Arbeitsrecht: Teilzeit, Arbeitgeber kann nicht pauschal Tätigkeit in Nachmittagsschicht verlangen

bei uns veröffentlicht am31.01.2011
Zusammenfassung des Autors

Arbeitgeber muss konkrete Umstände beweisen - Arbeitszeiten - Änderung der Betriebsabläufe BSP Rechtsanwälte - Anwältin Arbeitsrecht Berlin Mitte

Einem Teilzeitwunsch muss unter Umständen auch stattgegeben werden, wenn die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit dazu führt, dass nicht im betriebsüblichen Wechsel in Vormittags- und Nachmittagsschicht gearbeitet wird.

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden. Betroffen war eine Arbeitnehmerin, die nach Ende ihrer Elternzeit zum 16.12.2010 eine Teilzeittätigkeit anstrebte. Diesen Wunsch teilte sie ihrem Arbeitgeber erst ohne konkretere Angaben mündlich im August, dann mit Schreiben vom 29.9.2010 konkret mit Angabe der Stundendauer mit. Sie wünschte eine Teilzeittätigkeit von dienstags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr, da sie auf Ehemann und Verwandte nicht zurückgreifen könne. Ohne weiteres Gespräch lehnte der Arbeitgeber dieses ab, da die gewünschten Arbeitszeiten aus organisatorischen Gründen so nicht möglich seien. Im Betrieb wird im wöchentlichen Wechsel montags bis freitags von 9.00 Uhr bis 18.30 Uhr bzw. montags bis freitags von 12.15 Uhr bis 19.30 Uhr gearbeitet. Der Arbeitgeber verlangte, dass alle Beschäftigten, auch die Teilzeitbeschäftigten die Nachmittagsschicht mit abdecken.

Das Arbeitsgericht hat den Eilantrag der Klägerin aus formalen Gründen abgewiesen, weil der schriftliche Antrag zu kurzfristig gestellt worden war. Vor dem LAG hatte die Klägerin dann Erfolg. Die Richter stellten klar, dass ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, das die gesetzlich geregelte Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht wahre, nicht unwirksam sei. Es führe nur dazu, dass nicht schon ab Ende der Elternzeit, sondern erst drei Monate nach dem Verlangen mit der Teilzeit begonnen werden könne. In der Sache selbst dürfe der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch nicht mit dem bloßen Hinweis ablehnen, in seinem Betrieb müssten alle Beschäftigten, auch die Teilzeitbeschäftigten im Schichtbetrieb arbeiten und in diesem Zusammenhang die Nachmittagsschicht bis mindestens 18.00 Uhr abdecken. Er müsse vielmehr konkrete Umstände anführen und beweisen, inwiefern die gewünschte zeitliche Lage der Arbeit nicht durch zumutbare Änderung der Betriebsabläufe oder Einsatz einer in sein Schichtsystem integrierten Ersatzkraft ermöglicht werden könne (LAG Schleswig-Holstein, 3 SaGa 14/10).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

LAG Schleswig-Holstein: Urteil vom 15.12.2010 - 3 SaGa 14/10

Ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, das die in § 8 Abs. 2 TzBfG geregelte Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht wahrt, kann so ausgelegt werden, dass sich das Begehren auf den Zeitpunkt richtet, zu dem die Drei-Monats-Frist abläuft.

Die bloße Berufung des Arbeitgebers auf ein praktiziertes Organisationskonzept, dass alle Beschäftigten des Betriebes, auch die Teilzeitbeschäftigten im Schichtbetrieb arbeiten und in diesem Zusammenhang die Nachmittagsschicht bis mindestens 18:00 Uhr abdecken müssen, ist allein kein Grund für die Ablehnung eines Teilzeitwunsches nach § 8 Abs. 4 TzBfG. Es bedarf darüber hinaus der Darlegung und ggf. des Nachweises konkreter Umstände, inwiefern dieses Konzept dem konkreten Teilzeitwunsch tatsächlich entgegensteht und die gewünschte zeitliche Lage der Arbeit nicht durch zumutbare Änderung der Betriebsabläufe ermöglicht werden kann.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24.11.2010 - 3 Ga 21 a/10 - abgeändert:

Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, die Verfügungsklägerin bei Meidung von Zwangsgeld bis zu 25.000,-- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder von Zwangshaft ab dem 04.01.2011 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Änderungsschneiderin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden und 50 Minuten, und zwar dienstags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren beim Arbeitsgericht Neumünster zum Aktenzeichen 3 Ca 1356 a/10 zu beschäftigen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.


Tatbestand

Die 1970 geborene und verheiratete Verfügungsklägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden auf 22 Stunden 50 Minuten und deren Verteilung auf Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr.

Die Verfügungsklägerin trat am 01.10.1999 in Vollzeit als Änderungsschneiderin in die Dienste der Beklagten ein. Sie erhielt zuletzt eine Vergütung von 2.200,-- EUR brutto monatlich. Sie ist als Damenschneiderin eingesetzt, steckt die gewünschten Änderungen jedoch nicht vor Ort beim Kunden ab, arbeitet vielmehr lediglich im Hintergrund.

