich in Vermutungen erschöpft und zur weiteren Sachaufklärung nichts beigetragen. Daher wäre es jetzt Sache der Klägerin gewesen, Angaben zu den zur Berechnung des Vorteils erforderlichen Umständen zu machen, um einerseits den Vortrag zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zu vervollständigen und wieder schlüssig zu machen und andererseits dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, zu den konkretisierten Angaben Stellung zu nehmen und diese entweder zu akzeptieren oder sie zu widerlegen.
Da das Berufungsgericht dies verkannt hat, ist das angefochtene Urteil im Umfang der Annahme aufzuheben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Wenzel Krüger Klein Lemke Gaier

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22. Januar 2009 - 14 Sa 1173/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten ordentlichen Kündigung. Dabei steht im Vordergrund die Frage, ob die Sozialauswahl grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 KSchG ist.

2

Der Kläger ist 1961 geboren und hat Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei Personen. Er trat 1996 als Industriemechaniker in die Dienste der Beklagten. Er ist behindert mit einem Grad von 30 und einem Schwerbehinderten gleichgestellt.

3

Die Beklagte ist ein tarifgebundenes Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, das automatische Türsysteme für Straßen- und Schienenfahrzeuge produziert. Sie beschäftigte zum Zeitpunkt der Kündigung ca. 570 Arbeitnehmer.

4

Mit Datum vom 15. Oktober 2007 schloss sie mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Im Interessenausgleich ist ein Abbau von 65 Stellen vorgesehen. Für die Sozialauswahl wurden alle gewerblichen Arbeitnehmer als vergleichbar angesehen. Die nach dem Gesetz zu berücksichtigenden sozialen Gesichtspunkte wurden nach einer Punktetabelle bewertet. Zur Sicherung der Altersstruktur erfolgte die Sozialauswahl in vier Altersgruppen, deren erste bis zum 29. Lebensjahr reichte, während die folgenden Gruppen Arbeitnehmer bis zum 39., 49. und ab dem 50. Lebensjahr erfassten.

5

Gemeinsam mit dem Betriebsrat wurden außerdem Arbeitnehmer bestimmt, die nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG als „Leistungsträger“ aus der Sozialauswahl herauszunehmen waren. Die etwa zehn Tage nach dem Interessenausgleich unterschriebene Namensliste, die nach ihrem Wortlaut „Bestandteil des Interessenausgleichs“ war, verzeichnete auch den Namen des Klägers.

6

Nach Zustimmung des Integrationsamts kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 29. November 2007 zum 31. März 2008.

7

Der Kläger hat die Kündigung für sozialwidrig gehalten. Sie sei nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt. Die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG greife im Streitfall nicht, da die Namensliste getrennt vom Interessenausgleich erstellt worden sei. Außerdem sei nicht der Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrat zuständig gewesen. Die Unterzeichnung von Interessenausgleich und Namensliste von Seiten des Betriebsrats sei nicht durch entsprechende Beschlüsse gedeckt. Darüber hinaus werde die Vermutung der Betriebsbedingtheit dadurch widerlegt, dass die Beklagte noch in der Kündigungsfrist eine erhebliche Anzahl von Leiharbeitnehmern eingestellt habe. Jedenfalls sei die Sozialauswahl grob fehlerhaft, weil die Beklagte alle gewerblichen Arbeitnehmer als vergleichbar angesehen habe. Schließlich habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt, warum sie einzelne Mitarbeiter als Leistungsträger aus der Sozialauswahl herausgenommen habe.

8

Der Kläger hat beantragt

        

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29. November 2007 zum Ablauf des 31. März 2008 aufgelöst worden ist;

        

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Klageantrag Ziffer 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Industriemechaniker weiterzubeschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Namensliste werde den gesetzlichen Vorgaben einschließlich der Formvorschriften gerecht. Sie sei auf der Grundlage und im Rahmen wirksamer Beschlüsse unterzeichnet worden. Die Sozialauswahl sei nicht grob fehlerhaft. Die gewerblichen Arbeitnehmer seien sehr wohl vergleichbar. Die nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG im betrieblichen Interesse aus der Sozialauswahl herausgenommenen Arbeitnehmer habe sie anhand einer Qualifikationsmatrix ermittelt.

10

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Die Würdigungen des Landesarbeitsgerichts zu den tatbestandlichen Voraussetzungen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG sind zwar frei von Rechtsfehlern(I.). Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt jedoch nicht die Schlussfolgerung, die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG(II.). Ob die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt ist (III.1), ob die soziale Auswahl beanstandet werden muss (III.2) und ob die Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam ist (III.3), kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht entschieden werden. Der Rechtsstreit war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

12

I. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG sind nicht zu beanstanden.

13

1. Die Kündigung vom 29. November 2007 beruht auf einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG(§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG). Der Kläger ist als zu kündigender Arbeitnehmer in der Namensliste zum Interessenausgleich aufgeführt.

14

2. Soweit der Kläger geltend macht, das dem Interessenausgleich zugrunde liegende Punktesystem sei altersdiskriminierend, würde dies, selbst wenn es zuträfe, nicht die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG beseitigen. Ein möglicher Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung kann allenfalls zur groben Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl führen. Er hat nicht die „Unwirksamkeit“ der Namensliste und des Interessenausgleichs insgesamt und damit den Wegfall der gesetzlichen Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung zur Folge (Senat 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 21, BAGE 128, 238). Wenn die in dem Interessenausgleich benannten Arbeitnehmer nach anderen Kriterien auszuwählen sind als von den Betriebsparteien vorgesehen, ändert das nichts daran, dass diese ein geringeres Arbeitsvolumen erkannt und für die in dem Interessenausgleich vorgesehene Anzahl von Entlassungen einen betriebsbedingten Grund angenommen haben (vgl. zuletzt Senat 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20).

15

3. Zutreffend ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Interessenausgleich sei nicht deshalb formunwirksam, weil die Namensliste erst einige Tage nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs unterschrieben wurde.

16

a) Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und vom Betriebsrat zu unterschreiben. Auf das gesetzliche Schriftformerfordernis sind die §§ 125, 126 BGB anwendbar. Das Schriftformerfordernis ist nicht deshalb verletzt, weil die Namensliste nicht im Interessenausgleich selbst, sondern in einer Anlage enthalten ist. § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG aF spricht zwar davon, die namentliche Bezeichnung müsse „in dem Interessenausgleich“ erfolgen. Dieses Erfordernis ist aber erfüllt, wenn Interessenausgleich und Namensliste eine einheitliche Urkunde bilden (Senat 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 -; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10; 7. Mai 1998 - 2 AZR 55/98 - BAGE 88, 375). Eine einheitliche Urkunde liegt unzweifelhaft vor, wenn sowohl Interessenausgleich als auch Namensliste unterschrieben und von Anfang an körperlich miteinander verbunden sind. Eine einheitliche Urkunde kann aber selbst dann vorliegen, wenn die Namensliste getrennt vom Interessenausgleich erstellt worden ist. Voraussetzung ist, dass im Interessenausgleich auf die zu erstellende Namensliste verwiesen wird, die erstellte Namensliste - ebenso wie zuvor der Interessenausgleich - von den Betriebsparteien unterschrieben worden ist und die Liste ihrerseits eindeutig auf den Interessenausgleich Bezug nimmt (Senat 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 -).

17

b) Der Interessenausgleich ist am 15. Oktober 2007 und die Namensliste am 26. Oktober 2007 - und damit jedenfalls zeitnah - unterzeichnet worden. Ferner ist im Interessenausgleich auf die Namensliste und in dieser auf jenen Bezug genommen. Damit ist das gesetzliche Schriftformerfordernis gewahrt.

18

II. Zu Recht macht die Revision geltend, dass die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zur Sozialauswahl nicht mit dem Gesetz übereinstimmen. Das Landesarbeitsgericht hat die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl allein damit begründet, deren „Durchführung“ sei grob fehlerhaft. Es hat sich mit dem vom Kläger gerügten und von der Beklagten verteidigten Auswahlergebnis nicht befasst. Damit entspricht seine Würdigung nicht den Forderungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG.

19

1. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats führt das Landesarbeitsgericht zunächst aus, dass der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit nicht nur für die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung selbst gilt, sondern auch für die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen (21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 22). Richtig ist auch der vom Landesarbeitsgericht angelegte Maßstab: Eine soziale Auswahl ist nur dann grob fehlerhaft, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich jede Ausgewogenheit vermissen lässt (Senat 21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 23 mwN). Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass die vom Arbeitgeber - zusammen mit dem Betriebsrat - getroffene Auswahl nur dann grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG ist, wenn sich ihr Ergebnis als grob fehlerhaft erweist. Dagegen ist regelmäßig nicht maßgebend, ob das gewählte Auswahlverfahren beanstandungsfrei ist. Ein mangelhaftes Auswahlverfahren kann zu einem richtigen - nicht grob fehlerhaften - Auswahlergebnis führen (Senat 18. Oktober 2006 - 2 AZR 473/05 - BAGE 120, 18; 9. November 2006 - 2 AZR 812/05 - BAGE 120, 137; 17. Januar 2008 - 2 AZR 405/06 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 96). Dem entspricht es, dass der gekündigte Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, jedenfalls wenn er ausreichend unterrichtet worden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG), die soziale Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger sozial schutzwürdig, so dass diesem habe gekündigt werden müssen. Die Würdigung des Gerichts, die soziale Auswahl sei nicht ausreichend bzw. grob fehlerhaft, setzt deshalb die Feststellung voraus, dass der vom Arbeitnehmer konkret gerügte Auswahlfehler tatsächlich vorliegt, also ein bestimmter mit dem Gekündigten vergleichbarer Arbeitnehmer in dem nach dem Gesetz erforderlichen Maß weniger schutzbedürftig ist.

20

2. Gemessen an diesen Vorgaben tragen die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts nicht die von ihm gezogene rechtliche Schlussfolgerung. Der Kläger hat die Sozialauswahl konkret gerügt, indem er mehrere nicht gekündigte Arbeitnehmer namentlich benannt hat. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, weshalb ihrer Auffassung nach die Sozialauswahl mit dem konkreten Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit dem dazu gehaltenen wechselseitigen Vortrag nicht näher befasst, sondern allgemein die Einbeziehung sämtlicher gewerblicher Arbeitnehmer in die Sozialauswahl bemängelt und allein daraus die grobe Fehlerhaftigkeit der Auswahl abgeleitet. Aus seinem Urteil ist nicht ersichtlich, wie sich die möglicherweise von fehlerhaften Überlegungen geleitete Bestimmung des auswahlrelevanten Personenkreises auf das konkrete Ergebnis der Auswahl ausgewirkt hat und im Vergleich zu welchem oder welchen der vom Kläger benannten - und mit ihm vergleichbaren - Arbeitnehmern die Auswahl grob fehlerhaft sein soll. Gleiches gilt für die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Auch hier trifft es keine Feststellungen zum Auswahlergebnis, sondern bemerkt lediglich, das Vorgehen der Beklagten bei der Darlegung des Personenkreises sei widersprüchlich.

21

III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Sache ist mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht zur Entscheidung reif und muss deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§§ 561, 563 ZPO).

22

1. Ob dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingen oder ob sie nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu vermuten sind, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend beurteilt werden.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG lediglich ausgeführt, sie seien weder wegen Verstoßes gegen §§ 1, 10 AGG noch wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Schriftformerfordernis zu verneinen. Eine positive Feststellung, dass diese Voraussetzungen vollständig vorlägen, findet sich in den Entscheidungsgründen nicht. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

24

aa) Dabei dürfte allerdings entgegen der Auffassung des Klägers von der Zuständigkeit des Betriebsrats für den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan auszugehen sein. Aus dem allgemeinen Hinweis des Klägers, es seien auch andere Betriebe betroffen, ergibt sich keine zwingende Notwendigkeit für eine betriebsübergreifende Regelung. Nur bei einer solchen zwingenden Notwendigkeit kann die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für einen Interessenausgleich bestehen (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 1 AZR 193/01 - zu II 1 a, b der Gründe mwN, BAGE 100, 60).

25

bb) Was die Ausführungen des Klägers zur angeblich fehlenden Bevollmächtigung des Betriebsratsvorsitzenden (zur Unterzeichnung des Interessenausgleichs) und des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden (zur Unterzeichnung der Namensliste) betrifft, so wird das Landesarbeitsgericht ggf. auch deren Berechtigung nachzugehen haben.

26

cc) Nicht auseinandergesetzt hat sich das Landesarbeitsgericht mit dem Vortrag des Klägers, der die etwa bestehende gesetzliche Vermutung der Betriebsbedingtheit widerlegen soll. Der Kläger hat dazu behauptet, es habe freie Arbeitsplätze gegeben und die Beklagte habe bis zu 23 Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte hat ua. ausgeführt, die Leiharbeitnehmer seien wegen erhöhten Krankenstandes während der laufenden Kündigungsfristen eingesetzt worden. Auch dies wird das Landesarbeitsgericht gegebenenfalls näher aufzuklären haben.

27

2. Ob die Kündigung nach § 1 Abs. 3, Abs. 5 KSchG unwirksam ist, lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen.

28

a) Der Kläger hat, nachdem die Beklagte Auskunft erteilt hatte, die Sozialauswahl hinsichtlich mehrerer nicht gekündigter Arbeitnehmer beanstandet. Von diesen Arbeitnehmern weisen allerdings sechs entweder genauso viele oder nur bis zu 2 Punkte weniger als der Kläger auf: S (69), F (70), Se (70),(70), G (71) und P (71). Da nach der Rechtsprechung des Senats derart marginale Punktunterschiede jedenfalls für sich genommen nicht zur groben Fehlerhaftigkeit führen, kann sich diese nur im Vergleich des Klägers zu den übrigen von ihm genannten Arbeitnehmern ergeben, nämlich T (50), Th (43), Pe (52), Sa (57), Gr (60), W (62), Si (62) und Em (41). Zu diesen hat die Beklagte vorgetragen, die Herren T und Em gehörten einer anderen Altersgruppe an. Die übrigen Arbeitnehmer seien für den Betrieb notwendig, was sich bei Anwendung der von ihr verwendeten Qualifikationsmatrix ergebe und durch Vernehmung der Zeugen H und Gü bewiesen werden könne. Der Kläger ist diesem Vorbringen der Beklagten entgegengetreten, hat allerdings vorgetragen, er könne einige dieser Tätigkeiten ohnehin nicht ausüben. Auch dem wird das Landesarbeitsgericht gegebenenfalls nachzugehen haben.

29

b) Sollte es darauf ankommen, ob einzelne Arbeitnehmer zu Recht aus der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG herausgenommen worden sind, wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass auch insoweit der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit anzuwenden ist(noch offen gelassen Senat 12. April 2002 - 2 AZR 706/00 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 56 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 48 zu der von 1996 bis 1998 in Kraft gewesenen Fassung des KSchG). Dies entspricht der eindeutigen Absicht des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Schon in der Entscheidung vom 12. April 2002 (aaO) hat der Senat ausgesprochen, dass bei der Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl eine Abwägung mit den sozialen Belangen des zu kündigenden Arbeitnehmers stattzufinden hat. Dies zeigt, dass die Frage der Herausnahme einzelner Arbeitnehmer nicht abstrakt, sondern stets im konkreten Vergleich zu beurteilen ist. Das wiederum bedeutet, dass die Herausnahme eine Frage der „sozialen Auswahl“ ist, auf die sich nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit beziehen soll. Außerdem kann die Frage, ob berechtigte betriebliche Interessen gegeben sind, sinnvoll nur dann beantwortet werden, wenn feststeht, welche Arbeitnehmer bei „normaler“ Durchführung der Sozialauswahl im Betrieb verbleiben würden. Dem entspricht es, zunächst alle vergleichbaren Arbeitnehmer einzubeziehen und anschließend zu untersuchen, ob dieses Ergebnis geändert werden muss (wie hier ErfK/Oetker 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 366; KR/Griebeling 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 627, 703o mwN; APS/Kiel 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 801; KDZ/Kittner/Deinert KSchR 7. Aufl. Rn. 496u).

30

c) Ob die soziale Auswahl - wiederum abgesehen davon, dass konkrete Feststellungen zu einem Vergleich mit bestimmten Arbeitnehmern bisher nicht getroffen sind - deshalb grob fehlerhaft ist, weil nach dem Interessenausgleich sämtliche gewerblichen Arbeitnehmer als miteinander vergleichbar angesehen worden sind, kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, Vergleichbarkeit liege allein deshalb nicht vor, weil die Beklagte insoweit nicht ausreichend widerspruchsfrei vorgetragen habe, steht, wie oben ausgeführt, nicht im Einklang mit dem Gesetz. Die Beklagte ist ihrer Auskunftspflicht nachgekommen (§ 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG). Der Kläger hat die Sozialauswahl konkret gerügt. Diesen Rügen wird das Landesarbeitsgericht nachgehen müssen. Abgesehen davon besteht auch der vom Landesarbeitsgericht angenommene Widerspruch nicht. Die Beklagte hatte vorgetragen, alle gewerblichen Arbeitnehmer seien vergleichbar, einige von ihnen seien aber in der Lage, andere Arbeitnehmer anzuleiten; deshalb seien sie nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG aus der Auswahl genommen worden. Darin liegt bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten kein Widerspruch. Vielmehr setzt die Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der sozialen Auswahl immer voraus, dass sie zwar vergleichbar sind, aus Sicht des Arbeitgebers aber durch besondere Merkmale hervorstechen. Diese besonderen Merkmale können auch bei hier möglicherweise gegebenen „flachen Hierarchien“ in besonders ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein bestehen.

31

d) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit (vgl. 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Dies gilt nicht nur bei einer Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen („qualifikationsmäßige Austauschbarkeit“ Senat 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - BAGE 115, 92; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - BAGE 112, 361). Dabei kann im öffentlichen Dienst - ausnahmsweise auch in der Privatwirtschaft (Senat 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - BAGE 104, 138) - der tariflichen Eingruppierung Bedeutung zukommen (2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144). An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann („arbeitsvertragliche Austauschbarkeit“ Senat 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - aaO).

32

e) Ob nach diesen Maßstäben die Bestimmung des auswahlrelevanten Personenkreises fehlerhaft war, ist anhand des bisher festgestellten Sachverhalts nicht zu beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat zu den Tätigkeitsgebieten, die den Arbeitnehmern vertraglich - uU auch tarifvertraglich - übertragen waren, keine Feststellungen getroffen. Das wird ggf. nachzuholen sein.

33

3. Ob die Kündigung, wie der Kläger geltend gemacht hat, nach § 102 BetrVG unwirksam ist, kann noch nicht beurteilt werden. Auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste iSd. § 1 Abs. 5 KSchG ist der Arbeitgeber nicht von der Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung entbunden. Die Betriebsratsanhörung unterliegt keinen erleichterten Anforderungen (Senat 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Danach ist nicht auszuschließen, dass eine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden hat. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass ein Anhörungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist. Der in der Namensliste enthaltene Satz „Die nachfolgende Liste ersetzt die individuell durchzuführenden Anhörungen des Betriebsrates zu den Entlassungen“ ist mehrdeutig. Er kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass gerade keine Anhörung stattgefunden hat, mag aber auch - im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beklagten - dahingehend als Klarstellung verstanden werden, dass der Betriebsrat in der Tat angehört worden ist. Sollte es darauf ankommen, müsste den Parteien insoweit Gelegenheit zum Vortrag gegeben werden.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Bartz    

        

        

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 23. Mai 2012 - 4 Sa 658/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie um Ansprüche des Klägers auf Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 2. und auf Zahlung von Annahmeverzugslohn für den Monat August 2011.

2

Der 1960 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 2. Juni 1998 bei der Firma K GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) bzw. deren Rechtsvorgängerin als Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20. Januar 2011 wurde über das Vermögen der Schuldnerin die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und der Beklagte zu 1. zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2011 wurde er Insolvenzverwalter. Noch am 1. April 2011 schlossen der Beklagte zu 1. und der im Betrieb der Schuldnerin gebildete Betriebsrat einen Interessenausgleich. In § 2 Nr. 1 dieses Interessenausgleichs wird unter Bezugnahme auf eine Anlage 2 die bisherige Organisationsstruktur der Schuldnerin wiedergegeben. Demnach war die Schuldnerin in die Bereiche Verwaltung, Instandhaltung, Qualität, Logistik, Aircraft, Härten sowie Channelgroup 1 und Channelgroup 2 gegliedert. Die Bereiche Channelgroup 1 und Channelgroup 2 umfassten die Produktion von Kugeln unterschiedlicher Größe. Der Kläger war der Channelgroup 2 zugeordnet.

3

Der Interessenausgleich lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 2   

        
        

Gegenstand der Betriebsänderung

        
        

…       

        
        

2.    

Personalstruktur/Altersstruktur

        
                 

Die Parteien stimmen überein, dass die Schaffung einer ausgewogenen und leistungsfähigen Personalstruktur im berechtigten betrieblichen Interesse liegt und für eine dauerhafte Erhaltung des Unternehmens erforderlich ist. Durch die Bildung von Altersgruppen wird die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur angestrebt, die einer Überalterung der Belegschaft entgegenwirkt und eine übermäßige Belastung jüngerer Arbeitnehmer/innen verhindert. In diesem Sinn werden zum Zweck der Restrukturierung folgende Altersgruppen gebildet

        
                 

Altersgruppe 1

0 - 44 Jahre

        
                 

Altersgruppe 2

45 - 49 Jahre

        
                 

Altersgruppe 3

50 - 54 Jahre

        
                 

Altersgruppe 4

55 - 59 Jahre

        
                 

Altersgruppe 5

ab 60 Jahre.

        
                 

Durch die Bildung von Qualifikationsgruppen wird die Schaffung einer leistungsfähigen Personalstruktur angestrebt, die die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Produktion im Dreischichtbetrieb ermöglicht durch den Einsatz von Mitarbeitern mit höherer Qualifikation und universeller Einsetzbarkeit.

        
        

3.    

Beschreibung der Betriebsänderung

        
                 

Die einzelnen Betriebsteile/Bereiche mit der Anzahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer sowohl vor, als auch nach Durchführung der Betriebsänderung sind nachfolgender Übersicht zu entnehmen

        
                 

Betriebsteile/Bereich

Ist-Stand vor Betriebsänderung

Soll-Stand nach Betriebsänderung

                                            
                 

Verwaltung

9       

9       

                 

Instandhaltung

11    

7       

                 

Qualität

4       

4       

                 

Logistik

4       

4       

                 

Aircraft

11    

9       

                 

Härten

9       

9       

                 

Channelgroup 1

24    

19    

                 

Channelgroup 2

37    

26    

                                            
                 

Summe 

109     

87    

                                   
                 

Infolge dieser unternehmerischen Entscheidungen entfällt der Beschäftigungsbedarf für 22 Arbeitnehmer in vollem Umfang.

        
        

4.    

Struktur nach Betriebsänderung

        
                 

a)    

Die nach Umsetzung der Betriebsänderung bestehende Soll-Struktur mit den in den Bereichen tätigen Arbeitnehmern ist der

        
                          

Anlage 3

        
                          

zu diesem Interessenausgleich zu entnehmen. Der Personalbestand nach Reorganisation des Betriebes beläuft sich auf 87 Arbeitnehmer. Das Beschäftigungsbedürfnis für die darüber hinausgehenden 22 Arbeitnehmer entfällt mit Umsetzung der Reorganisation.

        
                 

b)    

Die aufgrund der oben dargestellten Situation von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer sind in

        
                          

Anlage 4

        
                          

zu diesem Interessenausgleich, die diesem als fester Bestandteil beigefügt ist, unter namentlicher Benennung aufgeführt. Diese Anlage ist von den Betriebsparteien gesondert unterzeichnet. Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass es sich bei der Anlage 4 um eine Namensliste i. S. von § 125 InsO handelt. Die Namensliste ist im Rahmen einer zusammengesetzten Urkunde integraler Bestandteil dieses Interessenausgleiches.

