Arbeitsrecht: Kriminalhauptkommissar durfte an Fernsehproduktionen mitwirken

published on 26/05/2016 09:49
Arbeitsrecht: Kriminalhauptkommissar durfte an Fernsehproduktionen mitwirken
Gesetze

Author’s summary

Kriminalhauptkommissar hatte einen Anspruch darauf, dass ihm eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt wird, um RTL-Produktionen mitzuwirken - BSP Rechtsanwälte - Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen festgestellt. Bei den Fernsehproduktionen handelt es sich um sogenannte „scripted-reality“-Formate. Der Kläger sollte, abgesetzt vom gespielten, fiktiven Hauptgeschehen, als Kommentator kriminalpräventive Erläuterungen und Ratschläge geben. Der dienstvorgesetzte Landrat lehnte den Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung ab. Solche Formate entsprächen nicht den Zielen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit. Sie erweckten den Eindruck der Dokumentation realer Situationen, seien aber reine Fiktion und verfälschten dadurch das Bild der tatsächlichen Polizeiarbeit.

Das Verwaltungsgericht Aachen hat festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet gewesen sei, dem Kläger die Nebentätigkeitsgenehmigung zu erteilen. Die Nebentätigkeit sei dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung nicht abträglich gewesen. Dies hat das OVG nun bestätigt. Es sei schon fragwürdig, dass durch die Sendungen mit einer nicht authentischen Darstellung der Polizeiarbeit die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung verbunden sei. Jedenfalls gebe der Kläger nur, von diesem Hauptgeschehen abgesetzt, kriminalpräventive Kommentare und Ratschläge ab. Nehme der Kläger diese Aufgabe inhaltlich zutreffend und in sachlicher Form vor, seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass gerade durch seine Mitwirkung die Wahrscheinlichkeit für eine Ansehensbeeinträchtigung erhöht werde.

Quelle: OVG NRW, Beschluss vom 13.4.2016, (Az.: 6 A 881/15).


Gründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet war, die vom Kläger beantragte Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit zu erteilen. Es sei nicht davon auszugehen, dass die geplante Nebentätigkeit - als Kommentator in den RTL-Produktionen „...“ und „...“, sogenannten „scripted-reality“-Formaten - dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW abträglich sein könne. Unbeachtlich sei, dass das Ministerium für Inneres und Kommunales die Zusammenarbeit mit Produktionsfirmen bestimmter „scripted-reality“-Formate eingestellt bzw. nicht aufgenommen habe. Denn anders als bei der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei, die darauf gerichtet sei, die Aufmerksamkeit gezielt auf die Polizei und ihre Arbeit zu ziehen, habe die Mitarbeit eines Polizeibeamten bei einer „scripted-reality“-Sendung bestenfalls mittelbare Auswirkungen auf die Polizei. Es sei nicht ersichtlich, dass die Zuschauer von dem Verhalten des als objektiver und informierender Kommentator auftretenden Klägers einen Rückschluss auf die gesamte Polizei ziehen würden. Solange der Kläger sachlich korrekte und durch seine Erfahrung fundierte Hinweise und Ratschläge gebe, sei nicht zu erkennen, dass die Tätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung schade. Durch die Einblendung des objektiv kommentierenden Klägers außerhalb des gespielten Hauptgeschehens erfolge eine hinreichende Abgrenzung zu diesen ggf. emotional aufgeladenen fiktiven Teilen der Sendungen.

Die gegen diese näher begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Es ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nichts dafür ersichtlich, dass die Nebentätigkeit, für die der Kläger eine Genehmigung begehrt hat, dem Ansehen der Polizei im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW hätte abträglich sein können.

Wie schon vom Verwaltungsgericht zutreffend zugrunde gelegt, soll nach dem Wortlaut dieser Regelung bereits die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung ausreichen, um ein Nebentätigkeitsverbot zu begründen. Es kommt darauf an, ob es bei verständiger Würdigung ernsthaft möglich ist, dass die Nebentätigkeit ansehensmindernde Auswirkungen hat. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu beeinträchtigen. Das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit, dass die hoheitlichen Aufgaben gesetzmäßig wahrgenommen und hierbei die sich aus dem Beamtenstatus ergebenden besonderen Pflichten beachtet werden, trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei. Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 32.04 - juris, mit weiteren Nachweisen.

Ernstliche Zweifel, dass das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer solchen Ansehensbeeinträchtigung zu Unrecht verneint haben könnte, zeigt das beklagte Land nicht auf. Nicht weiterführend ist in diesem Zusammenhang das Zulassungsvorbringen, es bestünden gerade für junge Zuschauer Schwierigkeiten, zwischen Realität und Inszenierung zu unterscheiden; die frei erfundenen Handlungen seien so produziert, dass sie aussähen wie ein dokumentarisches Format. Denn es ist überhaupt nicht vorgesehen, dass der Kläger an diesen gespielten, fiktiven Handlungen unmittelbar mitwirkt. Vielmehr gibt er ausweislich seiner Beschreibung der Nebentätigkeit kriminalpräventive Kommentare und Ratschläge vor der Kamera, bei der sein Name und seine Amtsbezeichnung eingeblendet werden. Dass die Zuschauer gleichwohl die fiktiven Handlungen dem Kläger in einer - das Ansehen der Polizei schädigenden Weise - zurechnen würden, ist nicht ersichtlich. Daher ist es letztlich auch nicht entscheidend, dass durch die in den Sendungen gesetzten Akzente - wie das beklagte Land vorträgt - das Bild von der polizeilichen Realität verfälscht wird und authentische Polizeiarbeit mit dieser Form der Darstellung nicht viel gemeinsam hat. Ungeachtet dessen dürfte allein der vom beklagten Land betonte Umstand, dass eine nicht authentische Darstellung der Polizeiarbeit zu erwarten sei, nicht zwingend die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung nach sich ziehen. Jedenfalls wird die Wahrscheinlichkeit dessen aber nicht dadurch erhöht, dass der Kläger in den - von den fiktiven Darstellungen abgesetzten - Sequenzen inhaltlich zutreffende Kommentierungen in sachlicher Form vornimmt.

Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger - wie das beklagte Land befürchtet - als Kommentator besondere Einsatz- und Ermittlungstaktiken, aber auch bestimmte Führungs- und Einsatzmittel, die nicht allgemein bekannt werden sollten, öffentlich darstellen würde. Der Kläger weist als Kriminalhauptkommissar hinreichende Erfahrungen im Polizeidienst auf und ist ohnehin - auch außerhalb von Fernsehproduktionen - verpflichtet, nicht für die öffentliche Verbreitung vorgesehene Informationen oder sonstige konkrete Inhalte der Polizeiarbeit nicht an Dritte weiterzugeben. Über diese Selbstverständlichkeit ist er sich, wie er in der Antragserwiderung ausdrücklich hervorgehoben hat, auch im Klaren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung/-änderung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats in Verfahren, die die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung betreffen, den Streitwert - ungeachtet der ggf. zu erzielenden Einkünfte - mit dem Auffangwert anzusetzen. Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Mai 2014- 6 A 1544/13 -, vom 13. Januar 2014 - 6 B 1221/13 - und vom 29. April 2011 - 6 A 1665/10 -, alle nrwe.de.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig.
 
Show what you know!
5 Gesetze

moreResultsText

{{count_recursive}} Gesetze werden in diesem Text zitiert

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

Annotations

Der Eintritt der Unanfechtbarkeit des Teils A des Enteignungsbeschlusses ist den Beteiligten schriftlich bekanntzugeben. Die Mitteilung ist zuzustellen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.