        
                          
        

§ 3     

        
        

Sozialauswahl

        
        

Zur Besetzung der sich aus der neuen Struktur des Betriebs ergebenden verbliebenen Arbeitsplätze und zur personellen Konkretisierung der von Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer wurde eine Sozialauswahl durchgeführt.

        
        

Hierfür wurden die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Bereichen sowie der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer zwischen den Betriebsparteien einvernehmlich festgelegt.

        
        

Von den Betriebsparteien wurden ferner die Arbeitnehmer definiert, die aufgrund ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen und zur Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur als betriebsnotwendiges Personal zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit als auch der Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs aus berechtigtem betrieblichen Interesse zwingend weiterbeschäftigt werden müssen. Diese Arbeitnehmer wurden ebenfalls aus der Sozialauswahl herausgenommen.

        
        

…“    

        
4

Der Interessenausgleich und die mit ihm verbundene Anlage 4 wurden von dem Beklagten zu 1. und Vertretern des Betriebsrats unterzeichnet. Die Anlage 4 umfasst 22 Namen. Unter ihnen befindet sich auch der Name des Klägers.

5

Mit Schreiben vom 1. April 2011 unterrichtete der Beklagte zu 1. den Betriebsrat über die beabsichtigten Kündigungen einschließlich der Kündigung des Klägers. Darin wird mitgeteilt, dass für die Sozialauswahl die Arbeitnehmer den Bereichen Verwaltung, Instandhaltung, Qualität, Logistik, Aircraft, Härten sowie Channelgroup 1 und 2 zugeordnet wurden. Von insgesamt 61 Produktionsmitarbeitern in den zusammengefassten Channelgroups 1 und 2 seien 16 Maschinenbediener vom Personalabbau betroffen. Die Schichtführer und Einsteller würden zur Aufrechterhaltung der Produktion benötigt. Mit Schreiben vom selben Tag erklärte der Betriebsrat hierzu keine Stellungnahme abzugeben. Er sehe das Anhörungsverfahren als abgeschlossen an. Ebenfalls unter dem 1. April 2011 zeigte der Beklagte zu 1. gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die beabsichtigten Entlassungen an. Schließlich erklärte der Beklagte zu 1. mit Schreiben vom 1. April 2011 gegenüber dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2011. Die Kündigung wurde dem Kläger noch am selben Tag übergeben.

6

Am 5. April 2011 ging der Betrieb der Schuldnerin auf die Beklagte zu 2. über.

7

Mit seiner am 15. April 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Er hat bestritten, dass die Massenentlassungsanzeige entsprechend § 17 Abs. 1 KSchG vor Zugang der Kündigungserklärung erfolgt ist. Die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Kündigung sei gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam, da sie anlässlich des Betriebsübergangs erfolgt sei. Ein Erwerberkonzept, welches die Kündigung rechtfertigen könnte, habe nicht vorgelegen. Die Erwerberin habe vielmehr unmittelbar nach dem Betriebsübergang gegenüber den lokalen Medien erklärt, dass sie eine Aufstockung des Personals beabsichtige. Bei der Beklagten zu 2. bestehe auch tatsächlich Beschäftigungsbedarf.

8

Zudem sei die Sozialauswahl grob fehlerhaft erfolgt. Die Einteilung der Produktionsmitarbeiter nach ihrer Tätigkeit in den verschiedenen betrieblichen Bereichen (zB Channelgroup 1 und 2; Härten; Instandhaltung) sei willkürlich. Die Produktionsmitarbeiter seien bereichsübergreifend nach wenigen Tagen Anlernzeit „universell einsetzbar“ und deshalb miteinander vergleichbar. In den Bereichen Channelgroup und Härten seien ungelernte Tätigkeiten verrichtet und die Mitarbeiter stets ausgetauscht worden. Auch die Unterscheidung nach der Qualifikation der Mitarbeiter in den einzelnen Bereichen sei willkürlich vorgenommen worden. So seien im Bereich Channelgroup die Mitarbeiter R, W und H als angebliche Schichtführer aus der Sozialauswahl herausgenommen worden. Tatsächlich seien sie Maschinenbediener. Auch die Herausnahme des Mitarbeiters D sei nicht gerechtfertigt. Dieser weise keine besondere Qualifikation auf. Er (der Kläger) könne ebenso wie dieser Kollege als Springer tätig werden. Aufgrund seiner Qualifikation als Industriemechaniker und Informationselektroniker sei er in jedem Produktionsbereich und auch als Einsteller einsetzbar. Sein Arbeitsvertrag enthalte eine Versetzungsklausel. Die beabsichtigte Schaffung einer neuen Altersstruktur sei mit unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar. Es handle sich um eine unzulässige Altersdiskriminierung. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO verstoße gegen Unionsrecht und sei daher nicht anzuwenden. Die große Bandbreite der Altersgruppe 1 führe hier zudem zu einer überdimensionalen Benachteiligung der älteren Mitarbeiter. Die vorgenommene Bildung der Altersgruppen sei weder hinsichtlich ihrer Veranlassung noch ihrer Ausgestaltung nachvollziehbar. Wäre die Sozialauswahl ordnungsgemäß betriebsbezogen und ohne Altersgruppenbildung erfolgt, so seien zumindest 30 benannte Arbeitnehmer im Produktionsbereich sozial weniger schutzwürdig als er und daher vorrangig zu kündigen. Selbst bei Überprüfung der Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit seien zwölf benannte Kollegen weniger schutzwürdig.

9

Das Arbeitsverhältnis sei somit ungekündigt auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Diese sei verpflichtet, ihn weiterzubeschäftigen. Beide Beklagten seien zudem zur Zahlung des Annahmeverzugslohns für den Monat August 2011 verpflichtet.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten zu 1. vom 1. April 2011, dem Kläger ausgehändigt am 1. April 2011, zum 31. Juli 2011 nicht aufgelöst wurde.

        

2.    

Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Produktionshelfer weiterzubeschäftigen.

        

3.    

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Vergütung für den Monat August 2011 2.788,68 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 1. September 2011 abzüglich ggf. auf Dritte übergegangener Ansprüche zu zahlen.

11

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die dem Kläger erst nach Anzeige der Massenentlassung übergebene Kündigung sei wirksam.

12

Ihr liege ein Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO zugrunde. Der Kläger habe die daraus folgende Vermutung dringender betrieblicher Erfordernisse für die Kündigung nicht widerlegt. Unter Beibehaltung der bisherigen Kostenstruktur sei eine Fortführung des Betriebs nicht möglich gewesen. Die Kündigungen seien Teil eines Erwerberkonzepts. Dementsprechend werde der Betrieb nach der Übernahme auch weitergeführt. Die vom Kläger angeführten Pressemitteilungen seien als unternehmerische Visionen unverbindlich zukunftsgerichtet.

13

Die Sozialauswahl sei nicht grob fehlerhaft. Durch sie sei auf der Grundlage eines Sanierungskonzepts eine ausgewogene Personalstruktur geschaffen worden, welche den Verkauf und den Betriebsübergang erst möglich gemacht habe. Schichtführer und Einsteller seien zur Aufrechterhaltung der Produktion benötigt und daher nicht gekündigt worden. Es sei zwingend notwendig gewesen, Mitarbeiter mit höherer Qualifikation und universeller Einsetzbarkeit zu halten. So sei im Bereich Channelgroup in der Altersgruppe 3 der Arbeitnehmer D als universell einsetzbarer Springer nicht in die Auswahl einzubeziehen gewesen. Die Mitarbeiter R, W und H seien höher qualifiziert als der Kläger.

14

Es liege auch keine unzulässige Altersdiskriminierung vor. Die Altersgruppe 1 sei gebildet worden, da Mitarbeiter bis 25 Jahre gänzlich gefehlt hätten und Arbeitnehmer bis 44 Jahre stark unterrepräsentiert gewesen seien. Der Betrieb der Schuldnerin sei mit einem vergleichbaren Musterbetrieb der Branche abgeglichen worden. Dabei habe sich gezeigt, dass der Betrieb mit einem Durchschnittsalter von 51 Jahren stark überaltert gewesen sei. Da die Verjüngung des Betriebs beabsichtigt gewesen sei, hätten Beschäftigte in der Altersgruppe 1 nicht gekündigt werden sollen. Es sei daher nur konsequent, dass Kündigungen auch im Bereich der beiden Channelgroups in dieser Altersgruppe unterblieben seien, obwohl dort 42,62 % der Beschäftigten der Altersgruppe 1 zuzuordnen gewesen seien.

15

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Sie rügt zu Recht eine Verletzung des § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann nicht angenommen werden, dass die soziale Auswahl im Hinblick auf das Ergebnis der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers nicht grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist. Die Beklagten haben nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen die vorgenommene Altersgruppenbildung erforderlich und die Beschränkung der Sozialauswahl auf die bisherigen Einsatzbereiche veranlasst war. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat nicht selbst beurteilen, ob die streitgegenständliche Kündigung iSv. § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt ist. Die weiteren Klageanträge hängen davon ab. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Die Kündigung vom 1. April 2011 ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht widerlegt ist.

18

I. Es liegt ein formwirksamer Interessenausgleich mit Namensliste vor, der bei unveränderter Sachlage ( § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO ) die Rechtsfolgen des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO auslöst. Eine Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG ist gegeben. Um eine Betriebsänderung handelt es sich auch bei einem bloßen Personalabbau, wenn die Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht sind(st. Rspr., vgl. zB BAG 20. September 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 17; 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 17, BAGE 142, 339). Der Personalabbau überschritt hier die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG. Von 109 Arbeitnehmern sollte 22 gekündigt werden. Dies sind mehr als 10 % der Belegschaft. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit.

19

II. Aufgrund der namentlichen Benennung des Klägers in der Namensliste des Interessenausgleichs (Anlage 4) wird nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung vom 1. April 2011 durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Diese Vermutung wäre widerlegt, wenn der Kläger substantiiert dargelegt und im Bestreitensfall bewiesen hätte, dass der nach dem Interessenausgleich in Betracht kommende betriebliche Grund in Wirklichkeit nicht besteht (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 520/11 - Rn. 25; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 17, BAGE 140, 169).Das Landesarbeitsgericht ist jedoch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht widerlegt ist. Die Revision erhebt insoweit keine Rügen.

20

B.  Ob die Kündigung wegen grober Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 3 KSchG, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist, kann noch nicht entschieden werden.

21

I. Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO kann die soziale Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 KSchG nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.

22

1. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO eröffnet dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat weiter gehende Möglichkeiten bei der Sozialauswahl als § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG. Insbesondere muss die Schwerbehinderung nicht berücksichtigt werden und kann mit einem Interessenausgleich nach § 125 InsO angestrebt werden, eine ausgewogene Personalstruktur nicht nur zu erhalten, sondern erst zu schaffen(BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 35, BAGE 142, 202). Der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit gilt nicht nur für die Auswahlkriterien und ihre relative Gewichtung selbst. Auch die Bildung der auswahlrelevanten Arbeitnehmergruppe kann gerichtlich lediglich auf grobe Fehler überprüft werden. Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt (st. Rspr., vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 854/11 - Rn. 26; für § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 38 f., BAGE 140, 169; 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 21 ; s. auch BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Sinn und Zweck des § 125 InsO gebieten eine weite Ausdehnung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs der groben Fehlerhaftigkeit bei der Sozialauswahl. Diese Bestimmung soll eine erfolgreiche Sanierung insolventer Unternehmen fördern (BT-Drucks. 12/2443 S. 77) und Kündigungserleichterungen schaffen (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 45, BAGE 142, 225). Die getroffene Auswahl muss sich mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweisen. Nicht entscheidend ist, dass das Auswahlverfahren zu beanstanden ist. Ein mangelhaftes Auswahlverfahren kann zu einem richtigen - nicht grob fehlerhaften - Auswahlergebnis führen (vgl. zB BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 34, BAGE 142, 339; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19 ).

23

2. Die Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO kodifiziert einen Sonderfall der berechtigten betrieblichen Bedürfnisse iSd. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG(BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 3 b bb (2) der Gründe). § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eröffnet die Möglichkeit zum Zweck der Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur die Auswahl innerhalb von Altersgruppen vorzunehmen. Dies verstößt nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung (Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) und seine Ausgestaltung durch die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 (vgl. BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 25, BAGE 142, 339; 15. Dezember 2011 -  2 AZR 42/10  - Rn. 46 ff., BAGE 140, 169). Gleiches gilt für eine Altersgruppenbildung in einem nach § 125 Abs. 1 InsO geschlossenen Interessenausgleich, die der Erhaltung der vorhandenen Altersstruktur dient(BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 30, BAGE 142, 225).

24

3. Die durch § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG iVm. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO eröffnete Möglichkeit der Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur durch Bildung von Altersgruppen verletzt das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung ebenfalls nicht. Sie ist durch das legitime Ziel der Sanierung eines insolventen Unternehmens gerechtfertigt. Das nationale Gericht hat aber die Angemessenheit und Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung im Einzelfall zu prüfen.

25

a) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind; unter legitimen Zielen sind dabei insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen. Die Mitgliedstaaten und ggf. die Sozialpartner auf nationaler Ebene haben sowohl bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel sie im Bereich der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik verfolgen wollen, als auch bei der Festlegung von Maßnahmen zu seiner Erreichung einen weiten Ermessensspielraum ( EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist] Rn. 50; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 60; 12. Oktober 2010 - C-499/08  - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 12. Oktober 2010 -  C-45/09  - [Rosenbladt] Rn. 41, Slg. 2010, I-9391; 16. Oktober 2007 -  C-411/05  - [Palacios de la Villa] Rn. 68, Slg. 2007, I-8531; 22. November 2005 -  C-144/04  - [Mangold] Rn. 63, Slg. 2005, I-9981). Dieser Spielraum darf allerdings nicht dazu führen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters ausgehöhlt wird (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08  - [Andersen] aaO; 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569).

26

b) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat darauf erkannt, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung solche aus dem Bereich „Sozialpolitik“ sind (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09  - [Prigge] Rn. 81, Slg. 2011, I-8003; 18. Juni 2009 -  C-88/08  - [Hütter] Rn. 41, Slg. 2009, I-5325; 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569; 12. Oktober 2010 - C-499/08  - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 12. Oktober 2010 -  C-45/09  - [Rosenbladt] Rn. 41, Slg. 2010, I-9391; 16. Oktober 2007 -  C-411/05  - [Palacios de la Villa] Rn. 68, Slg. 2007, I-8531; 22. November 2005 -  C-144/04  - [Mangold] Rn. 63, Slg. 2005, I-9981; vgl. auch BVerfG 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11  - Rn. 15 ). Ziele, die als „rechtmäßig“ iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Freilich ist es nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift bei der Verfolgung der genannten sozialpolitischen Ziele den Arbeitgebern einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt ( EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 , C-160/10  - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919 ; 5. März 2009 -  C-388/07  - [Age Concern England] aaO).

27

c) Demnach liegt in Übereinstimmung mit den unionsrechtlichen Vorgaben ein im Allgemeininteresse liegendes legitimes Ziel aus dem Bereich der Sozialpolitik vor, wenn die Sozialauswahl nach Altersgruppen dazu dienen soll, den Betrieb aus der Insolvenz heraus zu sanieren und ggf. verkaufsfähig zu machen. Damit wird nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des Schuldners, also eines einzelnen insolventen Unternehmens, verbessert. § 125 InsO soll als Teil der Reform des Insolvenzrechts marktwirtschaftlich sinnvolle Sanierungen ermöglichen(BT-Drucks. 12/2443 S. 77; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 1). Das Ziel des Erhalts des Unternehmens kommt auch in § 1 Satz 1 InsO zum Ausdruck. Soweit durch eine Sanierung aus der Insolvenz heraus - und sei es auch nur vorübergehend - Arbeitsplätze erhalten werden, dient dies nicht nur dem Interesse des Arbeitgebers, sondern auch dem der Gesamtbelegschaft und der Allgemeinheit. Die Leistungsfähigkeit von Betrieben und Unternehmen in ihrer Gesamtheit gehört zu den Grundlagen eines funktionierenden Wirtschaftssystems (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 31, BAGE 142, 225; ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 15b; MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 97; Uffmann SAE 2013, 1). Eine Altersgruppenbildung, die in einem auf § 125 InsO gestützten Interessenausgleich mit Namensliste den Bestand privatwirtschaftlicher Unternehmen zum Wohl aller am Wirtschaftsleben Teilhabenden sichern will, dient damit einem im Allgemeininteresse liegenden legitimen Ziel(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 62, BAGE 140, 169). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Erhalt einer bereits ausgewogenen Personal- und Altersstruktur zur Fortführung bzw. zum Verkauf des Unternehmens ausreicht oder ob eine solche Perspektive nur durch die Schaffung ausgewogener Strukturen im Rahmen einer Sanierung möglich wird. Gerade bei insolventen Unternehmen sind typischerweise tiefgreifende Reformen nötig. Die Altersgruppenbildung kann bei entsprechendem Reformbedarf ein angemessenes und erforderliches Mittel sein, um im Zusammenhang mit Entlassungen eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen, die eine (zumindest teilweise) Fortführung des Unternehmens oder Betriebs ermöglicht.

28

d) Eines Vorabentscheidungsersuchens des Senats nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Welches Ziel eine nationale Regelung verfolgt, haben die Gerichte der Mitgliedstaaten zu prüfen (EuGH 21. Juli 2011 C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 71, Slg. 2011, I-6919). Ebenso obliegt es der Beurteilung durch die nationalen Gerichte, ob eine nationale Regelung einem rechtmäßigen Ziel im Sinne dieser Auslegung des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG durch den Gerichtshof der Europäischen Union dient. Gleiches gilt für die Frage, ob der nationale Gesetzgeber angesichts des bestehenden Ermessensspielraums davon ausgehen durfte, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind ( EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 49 f., Slg. 2009, I-1569; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 67 f.).

29

Die konkrete Subsumtion, ob eine Altersgruppenbildung als Grundlage für einen nach § 125 InsO geschlossenen Interessenausgleich den vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelten abstrakten Anforderungen an eine Rechtfertigung iSv. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG genügt, ist damit Aufgabe des nationalen Gerichts, das allein für die Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits, mit dem es befasst ist, sowie für die Auslegung des anwendbaren nationalen Rechts zuständig ist( EuGH 5. März 2009 - C-388/07  - [Age Concern England] Rn. 47, Slg. 2009, I-1569). Das nationale Gericht hat daher unter Beachtung der Zielrichtung des nationalen Rechts, hier des § 125 InsO und des darauf basierenden Interessenausgleichs, und unter Berücksichtigung der Einbettung dieser Bestimmung in das nationale Kündigungsrecht zu prüfen, ob die Altersgruppenbildung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abstrakt und konkret ein legitimes Ziel verfolgt und dafür das angemessene und erforderliche Mittel ist.

30

4. Für diese Prüfung bedarf es entsprechender Darlegung des kündigenden Arbeitgebers, hier des Insolvenzverwalters. Die Arbeitsgerichte haben zu beurteilen, ob die Altersgruppenbildung im konkreten Interessenausgleich gemäß § 10 AGG gerechtfertigt ist.

31

a) Die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ( §§ 1 bis 10 AGG ) sind im Rahmen der Prüfung der Sozialwidrigkeit von Kündigungen zu beachten (BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 28, BAGE 128, 238).Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, wenn die Sozialauswahl bezogen auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis grob fehlerhaft iSd. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist.

32

b) Die Bildung von Altersgruppen bedeutet eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters iSd. § 1 AGG(vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 49, BAGE 128, 238), die eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG mit der Folge der Unwirksamkeit gemäß § 7 Abs. 1 und 2 AGG darstellen kann. Dies ist nicht der Fall, wenn die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 8 AGG oder § 10 AGG gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen aber nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 AGG setzt die Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 unionsrechtskonform um (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 26). Die Sanierung eines insolventen Unternehmens stellt aus den genannten Gründen auch ein legitimes Ziel gemäß § 10 Satz 1 AGG dar. Eine mit einer Altersgruppenbildung ggf. verbundene Benachteiligung älterer Arbeitnehmer kann vor diesem Hintergrund gerechtfertigt sein (aA Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 125 InsO Rn. 21a).

33

c) Der Gesetzgeber gibt eine Altersgruppenbildung weder in § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG noch in § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO zwingend vor. Er überlässt dem Arbeitgeber/Insolvenzverwalter - bzw. den Betriebsparteien - das „Ob“ und das „Wie“ der Gruppenbildung und räumt dabei einen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum ein. Inwieweit Kündigungen Auswirkungen auf die Altersstruktur des Betriebs haben und welche Nachteile sich daraus ergeben, hängt von den betrieblichen Verhältnissen ab und kann nicht abstrakt für alle denkbaren Fälle beschrieben werden. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen und möglichen Nachteile deswegen im Einzelnen darlegen, wenn er sich wegen der Sicherung der Personalstruktur auf § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG berufen will(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 65, BAGE 140, 169; 18. März 2010 - 2 AZR 468/08  - Rn. 23 ). Jedenfalls dann, wenn die Anzahl der Entlassungen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer im Verhältnis zur Anzahl aller Arbeitnehmer des Betriebs die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht, kommen ihm dabei Erleichterungen zugute; in diesem Fall ist ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Beibehaltung der Altersstruktur - widerlegbar - indiziert (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 28, BAGE 142, 339; 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 30).

34

d) Bei beabsichtigter Schaffung einer neuen Struktur gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG iVm. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO muss der Insolvenzverwalter demgegenüber vortragen, welche konkrete Altersstruktur die Betriebsparteien schaffen wollten und aus welchem Grund dies erforderlich war (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 854/11 - Rn. 57). Er ist insoweit darlegungs- und beweispflichtig. Aus dem Vortrag muss ersichtlich werden, dass die vereinbarte Altersgruppenbildung zur Erreichung des Ziels der sanierungsbedingten Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur angemessen und erforderlich ist. Die Vorlage des Interessenausgleichs kann nur dann ausreichen, wenn in diesem die erforderlichen Angaben bereits enthalten sind. Schlagwortartige Bezeichnungen genügen nicht. Sonst kann nicht überprüft werden, ob die Ungleichbehandlung durch das verfolgte Ziel gerechtfertigt ist (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 50). Das bloße Bestreben, das Durchschnittsalter der Beschäftigten zu reduzieren, ist für sich allein betrachtet kein legitimes Ziel (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 59, BAGE 129, 181).

35

II. Die Beklagten sind dieser Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. Die Revision rügt zu Recht, dass das Landesarbeitsgericht die Darlegungslast der Beklagten bezüglich der Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung verkannt und wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat.

36

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Sozialwidrigkeit und die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl einer Kündigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüfbar. Bei der Frage nach der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte im Rahmen der sozialen Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers ( § 1 Abs. 3 KSchG ) handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es wesentliche Umstände berücksichtigt hat und ob es in sich widerspruchsfrei ist. Dabei bezieht sich die Beschränkung des revisionsrechtlichen Prüfungsrahmens nicht nur auf die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung, sondern auch auf die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen. Dies gilt in gleicher Weise im Anwendungsbereich des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO, der bei der Nachprüfung der sozialen Auswahl den weiteren unbestimmten Rechtsbegriff der „groben Fehlerhaftigkeit“ verwendet(BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 1 der Gründe; vgl. auch BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 23 mwN).

37

2. Das Landesarbeitsgericht hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, warum die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur durch Altersgruppenbildung überhaupt erforderlich war. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Altersgruppen hat es nur darauf verwiesen, dass Mitarbeiter bis 25 Jahre gänzlich fehlten und das Durchschnittsalter aller Mitarbeiter bei 51 Jahren lag. Damit wurde auch die Bildung der Altersgruppe 1, dh. die Zusammenfassung der bis 44-Jährigen, gebilligt.

38

3. Der Vortrag der Beklagten lässt nicht erkennen, dass ein objektives Bedürfnis für die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur bestand.

39

a) Der Verweis auf das betriebliche Durchschnittsalter von 51 Jahren lässt vielmehr auf eine ausgewogene Struktur schließen. Geht man von einem durchschnittlichen Eintrittsalter von 30 Jahren und einem Ausscheiden bei 65 oder mehr Jahren aus, so liegt das Alter von 51 Jahren nur knapp über dem Durchschnittsalter in einem Erwerbsleben (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 50). Jedenfalls lässt sich aus diesem Altersdurchschnitt nicht ableiten, dass eine Verjüngung der Belegschaft zur Sanierung erforderlich ist. Dies gilt im Besonderen für den Bereich der Channelgroups, dh. der beiden für die Sozialauswahl zusammengefassten Produktionsbereiche, dem auch der Kläger zugeordnet wurde. Mit 61 von insgesamt 109 Mitarbeitern handelt es sich um den größten Bereich des Betriebs. Von diesen 61 fallen 26 Mitarbeiter in die Altersgruppe 1, dh. 42,62 % sind im Alter bis 44 Jahre.

40

b) Der von den Beklagten angeführte Vergleich mit einem „Musterbetrieb“ der Branche stellt für sich genommen keine tragfähige Begründung der Vorgehensweise dar. Eine Wunschvorstellung der Arbeitgeberseite kann als solche keine Ungleichbehandlung wegen des Alters rechtfertigen, anderenfalls wäre jeder Überprüfung der nach § 10 Satz 1 AGG anzuwendende objektive Maßstab entzogen. Zudem weist der fiktive Vergleich keinen Bezug zur konkreten Situation der Insolvenzschuldnerin auf. Es gibt insolvente Unternehmen, die (zB wegen besonderer technischer Fähigkeiten) sanierungsfähig sind, obwohl sie keine ideale oder zumindest durchschnittliche Struktur aufweisen. Umgekehrt existieren Schuldner mit einer beinahe mustergültigen Altersstruktur, die dennoch wegen der aktuellen Marktgegebenheiten keine Sanierungsperspektive haben. Die vereinbarte Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur bedarf der Erläuterung in Bezug auf ein konkretes Sanierungsvorhaben. Dabei sind wegen des praktischen Bedürfnisses zügiger Entscheidungen (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 50, BAGE 142, 225) keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es reicht beispielsweise aus, dass der Insolvenzverwalter innerbetriebliche Gründe, wie zB Kostenstrukturen, anführt oder die Probleme bei Gesprächen mit potentiellen Investoren oder Käufern schildert. Dabei kann auch die Altersstruktur vergleichbarer Unternehmen eine Rolle spielen (vgl. MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 97; Zwanziger Kommentar zum Arbeitsrecht der InsO 4. Aufl. § 125 Rn. 70). Es muss aber ein Sanierungskonzept deutlich werden, nicht nur - wie hier - der pauschale Wunsch nach einer Verjüngung der Belegschaft. Ein solches Konzept haben die Beklagten bislang nicht verdeutlicht.

41

c)  Die Argumentation der Beklagten, wonach sich der Betrieb bei Ausscheiden der Älteren gleichsam von selbst „abgeschafft“ hätte, führt nicht weiter. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass ein sukzessives Ausscheiden durch entsprechende Neueinstellungen kompensiert werden kann.

42

III. Die Revision rügt auch begründet, dass die Auswahl unter den Produktionsmitarbeitern aus nicht hinreichend nachvollziehbaren Gründen in Abweichung vom Grundsatz der betriebsbezogenen Sozialauswahl getrennt nach den Bereichen Instandhaltung, Qualität, Logistik, Aircraft, Härten sowie Channelgroup (1 und 2) vorgenommen wurde. Der Beklagte zu 1. hat insoweit seine Auskunftspflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG nicht erfüllt.

43

1. Auch in der Insolvenz ist eine auf den gesamten Betrieb bezogene Sozialauswahl vorzunehmen. Hinsichtlich der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ist den Betriebspartnern durch § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO aber ein weiter Spielraum eingeräumt. Bezüglich des auswahlrelevanten Personenkreises besteht diese Einschätzungsprärogative ua. hinsichtlich der tatsächlichen Austauschbarkeit der Arbeitnehmer und der zumutbaren Dauer der Einarbeitungszeit. Eine Beschränkung der Vergleichbarkeit auf Arbeitnehmer, die ohne jegliche Einarbeitungszeit sofort austauschbar sind, ist in der Regel aber grob fehlerhaft.

44

a) Das Kündigungsschutzgesetz findet im Insolvenzverfahren Anwendung mit der Folge, dass der Insolvenzverwalter grundsätzlich eine soziale Auswahl iSd. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorzunehmen hat(vgl. BAG 28. Oktober 2004 - 8 AZR 391/03 - zu II 3 b bb der Gründe, BAGE 112, 273; KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 22b). Nach der Konzeption des § 1 Abs. 3 KSchG ist die Sozialauswahl betriebsbezogen durchzuführen. In die Auswahlentscheidung sind diejenigen vergleichbaren Arbeitnehmer einzubeziehen, welche in demselben Betrieb beschäftigt sind (st. Rspr. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 46; 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 23; 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 16, BAGE 123, 1). Im Falle der Insolvenz können sich die Betriebspartner nicht bewusst über diese nicht zu ihrer Disposition stehende gesetzliche Grundbedingung der sozialen Auswahl hinwegsetzen und den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer enger oder weiter ziehen, als es das Kündigungsschutzgesetz in seiner Auslegung durch das Bundesarbeitsgericht zulässt (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 22; Bichlmeier Anm. DZWIR 2006, 287). § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO verändert nur den Prüfungsmaßstab. Eine abteilungsbezogene Sozialauswahl ist daher ein grober Auswahlfehler, wenn nicht die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer auf die Abteilungen beschränkt ist (vgl. auch ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 10).

45

b) Die horizontale Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG setzt voraus, dass die vom Wegfall des Arbeitsplatzes unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer auf einem vorhandenen Arbeitsplatz tatsächlich und rechtlich einsetzbar sind. Es kommt darauf an, ob diese Arbeitnehmer aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation sowie aufgrund ihrer gleichwertigen Tätigkeiten im Betrieb in der Lage sind, eine andersartige, aber gleichwertige Arbeit von anderen Arbeitnehmern nach einer (relativ) kurzen Einarbeitungszeit auszuüben. Hierbei kann einem aktuellen Stand von Kenntnissen und Fähigkeiten erhebliche Bedeutung zukommen. Ein arbeitsplatzbezogener „Routinevorsprung“ hat bei der Frage der Vergleichbarkeit aber außer Betracht zu bleiben. Welcher Einarbeitungszeitraum dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BAG 24. Mai 2005 - 8 AZR 398/04 - zu III 2 c der Gründe, BAGE 114, 374; 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 18).

46

c) Es ist das Wesen der Sozialauswahl, dass sie innerhalb der Vergleichsgruppen zu erfolgen hat (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 33). Im Insolvenzverfahren kann bei Vorliegen eines Interessenausgleichs gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO die Sozialauswahl grob fehlerhaft sein, wenn bei der Bestimmung des Kreises vergleichbarer Arbeitnehmer die Austauschbarkeit offensichtlich verkannt worden ist und bei der Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG die betrieblichen Interessen augenfällig überdehnt worden sind(BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - zu 2 c bb bbb der Gründe, BAGE 116, 213). Sprechen dagegen gut nachvollziehbare und ersichtlich nicht auf Missbrauch zielende Überlegungen für die - ggf. fehlerhaft - getroffene Eingrenzung des auswahlrelevanten Personenkreises, ist die Grenze der groben Fehlerhaftigkeit unterschritten (BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 21; 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - Rn. 16 f.). Hinsichtlich der Einschätzung der tatsächlichen Verhältnisse ist den Betriebspartnern durch § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt; auch insoweit ist die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen.

47

d) Ob eine Beschränkung des auswahlrelevanten Personenkreises auf sofort austauschbare Arbeitnehmer („unmittelbare Substituierbarkeit“) in verschiedenen Geschäftsbereichen in einem Interessenausgleich mit Namensliste grob fehlerhaft ist, hat das Bundesarbeitsgericht bislang offengelassen (vgl. BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - zu 2 c bb ccc (2) der Gründe, BAGE 116, 213). Im Regelfall wird grobe Fehlerhaftigkeit vorliegen, da die soziale Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer zu Gunsten der betrieblichen Interessen anderenfalls schon dann zurücktreten würde, wenn nur eine kurze Einarbeitungszeit von einigen Stunden oder einem Tag erforderlich wäre. Gerade bei niedrig qualifizierten Tätigkeiten mit kurzer Anlernzeit ist dies nicht zu begründen. Im Hinblick auf den Sanierungszweck einerseits und den zu beachtenden Schutz der Arbeitnehmer andererseits wird deshalb eine Regelung, welche die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer generell von der sofortigen Austauschbarkeit ohne jegliche Einarbeitungszeit abhängig macht, nur ausnahmsweise als nicht grob fehlerhaft anzusehen sein (Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 37; vgl. auch Lindemann ZInsO 2006, 697). Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn die Betriebspartner davon ausgehen durften, dass die Sozialauswahl zu einer ernsthaften Gefährdung der betrieblichen Arbeitsabläufe führen würde, welche in der konkreten Situation des Schuldners die Sanierung gefährden würde. Geringfügige Störungen des Betriebsablaufs genügen nicht ( Zwinkmann Der Interessenausgleich über die Sozialauswahl in der Insolvenz nach § 125 InsO S. 126; aA MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 94). Den Betriebspartnern steht allerdings eine weite Einschätzungsprärogative ua. bei der Frage zu, welche Einarbeitungszeit im Einzelfall zumutbar ist (vgl. ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 11; MünchKommInsO/Caspers 3. Aufl. § 125 Rn. 94).

48

2. Die Sozialauswahl ist aber auch dann, wenn grobe Fehlerhaftigkeit vorliegen würde, rechtlich nicht zu beanstanden, wenn durch den Interessenausgleich eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird. Dies bewirkt § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO (vgl. KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 24; Pakirnus DB 2006, 2742).

49

a) Der dort verwendete Begriff der Personalstruktur ist nicht mit dem der Altersstruktur gleichzusetzen und auf diesen zu beschränken. Er ist im Hinblick auf die Gesetzesbegründung, nach der dem Schuldner oder dem Übernehmer ein funktions- und wettbewerbsfähiges Arbeitnehmerteam zur Verfügung stehen soll (BT-Drucks. 12/7302 S. 172), in einem umfassenderen Sinn zu verstehen. Als weitere Aspekte einer Personalstruktur kommen deshalb auch die Ausbildung und die Qualifikation der Arbeitnehmer im Betrieb und damit die Bildung entsprechender Qualifikationsgruppen und -bereiche in Betracht (BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 3 b bb (3) der Gründe; Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 Rn. 29; KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 27; Nerlich/Römermann/Hamacher Stand März 2004 § 125 Rn. 55; Zwinkmann Der Interessenausgleich über die Sozialauswahl in der Insolvenz nach § 125 InsO S. 165; Uhlenbruck/Berscheid 13. Aufl. § 125 InsO Rn. 77). Dadurch wird in besonderer Weise der Sinn und Zweck des § 125 InsO deutlich, die erfolgreiche Sanierung insolventer Unternehmen zu fördern und Kündigungserleichterungen zu schaffen(vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 45, BAGE 142, 225). Neben der Berücksichtigung der Qualifikationen dürfen die Betriebsparteien daher auch die Funktionsfähigkeit eingespielter Teams berücksichtigen. Auch ist es dem Insolvenzverwalter möglich, mehrere Personalstrukturen geltend zu machen, bspw. gerichtet auf eine ausgewogene Altersstruktur und gerichtet auf bestimmte Qualifikationsgruppen (vgl. KR/Weigand § 125 InsO Rn. 35).

50

b) Das der Festlegung der Strukturmerkmale und der Gruppenbildung zugrunde liegende unternehmerische Konzept unterliegt lediglich einer Missbrauchskontrolle (vgl. BAG 28. August 2003 - 2 AZR 368/02 - zu B II 3 b bb (2) der Gründe). Die Betriebspartner verfügen insoweit über einen gerichtlich nur auf offensichtliche Sachwidrigkeit oder Willkür zu überprüfenden Beurteilungsspielraum (ErfK/Gallner 14. Aufl. § 125 InsO Rn. 14; KR/Weigand 10. Aufl. § 125 InsO Rn. 29). Im Prozess hat der Insolvenzverwalter darzulegen, wie die Personalstruktur beschaffen ist und welche Struktur erreicht werden soll (Linck in HK-InsO 6. Aufl. § 125 InsO Rn. 30).

51

3. Verlangt der Arbeitnehmer die Angabe der Gründe, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben, ist die Darlegung der Vergleichsgruppenbildung Teil der Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG.

52

a) Diese besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer in eine Namensliste aufgenommen worden ist (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - zu 2 c bb aaa der Gründe, BAGE 116, 213). Zwar trifft den Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG die Darlegungs- und Beweislast für eine fehlerhafte Sozialauswahl. Der Arbeitgeber ist jedoch auch in den Fällen des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO verpflichtet, dem Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG auf dessen Verlangen die Gründe mitzuteilen, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. Insoweit besteht eine abgestufte Darlegungslast. Als Konsequenz aus der materiellen Auskunftspflicht des Arbeitgebers folgt, dass er auf Verlangen des Arbeitnehmers im Prozess substantiiert die Gründe vortragen muss, die ihn zu seiner Auswahl veranlasst haben (BAG 20. September 2006 - 6 AZR 249/05 - Rn. 48). Erst nach Erfüllung der Auskunftspflicht trägt der Arbeitnehmer die volle Darlegungslast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl. Der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit ändert an der Verteilung der Darlegungslast nichts (BAG 17. November 2005 -  6 AZR 107/05  - aaO; Pakirnus DB 2006, 2742; Klocke DZWIR 2013, 358; Janzen AuR 2013, 203).

53

b) Gibt der Arbeitgeber keine oder keine vollständige Auskunft (vgl. hierzu BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05  - Rn. 38 ), so kann der Arbeitnehmer beim Fehlen eigener Kenntnis seiner aus § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 138 Abs. 1 ZPO herzuleitenden Substantiierungspflicht, die Namen sozial stärkerer Arbeitnehmer zu nennen, nicht genügen. In diesen Fällen ist sein Vortrag, es seien sozial stärkere Arbeitnehmer als er vorhanden, schlüssig und ausreichend. Entsprechende Erwägungen gelten, wenn der Vortrag des Arbeitgebers Anhaltspunkte dafür bietet, er habe die Sozialauswahl - bei Berücksichtigung des Vortrags des Arbeitnehmers - grob fehlerhaft nicht auf vergleichbare Arbeitnehmer erstreckt, und der Arbeitgeber es unterlässt, sein Vorbringen zu vervollständigen. Die aus § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG folgende subjektiv determinierte materielle Mitteilungspflicht des Arbeitgebers wird in dieser Konstellation ergänzt durch die prozessuale Erklärungspflicht nach § 138 ZPO. Ergibt sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers, dass er Tatsachen, die objektiv erheblich sein können, in seine subjektiven Erwägungen nicht einbezogen hat, und trägt der gekündigte Arbeitnehmer nachvollziehbar vor, gerade aus diesen Tatsachen ergebe sich die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl, so ist es eine Obliegenheit des Arbeitgebers, seinen Vortrag weiter zu substantiieren (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 48). Anderenfalls ist der dem Kenntnisstand des Arbeitnehmers entsprechende und ihm konkreter nicht mögliche Vortrag, soziale Gesichtspunkte seien in grob fehlerhafter Weise unberücksichtigt geblieben, als unstreitig anzusehen (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05  - Rn. 39 ).

54

4. Dieser Auskunftspflicht ist der Beklagte zu 1. bislang nicht nachgekommen. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

55

a) Aus dem Interessenausgleich ergibt sich nur, dass die Betriebsparteien die Arbeitnehmer entsprechend der betrieblichen Organisation abteilungsweise zugeordnet haben. Das Landesarbeitsgericht hat hiervon ausgehend angeführt, dass die Betriebspartner darauf abstellen durften, die vorhandenen Arbeitnehmerteams wegen deren Qualifikation und Effektivität möglichst beizubehalten. Es hat dabei nicht berücksichtigt, dass die Beklagten die vorgenommene Gruppenbildung in Bezug auf die Austauschbarkeit der Produktionsmitarbeiter nicht begründet haben, obwohl der Kläger vorgetragen hat, dass die Produktionsmitarbeiter „nach wenigen Tagen Anlernzeit universell einsetzbar“ waren, „wovon auch rege Gebrauch gemacht wurde“. In den Bereichen Channelgroup und Härten seien ungelernte Tätigkeiten verrichtet worden, die Mitarbeiter seien stets ausgetauscht worden. Diesem Vortrag sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Der Betriebsratsanhörung ist unter IV 1 b nur zu entnehmen, dass die Mitarbeiter im Bereich Aircraft wegen „Spezialkenntnissen“ und „Level-2-Prüfungen“ mit anderen Arbeitnehmern nicht vergleichbar wären. Die Austauschbarkeit der Beschäftigten in Channelgroup 1 und 2 mit den Produktionsmitarbeitern in den Bereichen Instandhaltung und Härten wird nicht thematisiert.

56

b) Auch bei Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Betriebsparteien haben die Beklagten die Gruppenbildung damit nicht hinreichend begründet. Es wurde im Interessenausgleich zwar offensichtlich berücksichtigt, dass die Arbeitnehmer auf ihren Arbeitsplätzen eingearbeitet sind und die Zusammenarbeit innerhalb der Bereiche etabliert ist. Sollte entsprechend dem Vortrag des Klägers die Austauschbarkeit der Produktionsmitarbeiter aber zumindest in den Bereichen Channelgroup 1 und 2, Instandhaltung und Härten ohne oder mit einer nur kurzen Einarbeitungszeit gegeben sein, so wäre die Beschränkung der Sozialauswahl auf die bisherigen Einsatzbereiche auch mit der Zielsetzung des Erhalts oder der Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur nur bei Darlegung rechtfertigender Umstände zu begründen. Die Beklagten haben aber weder zur Frage der Einarbeitungszeiten als solcher noch zu sonstigen Kriterien, wie zB nicht hinnehmbarer Beeinträchtigungen des Produktionsablaufs bei Vornahme von Versetzungen, vorgetragen.

57

IV. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Sozialauswahl wäre ohne die Bildung von Altersgruppen und die Beschränkung auf die einzelnen Produktionsbereiche im Hinblick auf das Auswahlergebnis der Kündigung des Klägers grob fehlerhaft.

58

1. Sind die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Grundsätzen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG durch die Bildung von Altersgruppen nicht erfüllt, hatte die Sozialauswahl ohne Rücksicht auf Altersgruppen zu erfolgen. Gleiches gilt für die Bildung abweichender Vergleichsgruppen in Bezug auf die betriebliche Struktur. Es ist zu prüfen, ob die soziale Auswahl dennoch im Auswahlergebnis bezogen auf den klagenden Arbeitnehmer nicht grob fehlerhaft iSv. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist(vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 854/11 - Rn. 59).

59

2. Die Sozialauswahl wäre hier bei Einbeziehung aller Produktionsmitarbeiter der verschiedenen betrieblichen Bereiche und ohne Altersgruppenbildung bezogen auf den Kläger im Ergebnis grob fehlerhaft.

60

a) Der Kläger hat vorgetragen, dass er aufgrund seiner Qualifikation auch in anderen Produktionsbereichen (Instandhaltung, Härten) tatsächlich einsetzbar wäre. Aufgrund der Versetzungsklausel in seinem Arbeitsvertrag sei er auch in allen Produktionsbereichen zu beschäftigen. Dem sind die Beklagten nicht entgegengetreten.

61

b) Die Bildung sog. Qualifikationsgruppen innerhalb der verschiedenen Produktionsbereiche, dh. die Herausnahme der Schichtführer und Einsteller aus dem Kreis der zu Kündigenden, hat der Kläger als solche nicht beanstandet. Er hat nur angeführt, dass er selbst dem Kreis der Einsteller zuzuordnen wäre und die Arbeitnehmer R, W und H keine Schichtführer, sondern Maschinenbediener seien. Dies belege die willkürliche Zuordnung der Arbeitnehmer zu den Qualifikationsgruppen. Das Landesarbeitsgericht hat die Qualifikationsgruppenbildung innerhalb einer bereichsbezogenen Vergleichsgruppe als nicht grob fehlerhaft bewertet, da die besser qualifizierten Arbeitnehmer zur Schaffung einer leistungsfähigen Personalstruktur und Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Produktion im Drei-Schicht-Betrieb entsprechend dem Interessenausgleich erforderlich seien. Es sei legitim, zur Erhaltung der Effektivität eines Arbeitsteams als Einsteller weiterhin die Mitarbeiter einzusetzen, die diese Tätigkeit bereits mehrjährig ausgeübt haben. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.

62

c) Dennoch wäre eine Sozialauswahl bezogen auf die Produktionsmitarbeiter aller Bereiche und ohne Altersgruppenbildung mit Blick auf den Kläger im Ergebnis grob fehlerhaft.

63

aa) Der Kläger hat die sozial stärkeren Arbeitnehmer in der Berufungsbegründung benannt. Die Angaben decken sich mit der Anlage 2 zum Interessenausgleich („Ist-Struktur“) und der Anlage 1 zur Betriebsratsanhörung.

64

bb) Die grobe Fehlerhaftigkeit ergibt sich aus dem Vergleich mit den Kollegen der Altersgruppe 1. Die im Folgenden genannten Produktionsmitarbeiter sind sozial weitaus stärker als der seit 1998 beschäftigte Kläger, der 1960 geboren, verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist. Diese Arbeitnehmer hätten nach dem Inhalt der Verfahrensakten, welcher der revisionsgerichtlichen Beurteilung unterliegt (BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 26), vorrangig gekündigt werden müssen:

65

(1) Im Bereich Channelgroup, dh. der nach dem Interessenausgleich maßgeblichen Vergleichsgruppe, ist Herr P (geb. 1969, verheiratet, keine Kinder, seit 1995 beschäftigt) nur drei Jahre länger beschäftigt, aber knapp zehn Jahre jünger und ohne Unterhaltsverpflichtung für Kinder.

66

(2) Im Bereich Härten ist Herr A (geb. 1971, verheiratet, zwei Kinder, seit 1999 beschäftigt) bei etwa gleicher Betriebszugehörigkeit als wesentlich jüngerer Kollege sozial weitaus stärker.

67

(3) Im Bereich Instandhaltung ist Herr B (geb. 1980, verheiratet, ein Kind, seit 1997 beschäftigt) ca. 20 Jahre jünger und trägt die Unterhaltspflicht für nur ein Kind. Herr S (geb. 1979, ledig, kein Kind, seit 1995 beschäftigt) ist gleichermaßen jünger und ohne Unterhaltsverpflichtung.

68

(4) Im Bereich Qualität ist Herr Q (geb. 1980, ledig, kein Kind, seit 1995 beschäftigt) offensichtlich sozial stärker.

69

C. Die Kündigung erweist sich nicht aus anderen Gründen als unwirksam, so dass das Urteil des Landesarbeitsgerichts auch ohne die Prüfung der Sozialauswahl aufgehoben und der Klage stattgegeben werden müsste (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist folglich gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

70

I. Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht wegen des Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam. Im Falle eines Betriebsübergangs erstreckt sich die Vermutung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt( § 128 Abs. 2 InsO ).Der Kläger hat diese gesetzliche Vermutung nicht widerlegt. Die Revision führt auch keinen Angriff gegen die durch Bezugnahme auf die arbeitsgerichtliche Entscheidung wiedergegebene Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Kündigung betriebsbedingt zu Sanierungszwecken aufgrund eines Erwerberkonzepts erfolgte. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verstößt eine Kündigung nicht gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang betriebsbedingt aufgrund eines Erwerberkonzepts oder zur Durchführung von Rationalisierungen - ggf. zur Herstellung der Verkaufsfähigkeit - im Rahmen eines eigenen Sanierungskonzepts des Veräußerers erfolgt (BAG 20. September 2006 - 6 AZR 249/05 - Rn. 31; vgl. auch MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 613a Rn. 192).

71

II. Die Kündigung ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig, weil sie vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 KSchG erklärt wurde(vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 371/11  - Rn. 31 , 37; 21. März 2013 - 2 AZR 60/12 - Rn. 42; 13. Dezember 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 72). Das Arbeitsgericht hat zu dieser Frage Beweis erhoben. Die Beweisaufnahme ergab, dass die Kündigung dem Kläger erst nach Erstattung der Anzeige übergeben wurde. Das Landesarbeitsgericht legte dies ebenso wie das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde. Hiergegen erhebt die Revision keine Rügen. Sonstige Fehler des Anzeigeverfahrens wurden nicht geltend gemacht und sind nicht ersichtlich.

72

III. Die Kündigung ist auch nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat die Betriebsratsanhörung wie das Arbeitsgericht als ordnungsgemäß angesehen. Hiergegen erhebt die Revision keine Rüge. Ein Fehler ist auch nicht erkennbar.

73

IV. Entscheidend ist somit die Rechtmäßigkeit der getroffenen Sozialauswahl.

74

1. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat nicht selbst beurteilen, ob und aus welchem Grund die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur hier trotz der dargestellten Bedenken veranlasst war. Folglich kann auch der Zuschnitt der konkreten Altersgruppen nicht beurteilt werden, da diese im Zusammenhang mit dem verfolgten Sanierungskonzept stehen. Den Beklagten ist gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit zur entsprechenden Ergänzung ihres Vortrags zu geben, da sie ersichtlich bislang davon ausgingen, dass die Berufung auf den Interessenausgleich ausreicht und ein gerichtlicher Hinweis auf die Darlegungslast bezüglich der sanierungsbedingten Erforderlichkeit der Altersgruppenbildung nicht erfolgte. Das Landesarbeitsgericht wird nach Stellungnahme der Parteien die Bildung von Altersgruppen nach § 10 AGG erneut beurteilen müssen. Ein willkürlicher Zuschnitt der Altersgruppen mit dem bloßen Ziel der Bevorzugung jüngerer Arbeitnehmer ist unangemessen und kann der gerichtlichen Kontrolle nicht standhalten (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 30, BAGE 142, 225).

75

2. Hinsichtlich der nach den betrieblichen Bereichen vorgenommenen Sozialauswahl kann der Senat mangels entsprechender Feststellungen die Vergleichbarkeit der Produktionsmitarbeiter nicht beurteilen. Aus den genannten Gründen ist den Beklagten Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags zu geben.

76

3. Sollte es darauf ankommen, ob einzelne Arbeitnehmer zu Recht aus der Sozialauswahl herausgenommen wurden, wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass auch insoweit der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit anzuwenden ist. Dies betrifft auch die vom Kläger angeführten Mitarbeiter R, W und H, die angeblich unberechtigt als Schichtführer eingeordnet wurden. Bezüglich des Kollegen D hat das Landesarbeitsgericht bereits rechtsfehlerfrei entschieden, dass grobe Fehlerhaftigkeit nicht vorliegt. Die Sozialdaten weichen im persönlichen Bereich nur geringfügig von denen des Klägers ab. Herr Dang ist 1961 geboren, verheiratet und unterhaltspflichtig für zwei Kinder. Er ist aber bereits seit 1989 und damit ca. neun Jahre länger als der Kläger beschäftigt.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Reiner Koch     

        

    Hoffmann    

                 

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juni 2011 - 4 Sa 1783/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie. Der im Mai 1964 geborene Kläger, der über keine abgeschlossene Berufungsausbildung verfügt, ist bei ihr seit dem 15. Oktober 1990 als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Er ist verheiratet sowie drei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Seine Einstellung erfolgte „für die Tätigkeit Richtpresse, Rollenrichtmaschine“. Im Arbeitsvertrag behielt sich die Beklagte das Recht vor, ihm eine andere - bei Abwägung der beiderseitigen Belange zumutbare - Arbeit zuzuweisen. Zuletzt erzielte der Kläger einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst iHv. 2.759,29 Euro.

3

Im April 2010 beschäftigte die Beklagte rund 700 Arbeitnehmer. Bereits im Jahr 2009 war sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, in deren Folge Kurzarbeit eingeführt wurde. Im Juni 2009 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 3. August 2009 bis zum 22. Juli 2011 die Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen des von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Programms „WeGebAU“ (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen). Gegenstand der Maßnahme war die Umschulung des Klägers zum Verfahrensmechaniker. Anschließend sollte er im Betrieb der Beklagten weiterbeschäftigt werden. Insgesamt nahmen 39 Arbeitnehmer der Beklagten an einer solchen Qualifizierungsmaßnahme teil.

4

Wegen ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten beschloss die Beklagte, Personal abzubauen. Unter dem Datum des 1. April 2010 vereinbarte sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste. Auf der Liste stehen in alphabetischer Reihenfolge die Namen von 196 Arbeitnehmern, darunter der Name des Klägers. In der Präambel des Interessenausgleichs wird auf das (negative) operative Ergebnis in 2009 mit einem Minus von 21,6 Millionen Euro infolge erheblicher Auftragsrückgänge verwiesen. In Abstimmung mit einer Unternehmensberatung sei ein Strukturkonzept entwickelt worden, über das die Mitarbeiter anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 unterrichtet worden seien. Zur Umsetzung des Strukturkonzepts vereinbarten die Betriebsparteien unter Nr. 2.1, 3.0 und 3.1 des Interessenausgleichs Folgendes:

        

„…    

        

2.1 Maßnahmen

        

…       

        

Zukünftig werden Hierarchieebenen abgebaut und so die Organisations- und Kommunikationsstrukturen verschlankt. Des Weiteren werden Abteilungen/ Werke zusammengefasst, um innerbetriebliche Synergien zu heben. In einem ersten Schritt wird dabei das Press- und Ziehwerk zusammengelegt und die zentralen Dienste/ Instandhaltung in die entsprechenden Bereiche integriert.

        

Zudem wird zur Anpassung der Kapazitäten ein Wechsel von Drei- auf Zwei-Schicht-Betrieb erfolgen. …

        

Zur Unterstützung bei den anstehenden Veränderungen und Anpassungen sowie zur Sicherung aktuell bestehender Kompetenz und Qualität im Unternehmen, vereinbaren die Betriebsparteien, bei der Anpassung der Organisation auf deren Erhalt zu achten. Dies kann zukünftig dazu führen, dass höher qualifizierte Mitarbeiter auch entsprechend ihrer Qualifikation andere Tätigkeiten ausführen können und müssen.

        

…       

        

3.0 Personelle Maßnahmen

        

...     

        

Insgesamt wird abteilungsübergreifend eine Reduzierung bis zu 240 Mitarbeitern angestrebt. Die Personalzielzahl der zukünftigen Stammbelegschaft zum 31.12.2012 beträgt aus heutiger Sicht ca. 430 Mitarbeiter. Diese Zahl wird erreicht durch die Maßnahmen dieses Interessenausgleichs - Abbau bis zu 240 Mitarbeitern - sowie dem Ausnutzen natürlicher Fluktuation (ATZ, Verrentung etc.). Grundlage hierfür ist der zwischen den Betriebsparteien im Rahmen dieses Interessenausgleichs verabredete Stellenplan. Das Organigramm/der Stellenplan ist Anlage dieses Interessenausgleichs.

        

Die vorliegende Betriebsänderung erstreckt sich auch auf die bereits jetzt in Folge des WeGebAU-Programms nicht mehr im Betrieb befindlichen Arbeitnehmer. Entgegen der ursprünglichen Absicht, diese weiterqualifizierten Mitarbeiter dann wieder im Unternehmen einzusetzen, mussten die Betriebsparteien übereinstimmend feststellen, dass der Beschäftigungsbedarf für diese Mitarbeiter dauerhaft entfallen ist. Deshalb sind diese auch von der Betriebsänderung betroffen.

        

3.1 Durchführung der personellen Maßnahme

        

Die Betriebsparteien werden auf Grundlage des verabredeten Stellenplans anhand von Qualifizierungsmatrixen einen Vergleichsgruppenplan aufstellen und festlegen, welche Arbeitnehmer von der Betriebsänderung betroffen sind. Die Mitarbeiter, die von der Betriebsänderung betroffen sind, werden von den Betriebsparteien in einer Namensliste gemäß § 1 Abs. 5 KSchG zusammengefasst. Die Namensliste ist Gegenstand dieses Interessenausgleichs.

        

…“    

5

Hinsichtlich der Sozialauswahl verständigten sich die Betriebsparteien unter Nr. 3.2 des Interessenausgleichs darauf, eine Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern nur bei einer Anlernzeit von bis zu zwölf Wochen anzunehmen. Innerhalb der zu bildenden Vergleichsgruppen sollte die Sozialauswahl nach einem Punkteschema erfolgen. Dabei sollte das Lebensalter mit einer Punktzahl von 0,5 „pro angefangenem Jahr“, die Betriebszugehörigkeit mit 2 Punkten „pro beendetem Jahr“, die Unterhaltspflichten mit 5 Punkten „pro Ehegatten/eingetragene Lebenspartnerschaft“ sowie 5 Punkten „pro Kind gem. Steuerklassenmerkmal“ und die Schwerbehinderung mit 10 Punkten „bei Schwerbehinderung bei einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr oder bei erfolgter Gleichstellung“ Berücksichtigung finden. Danach wurde der Kläger mit 76 Punkten der „Vergleichsgruppe 84“ zugeordnet. In dieser Gruppe wurden ausschließlich Mitarbeiter zusammengefasst, die sich in einer „WeGebAU“-Maßnahme befanden. Sofern bis 31. Dezember 2013 Neueinstellungen bei der Beklagten erfolgten, sollten gemäß Nr. 4 des Interessenausgleichs von diesem „betroffene“ Mitarbeiter bei entsprechender Bewerbung „bevorzugt berücksichtigt werden“.

6

Daneben vereinbarten die Betriebsparteien einen Sozialplan. Dieser enthält Abfindungsregelungen und - insoweit unter Ausschluss der Mitarbeiter im „WeGebAU“-Programm - Regelungen zu einem Wechsel von Arbeitnehmern in eine Transfer- oder Qualifizierungsgesellschaft (TQG). Darüber hinaus verständigten sich die Betriebsparteien auf ein zum 1. Mai 2010 geltendes „Soll-Organigramm“, das ua. die künftige Personalstärke einzelner Abteilungen/ Werke ausweist. In einer auf den 1. April 2010 datierten Protokollnotiz heißt es außerdem:

        

„…    

        

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt es wahrscheinlich ist, dass aufgrund der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Lage mit Abschluss der WeGebAU-Maßnahme jedenfalls für die Herren

        

•       

K       

        

•       

T       

        

•       

S       

        

•       

W       

        

eine Weiterbeschäftigung bei der H GmbH möglich sein wird.

        

Insoweit verpflichten sich die Betriebsparteien, dass diese Mitarbeiter - aufgrund der in den Verhandlungen zum Interessenausgleich/Sozialplan zwischen den Betriebsparteien getroffenen Zusage - im Unternehmen verbleiben.

        

…“    

7

Mit Schreiben vom 26. April 2010, das dem Kläger am 29. April 2010 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige - ordentlich zum 31. Juli 2011.

8

Der Kläger hat mit seiner fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG lägen nicht vor. Der Interessenausgleich entfalte keine entsprechende Vermutungswirkung. Jedenfalls sei diese durch die Protokollnotiz widerlegt. Hiernach seien die Betriebsparteien - entgegen den Verlautbarungen im Interessenausgleich - nicht von einem vollständigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs der in einer „WeGebAU“-Maßnahme befindlichen Mitarbeiter ausgegangen. Die spätere Entwicklung habe dies bestätigt. Die Beklagte habe eine Vielzahl der zunächst in die TQG gewechselten Arbeitnehmer wieder eingestellt. Auch habe sie sämtliche Auszubildende übernommen und Neueinstellungen vorgenommen. Die soziale Auswahl sei grob fehlerhaft. Das gelte schon für die Vergleichsgruppenbildung. Die Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme im „WeGebAU“-Programm sei ebenso wenig ein sachlicher Grund hierfür wie die vermeintlich geringe Qualifikation dieser Arbeitnehmer. Die Sozialauswahl habe vielmehr arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen durchgeführt werden müssen. Jedenfalls hätten die Betriebsparteien nicht außer Acht lassen dürfen, dass ihm - dem Kläger - die Teilnahme an der Umschulungsmaßnahme mit der Begründung angetragen worden sei, künftig besser vor betriebsbedingter Entlassung geschützt zu sein. Seinem Verlangen aufzuzeigen, nach welchen Kriterien die übrigen Vergleichsgruppen gebildet worden seien, sei die Beklagte nicht nachgekommen. Deshalb sei ohne Weiteres von einer unzureichenden Sozialauswahl auszugehen. Jedenfalls seien im Presswerk bzw. Walzwerk noch acht - namentlich benannte - Arbeitnehmer beschäftigt, die im Vergleich zu ihm deutlich weniger schutzbedürftig seien. Unabhängig davon sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 nicht aufgelöst worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, gemäß dem Interessenausgleich sei zu vermuten, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Weitergehender Ausführungen ihrerseits zum Inhalt des der Betriebsänderung zugrunde liegenden Konzepts und deren Auswirkungen im Arbeitsbereich des Klägers habe es nicht bedurft. Die in der Protokollnotiz getroffenen Regelungen seien nicht geeignet, die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs zu widerlegen. Die Namen der dort bezeichneten Arbeitnehmer stünden - unstreitig - auf der Namensliste des Interessenausgleichs. Allerdings habe der Betriebsrat schon während der laufenden Verhandlungen Bedenken gegen deren Sozialauswahl angemeldet. Nach Ausspruch der Kündigungen habe er den Wunsch geäußert, für die vier Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Dem sei sie mit der am 22. Juni 2010 erfolgten Unterzeichnung der - rückdatierten - Protokollnotiz nachgekommen. Die Durchführbarkeit der im Interessenausgleich beschlossenen Maßnahmen gehe aus dem „Soll-Organigramm“ hervor. Den Vereinbarungen im Interessenausgleich sei immanent, dass die Arbeitsaufgaben gering qualifizierter Arbeitnehmer künftig von besser ausgebildeten Kräften miterledigt werden sollten. Diese Entscheidung liege auch der Sozialauswahl zugrunde, die weder hinsichtlich des Verfahrens noch des Ergebnisses grob fehlerhaft sei. Die mit Anhörungsbogen vom 19. April 2010 nebst Anlage erfolgte Betriebsratsanhörung sei nicht zu beanstanden.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Kündigungsschutzklage nicht stattgegeben werden. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 aufgelöst worden ist, steht noch nicht fest.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Weiteres angenommen, zwischen den Parteien habe im Kündigungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar absolvierte der Kläger im Kündigungszeitpunkt mit Einverständnis der Beklagten eine außerbetriebliche Umschulungsmaßnahme und hatte zu diesem Zweck mit einem anderen Unternehmen einen Umschulungsvertrag geschlossen. Dieser Umstand steht einem rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien aber nicht entgegen (zum Ruhen bei Abschluss eines Umschulungsvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 638/04 - Rn. 19, BAGE 117, 20). Ebenso wenig liegen im Streitfall konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem Willen der Parteien während der Dauer des Umschulungsverhältnisses die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen sein sollte. Der Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie das Arbeitsverhältnis zu einem Termin nach deren voraussichtlichem Ende gekündigt hat.

14

II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei trotz der sich aus dem Interessenausgleich vom 1. April 2010 ergebenden Vermutung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt, verletzt § 1 Abs. 5 KSchG sowie § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Anforderungen an eine der Beklagten im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG obliegende - sekundäre - Darlegungslast überspannt und ist zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte es versäumt habe, auf das einfache Bestreiten der Gegenseite das der Kündigung zugrunde liegende Konzept und dessen Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeiten im Arbeitsbereich des Klägers umfassend zu erläutern. Auch seine weitere Begründung, die zu vermutende Betriebsbedingtheit der Kündigung sei jedenfalls durch die Protokollnotiz „vom 1. April 2010“ widerlegt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

15

1. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wenn die Arbeitnehmer, denen aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Dies gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach dem Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat (§ 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG).

16

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG, für die der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 130, 182; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C II der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11), sind im Streitfall erfüllt. Davon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus.

17

a) Die Kündigung vom 26. April 2010 wurde aufgrund einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG ausgesprochen.

18

aa) Besteht die Betriebsänderung in einem bloßen Personalabbau, kommt es für die Frage, ob eine „Einschränkung des Betriebs“ iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG vorliegt, auf die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG an(BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 14, NZA 2012, 992; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12). Der Grenzwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG ist erreicht. Der Interessenausgleich vom 1. April 2010 sieht den Abbau von bis zu 240 Arbeitsplätzen vor. Aus seinen Regelungen zu Nr. 3.0 und 3.1 geht hervor, dass die betroffenen Arbeitnehmer, soweit der Personalabbau durch Kündigung - ggf. bei Ablehnung eines Angebots zum Wechsel in die TQG - vollzogen werden sollte, allesamt in der ihm beigefügten Namensliste aufgeführt wurden. Allein mit den dort bezeichneten 196 Arbeitnehmern ist bei einer Gesamtzahl von rund 700 Beschäftigten der Schwellenwert „mindestens 30 Arbeitnehmer“ bei Weitem überschritten.

19

bb) Die Art des Auflösungstatbestands ist für die Qualifizierung eines Personalabbaus als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein, dass das Ausscheiden vom Arbeitgeber veranlasst ist (BAG 10. Dezember 1996 - 1 AZR 290/96 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 32 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 34). Das trifft auf die in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer zu.

20

cc) Der beschlossene Personalabbau erfüllt damit schon für sich genommen die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG iVm. § 17 Abs. 1 KSchG, ohne dass es noch auf die beschlossenen Einzelmaßnahmen ankäme(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16 mwN, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12).

21

b) Der Kläger ist in der dem Interessenausgleich beigefügten Liste namentlich genannt. Den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge ist die Namensliste Bestandteil des Interessenausgleichs. Dem liegt das unstreitige Vorbringen der Beklagten zugrunde, die - ihrerseits von den Betriebsparteien eigenhändig unterzeichnete - Namensliste sei fest mit dem schriftlichen Interessenausgleich verbunden gewesen. Die Einhaltung der Schriftform des § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG iVm. §§ 125, 126 BGB(dazu BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 21)wird von der Revision auch nicht infrage gestellt.

22

3. Die sich daraus ergebende Vermutung, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, hat der Kläger - ausgehend von den Feststellungen im Berufungsurteil - nicht widerlegt.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Beklagte habe schon keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die es erforderlich gemacht hätten, die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu widerlegen. Auch im Rahmen dieser Vorschrift sei der Arbeitgeber gehalten, auf einfaches Bestreiten des Arbeitnehmers hin die Tatsachen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses führen sollen, wahrheitsgemäß vorzutragen. Bestehe die Betriebsänderung in einem Personalabbau, müsse der Arbeitgeber - sofern der Interessenausgleich keine entsprechenden Angaben enthalte - das zugrunde liegende unternehmerische Konzept und dessen Umsetzung einschließlich der sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf die konkreten Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers in den erforderlichen Einzelheiten darlegen. Komme der Arbeitgeber seiner dahingehenden Verpflichtung nicht nach, obwohl der Arbeitnehmer keine eigene Kenntnis von den zur Kündigung führenden Umständen habe, sei die Kündigung ohne Weiteres als sozial ungerechtfertigt anzusehen.

24

b) Das überzeugt nicht. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird der Vermutungswirkung des Interessenausgleichs und der sich daraus ergebenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht gerecht.

25

aa) Liegen - wie im Streitfall - die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vor, wird gemäß § 292 ZPO die rechtliche Folge - das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG - ohne weiteren Vortrag des Arbeitgebers gesetzlich vermutet. Diese Vermutung bezieht sich sowohl auf den Wegfall der bisherigen Beschäftigung als auch auf das Fehlen anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).

26

bb) Nach § 292 ZPO ist(nur) der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist deshalb Sache des Arbeitnehmers darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass in Wirklichkeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn weiterhin besteht. Eine bloße Erschütterung der Vermutung reicht nicht aus. Es ist vielmehr ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Der Arbeitnehmer muss darlegen, weshalb der Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist oder wo sonst im Betrieb oder Unternehmen er weiterbeschäftigt werden kann (vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17).

27

cc) Die von der Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG abweichende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast trägt dem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung, betriebsbedingte Kündigungen in Fällen, in denen eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist, rechtssicherer zu gestalten(vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 703l ff.; mit gewissen Einschränkungen auch APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 810). Dies stellt keinen unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers dar (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 20, 37, BAGE 124, 48; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 571/01 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 104, 131). Die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung knüpft an Regelungen an, die der Mitwirkung des Betriebsrats bedürfen und die nicht durch eine Einigungsstelle erzwungen werden können. Der Gesetzgeber durfte bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass eine hohe Richtigkeitsgewähr für die betriebsbedingte Notwendigkeit der Kündigungen besteht und die Interessen der Belegschaft typischerweise angemessen durch die Beteiligung des Betriebsrats gewahrt sind (vgl. LAG Niedersachsen 30. Juni 2006 - 10 Sa 1816/05 - zu B II 2 der Gründe, LAGE KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 52).

28

dd) Dem Arbeitnehmer können bei der Führung des Gegenbeweises gewisse Erleichterungen nach den Regeln der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zugutekommen (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17). Es entspricht allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen, dass die Gegenseite eine - sekundäre - Behauptungslast trifft, wenn die primär darlegungs- und beweisbelastete Partei außerhalb eines für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, während die Gegenseite alle erforderlichen Tatsachen kennt und es ihr zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 28 mwN, BAGE 127, 102; BGH 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - zu II 2 der Gründe, NJW 1999, 714). Im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG ist zudem zu berücksichtigen, dass es um Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers(Art. 12 Abs. 1 GG)geht. Diesem Schutz ist nicht nur in materiell-rechtlicher Hinsicht, sondern auch bei der Ausgestaltung des Verfahrens angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG 6. Oktober 1999 - 1 BvR 2110/93 - zu IV 3 a der Gründe, AP GG Art. 12 Nr. 112).

29

ee) Welche Anforderungen an ein erstes, die sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers auslösendes Vorbringen des Arbeitnehmers zu stellen sind, lässt sich nicht für alle Fälle im Voraus abstrakt festlegen. Sie richten sich vielmehr nach der konkreten Kenntnis und Kenntnismöglichkeit des Arbeitnehmers.

30

(1) Grundsätzlich kann von diesem verlangt werden, (zumindest) greifbare Anhaltspunkte zu benennen, aus denen sich die Unrichtigkeit der nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermuteten Tatsache ergeben soll(vgl. Bram in Bader/ Bram Stand Dezember 2012 § 1 KSchG Rn. 340b). Im Regelfall wird schon der Vortrag des Arbeitgebers zum Vorliegen einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dem Arbeitnehmer gewisse Aufklärung darüber geben, aus welchen Gründen der Beschäftigungsbedarf entfallen sein soll. Daran kann dieser ansetzen und ggf. eigene Nachforschungen anstellen (vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; Eylert in Schwarze/Eylert/Schrader KSchG § 1 Rn. 540). Hat eine Partei keinen Einblick in die Geschehensabläufe und ist ihr deshalb die Beweisführung erschwert, kann sie auch solche Umstände unter Beweis stellen, die sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte nur vermuten kann. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ihr Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn sie, ohne wenigstens greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts aufzuzeigen, Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13; BGH 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - zu II 2 a der Gründe, BGHReport 2003, 891). Der zur Führung des Gegenbeweises verpflichtete Arbeitnehmer muss deshalb die ihm zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten, zu denen eine Nachfrage beim Betriebsrat gehören kann (vgl. Eylert/Schinz AE 2004, 219, 227), tatsächlich ausschöpfen und sich auf dieser Grundlage zu der vermuteten Betriebsbedingtheit der Kündigung erklären.

31

(2) Allerdings ist nicht auszuschließen, dass weder aus dem Interessenausgleich Gründe für den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit hervorgehen noch der Arbeitnehmer in der Lage war, sich aus sonstigen Quellen über diese Gründe zu informieren. Er ist dann schwerlich in der Lage, auch nur Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG objektiv unrichtig ist. Ob und durch welches Vorbringen des Arbeitnehmers unter diesen Umständen eine sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers ausgelöst werden kann, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Diese greift stets nur insoweit ein, wie dem Arbeitnehmer die erforderliche Kenntnismöglichkeit fehlt (vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 38, BAGE 124, 48). Auch ergibt sich aus ihr keine umfassende Verpflichtung des Arbeitgebers, die Betriebsbedingtheit der Kündigung - wie bei Geltung von § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG - substantiiert zu begründen. Es geht lediglich darum, die dem Interessenausgleich zugrunde liegende Betriebsänderung so weit zu verdeutlichen, dass der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, seiner primären Darlegungs- und Beweislast nachzukommen, mag dies auch weitere Recherchen seinerseits erfordern.

32

ff) Danach war die Beklagte nicht verpflichtet, den vom Landesarbeitsgericht vermissten Vortrag zu einem der Kündigung zugrunde liegenden Konzept zu halten.

33

(1) Der Kläger hat sich in erster Instanz darauf beschränkt, das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse - einfach - zu bestreiten. Im Berufungsrechtszug hat er zur Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ausgeführt, diese greife deshalb nicht ein, weil sich die Sachlage nach dessen Abschluss durch die Weiterbeschäftigung mehrerer auf der Namensliste aufgeführter Arbeitnehmer und durch Neueinstellungen wesentlich geändert habe. Im Übrigen hat er die Protokollnotiz vorgelegt und gemeint, daraus ergebe sich die Unrichtigkeit der Vermutung.

34

(2) Das Vorbringen macht deutlich, dass der Kläger einen gewissen Einblick in die betrieblichen Verhältnisse durchaus hat. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die erkennen ließen, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, sich zumindest mit dem im Interessenausgleich angeführten Auftragsrückgang auseinanderzusetzen und/oder auf die beschlossenen Maßnahmen - insbesondere die Zusammenlegung von Werken und die Umstellung vom Drei- auf ein Zweischichtsystem - einzugehen oder auf dieser Grundlage weitere Nachforschungen anzustellen. Als langjähriger Mitarbeiter der Beklagten dürfte er auch über hinreichend eigene Kenntnisse verfügen, um zumindest ansatzweise einzuschätzen, wie sich die Streichung einer Schicht auf den Personalbedarf in seinem Arbeitsbereich auswirkte. Hinzu kommt, dass dem Betriebsrat ausweislich der Angaben im Interessenausgleich ein der Betriebsänderung zugrunde liegendes Strukturkonzept zur Kenntnis gebracht wurde und anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 - unstreitig - eine „Unterrichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ erfolgte. Dazu, ob er an der Versammlung teilgenommen oder anderweitig von den dort erteilten Auskünften Kenntnis erlangt hat, verhält sich der Kläger nicht. Ebenso wenig nennt er Gründe, die einer Kenntnismöglichkeit entgegenstehen. Das verkennt das Landesarbeitsgericht, welches der Beklagten entgegen hält, es sei „unklar geblieben“ was Gegenstand der betreffenden Unterrichtung gewesen sei. Seine Betriebsabwesenheit im Kündigungszeitpunkt entband den Kläger unter den gegebenen Umständen nicht davon, zumindest Anhaltspunkte vorzutragen, die gegen die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs streiten.

35

(3) Darauf, ob das mit dem Betriebsrat abgestimmte und auf den 1. Mai 2010 bezogene „Soll-Organigramm“ mit seinen Angaben zur künftigen Personalstärke im Walzwerk (193 Arbeitnehmer) und im Ziehwerk (128 Arbeitnehmer) geeignet war, die Auswirkungen des Personalabbaus auf den Arbeitsplatz des Klägers zu verdeutlichen, kommt es nicht an. Es war primär Sache des Klägers aufzuzeigen, wo Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn weiterhin vorhanden sein sollen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Organigramm - einen anderen Stellenplan gab es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht - bereits bei Abschluss des Interessenausgleichs vorlag oder von den Betriebsparteien nachträglich erstellt wurde.

36

c) Die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht durch die auf den 1. April 2010 datierte Protokollnotiz widerlegt.

37

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Protokollnotiz und der Interessenausgleich enthielten, was die Beschäftigungsmöglichkeiten der an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmer anbelange, widersprüchliche Aussagen. Da die Betriebsparteien in der Protokollnotiz eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der dort bezeichneten Arbeitnehmer als wahrscheinlich dargestellt hätten, hätten sie deutlich zu erkennen gegeben, dass die im Interessenausgleich getroffene Aussage zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aller im „WeGebAU“-Programm befindlichen Mitarbeiter nicht mit ihrer tatsächlichen Einschätzung übereinstimme. Stehe aber fest, dass zumindest für vier der in das Programm aufgenommenen Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung zum 1. August 2011 wahrscheinlich möglich sein werde, könne nicht mehr nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermutet werden, dass für alle(anderen) an der Qualifizierungsmaßnahme teilnehmenden Mitarbeiter eine Beschäftigung nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr möglich gewesen sei. Das gelte jedenfalls so lange, wie die Beklagte diesen Widerspruch nicht aufgeklärt habe.

38

bb) Diese Wertung kann, soweit sie Gegenstand tatrichterlicher Überzeugungsbildung ist, revisionsrechtlich zwar nur daraufhin überprüft werden, ob die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet sind(zu den Einzelheiten vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 22, NZA 2012, 1025; 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20). Selbst dieser eingeschränkten Überprüfung hält sie aber nicht stand. Das gilt unabhängig davon, ob die der Würdigung zugrunde liegende Auslegung der Protokollnotiz ihrerseits einer uneingeschränkten Überprüfung unterliegt oder ob - was zugunsten des Klägers unterstellt werden kann - auch diesbezüglich ein beschränkter Maßstab gilt (vgl. dazu BAG 3. Juli 2003 - 2 AZR 437/02 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 38 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2). Es kann deshalb offenbleiben, wie die betreffenden Regelungen rechtlich zu qualifizieren sind.

39

(1) Mit der Protokollnotiz haben die Betriebsparteien bezogen auf einen klar begrenzten Personenkreis ihre Einschätzung dokumentiert, „jedenfalls“ eine Weiterbeschäftigung dieser (vier) Mitarbeiter erscheine möglich. Die Regelungen zum Verbleib der Arbeitnehmer im Unternehmen knüpfen erkennbar an Nr. 4 des Interessenausgleichs an.

40

(2) Soweit diese Erklärungen überhaupt in Widerspruch zu Aussagen im Interessenausgleich stehen, betrifft dies lediglich die Beschäftigungsmöglichkeiten der vier in der Protokollnotiz genannten Personen. Die Beschäftigungslage der übrigen am „WeGebAU“-Programm teilnehmenden Mitarbeiter war objektiv nicht Gegenstand der zusätzlichen Vereinbarungen und sollte dies nach dem erkennbaren Willen der Betriebsparteien auch nicht sein. Die gleichwohl vom Landesarbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Protokollnotiz stelle die im Interessenausgleich dokumentierten Erwägungen zu Einsatzmöglichkeiten der an den fraglichen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmenden Arbeitnehmer generell infrage, entbehrt nicht nur einer tatsächlichen Grundlage. Sie berücksichtigt nicht, dass die in Rede stehende Fehleinschätzung der Betriebsparteien auch rechtlich nichts damit zu tun hat, ob für andere vergleichbare Arbeitnehmer Beschäftigungsmöglichkeiten dauerhaft entfallen sind oder nicht. Allenfalls drängte sich die Frage nach der Sozialauswahl auf. Die Beklagte musste deshalb das dem Personalabbau zugrunde liegende Konzept auch mit Bezug auf die Protokollnotiz nicht umfassend erläutern, zumal sie die aus ihrer Sicht für die Absprache maßgebenden Erwägungen der Betriebsparteien durchaus vorgetragen hat.

41

(3) Die betreffenden Vereinbarungen führen nicht dazu, dass die dem Interessenausgleich beigefügte Namensliste als sog. „Teil-Namensliste“ anzusehen wäre. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte beabsichtigte, statt der in der Protokollnotiz aufgeführten Arbeitnehmer andere Mitarbeiter zu entlassen. Darauf, ob eine „Teil-Namensliste“ eine ausreichende Basis für das Eingreifen der Vermutungswirkung sein kann (zur Problematik BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 33, 34, BAGE 130, 182), kommt es daher nicht an. Ebenso wenig besteht Anlass zu der Annahme, die Betriebsparteien hätten die fraglichen vier Mitarbeiter bewusst nur zum Schein auf die Namensliste des Interessenausgleichs gesetzt.

42

III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es liegt mangels Entscheidungsreife auch kein Fall von § 563 Abs. 3 ZPO vor. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

43

1. Das Landesarbeitsgericht hat sich - von seinem Standpunkt ausgehend konsequent - nicht mit dem Vortrag des Klägers zu erfolgten Neu-/Wiedereinstellungen und der Übernahme von Auszubildenden befasst. Es hat nicht geprüft, ob sich daraus Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Sachlage iSd. § 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG ergeben. Eine abschließende Beurteilung durch den Senat selbst ist nicht möglich. Dem Vorbringen fehlt derzeit die erforderliche Substanz. Es ist nicht erkennbar, dass die fraglichen Einstellungen/Übernahmen bereits im Zeitpunkt der Kündigung erfolgt oder doch endgültig beschlossen worden wären (dazu BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 49, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sein Vorbringen nur deshalb nicht vertieft hat, weil er aufgrund entsprechender Hinweise des Landesarbeitsgerichts der Auffassung sein konnte, dieses gehe davon aus, die Beklagte habe schon keinen ausreichenden Vortrag zum Wegfall seines Arbeitsplatzes geleistet.

44

2. Je nach Sachlage wird der Frage nachzugehen sein, ob die Kündigung wegen grob fehlerhafter sozialer Auswahl iSd. § 1 Abs. 3, Abs. 5 Satz 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist und/oder ob ein Unwirksamkeitsgrund iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG vorliegt. Im Zusammenhang mit der Sozialauswahl wird das Landesarbeitsgericht insbesondere festzustellen und zu bewerten haben, ob die Beklagte ihre Auskunftspflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG erfüllt hat. Diese besteht uneingeschränkt auch in den Fällen des § 1 Abs. 5 KSchG(vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10). Da das Vorbringen der Parteien zur Sozialauswahl weitgehend streitig ist, wird für die weitere Sachbehandlung lediglich auf Folgendes hingewiesen:

45

a) Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn eine evidente, ins Auge springende erhebliche Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt(BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 34, NZA 2013, 86; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl kann sich auch daraus ergeben, dass der auswahlrelevante Personenkreis evident verkannt wurde (st. Rspr. vgl. BAG 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 15; 21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 22 mwN). Dabei muss sich die getroffene Auswahl gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer als grob fehlerhaft erweisen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22). Nicht entscheidend ist, ob das gewählte Auswahlverfahren als solches zu Beanstandungen Anlass gibt (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - aaO). Dem entspricht es, dass der Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, jedenfalls wenn er ausreichend unterrichtet worden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG), die soziale Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter, mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger sozial schutzwürdig, so dass diesem habe gekündigt werden müssen.

46

b) Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl ergibt, liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Auch sie ist abgestuft. Der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit ändert daran nichts (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - Rn. 29, BAGE 116, 213; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10, zu § 1 Abs. 5 KSchG aF). Es ist zunächst Sache des Arbeitnehmers, die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl darzulegen, sofern er über die erforderlichen Informationen verfügt. Soweit er hierzu nicht in der Lage ist und deswegen den Arbeitgeber zur Mitteilung der Gründe auffordert, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben, hat dieser als Folge seiner materiellen Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG auch im Prozess substantiiert vorzutragen. Seine sich aus der Mitteilungspflicht ergebende Vortragslast ist grundsätzlich auf die subjektiven, von ihm tatsächlich angestellten Auswahlüberlegungen beschränkt. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die vollständige Auflistung der Sozialdaten aller objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05, 2 AZR 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).

47

c) Gibt der Arbeitgeber keine oder keine vollständige Auskunft, so kann der Arbeitnehmer beim Fehlen eigener Kenntnis seiner aus § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 138 Abs. 1 ZPO herzuleitenden Substantiierungspflicht, die Namen sozial stärkerer Arbeitnehmer zu nennen, nicht genügen. In diesen Fällen ist sein Vortrag, es seien sozial stärkere Arbeitnehmer als er vorhanden, schlüssig und ausreichend (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64; 21. Juli 1988 - 2 AZR 75/88 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 26).

48

d) Entsprechende Erwägungen gelten, wenn der Vortrag des Arbeitgebers Anhaltspunkte dafür bietet, er habe die Sozialauswahl - bei Berücksichtigung des Vortrags des Arbeitnehmers - grob fehlerhaft nicht auf vergleichbare Arbeitnehmer erstreckt, und der Arbeitgeber es unterlässt, sein Vorbringen zu vervollständigen. Die aus § 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbs. KSchG folgende subjektiv determinierte materielle Mitteilungspflicht des Arbeitgebers wird in dieser Konstellation ergänzt durch die prozessuale Erklärungspflicht nach § 138 ZPO. Ergibt sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers, dass er Tatsachen, die gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2, Abs. 3 KSchG objektiv erheblich sein können, in seine subjektiven Erwägungen nicht einbezogen hat, und trägt der gekündigte Arbeitnehmer nachvollziehbar vor, gerade aus diesen Tatsachen ergebe sich die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl, so ist es eine Obliegenheit des Arbeitgebers, seinen Vortrag weiter zu substantiieren. Anderenfalls ist der dem Kenntnisstand des Arbeitnehmers entsprechende und ihm konkreter nicht mögliche Vortrag, soziale Gesichtspunkte seien in grob fehlerhafter Weise unberücksichtigt geblieben, als unstreitig anzusehen (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).

49

e) Der Kläger hat geltend gemacht, die soziale Auswahl sei deshalb evident fehlerhaft, weil die Beklagte die Auswahl auf die in der „Vergleichsgruppe 84“ zusammengefassten Arbeitnehmer beschränkt habe. Er sei auch mit denjenigen Arbeitnehmern vergleichbar, die fortan die bisher ihm übertragenen Arbeitsaufgaben erledigten und/oder andere gering qualifizierte Tätigkeiten verrichteten, die eine Einarbeitungszeit von bis zu zwölf Wochen erforderten. Das Vorbringen erscheint grundsätzlich geeignet, eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zu begründen. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, der Betriebsänderung sei die Entscheidung „immanent“, künftig keine gering qualifizierten Arbeitnehmer mehr zu beschäftigen. Dafür fehlt es bislang aber - wie das Landesarbeitsgericht richtig gesehen hat - an hinreichenden Anhaltspunkten. Im Übrigen stünde eine solche Entscheidung einer Vergleichbarkeit des Klägers mit besser qualifizierten Arbeitnehmern dann nicht entgegen, wenn es sich bei den fraglichen Arbeitsaufgaben um solche handelt, die eine höhere Qualifikation nicht erfordern, dh. ohne Weiteres von angelernten Kräften verrichtet werden können und von diesen in der Vergangenheit auch verrichtet wurden. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung, dazu im Wege einer abgestuften Darlegungslast substantiiert Stellung zu nehmen, bisher nicht nachgekommen. Sie hat weder erläutert, ob Tätigkeiten, wie sie der Kläger in der Vergangenheit erledigt hat, im Betrieb weiterhin anfallen, noch hat sie dargestellt, woraus sich ein berechtigtes betriebliches Interesse ergeben soll, auf bisher von „ungelernten“ Kräften besetzten Arbeitsplätzen nur noch besser ausgebildete Mitarbeiter einzusetzen.

50

f) Die abschließende Beurteilung, ob daraus eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl folgt, bleibt dem Landesarbeitsgericht vorbehalten, dem insoweit ein tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zukommt. Je nach der Substanz eines etwaigen ergänzenden Vorbringens der Beklagten zu Qualifikationsgesichtspunkten wird sich das Landesarbeitsgericht ggf. mit der Frage zu befassen haben, ob es rechtsmissbräuchlich ist, dass sich die Beklagte auch gegenüber den an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmern auf ein legitimes betriebliches Interesse an der Weiterbeschäftigung besser ausgebildeter Arbeitnehmer beruft.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. März 2011 - 18 Sa 77/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilzulieferer-Industrie. Die Klägerin war seit 1978 in ihrem Betrieb in A als Sekretärin beschäftigt.

3

Am 10. Juli 2009 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich. Danach sollten wegen der Teilstilllegung und Verlagerung einzelner Bereiche von insgesamt 1.820 Arbeitsplätzen 70 im gewerblichen, 30 im Angestelltenbereich sowie im Bereich Engineering weitere 28 Arbeitsplätze entfallen. Die gewerblichen Arbeitsplätze sollten sogleich abgebaut werden. Hierfür wurde eine von Arbeitgeber und Betriebsrat unterschriebene Liste mit den Namen von 70 zu kündigenden Arbeitnehmern mit dem Interessenausgleich fest verbunden. Nach Ziffern 2 und 4 des Interessenausgleichs sollte die Kündigung der übrigen Arbeitnehmer im dritten Quartal 2009 erfolgen. Die insoweit einschlägige Namensliste, auf der sich auch der Name der Klägerin befindet, wurde mit Datum vom 20. August 2009 erstellt und von Arbeitgeber und Betriebsrat unterschrieben.

4

Ziffer 3 des Interessenausgleichs lautet:

        

„Arbeitgeber und Betriebsrat haben sich bei der Sozialauswahl, bei der sie die gesetzlichen Kriterien gem. § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG zugrunde gelegt haben auf ein Punkteschema und auf die Bildung von Altersgruppen zur Aufrechterhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur geeinigt.

        
        

Altersgruppen

        
                 

bis 35 Jahre

        
                 

36 bis 45 Jahre

        
                 

46 bis 62 Jahre

        
        

…       

        
        

Die Sozialauswahl der zu kündigenden Beschäftigten erfolgt nach folgendem Punkteschema:

        
        

Lebensalter:

für jedes vollendete Lebensaltersjahr je

1 Punkt

        

Betriebszugehörigkeit:

für jedes volle Jahr der Betriebszugehörigkeit bis 10 Jahre

1 Punkt

                 

ab dem 11. Jahr

2 Punkte

        

Unterhaltspflicht:

Ehegatte

4 Punkte

                 

und pro Kind lt. Steuerkarte

4 Punkte

        

Schwerbehinderung:

ab einem Grad der Behinderung von mind. 50 % und Gleichgestellte, § 2 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 68 Abs. 2 SGB IX

4 Punkte

                 

je weitere 10 % Grad der Behinderung über 50 %

1 Punkt

5

Die Klägerin wurde der Gruppe der „Sekretärinnen in der Entwicklung“ zugeordnet. Zu dieser Vergleichsgruppe gehörten folgende Mitarbeiterinnen:

        

Name, Vorname

Gebdat.

Eintrittsdatum

GB    

Kinder

Steuerklasse (D)

Sonst. Unter-haltspflichten

Punktzahl 2

Altersklasse

Bemerkungen

        

K       

… 1983

31.08.2005

0       

0       

…       

0       

29    

AK (0-35)

§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG

        

W       

… 1982

30.08.2001

0       

0       

…       

0       

35    

AK (0-35)

Elternzeit

        

G       

… 1976

09.08.1993

0       

0       

…       

0       

54    

AK (0-35)

Elternzeit

        

Ko    

… 1965

01.01.1988

0       

0       

…       

0       

76    

AK (36-45)

        
        

Kl    

… 1965

09.04.1985

0       

2       

…       

0       

90    

AK (36-45)

        
        

S       

… 1957

01.10.1978

0       

0       

…       

0       

102     

AK (46-52)

        
        

Gr    

… 1956

26.01.1976

50    

0       

…       

0       

112     

AK (46-52)

        
6

Nach der unternehmerischen Planung sollten in dieser Gruppe zwei Vollzeitstellen abgebaut werden. Die Arbeitnehmerinnen W und G befanden sich in Elternzeit und wurden deshalb aus der Gruppe der zu kündigenden Arbeitnehmer ausgenommen. Ferner nahm die Beklagte Frau K aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten aus der Sozialauswahl heraus. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bedurfte es zur Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten verhandlungssicherer Englischkenntnisse, über welche diese Mitarbeiterin verfügte.

7

Mit Schreiben vom 27. August 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nach Anhörung des Betriebsrats ordentlich zum 31. März 2010.

8

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt. Sie hat geltend gemacht, die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Auch sei der Beschäftigungsbedarf nicht entfallen. Zudem sei die Sozialauswahl nicht korrekt durchgeführt worden. Die Beklagte beschäftige auch in Bereichen außerhalb der Entwicklung Sekretärinnen, die in ihre Vergleichsgruppe hätten einbezogen werden müssen. Die Altersgruppenbildung sei mit Unionsrecht nicht vereinbar. Sie sei zudem grob fehlerhaft, da die Beklagte gleich große Alterskorridore hätte bilden müssen und die Arbeitnehmerin K aus der Sozialauswahl nicht hätte herausnehmen dürfen. Sie selbst sei im Vergleich mit dieser als deutlich schutzwürdiger anzusehen.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 27. August 2009 zum 31. März 2010 nicht beendet wird.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich auf die Vermutungswirkung der Namensliste berufen. Die Betriebsparteien seien bei Abschluss des Interessenausgleichs vom Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für zwei Sekretärinnen im Bereich „Entwicklung“ ausgegangen. Die Sozialauswahl sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Sekretärinnen außerhalb des Bereichs „Entwicklung“ seien mit der Klägerin nicht vergleichbar. Sie seien sämtlich in eine andere Vergütungsgruppe eingestuft und müssten entsprechend ihrer Tätigkeit verhandlungssicheres Englisch beherrschen. Die Altersgruppenbildung sei zulässig. Ohne sie hätte sich die Altersstruktur im Betrieb deutlich verschlechtert. Das hätte die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, die Vorbereitung des „Generationenwechsels“, den Wissens- und Qualitätstransfer und die Beibehaltung der sozialen Strukturen gefährdet. Die Bänder der Altersgruppen orientierten sich an den Erfolgsaussichten der betroffenen Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt.

11

Die Sozialauswahl habe sie im Verhältnis der Anzahl der Beschäftigten der jeweiligen Altersgruppen zur Gesamtzahl der einzubeziehenden Beschäftigten der Vergleichsgruppe vorgenommen. Altersgruppe 1 habe einen Anteil von etwa 43 vH, die Altersgruppen 2 und 3 von jeweils etwa 28,5 vH gehabt. Die beiden zu kündigenden Arbeitnehmerinnen seien grundsätzlich die eine der Gruppe 1, die andere der Gruppe 2 zu entnehmen gewesen. Da in Gruppe 1 aufgrund der besonderen Umstände keine zu kündigende Arbeitnehmerin verblieben sei, sei aus den Gruppen 2 und 3 die jeweils weniger schutzwürdige Arbeitnehmerin und damit auch die Klägerin betroffen gewesen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung nicht als wirksam ansehen. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Sache ist auch nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse im Streitfall gem. § 1 Abs. 5 KSchG vermutet wird und die soziale Rechtfertigung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Die Kündigung ist aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt und die Klägerin ist in einem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich namentlich bezeichnet.

15

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG sind erfüllt.

16

a) Die Kündigung ist aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt.

17

aa) Nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG gelten als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile. Auch ein bloßer Personalabbau ohne Verringerung der sächlichen Betriebsmittel kann eine Betriebseinschränkung sein, wenn eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist. Richtschnur dafür, wann erhebliche Teile der Belegschaft betroffen sind, sind die Zahlen und Prozentangaben in § 17 Abs. 1 KSchG. Für Großbetriebe wird diese Staffel eingeschränkt. Dort ist eine Betriebseinschränkung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG erst bei einem Personalabbau von 5 vH der Gesamtbelegschaft gegeben(BAG 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C III 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11; 7. August 1990 - 1 AZR 445/89 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 34 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 27). Maßgebend ist die Gesamtzahl der Arbeitnehmer, die voraussichtlich betroffen sein wird. Dies gilt auch, wenn die Personalabbaumaßnahme in mehreren „Wellen“ erfolgt. Liegt zwischen diesen ein Zeitraum von nur wenigen Wochen oder Monaten, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass die Entlassungen auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruhen (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 5/05 - zu B II 1 a bb der Gründe, BAGE 117, 296; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - aaO).

18

bb) Danach ist im Streitfall die Gesamtzahl von 128 Kündigungen maßgebend. Der Interessenausgleich vom 10. Juli 2009 sah von Beginn an zwei Phasen des Personalabbaus vor, so dass eine einheitliche unternehmerische Planung vorliegt. Die Zahl von 128 entspricht bei im Betrieb insgesamt beschäftigter 1.820 Arbeitnehmer einem Anteil von etwa 7 vH der Belegschaft. Der Personalabbau, auf dem die Kündigung beruht, erfüllt damit die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 1 BetrVG, ohne dass es noch auf zusätzlich beschlossene Einzelmaßnahmen ankäme.

19

b) Die Klägerin ist in der dem Interessenausgleich beigefügten Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer vom 20. August 2009 namentlich genannt. Die Liste genügt dem Schriftformerfordernis der §§ 125, 126 BGB.

20

aa) Die Wirkungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 KSchG treten nicht nur ein, wenn die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, unmittelbar im Text des Interessenausgleichs zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind, sondern auch, wenn Interessenausgleich und Namensliste zwar zwei textlich separate Schriftstücke, aber gleichwohl eine einheitliche Urkunde bilden, die insgesamt dem Schriftformerfordernis der §§ 125, 126 BGB genügt(vgl. BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 21; 6. Juli 2006 - 2 AZR 520/05 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 80 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 68). Wird die Namensliste getrennt von dem Interessenausgleich erstellt, reicht es dafür aus, dass im Interessenausgleich auf die zu erstellende Namensliste verwiesen wird, die erstellte Namensliste - ebenso wie zuvor der Interessenausgleich - von den Betriebsparteien unterschrieben worden ist und die Liste ihrerseits eindeutig auf den Interessenausgleich Bezug nimmt (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - aaO). Ferner wahrt sogar eine nicht unterschriebene Namensliste als Anlage die Schriftform, wenn die Unterschrift unter dem Interessenausgleich sie als dessen Teil noch deckt. Das ist der Fall, wenn der Interessenausgleich selbst unterschrieben ist, in ihm auf die Anlage ausdrücklich Bezug genommen wird und Interessenausgleich und Anlage schon bei dessen Unterzeichnung mit einer Heftmaschine körperlich derart miteinander verbunden waren, dass eine Lösung nur durch Gewaltanwendung (Lösen der Heftklammer) möglich war (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - aaO; 6. Juli 2006 - 2 AZR 520/05 - Rn. 33, 37, aaO; 6. Dezember 2001 - 2 AZR 422/00 - EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 9). Es ist nicht erforderlich, dass Interessenausgleich und Namensliste zeitgleich unterzeichnet werden. Der Interessenausgleich kann, um die Wirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG auszulösen, vielmehr noch nach seinem Abschluss zeitnah um eine Namensliste ergänzt werden(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 24, BAGE 130, 182; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11).

21

bb) Diesen Anforderungen werden Interessenausgleich und Namensliste im Streitfall gerecht. Der Interessenausgleich vom 10. Juli 2009 enthält in Ziffern 2 und 4 einen Verweis auf eine noch zu vereinbarende und zu unterzeichnende Namensliste. Die von den Betriebsparteien gesondert erstellte und am 20. August 2009 unterzeichnete (zweite) Namensliste ist mit „Namensliste Interessenausgleich Phase 2“ gekennzeichnet. Das genügt im Streitfall den Anforderungen an einen Rückbezug. Durch diese Kennzeichnung ist unmissverständlich auf den Interessenausgleich vom 10. Juli 2009 mit seinen zwei Entlassungswellen Bezug genommen worden. Die Ergänzung des Interessenausgleichs um eine weitere Namensliste etwa sechs Wochen nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs ist noch als zeitnah anzusehen (vgl. BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 23, BAGE 130, 182).

22

c) Dem Eintritt der Vermutungswirkung steht nicht entgegen, dass die Namen der insgesamt zu kündigenden Arbeitnehmer nicht auf einer einzigen, einheitlichen Liste aufgeführt waren. Jedenfalls dann, wenn die Betriebsänderung in mehreren „Wellen“ erfolgt und die Betriebsparteien für jeden Abschnitt eine abschließende Einigung über sämtliche in diesem zu kündigenden Arbeitnehmer herbeigeführt haben, stellen auch „Teilnamenslisten“ eine ausreichende Basis für die Wirkungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG dar(BAG 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C III 5 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11).

23

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, die Vermutung für den Wegfall der zwei Arbeitsplätze im Sekretariatsbereich zu widerlegen. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.

24

II. Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht auszuschließen, dass die Auswahl der Klägerin sozial grob fehlerhaft ist. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Sozialauswahl sei unter Berücksichtigung der von den Betriebsparteien vereinbarten Altersgruppen vorzunehmen gewesen. Es hat die an die Zulässigkeit einer Altersgruppenbildung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG zu stellenden Anforderungen verkannt.

25

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Altersgruppenbildung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG nicht bereits deshalb unzulässig, weil dabei das Lebensalter als Auswahlkriterium berücksichtigt wird. Dies ist unabhängig von einer Altersgruppenbildung durch § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vorgegeben. Die in § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eröffnete Möglichkeit, die Auswahl zum Zweck der Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur innerhalb von Altersgruppen vorzunehmen, verstößt auch nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und dessen Ausgestaltung durch die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 (BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 28 ff.; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).

26

2. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG gestattet in Abweichung von § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG die Vornahme der Sozialauswahl im Rahmen von Altersgruppen, wenn dies zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Das setzt voraus, dass die im konkreten Fall vorgenommene Altersgruppenbildung zur Sicherung der bestehenden Personalstruktur tatsächlich geeignet ist (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 29; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Daran fehlt es im Streitfall.

27

a) Ob die Beklagte im Hinblick auf das berechtigte betriebliche Interesse ihrer Darlegungslast genügt hat, ist nicht unzweifelhaft, kann aber dahinstehen.

28

aa) Der Arbeitgeber muss, wenn er sich auf § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG berufen will, zu den Auswirkungen und möglichen Nachteilen von Kündigungen gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG auf die Altersstruktur der Belegschaft und damit verbundenen möglichen Nachteilen für den Betrieb konkret vortragen(BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 65, EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 18. März 2010 - 2 AZR 468/08 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 184 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 83). Jedenfalls dann, wenn die Anzahl der Entlassungen innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer im Verhältnis zur Anzahl aller Arbeitnehmer des Betriebs die Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht, kommen ihm dabei Erleichterungen zugute; in diesem Fall ist ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Beibehaltung der Altersstruktur - widerlegbar - indiziert (BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - aaO; 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 54, BAGE 128, 238).

29

bb) Im Streitfall ist der Schwellenwert gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG bezogen auf die insgesamt zu entlassenden Arbeitnehmer zwar überschritten. Die Gesamtbelegschaft von 1.820 Mitarbeitern wurde um 128 Mitarbeiter reduziert. Bezogen auf die Anzahl von zwei Arbeitnehmern, die in der Vergleichsgruppe der Klägerin zu entlassen waren, war der Schwellenwert des § 17 KSchG mit Blick auf die Anzahl aller Arbeitnehmer im Betrieb hingegen bei weitem nicht erreicht. Ob die Erleichterung bei der Darlegung des berechtigten betrieblichen Interesses auch in einem solchen Fall gerechtfertigt ist, ist vom Bundesarbeitsgericht bislang nicht entschieden worden (offengelassen in BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 -). Sie kann auch im Streitfall dahinstehen.

30

b) Die Altersgruppenbildung war hier zur Erhaltung der Altersstruktur in jedem Fall ungeeignet. Eine Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG war deshalb nicht gerechtfertigt.

31

aa) Eine Altersgruppenbildung ist zur Erhaltung der Altersstruktur der Belegschaft nur geeignet, wenn sie dazu führt, dass die bestehende Struktur bewahrt bleibt. Dafür muss die bisherige Verteilung der Beschäftigten auf die Altersgruppen ihre prozentuale Entsprechung in der Anzahl der in der jeweiligen Altersgruppe zu Kündigenden finden. Dadurch wird die Erhaltung der bisherigen Struktur der Gesamtbelegschaft - in etwa - erreicht. Sind mehrere Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer von den Entlassungen betroffen, muss deshalb eine proportionale Berücksichtigung aller Altersgruppen auch innerhalb der jeweiligen Vergleichsgruppen möglich sein. Die betriebsweite Sicherung der Altersstruktur muss die Folge der proportionalen Beteiligung sämtlicher Altersgruppen auch innerhalb der einzelnen Vergleichsgruppen sein. Es ist das Kennzeichen der Sozialauswahl, dass sie innerhalb von Vergleichsgruppen zu erfolgen hat (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 33).

32

bb) Diesen Mindestanforderungen an eine Sozialauswahl im Rahmen von Altersgruppen genügt die von der Beklagten getroffene Auswahl der Klägerin nicht. In der Vergleichsgruppe, der die Klägerin angehört, war eine proportionale Beteiligung aller Altersgruppen bereits deshalb nicht möglich, weil bei drei Altersgruppen nur zwei Arbeitnehmer zur Kündigung anstanden. Danach konnten allenfalls zwei Altersgruppen überhaupt an den Entlassungen beteiligt werden. Dies musste notwendig zu einer Verschiebung der Altersstruktur führen. Dementsprechend haben die ausgesprochenen Kündigungen in der Vergleichsgruppe der Klägerin zu einem Absinken des Altersdurchschnitts um 3,3 Jahre geführt.

33

III. Liegen danach die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Grundsätzen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG durch die Bildung von Altersgruppen nicht vor, hatte die Sozialauswahl ohne Rücksicht auf Altersgruppen zu erfolgen. Eine Prüfung, ob sie auch dann nicht grob fehlerhaft ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht vorgenommen. Der Senat vermag dies aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht selbst zu beurteilen. Diese lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob die Herausnahme der Mitarbeiterin K grob fehlerhaft war.

34

1. Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn eine evidente, ins Auge springende erhebliche Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt(BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 32, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 15). Dabei muss sich die getroffene Auswahl gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer im Ergebnis als grob fehlerhaft erweisen. Nicht entscheidend ist, dass das gewählte Auswahlverfahren als solches Anlass zu Beanstandungen gibt (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 473/05 - Rn. 23, BAGE 120, 18).

35

2. Bei der erneut anzustellenden Prüfung, ob die Sozialauswahl grob fehlerhaft war, wird das Landesarbeitsgericht deshalb die folgenden Grundsätze zu beachten haben.

36

a) Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG sind in die Sozialauswahl vergleichbare Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Aus dem Umstand, dass das Gesetz dafür ein betriebliches Interesse nicht ausreichen lässt, sondern fordert, dieses müsse „berechtigt“ sein, folgt, dass ein betriebliches Interesse auch „unberechtigt” sein kann. Nach dem Gesetz sind danach dem betrieblichen Interesse entgegengesetzte Interessen denkbar, die einer Herausnahme von sog. Leistungsträgern aus der Sozialauswahl entgegenstehen können. Bei den gegenläufigen Interessen kann es sich angesichts des Umstands, dass § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG eine Ausnahme vom Gebot der Sozialauswahl statuiert, nur um die Belange des sozial schwächeren Arbeitnehmers handeln. Diese sind im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG demnach gegen das betriebliche Interesse an einer Herausnahme von Leistungsträgern abzuwägen. Je schutzbedürftiger dabei der sozial schwächere Arbeitnehmer ist, umso gewichtiger müssen die Gründe für die Ausklammerung des Leistungsträgers sein (BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 306/06 - BAGE 123, 20). Diese Abwägung hat im konkreten Vergleich zu erfolgen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 29, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22).

37

b) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht die Möglichkeit störungsfreier Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten der Sekretärinnen im Bereich „Entwicklung“ als betrieblichen Belang angesehen hat. Ob dieser im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG auch „berechtigt“ ist, hängt vom Ergebnis der Abwägung gegen die sozialen Interessen der Klägerin im konkreten Vergleich mit Frau K als derjenigen Arbeitnehmerin ab, die die Beklagte wegen ihrer Englischkenntnisse aus der Sozialauswahl herausgenommen hat.

38

aa) Der Unterschied der sozialen Schutzbedürftigkeit von Frau K und der Klägerin ist erheblich. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung 52 Jahre alt und ca. 31 Jahre im Betrieb beschäftigt. Frau K war mit 26 Jahren nur halb so alt und gehörte dem Betrieb erst rund vier Jahre zu. Dementsprechend kam die Klägerin unter Anwendung der Regelungen des Interessenausgleichs auf 102, Frau K lediglich auf 29 „soziale“ Punkte.

39

bb) Angesichts dieses erheblichen Unterschieds bedarf es gewichtiger betrieblicher Interessen, um eine Herausnahme von Frau K aus der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG zu rechtfertigen. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, es bedürfe zur notwendigen Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten „verhandlungssicherer“ Englischkenntnisse, bietet keine hinlängliche Grundlage für die Beurteilung, ob es sich hierbei um einen betrieblichen Belang von ausreichendem Gewicht handelt. Zweifel hieran könnten deshalb bestehen, weil die Sekretärinnen der Vergleichsgruppe, der die Klägerin angehört, nach eigenem Vortrag der Beklagten die englische Sprache generell nicht verhandlungssicher beherrschen müssen und daher niedriger eingruppiert sind als die übrigen Sekretärinnen im Betrieb. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb festzustellen haben, wie sich die Zusammenarbeit mit der Vorgesetzten im Einzelnen gestaltet hat, insbesondere in welchem zeitlichen und inhaltlichen Umfang eine Kommunikation erfolgt ist. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs zur Kommunikation mit der spanischen Vorgesetzten „verhandlungssichere“ Englischkenntnisse in nennenswertem Umfang jedenfalls bei einer der mehreren zu ihren Untergebenen zählenden Sekretärinnen erforderlich waren, wird es weiter zu prüfen haben, ob allein Frau K oder auch andere, nicht gekündigte Arbeitnehmerinnen der Abteilung über diese Kenntnisse verfügten. Im ersten Fall käme dem betrieblichen Belang ein größeres Gewicht zu als im zweiten.

40

IV. Der Rechtsstreit ist nicht aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif. Die Kündigung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

41

1. Eine Kündigung ist gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, er insbesondere seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26). An die Mitteilungspflicht sind nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Darlegung des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die die Kündigung aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - aaO). Erst eine bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung führt zu einer fehlerhaften Anhörung (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 40, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20). Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsame Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen können (BAG 6. Februar 1997 - 2 AZR 265/96 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 85 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 96).

42

2. Danach ist die Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß erfolgt.

43

a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Kündigungsgründe seien im Anhörungsschreiben zwar nur grob dargestellt. Darüber hinaus sei aber auf die Darlegung der Gründe in den einzelnen Verhandlungsterminen zum Interessenausgleich, welche die Beklagte im Einzelnen vorgetragen habe, Bezug genommen worden. Das pauschale Bestreiten der Klägerin sei angesichts dessen unzureichend.

44

b) Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Betriebsrat war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sowohl über die Person der Klägerin und den Zeitpunkt der Kündigung als auch über die für die Beklagte maßgebenden Kündigungsgründe hinreichend informiert. Die Beklagte hat schon erstinstanzlich ausführlich zum Inhalt der Gespräche zwischen ihr und dem Betriebsrat vorgetragen, die sich auch auf das betriebliche Interesse an der Weiterbeschäftigung von Frau K erstreckt hätten. Die Klägerin hat diesen Vortrag bis zum Schluss der Berufungsinstanz nicht substantiiert bestritten.

45

Soweit die Klägerin in der Revision vorbringt, es sei nicht ersichtlich, in welcher Form die Beklagte dem Betriebsrat ihre abschließende Interessenabwägung dargelegt habe, ist dies ohne rechtlichen Belang. Die von der Beklagten erläuterte Herausnahme von Frau K aus der Sozialauswahl impliziert im Ergebnis eine entsprechende Interessenabwägung. Eine nähere Begründung war vor dem Hintergrund des Grundsatzes der subjektiven Determination nicht erforderlich.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juni 2011 - 4 Sa 1783/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie. Der im Mai 1964 geborene Kläger, der über keine abgeschlossene Berufungsausbildung verfügt, ist bei ihr seit dem 15. Oktober 1990 als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Er ist verheiratet sowie drei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Seine Einstellung erfolgte „für die Tätigkeit Richtpresse, Rollenrichtmaschine“. Im Arbeitsvertrag behielt sich die Beklagte das Recht vor, ihm eine andere - bei Abwägung der beiderseitigen Belange zumutbare - Arbeit zuzuweisen. Zuletzt erzielte der Kläger einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst iHv. 2.759,29 Euro.

3

Im April 2010 beschäftigte die Beklagte rund 700 Arbeitnehmer. Bereits im Jahr 2009 war sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, in deren Folge Kurzarbeit eingeführt wurde. Im Juni 2009 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 3. August 2009 bis zum 22. Juli 2011 die Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen des von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Programms „WeGebAU“ (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen). Gegenstand der Maßnahme war die Umschulung des Klägers zum Verfahrensmechaniker. Anschließend sollte er im Betrieb der Beklagten weiterbeschäftigt werden. Insgesamt nahmen 39 Arbeitnehmer der Beklagten an einer solchen Qualifizierungsmaßnahme teil.

4

Wegen ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten beschloss die Beklagte, Personal abzubauen. Unter dem Datum des 1. April 2010 vereinbarte sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste. Auf der Liste stehen in alphabetischer Reihenfolge die Namen von 196 Arbeitnehmern, darunter der Name des Klägers. In der Präambel des Interessenausgleichs wird auf das (negative) operative Ergebnis in 2009 mit einem Minus von 21,6 Millionen Euro infolge erheblicher Auftragsrückgänge verwiesen. In Abstimmung mit einer Unternehmensberatung sei ein Strukturkonzept entwickelt worden, über das die Mitarbeiter anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 unterrichtet worden seien. Zur Umsetzung des Strukturkonzepts vereinbarten die Betriebsparteien unter Nr. 2.1, 3.0 und 3.1 des Interessenausgleichs Folgendes:

        

„…    

        

2.1 Maßnahmen

        

…       

        

Zukünftig werden Hierarchieebenen abgebaut und so die Organisations- und Kommunikationsstrukturen verschlankt. Des Weiteren werden Abteilungen/ Werke zusammengefasst, um innerbetriebliche Synergien zu heben. In einem ersten Schritt wird dabei das Press- und Ziehwerk zusammengelegt und die zentralen Dienste/ Instandhaltung in die entsprechenden Bereiche integriert.

        

Zudem wird zur Anpassung der Kapazitäten ein Wechsel von Drei- auf Zwei-Schicht-Betrieb erfolgen. …

        

Zur Unterstützung bei den anstehenden Veränderungen und Anpassungen sowie zur Sicherung aktuell bestehender Kompetenz und Qualität im Unternehmen, vereinbaren die Betriebsparteien, bei der Anpassung der Organisation auf deren Erhalt zu achten. Dies kann zukünftig dazu führen, dass höher qualifizierte Mitarbeiter auch entsprechend ihrer Qualifikation andere Tätigkeiten ausführen können und müssen.

        

…       

        

3.0 Personelle Maßnahmen

        

...     

        

Insgesamt wird abteilungsübergreifend eine Reduzierung bis zu 240 Mitarbeitern angestrebt. Die Personalzielzahl der zukünftigen Stammbelegschaft zum 31.12.2012 beträgt aus heutiger Sicht ca. 430 Mitarbeiter. Diese Zahl wird erreicht durch die Maßnahmen dieses Interessenausgleichs - Abbau bis zu 240 Mitarbeitern - sowie dem Ausnutzen natürlicher Fluktuation (ATZ, Verrentung etc.). Grundlage hierfür ist der zwischen den Betriebsparteien im Rahmen dieses Interessenausgleichs verabredete Stellenplan. Das Organigramm/der Stellenplan ist Anlage dieses Interessenausgleichs.

        

Die vorliegende Betriebsänderung erstreckt sich auch auf die bereits jetzt in Folge des WeGebAU-Programms nicht mehr im Betrieb befindlichen Arbeitnehmer. Entgegen der ursprünglichen Absicht, diese weiterqualifizierten Mitarbeiter dann wieder im Unternehmen einzusetzen, mussten die Betriebsparteien übereinstimmend feststellen, dass der Beschäftigungsbedarf für diese Mitarbeiter dauerhaft entfallen ist. Deshalb sind diese auch von der Betriebsänderung betroffen.

        

3.1 Durchführung der personellen Maßnahme

        

Die Betriebsparteien werden auf Grundlage des verabredeten Stellenplans anhand von Qualifizierungsmatrixen einen Vergleichsgruppenplan aufstellen und festlegen, welche Arbeitnehmer von der Betriebsänderung betroffen sind. Die Mitarbeiter, die von der Betriebsänderung betroffen sind, werden von den Betriebsparteien in einer Namensliste gemäß § 1 Abs. 5 KSchG zusammengefasst. Die Namensliste ist Gegenstand dieses Interessenausgleichs.

        

…“    

5

Hinsichtlich der Sozialauswahl verständigten sich die Betriebsparteien unter Nr. 3.2 des Interessenausgleichs darauf, eine Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern nur bei einer Anlernzeit von bis zu zwölf Wochen anzunehmen. Innerhalb der zu bildenden Vergleichsgruppen sollte die Sozialauswahl nach einem Punkteschema erfolgen. Dabei sollte das Lebensalter mit einer Punktzahl von 0,5 „pro angefangenem Jahr“, die Betriebszugehörigkeit mit 2 Punkten „pro beendetem Jahr“, die Unterhaltspflichten mit 5 Punkten „pro Ehegatten/eingetragene Lebenspartnerschaft“ sowie 5 Punkten „pro Kind gem. Steuerklassenmerkmal“ und die Schwerbehinderung mit 10 Punkten „bei Schwerbehinderung bei einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr oder bei erfolgter Gleichstellung“ Berücksichtigung finden. Danach wurde der Kläger mit 76 Punkten der „Vergleichsgruppe 84“ zugeordnet. In dieser Gruppe wurden ausschließlich Mitarbeiter zusammengefasst, die sich in einer „WeGebAU“-Maßnahme befanden. Sofern bis 31. Dezember 2013 Neueinstellungen bei der Beklagten erfolgten, sollten gemäß Nr. 4 des Interessenausgleichs von diesem „betroffene“ Mitarbeiter bei entsprechender Bewerbung „bevorzugt berücksichtigt werden“.

6

Daneben vereinbarten die Betriebsparteien einen Sozialplan. Dieser enthält Abfindungsregelungen und - insoweit unter Ausschluss der Mitarbeiter im „WeGebAU“-Programm - Regelungen zu einem Wechsel von Arbeitnehmern in eine Transfer- oder Qualifizierungsgesellschaft (TQG). Darüber hinaus verständigten sich die Betriebsparteien auf ein zum 1. Mai 2010 geltendes „Soll-Organigramm“, das ua. die künftige Personalstärke einzelner Abteilungen/ Werke ausweist. In einer auf den 1. April 2010 datierten Protokollnotiz heißt es außerdem:

        

„…    

        

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt es wahrscheinlich ist, dass aufgrund der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Lage mit Abschluss der WeGebAU-Maßnahme jedenfalls für die Herren

        

•       

K       

        

•       

T       

        

•       

S       

        

•       

W       

        

eine Weiterbeschäftigung bei der H GmbH möglich sein wird.

        

Insoweit verpflichten sich die Betriebsparteien, dass diese Mitarbeiter - aufgrund der in den Verhandlungen zum Interessenausgleich/Sozialplan zwischen den Betriebsparteien getroffenen Zusage - im Unternehmen verbleiben.

        

…“    

7

Mit Schreiben vom 26. April 2010, das dem Kläger am 29. April 2010 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige - ordentlich zum 31. Juli 2011.

8

Der Kläger hat mit seiner fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG lägen nicht vor. Der Interessenausgleich entfalte keine entsprechende Vermutungswirkung. Jedenfalls sei diese durch die Protokollnotiz widerlegt. Hiernach seien die Betriebsparteien - entgegen den Verlautbarungen im Interessenausgleich - nicht von einem vollständigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs der in einer „WeGebAU“-Maßnahme befindlichen Mitarbeiter ausgegangen. Die spätere Entwicklung habe dies bestätigt. Die Beklagte habe eine Vielzahl der zunächst in die TQG gewechselten Arbeitnehmer wieder eingestellt. Auch habe sie sämtliche Auszubildende übernommen und Neueinstellungen vorgenommen. Die soziale Auswahl sei grob fehlerhaft. Das gelte schon für die Vergleichsgruppenbildung. Die Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme im „WeGebAU“-Programm sei ebenso wenig ein sachlicher Grund hierfür wie die vermeintlich geringe Qualifikation dieser Arbeitnehmer. Die Sozialauswahl habe vielmehr arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen durchgeführt werden müssen. Jedenfalls hätten die Betriebsparteien nicht außer Acht lassen dürfen, dass ihm - dem Kläger - die Teilnahme an der Umschulungsmaßnahme mit der Begründung angetragen worden sei, künftig besser vor betriebsbedingter Entlassung geschützt zu sein. Seinem Verlangen aufzuzeigen, nach welchen Kriterien die übrigen Vergleichsgruppen gebildet worden seien, sei die Beklagte nicht nachgekommen. Deshalb sei ohne Weiteres von einer unzureichenden Sozialauswahl auszugehen. Jedenfalls seien im Presswerk bzw. Walzwerk noch acht - namentlich benannte - Arbeitnehmer beschäftigt, die im Vergleich zu ihm deutlich weniger schutzbedürftig seien. Unabhängig davon sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 nicht aufgelöst worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, gemäß dem Interessenausgleich sei zu vermuten, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Weitergehender Ausführungen ihrerseits zum Inhalt des der Betriebsänderung zugrunde liegenden Konzepts und deren Auswirkungen im Arbeitsbereich des Klägers habe es nicht bedurft. Die in der Protokollnotiz getroffenen Regelungen seien nicht geeignet, die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs zu widerlegen. Die Namen der dort bezeichneten Arbeitnehmer stünden - unstreitig - auf der Namensliste des Interessenausgleichs. Allerdings habe der Betriebsrat schon während der laufenden Verhandlungen Bedenken gegen deren Sozialauswahl angemeldet. Nach Ausspruch der Kündigungen habe er den Wunsch geäußert, für die vier Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. Dem sei sie mit der am 22. Juni 2010 erfolgten Unterzeichnung der - rückdatierten - Protokollnotiz nachgekommen. Die Durchführbarkeit der im Interessenausgleich beschlossenen Maßnahmen gehe aus dem „Soll-Organigramm“ hervor. Den Vereinbarungen im Interessenausgleich sei immanent, dass die Arbeitsaufgaben gering qualifizierter Arbeitnehmer künftig von besser ausgebildeten Kräften miterledigt werden sollten. Diese Entscheidung liege auch der Sozialauswahl zugrunde, die weder hinsichtlich des Verfahrens noch des Ergebnisses grob fehlerhaft sei. Die mit Anhörungsbogen vom 19. April 2010 nebst Anlage erfolgte Betriebsratsanhörung sei nicht zu beanstanden.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Kündigungsschutzklage nicht stattgegeben werden. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. April 2010 aufgelöst worden ist, steht noch nicht fest.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Weiteres angenommen, zwischen den Parteien habe im Kündigungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar absolvierte der Kläger im Kündigungszeitpunkt mit Einverständnis der Beklagten eine außerbetriebliche Umschulungsmaßnahme und hatte zu diesem Zweck mit einem anderen Unternehmen einen Umschulungsvertrag geschlossen. Dieser Umstand steht einem rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien aber nicht entgegen (zum Ruhen bei Abschluss eines Umschulungsvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 638/04 - Rn. 19, BAGE 117, 20). Ebenso wenig liegen im Streitfall konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem Willen der Parteien während der Dauer des Umschulungsverhältnisses die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen sein sollte. Der Teilnahme des Klägers an einer außerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahme hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie das Arbeitsverhältnis zu einem Termin nach deren voraussichtlichem Ende gekündigt hat.

14

II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei trotz der sich aus dem Interessenausgleich vom 1. April 2010 ergebenden Vermutung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt, verletzt § 1 Abs. 5 KSchG sowie § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Anforderungen an eine der Beklagten im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG obliegende - sekundäre - Darlegungslast überspannt und ist zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte es versäumt habe, auf das einfache Bestreiten der Gegenseite das der Kündigung zugrunde liegende Konzept und dessen Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeiten im Arbeitsbereich des Klägers umfassend zu erläutern. Auch seine weitere Begründung, die zu vermutende Betriebsbedingtheit der Kündigung sei jedenfalls durch die Protokollnotiz „vom 1. April 2010“ widerlegt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

15

1. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wenn die Arbeitnehmer, denen aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind. Dies gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach dem Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat (§ 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG).

16

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG, für die der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 130, 182; 22. Januar 2004 - 2 AZR 111/02 - zu C II der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Namensliste Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 11), sind im Streitfall erfüllt. Davon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend aus.

17

a) Die Kündigung vom 26. April 2010 wurde aufgrund einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG ausgesprochen.

18

aa) Besteht die Betriebsänderung in einem bloßen Personalabbau, kommt es für die Frage, ob eine „Einschränkung des Betriebs“ iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG vorliegt, auf die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG an(BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 773/10 - Rn. 14, NZA 2012, 992; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12). Der Grenzwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG ist erreicht. Der Interessenausgleich vom 1. April 2010 sieht den Abbau von bis zu 240 Arbeitsplätzen vor. Aus seinen Regelungen zu Nr. 3.0 und 3.1 geht hervor, dass die betroffenen Arbeitnehmer, soweit der Personalabbau durch Kündigung - ggf. bei Ablehnung eines Angebots zum Wechsel in die TQG - vollzogen werden sollte, allesamt in der ihm beigefügten Namensliste aufgeführt wurden. Allein mit den dort bezeichneten 196 Arbeitnehmern ist bei einer Gesamtzahl von rund 700 Beschäftigten der Schwellenwert „mindestens 30 Arbeitnehmer“ bei Weitem überschritten.

19

bb) Die Art des Auflösungstatbestands ist für die Qualifizierung eines Personalabbaus als Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein, dass das Ausscheiden vom Arbeitgeber veranlasst ist (BAG 10. Dezember 1996 - 1 AZR 290/96 - AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 32 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 34). Das trifft auf die in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmer zu.

20

cc) Der beschlossene Personalabbau erfüllt damit schon für sich genommen die Voraussetzungen einer Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 BetrVG iVm. § 17 Abs. 1 KSchG, ohne dass es noch auf die beschlossenen Einzelmaßnahmen ankäme(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 31. Mai 2007 - 2 AZR 254/06 - Rn. 16 mwN, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12).

21

b) Der Kläger ist in der dem Interessenausgleich beigefügten Liste namentlich genannt. Den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zufolge ist die Namensliste Bestandteil des Interessenausgleichs. Dem liegt das unstreitige Vorbringen der Beklagten zugrunde, die - ihrerseits von den Betriebsparteien eigenhändig unterzeichnete - Namensliste sei fest mit dem schriftlichen Interessenausgleich verbunden gewesen. Die Einhaltung der Schriftform des § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG iVm. §§ 125, 126 BGB(dazu BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 21)wird von der Revision auch nicht infrage gestellt.

22

3. Die sich daraus ergebende Vermutung, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, hat der Kläger - ausgehend von den Feststellungen im Berufungsurteil - nicht widerlegt.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die Beklagte habe schon keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die es erforderlich gemacht hätten, die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu widerlegen. Auch im Rahmen dieser Vorschrift sei der Arbeitgeber gehalten, auf einfaches Bestreiten des Arbeitnehmers hin die Tatsachen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses führen sollen, wahrheitsgemäß vorzutragen. Bestehe die Betriebsänderung in einem Personalabbau, müsse der Arbeitgeber - sofern der Interessenausgleich keine entsprechenden Angaben enthalte - das zugrunde liegende unternehmerische Konzept und dessen Umsetzung einschließlich der sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf die konkreten Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers in den erforderlichen Einzelheiten darlegen. Komme der Arbeitgeber seiner dahingehenden Verpflichtung nicht nach, obwohl der Arbeitnehmer keine eigene Kenntnis von den zur Kündigung führenden Umständen habe, sei die Kündigung ohne Weiteres als sozial ungerechtfertigt anzusehen.

24

b) Das überzeugt nicht. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird der Vermutungswirkung des Interessenausgleichs und der sich daraus ergebenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht gerecht.

25

aa) Liegen - wie im Streitfall - die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vor, wird gemäß § 292 ZPO die rechtliche Folge - das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG - ohne weiteren Vortrag des Arbeitgebers gesetzlich vermutet. Diese Vermutung bezieht sich sowohl auf den Wegfall der bisherigen Beschäftigung als auch auf das Fehlen anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84).

26

bb) Nach § 292 ZPO ist(nur) der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist deshalb Sache des Arbeitnehmers darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass in Wirklichkeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn weiterhin besteht. Eine bloße Erschütterung der Vermutung reicht nicht aus. Es ist vielmehr ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Der Arbeitnehmer muss darlegen, weshalb der Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist oder wo sonst im Betrieb oder Unternehmen er weiterbeschäftigt werden kann (vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17).

27

cc) Die von der Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG abweichende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast trägt dem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung, betriebsbedingte Kündigungen in Fällen, in denen eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist, rechtssicherer zu gestalten(vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 703l ff.; mit gewissen Einschränkungen auch APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 810). Dies stellt keinen unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers dar (BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 20, 37, BAGE 124, 48; 5. Dezember 2002 - 2 AZR 571/01 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 104, 131). Die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung knüpft an Regelungen an, die der Mitwirkung des Betriebsrats bedürfen und die nicht durch eine Einigungsstelle erzwungen werden können. Der Gesetzgeber durfte bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass eine hohe Richtigkeitsgewähr für die betriebsbedingte Notwendigkeit der Kündigungen besteht und die Interessen der Belegschaft typischerweise angemessen durch die Beteiligung des Betriebsrats gewahrt sind (vgl. LAG Niedersachsen 30. Juni 2006 - 10 Sa 1816/05 - zu B II 2 der Gründe, LAGE KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 52).

28

dd) Dem Arbeitnehmer können bei der Führung des Gegenbeweises gewisse Erleichterungen nach den Regeln der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zugutekommen (BAG 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 23, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17). Es entspricht allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen, dass die Gegenseite eine - sekundäre - Behauptungslast trifft, wenn die primär darlegungs- und beweisbelastete Partei außerhalb eines für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, während die Gegenseite alle erforderlichen Tatsachen kennt und es ihr zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 28 mwN, BAGE 127, 102; BGH 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - zu II 2 der Gründe, NJW 1999, 714). Im Rahmen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG ist zudem zu berücksichtigen, dass es um Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Arbeitnehmers(Art. 12 Abs. 1 GG)geht. Diesem Schutz ist nicht nur in materiell-rechtlicher Hinsicht, sondern auch bei der Ausgestaltung des Verfahrens angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG 6. Oktober 1999 - 1 BvR 2110/93 - zu IV 3 a der Gründe, AP GG Art. 12 Nr. 112).

29

ee) Welche Anforderungen an ein erstes, die sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers auslösendes Vorbringen des Arbeitnehmers zu stellen sind, lässt sich nicht für alle Fälle im Voraus abstrakt festlegen. Sie richten sich vielmehr nach der konkreten Kenntnis und Kenntnismöglichkeit des Arbeitnehmers.

30

(1) Grundsätzlich kann von diesem verlangt werden, (zumindest) greifbare Anhaltspunkte zu benennen, aus denen sich die Unrichtigkeit der nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermuteten Tatsache ergeben soll(vgl. Bram in Bader/ Bram Stand Dezember 2012 § 1 KSchG Rn. 340b). Im Regelfall wird schon der Vortrag des Arbeitgebers zum Vorliegen einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG dem Arbeitnehmer gewisse Aufklärung darüber geben, aus welchen Gründen der Beschäftigungsbedarf entfallen sein soll. Daran kann dieser ansetzen und ggf. eigene Nachforschungen anstellen (vgl. ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 365; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 685; Eylert in Schwarze/Eylert/Schrader KSchG § 1 Rn. 540). Hat eine Partei keinen Einblick in die Geschehensabläufe und ist ihr deshalb die Beweisführung erschwert, kann sie auch solche Umstände unter Beweis stellen, die sie aufgrund greifbarer Anhaltspunkte nur vermuten kann. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ihr Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn sie, ohne wenigstens greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts aufzuzeigen, Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13; BGH 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - zu II 2 a der Gründe, BGHReport 2003, 891). Der zur Führung des Gegenbeweises verpflichtete Arbeitnehmer muss deshalb die ihm zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten, zu denen eine Nachfrage beim Betriebsrat gehören kann (vgl. Eylert/Schinz AE 2004, 219, 227), tatsächlich ausschöpfen und sich auf dieser Grundlage zu der vermuteten Betriebsbedingtheit der Kündigung erklären.

31

(2) Allerdings ist nicht auszuschließen, dass weder aus dem Interessenausgleich Gründe für den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit hervorgehen noch der Arbeitnehmer in der Lage war, sich aus sonstigen Quellen über diese Gründe zu informieren. Er ist dann schwerlich in der Lage, auch nur Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG objektiv unrichtig ist. Ob und durch welches Vorbringen des Arbeitnehmers unter diesen Umständen eine sekundäre Behauptungslast des Arbeitgebers ausgelöst werden kann, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Diese greift stets nur insoweit ein, wie dem Arbeitnehmer die erforderliche Kenntnismöglichkeit fehlt (vgl. BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 38, BAGE 124, 48). Auch ergibt sich aus ihr keine umfassende Verpflichtung des Arbeitgebers, die Betriebsbedingtheit der Kündigung - wie bei Geltung von § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG - substantiiert zu begründen. Es geht lediglich darum, die dem Interessenausgleich zugrunde liegende Betriebsänderung so weit zu verdeutlichen, dass der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, seiner primären Darlegungs- und Beweislast nachzukommen, mag dies auch weitere Recherchen seinerseits erfordern.

32

ff) Danach war die Beklagte nicht verpflichtet, den vom Landesarbeitsgericht vermissten Vortrag zu einem der Kündigung zugrunde liegenden Konzept zu halten.

33

(1) Der Kläger hat sich in erster Instanz darauf beschränkt, das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse - einfach - zu bestreiten. Im Berufungsrechtszug hat er zur Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ausgeführt, diese greife deshalb nicht ein, weil sich die Sachlage nach dessen Abschluss durch die Weiterbeschäftigung mehrerer auf der Namensliste aufgeführter Arbeitnehmer und durch Neueinstellungen wesentlich geändert habe. Im Übrigen hat er die Protokollnotiz vorgelegt und gemeint, daraus ergebe sich die Unrichtigkeit der Vermutung.

34

(2) Das Vorbringen macht deutlich, dass der Kläger einen gewissen Einblick in die betrieblichen Verhältnisse durchaus hat. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die erkennen ließen, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, sich zumindest mit dem im Interessenausgleich angeführten Auftragsrückgang auseinanderzusetzen und/oder auf die beschlossenen Maßnahmen - insbesondere die Zusammenlegung von Werken und die Umstellung vom Drei- auf ein Zweischichtsystem - einzugehen oder auf dieser Grundlage weitere Nachforschungen anzustellen. Als langjähriger Mitarbeiter der Beklagten dürfte er auch über hinreichend eigene Kenntnisse verfügen, um zumindest ansatzweise einzuschätzen, wie sich die Streichung einer Schicht auf den Personalbedarf in seinem Arbeitsbereich auswirkte. Hinzu kommt, dass dem Betriebsrat ausweislich der Angaben im Interessenausgleich ein der Betriebsänderung zugrunde liegendes Strukturkonzept zur Kenntnis gebracht wurde und anlässlich einer Belegschaftsversammlung vom 30. Januar 2010 - unstreitig - eine „Unterrichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ erfolgte. Dazu, ob er an der Versammlung teilgenommen oder anderweitig von den dort erteilten Auskünften Kenntnis erlangt hat, verhält sich der Kläger nicht. Ebenso wenig nennt er Gründe, die einer Kenntnismöglichkeit entgegenstehen. Das verkennt das Landesarbeitsgericht, welches der Beklagten entgegen hält, es sei „unklar geblieben“ was Gegenstand der betreffenden Unterrichtung gewesen sei. Seine Betriebsabwesenheit im Kündigungszeitpunkt entband den Kläger unter den gegebenen Umständen nicht davon, zumindest Anhaltspunkte vorzutragen, die gegen die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs streiten.

35

(3) Darauf, ob das mit dem Betriebsrat abgestimmte und auf den 1. Mai 2010 bezogene „Soll-Organigramm“ mit seinen Angaben zur künftigen Personalstärke im Walzwerk (193 Arbeitnehmer) und im Ziehwerk (128 Arbeitnehmer) geeignet war, die Auswirkungen des Personalabbaus auf den Arbeitsplatz des Klägers zu verdeutlichen, kommt es nicht an. Es war primär Sache des Klägers aufzuzeigen, wo Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn weiterhin vorhanden sein sollen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Organigramm - einen anderen Stellenplan gab es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht - bereits bei Abschluss des Interessenausgleichs vorlag oder von den Betriebsparteien nachträglich erstellt wurde.

36

c) Die Vermutungswirkung des Interessenausgleichs ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht durch die auf den 1. April 2010 datierte Protokollnotiz widerlegt.

37

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Protokollnotiz und der Interessenausgleich enthielten, was die Beschäftigungsmöglichkeiten der an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmer anbelange, widersprüchliche Aussagen. Da die Betriebsparteien in der Protokollnotiz eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der dort bezeichneten Arbeitnehmer als wahrscheinlich dargestellt hätten, hätten sie deutlich zu erkennen gegeben, dass die im Interessenausgleich getroffene Aussage zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aller im „WeGebAU“-Programm befindlichen Mitarbeiter nicht mit ihrer tatsächlichen Einschätzung übereinstimme. Stehe aber fest, dass zumindest für vier der in das Programm aufgenommenen Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung zum 1. August 2011 wahrscheinlich möglich sein werde, könne nicht mehr nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermutet werden, dass für alle(anderen) an der Qualifizierungsmaßnahme teilnehmenden Mitarbeiter eine Beschäftigung nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr möglich gewesen sei. Das gelte jedenfalls so lange, wie die Beklagte diesen Widerspruch nicht aufgeklärt habe.

38

bb) Diese Wertung kann, soweit sie Gegenstand tatrichterlicher Überzeugungsbildung ist, revisionsrechtlich zwar nur daraufhin überprüft werden, ob die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet sind(zu den Einzelheiten vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 22, NZA 2012, 1025; 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20). Selbst dieser eingeschränkten Überprüfung hält sie aber nicht stand. Das gilt unabhängig davon, ob die der Würdigung zugrunde liegende Auslegung der Protokollnotiz ihrerseits einer uneingeschränkten Überprüfung unterliegt oder ob - was zugunsten des Klägers unterstellt werden kann - auch diesbezüglich ein beschränkter Maßstab gilt (vgl. dazu BAG 3. Juli 2003 - 2 AZR 437/02 - zu II 1 b der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 38 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2). Es kann deshalb offenbleiben, wie die betreffenden Regelungen rechtlich zu qualifizieren sind.

39

(1) Mit der Protokollnotiz haben die Betriebsparteien bezogen auf einen klar begrenzten Personenkreis ihre Einschätzung dokumentiert, „jedenfalls“ eine Weiterbeschäftigung dieser (vier) Mitarbeiter erscheine möglich. Die Regelungen zum Verbleib der Arbeitnehmer im Unternehmen knüpfen erkennbar an Nr. 4 des Interessenausgleichs an.

40

(2) Soweit diese Erklärungen überhaupt in Widerspruch zu Aussagen im Interessenausgleich stehen, betrifft dies lediglich die Beschäftigungsmöglichkeiten der vier in der Protokollnotiz genannten Personen. Die Beschäftigungslage der übrigen am „WeGebAU“-Programm teilnehmenden Mitarbeiter war objektiv nicht Gegenstand der zusätzlichen Vereinbarungen und sollte dies nach dem erkennbaren Willen der Betriebsparteien auch nicht sein. Die gleichwohl vom Landesarbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Protokollnotiz stelle die im Interessenausgleich dokumentierten Erwägungen zu Einsatzmöglichkeiten der an den fraglichen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmenden Arbeitnehmer generell infrage, entbehrt nicht nur einer tatsächlichen Grundlage. Sie berücksichtigt nicht, dass die in Rede stehende Fehleinschätzung der Betriebsparteien auch rechtlich nichts damit zu tun hat, ob für andere vergleichbare Arbeitnehmer Beschäftigungsmöglichkeiten dauerhaft entfallen sind oder nicht. Allenfalls drängte sich die Frage nach der Sozialauswahl auf. Die Beklagte musste deshalb das dem Personalabbau zugrunde liegende Konzept auch mit Bezug auf die Protokollnotiz nicht umfassend erläutern, zumal sie die aus ihrer Sicht für die Absprache maßgebenden Erwägungen der Betriebsparteien durchaus vorgetragen hat.

41

(3) Die betreffenden Vereinbarungen führen nicht dazu, dass die dem Interessenausgleich beigefügte Namensliste als sog. „Teil-Namensliste“ anzusehen wäre. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte beabsichtigte, statt der in der Protokollnotiz aufgeführten Arbeitnehmer andere Mitarbeiter zu entlassen. Darauf, ob eine „Teil-Namensliste“ eine ausreichende Basis für das Eingreifen der Vermutungswirkung sein kann (zur Problematik BAG 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 33, 34, BAGE 130, 182), kommt es daher nicht an. Ebenso wenig besteht Anlass zu der Annahme, die Betriebsparteien hätten die fraglichen vier Mitarbeiter bewusst nur zum Schein auf die Namensliste des Interessenausgleichs gesetzt.

42

III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es liegt mangels Entscheidungsreife auch kein Fall von § 563 Abs. 3 ZPO vor. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

43

1. Das Landesarbeitsgericht hat sich - von seinem Standpunkt ausgehend konsequent - nicht mit dem Vortrag des Klägers zu erfolgten Neu-/Wiedereinstellungen und der Übernahme von Auszubildenden befasst. Es hat nicht geprüft, ob sich daraus Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Sachlage iSd. § 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG ergeben. Eine abschließende Beurteilung durch den Senat selbst ist nicht möglich. Dem Vorbringen fehlt derzeit die erforderliche Substanz. Es ist nicht erkennbar, dass die fraglichen Einstellungen/Übernahmen bereits im Zeitpunkt der Kündigung erfolgt oder doch endgültig beschlossen worden wären (dazu BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 49, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sein Vorbringen nur deshalb nicht vertieft hat, weil er aufgrund entsprechender Hinweise des Landesarbeitsgerichts der Auffassung sein konnte, dieses gehe davon aus, die Beklagte habe schon keinen ausreichenden Vortrag zum Wegfall seines Arbeitsplatzes geleistet.

44

2. Je nach Sachlage wird der Frage nachzugehen sein, ob die Kündigung wegen grob fehlerhafter sozialer Auswahl iSd. § 1 Abs. 3, Abs. 5 Satz 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist und/oder ob ein Unwirksamkeitsgrund iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG vorliegt. Im Zusammenhang mit der Sozialauswahl wird das Landesarbeitsgericht insbesondere festzustellen und zu bewerten haben, ob die Beklagte ihre Auskunftspflicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG erfüllt hat. Diese besteht uneingeschränkt auch in den Fällen des § 1 Abs. 5 KSchG(vgl. BAG 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10). Da das Vorbringen der Parteien zur Sozialauswahl weitgehend streitig ist, wird für die weitere Sachbehandlung lediglich auf Folgendes hingewiesen:

45

a) Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn eine evidente, ins Auge springende erhebliche Abweichung von den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 KSchG vorliegt und der Interessenausgleich jede soziale Ausgewogenheit vermissen lässt(BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 34, NZA 2013, 86; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 84). Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl kann sich auch daraus ergeben, dass der auswahlrelevante Personenkreis evident verkannt wurde (st. Rspr. vgl. BAG 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 15; 21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 22 mwN). Dabei muss sich die getroffene Auswahl gerade mit Blick auf den klagenden Arbeitnehmer als grob fehlerhaft erweisen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 98 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 22). Nicht entscheidend ist, ob das gewählte Auswahlverfahren als solches zu Beanstandungen Anlass gibt (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - aaO). Dem entspricht es, dass der Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, jedenfalls wenn er ausreichend unterrichtet worden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG), die soziale Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter, mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger sozial schutzwürdig, so dass diesem habe gekündigt werden müssen.

46

b) Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl ergibt, liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Auch sie ist abgestuft. Der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit ändert daran nichts (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 107/05 - Rn. 29, BAGE 116, 213; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - zu B I 5 b der Gründe, EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10, zu § 1 Abs. 5 KSchG aF). Es ist zunächst Sache des Arbeitnehmers, die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl darzulegen, sofern er über die erforderlichen Informationen verfügt. Soweit er hierzu nicht in der Lage ist und deswegen den Arbeitgeber zur Mitteilung der Gründe auffordert, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben, hat dieser als Folge seiner materiellen Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG auch im Prozess substantiiert vorzutragen. Seine sich aus der Mitteilungspflicht ergebende Vortragslast ist grundsätzlich auf die subjektiven, von ihm tatsächlich angestellten Auswahlüberlegungen beschränkt. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die vollständige Auflistung der Sozialdaten aller objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05, 2 AZR 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).

47

c) Gibt der Arbeitgeber keine oder keine vollständige Auskunft, so kann der Arbeitnehmer beim Fehlen eigener Kenntnis seiner aus § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 138 Abs. 1 ZPO herzuleitenden Substantiierungspflicht, die Namen sozial stärkerer Arbeitnehmer zu nennen, nicht genügen. In diesen Fällen ist sein Vortrag, es seien sozial stärkere Arbeitnehmer als er vorhanden, schlüssig und ausreichend (BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64; 21. Juli 1988 - 2 AZR 75/88 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 26).

48

d) Entsprechende Erwägungen gelten, wenn der Vortrag des Arbeitgebers Anhaltspunkte dafür bietet, er habe die Sozialauswahl - bei Berücksichtigung des Vortrags des Arbeitnehmers - grob fehlerhaft nicht auf vergleichbare Arbeitnehmer erstreckt, und der Arbeitgeber es unterlässt, sein Vorbringen zu vervollständigen. Die aus § 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbs. KSchG folgende subjektiv determinierte materielle Mitteilungspflicht des Arbeitgebers wird in dieser Konstellation ergänzt durch die prozessuale Erklärungspflicht nach § 138 ZPO. Ergibt sich aus der Mitteilung des Arbeitgebers, dass er Tatsachen, die gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2, Abs. 3 KSchG objektiv erheblich sein können, in seine subjektiven Erwägungen nicht einbezogen hat, und trägt der gekündigte Arbeitnehmer nachvollziehbar vor, gerade aus diesen Tatsachen ergebe sich die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl, so ist es eine Obliegenheit des Arbeitgebers, seinen Vortrag weiter zu substantiieren. Anderenfalls ist der dem Kenntnisstand des Arbeitnehmers entsprechende und ihm konkreter nicht mögliche Vortrag, soziale Gesichtspunkte seien in grob fehlerhafter Weise unberücksichtigt geblieben, als unstreitig anzusehen (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 39, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).

49

e) Der Kläger hat geltend gemacht, die soziale Auswahl sei deshalb evident fehlerhaft, weil die Beklagte die Auswahl auf die in der „Vergleichsgruppe 84“ zusammengefassten Arbeitnehmer beschränkt habe. Er sei auch mit denjenigen Arbeitnehmern vergleichbar, die fortan die bisher ihm übertragenen Arbeitsaufgaben erledigten und/oder andere gering qualifizierte Tätigkeiten verrichteten, die eine Einarbeitungszeit von bis zu zwölf Wochen erforderten. Das Vorbringen erscheint grundsätzlich geeignet, eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zu begründen. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, der Betriebsänderung sei die Entscheidung „immanent“, künftig keine gering qualifizierten Arbeitnehmer mehr zu beschäftigen. Dafür fehlt es bislang aber - wie das Landesarbeitsgericht richtig gesehen hat - an hinreichenden Anhaltspunkten. Im Übrigen stünde eine solche Entscheidung einer Vergleichbarkeit des Klägers mit besser qualifizierten Arbeitnehmern dann nicht entgegen, wenn es sich bei den fraglichen Arbeitsaufgaben um solche handelt, die eine höhere Qualifikation nicht erfordern, dh. ohne Weiteres von angelernten Kräften verrichtet werden können und von diesen in der Vergangenheit auch verrichtet wurden. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung, dazu im Wege einer abgestuften Darlegungslast substantiiert Stellung zu nehmen, bisher nicht nachgekommen. Sie hat weder erläutert, ob Tätigkeiten, wie sie der Kläger in der Vergangenheit erledigt hat, im Betrieb weiterhin anfallen, noch hat sie dargestellt, woraus sich ein berechtigtes betriebliches Interesse ergeben soll, auf bisher von „ungelernten“ Kräften besetzten Arbeitsplätzen nur noch besser ausgebildete Mitarbeiter einzusetzen.

50

f) Die abschließende Beurteilung, ob daraus eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl folgt, bleibt dem Landesarbeitsgericht vorbehalten, dem insoweit ein tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zukommt. Je nach der Substanz eines etwaigen ergänzenden Vorbringens der Beklagten zu Qualifikationsgesichtspunkten wird sich das Landesarbeitsgericht ggf. mit der Frage zu befassen haben, ob es rechtsmissbräuchlich ist, dass sich die Beklagte auch gegenüber den an einer „WeGebAU“-Maßnahme teilnehmenden Arbeitnehmern auf ein legitimes betriebliches Interesse an der Weiterbeschäftigung besser ausgebildeter Arbeitnehmer beruft.

        

    Berger    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2011 - 10 Sa 438/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. In ihrer Niederlassung Frankfurt am Main beschäftigte sie zuletzt mehr als 100 Arbeitnehmer. Die Niederlassung hatte zwei Kunden, die K (K GmbH) und die L AG (L AG). Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der K GmbH war geregelt, dass die Beklagte dieser ab Juli 2010 unbefristet bis zu 150 Arbeitnehmer als Hilfskräfte überlasse. In der Rahmenvereinbarung mit der L AG war bestimmt, dass auf deren Verlangen Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen auszutauschen seien und unabhängig davon ein Austausch nur im Einvernehmen mit ihr vorgenommen werden könne.

3

Der Kläger war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin seit Oktober 2004 für ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 1.500,00 Euro als Hilfskraft beschäftigt. Er war der K GmbH als Flugzeugreiniger überlassen und dort seit Juli 2010 als Vorarbeiter eingesetzt.

4

Ende September 2010 erklärte ein Mitarbeiter der K GmbH gegenüber dem Niederlassungsleiter der Beklagten, man benötige - ua. - den Kläger nicht mehr und melde ihn zum 8. Oktober 2010 ab. Mit Schreiben vom 30. September 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2010. Die K GmbH bestätigte die Abmeldung mit E-Mail vom 7. Oktober 2010. In der Folgezeit fragte die Beklagte bei der L AG an, ob bei ihr ein Einsatz des Klägers in Betracht komme. Die L AG teilte mit, eine Umsetzung sei nicht durchführbar.

5

Gegen die Kündigung hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat gemeint, es fehle an einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Auftrag über die Überlassung von 150 Arbeitnehmern an die K GmbH bestehe nach wie vor. Diese habe zum 1. Januar 2011 Neuaufträge gewonnen. Außerdem habe die Beklagte keine Sozialauswahl vorgenommen, insbesondere habe sie ihn nicht mit den weiterhin der K GmbH überlassenen Arbeitnehmern verglichen. Er sei schutzwürdiger als die von der Beklagten benannten ungekündigten Arbeitnehmer. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe nur die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer gekündigt, die eine Betriebsratswahl initiiert hätten. Die Initiatoren seien ihr namentlich bekannt gewesen.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30. September 2010 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Flugzeugreiniger im Betrieb Frankfurter Flughafen weiter zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unter allen rechtlichen Gesichtspunkten wirksam. Ihre Geschäftsführerin habe im September 2010 die Entscheidung getroffen, die Arbeitsverhältnisse mit den von der K GmbH namentlich abgemeldeten Arbeitnehmern zu kündigen. Die K GmbH habe den Kläger abgemeldet, weil kein Beschäftigungsbedarf mehr für ihn vorhanden gewesen sei. Bei ihr, der Beklagten, habe infolgedessen nicht nur eine kurzfristige Auftragslücke vorgelegen. Sie habe weder neue Arbeitnehmer eingestellt noch neue Kunden anwerben können. Die Kündigungsentscheidung erweise sich damit auch im Nachhinein als richtig. An anderen Standorten sei kein Arbeitsplatz frei gewesen. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen. Sie sei an die Wünsche der K GmbH und der L AG gebunden, bei Nichtbefolgung drohe ein Auftragsverlust. Vorsorglich hat die Beklagte die Sozialdaten von neun Arbeitnehmern angegeben, die mit dem Kläger vergleichbar und weiterhin der K GmbH überlassen seien. Die Beklagte hat bestritten, dass die Kündigung in einem Zusammenhang mit der geplanten Betriebsratswahl stehe. Sie habe nicht gewusst, wer für die Wahl kandidieren werde.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 30. September 2010 zu Recht als sozial ungerechtfertigt angesehen (I.). Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an (II.).

10

I. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Sie ist jedenfalls wegen fehlerhafter Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG. Ob die Beklagte hinreichend dargelegt hat, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Einsatzmöglichkeit für den Kläger auf Dauer nicht mehr bestand (zu den Anforderungen an die Darlegung des Kündigungsgrundes bei Wegfall der Einsatzmöglichkeit eines Leiharbeitnehmers, vgl. BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 18), bedarf keiner Entscheidung.

11

1. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. Abs. 2 der Bestimmung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer von dessen Betriebszugehörigkeit, dessen Lebensalter, mögliche Unterhaltspflichten und ggf. eine Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

12

a) Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die - bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes - sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (st. Rspr., vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 19; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10  - Rn. 41). Dies ist nicht nur bei identischen Arbeitsplätzen der Fall, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung die zwar andere, aber gleichwertige Tätigkeit ausüben kann (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 31). An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus Rechtsgründen nicht einseitig auf den fraglichen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann ( BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - aaO; 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 13). Die Sozialauswahl ist auf Arbeitnehmer desselben Betriebs beschränkt (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 158/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 82, 85; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 199/05 -).

13

b) Dem Arbeitgeber steht bei der Gewichtung der in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG angeführten sozialen Grunddaten ein Wertungsspielraum zu. Dieser ist auch dann zu beachten, wenn er eine Sozialauswahl zunächst für entbehrlich gehalten hat (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 48; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19 ). Auch wenn eine Sozialauswahl gar nicht oder methodisch fehlerhaft durchgeführt wurde, ist die Kündigung nicht aus diesem Grund unwirksam, wenn mit der Person des Gekündigten gleichwohl - und sei es zufällig - eine objektiv vertretbare Auswahl getroffen wurde. Der Arbeitgeber braucht nicht die „bestmögliche“ Sozialauswahl vorgenommen zu haben. Der ihm einzuräumende Wertungsspielraum führt dazu, dass sich nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - aaO ; 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - Rn. 38, BAGE 115, 92).

14

c) Die Darlegungs- und Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl trägt gem. § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG der Arbeitnehmer.

15

2. Die Regelungen zur Sozialauswahl können weder durch einzelvertragliche noch durch kollektivrechtliche Vereinbarung abbedungen werden, auch nicht zugunsten einzelner Arbeitnehmer. Eine solche Regelung würde sich zu Lasten anderer Arbeitnehmer auswirken (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - Rn. 34, BAGE 115, 92). § 1 Abs. 3 KSchG steht aber solchen Verschlechterungen der kündigungsrechtlichen Position eines Arbeitnehmers nicht entgegen, die sich aus einer zulässigen vertraglichen Gestaltung von Arbeitsbedingungen mit anderen Arbeitnehmern ergeben. Allerdings darf die betreffende Vertragsgestaltung nicht rechtsmissbräuchlich sein und allein Vorteile bei der Sozialauswahl bezwecken (vgl. zur Anrechnung einer an sich nicht anrechnungsfähigen früheren Beschäftigungszeit durch einzelvertragliche Vereinbarung, BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - aaO).

16

3. Danach hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, die Beklagte habe soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl des Klägers iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht ausreichend berücksichtigt. Es hat dabei die Darlegungslast des Klägers nicht verkannt. Dieser hat geltend gemacht, die Beklagte habe eine Sozialauswahl zumindest unter Einbeziehung der von ihr benannten neun weiterhin bei der K GmbH eingesetzten Arbeitnehmer durchführen müssen. Tatsächlich war er sozial deutlich schutzwürdiger als zumindest drei dieser Arbeitnehmer. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren diese nicht deshalb nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen, weil es wegen der „Abmeldung“ des Klägers durch die K GmbH an der erforderlichen Austauschbarkeit gefehlt hätte.

17

a) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang angenommen, es bestehe bereits eine Vermutung dafür, dass die Beklagte soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sie gründe sich darauf, dass die Beklagte den überwiegenden Teil der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen generell von der Auswahl ausgenommen habe. Diese Annahme ist nicht berechtigt. Die für sie als Beleg genommene Entscheidung des Senats (BAG 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - BAGE 104, 138) betrifft nicht die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, sondern die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Für § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG gilt eine solche Vermutung nicht.

18

b) Die Beklagte hat soziale Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG deshalb nicht ausreichend berücksichtigt, weil sie zumindest drei der mit dem Kläger vergleichbaren und im Verhältnis zu ihm - im Kündigungszeitpunkt 42 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 1. Oktober 2004 - sozial deutlich weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer nicht gekündigt hat. Dies gilt für den Arbeitnehmer K - 32 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 27. Juli 2010 - sowie für die Arbeitnehmerinnen T - 27 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 12. Januar 2010 - und S - 30 Jahre alt, ledig, beschäftigt seit 1. April 2010. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich die Beklagte darauf berufen könnte, der Kläger hätte auch unter Einbeziehung dieser Arbeitnehmer zur Kündigung angestanden. Sie hat nicht dargelegt, dass mindestens drei der gekündigten Arbeitnehmer sozial schutzwürdiger gewesen seien als er (vgl. zur Aufgabe der sog. Dominotheorie bei Sozialauswahl nach einem Punktesystem, BAG 9. November 2006 - 2 AZR 812/05 - BAGE 120, 137). Das ergibt sich auch nicht aus den von ihr mitgeteilten Sozialdaten der gekündigten Arbeitnehmer. Damit ist davon auszugehen, dass sich eine Berücksichtigung der weniger schutzbedürftigen, nicht gekündigten Arbeitnehmer(innen) bei der Sozialauswahl zugunsten des Klägers ausgewirkt hätte.

19

c) Einer Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in die Sozialauswahl stand nicht entgegen, dass sie nicht demselben Betrieb angehört hätten wie der Kläger. Unabhängig davon, ob überlassene Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei der Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG zu berücksichtigen sein können(vgl. dazu BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12 -), bleiben sie während der Zeit ihrer Arbeitsleistung beim Entleiher jedenfalls auch Angehörige des Betriebs des Verleihers. Für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung stellt § 14 Abs. 1 AÜG dies klar. Für die Sozialauswahl gilt nichts anderes. Ein Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (BAG 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - Rn. 18; 21. Juni 1995 - 2 AZR 693/94 - Rn. 36). Da mit und in einem Betrieb mehrere Zwecke verfolgt werden können, ist in erster Linie auf die Einheit der Organisation, nicht auf die Einheit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung abzustellen. Erforderlich ist ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen zu können (BAG 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - aaO; 23. September 1982 - 6 ABR 42/81 - BAGE 40, 163, 165 f.). Zum Betrieb des Verleihers gehören damit alle unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten, zu dem Zweck ihrer Überlassung an Dritte beschäftigten Arbeitnehmer. Der Betrieb umfasst nicht nur die einsatzfreien, sondern auch die im Einsatz befindlichen Arbeitnehmer.

20

d) Der Einbeziehung der nach sonstigen arbeitsplatzbezogenen Kriterien mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer stand ebenso wenig entgegen, dass die K GmbH diesen namentlich „abgemeldet“ hatte. Die Beklagte war dadurch nicht gehindert, den Kläger gegen einen der übrigen überlassenen, sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer auszutauschen. Ihr Recht zum Austausch war weder durch ihren Vertrag mit der K GmbH, noch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

21

aa) Die Hauptleistungspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher besteht darin, einen arbeitsbereiten, den vertraglich festgelegten Anforderungen entsprechenden Arbeitnehmer für die vereinbarte Dauer zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung entspricht regelmäßig einer - wenn auch auf die Auswahl einer Person, nicht einer Sache, gerichteten - „Gattungsschuld“, auf die § 243 BGB entsprechende Anwendung findet(Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 320; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 23; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 22). Ohne besondere Abrede ist der Verleiher lediglich verpflichtet, einen iSv. § 243 Abs. 1 BGB fachlich geeigneten, nicht aber einen bestimmten Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen(Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 328; Thüsing aaO). Aus dem Charakter der Arbeitnehmerüberlassung als Dauerschuldverhältnis folgt zwar, dass dem Entleiher für die gesamte Laufzeit des Vertrags ein geeigneter Leiharbeitnehmer zur Verfügung stehen muss (Schüren aaO; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23). Der Verleiher hat aber grundsätzlich das Recht zum Austausch, sofern dem nicht eine Vereinbarung mit dem Entleiher oder sonstige berechtigte Belange des Entleihers - wie etwa eine lange Einarbeitszeit für unternehmensspezifische Aufgaben - entgegenstehen (vgl. Brors in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 387; Schüren aaO; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27; Germakowski in Urban-Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63). Soweit das Recht des Verleihers zu deren Austausch nicht ausgeschlossen ist, sind daher in die Sozialauswahl im Verleiherbetrieb grundsätzlich auch diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die Unternehmen zur Arbeitsleistung auf vergleichbaren Arbeitsplätzen überlassen sind (vgl. Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand September 2012 Rn. 394).

22

bb) Nach verbreiteter Auffassung im Schrifttum kann die Ersetzungsbefugnis des Verleihers vertraglich oder nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein (Ulber/D. Ulber AÜG AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23; Germakowski in Urban-Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand Mai 2013 Rn. 327; vgl. auch Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27: zwar vertragliche Konkretisierung, nicht aber vertraglicher Ausschluss möglich, allenfalls Ausschluss nach § 242 BGB). Ohne Zustimmung des Entleihers sei der Verleiher in einem solchen Fall nicht zum Austausch eines überlassenen Leiharbeitnehmers berechtigt (Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand April 2012 Rn. 425; AnwK-ArbR/Böhm 2. Aufl. Bd. 1 § 12 AÜG Rn. 9; Boemke BB 2006, 997, 998; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 329; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 26). Die Überlassung eines anderen Leiharbeitnehmers stelle in diesem Fall keine Vertragserfüllung dar (Boemke BB 2006, aaO). Sei wiederum der Verleiher im Verhältnis zum Entleiher nicht zum Austausch eines überlassenen Arbeitnehmers berechtigt, stehe dies dessen Einbeziehung in eine Sozialauswahl im Verleiherbetrieb entgegen. Ein vertraglicher Ausschluss der Austauschbarkeit wird zum Teil schon dann angenommen, wenn der Entleihvertrag die Überlassung eines bestimmten, namentlich benannten Arbeitnehmers vorsieht (Dahl DB 2003, 1626, 1629; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand September 2012 Rn. 394).

23

cc) Ob dem zu folgen ist, kann im Streitfall dahinstehen. Die Beklagte musste die von ihr benannten, weiterhin bei der K GmbH eingesetzten und objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer jedenfalls deshalb in die Sozialauswahl mit dem Kläger einbeziehen, weil ihre Austauschbarkeit weder vertraglich noch nach Treu und Glauben ausgeschlossen war. Auf die Befugnis, sie zu ersetzen, hatte die Beklagte nach dem Überlassungsvertrag nicht verzichtet. Die Arbeitnehmer waren dort auch nicht namentlich genannt. Aus dem Umstand, dass die K GmbH ausdrücklich gerade den Kläger „abgemeldet“ hatte, folgt nicht, dass die Beklagte ihn nach Treu und Glauben im Austausch gegen einen der anderen Leiharbeitnehmer bei der K GmbH nicht mehr hätte einsetzen dürfen. Die K GmbH hatte den Kläger nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht deshalb abgemeldet, weil er sich etwa als nicht hinreichend geeignet erwiesen oder sich rechtswidrig verhalten hätte. Grund für die „Abmeldung“ war danach lediglich, dass es für ihn keinen Beschäftigungsbedarf mehr gab. Daraus lässt sich nicht schließen, die K GmbH habe sich gegen einen weiteren Einsatz des Klägers als Person ausgesprochen. Es ist nicht ersichtlich, dass sonstige Umstände diesen Schluss rechtfertigen könnten. Ob ein solcher Wunsch den weiteren Einsatz des Klägers bei der K GmbH tatsächlich hätte ausschließen können, bedarf keiner Entscheidung.

24

dd) Ebenso wenig muss entschieden werden, ob im Einsatz befindliche Arbeitnehmer wegen § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG schon dann nicht in eine Sozialauswahl beim Verleiher einzubeziehen sind, wenn ihr Austausch zwar nicht ausgeschlossen ist, der Entleiher für diesen Fall aber mit einem Auftragsentzug droht. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass trotz ihrer Ersetzungsbefugnis ein Auftragsverlust gedroht habe, wenn sie anstelle des Klägers einen der sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer bei der K GmbH abgezogen hätte. Allein aus der namentlichen „Abmeldung“ des Klägers lässt sich dies nicht entnehmen.

25

II. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.

26

III. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Niebler    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Ist eine Betriebsänderung (§ 111 des Betriebsverfassungsgesetzes) geplant und kommt zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat ein Interessenausgleich zustande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnet sind, so ist § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1.
es wird vermutet, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse der bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist;
2.
die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird.
Satz 1 gilt nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat.

(2) Der Interessenausgleich nach Absatz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.