Die Klägerin hat am ... 2007 eine Tochter geboren und befand sich bis zum 16.12.2010 in Elternzeit. Der Ehemann der Klägerin ist als Kfz-Sachverständiger in K. in Vollzeit tätig. Er ist regelmäßig mindestens von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr von zu Hause abwesend und hat keinen festen Dienstschluss. Das Kind der Klägerin kann in der Kindestagesstätte R. von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr betreut werden. Die Klägerin hat hier einen Platz für ihre Tochter. Eine über 16:00 Uhr hinausgehende Betreuung wird nicht angeboten. Die Klägerin hat für ihr Kind einen Betreuungsplatz für drei Tage, nämlich dienstags, mittwochs und donnerstags. Die zeitliche Lage dieser drei Tage ist von der Kindestagesstätte vorgegeben. Die Klägerin hat nur die Wahl zwischen einer dreitägigen und einer fünftägigen Kindertagesstättenbetreuung. Ein anderes Angebot unterbreitet die Kindertagesstätte R. nicht. Eine Betreuung außerhalb der Kindertagesstätte durch Familienangehörige ist nicht möglich. Solche leben nicht vor Ort.

Im August 2010 führte die Klägerin mit dem Personalleiter der Beklagten, Herrn S., ein Gespräch über die Reduzierung ihrer Arbeitszeit. Die Details sind streitig. Mit Schreiben vom 29.09.2010, bei der Beklagten eingegangen am 04.10.2010, beantragte die Klägerin schließlich unter Bezugnahme auf das im August geführte Gespräch die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab 18.12.2010 auf 22 Stunden und 50 Minuten und eine zeitliche Festlegung auf dienstags, mittwochs und donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr sowie samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr.

Mit Schreiben vom 08.10.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit ab dem 18.12.2010 könne grundsätzlich genehmigt werden, die von ihr gewünschten Arbeitszeiten seien aber aus organisatorischen Gründen so leider nicht möglich (Bl. 5 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat den darauf folgenden, am 11.11.2010 eingegangenen Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf entsprechende vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit und zeitliche Festlegung im begehrten Sinne nach vorangegangener Beweisaufnahme abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, die Klägerin habe die Drei-Monats-Frist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mit ihrem Schreiben vom 29.09.2010 nicht eingehalten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sie nicht bewiesen, dass die Klägerin diesen Arbeitszeitreduzierungsantrag bereits im August mit dem nunmehr begehrten Inhalt geltend gemacht habe, so dass nur auf das Schreiben vom 29.09.2010 abgestellt werden könne. Die Einhaltung der Drei-Monats-Frist sei jedoch Wirksamkeitsvoraussetzung für ein korrektes Verringerungsverlangen im Sinne des § 8 TzBfG. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 24.11.2010 verwiesen.

Gegen diese der Klägerin am 30.11.2010 zugestellte Entscheidung hat sie am 02.12.2010 Berufung eingelegt, die sofort begründet wurde.

Sie trägt im Wesentlichen vor, sie könne nicht im Schichtbetrieb arbeiten, da sie außerhalb der Kindergartenöffnungszeiten über keinerlei regelmäßige zusätzliche Betreuungsmöglichkeit für ihre Tochter verfüge und eine solche auch nicht organisieren könne. Die Nichteinhaltung der Drei-Monats-Frist des § 8 Abs. 2 Satz 1TzBfG sei nach der Rechtsprechung des BAG keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Sie wirke sich lediglich dahingehend aus, dass der Arbeitszeitreduzierungsanspruch erst ab Ablauf der Drei-Monats-Frist beginne.


Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hatte sie auch Erfolg. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund liegen für die begehrte Entscheidung vor, so dass das angefochtene Urteil abzuändern war.

Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1 TzBfG. Nach dieser Bestimmung kann ein Arbeitnehmer verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Ablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG). Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Gemäß § 8 Abs. 3 TzBfG hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen.

Weder formale Gründe nach § 8 Abs. 2 TzBfG noch betriebliche Gründe nach § 8 Abs. 6 TzBfG stehen dem geltend gemachten Verfügungsanspruch der Klägerin entgegen.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Wirksamkeit des Teilzeitbegehrens ist der Zeitpunkt der Ablehnung durch den Arbeitgeber. Die Beklagte hat auf das Teilzeitbegehren der Klägerin mit Schreiben vom 08.10.2010 reagiert. Wenn die Klägerin am 05.08.2009 kein Gespräch mit dem Inhalt des hier konkretisierten Teilzeitbegehrens mit dem Personalleiter der Beklagten geführt hat, hat die Beklagte über den Teilzeitwunsch der Klägerin entgegen ihrer Verpflichtung gemäß § 8 Abs. 3 TzBfG nicht mit dem Ziel der Herbeiführung eines Einvernehmens verhandelt. Die Beklagte hat die ihr kraft Gesetzes auferlegte Erörterungs- und Verhandlungspflicht dann verletzt.

Der Verstoß der Beklagten gegen diese Erörterungs- und Verhandlungspflicht im Sinne des § 8 Abs. 3 TzBfG führt jedoch nicht zur Zustimmungsfiktion. Vielmehr handelt es sich um eine Nebenpflichtverletzung. Diese Nebenpflichtverletzung hat zur Folge, dass die Beklagte jedoch bezüglich ihrer Ablehnung u. U. präkludiert ist, also bestimmte Einwendungen nicht erheben kann, wenn sie bei der gesetzlich vorgeschriebenen Erörterung durch die Klägerin mittels Anpassung ihres Teilzeitbegehrens hätten aufgefangen werden können. So hat die Klägerin beispielsweise in der Berufungsverhandlung ausdrücklich erklärt, der von ihr angegebene zeitliche Umfang ihrer Arbeitszeit sei für sie nicht zwingend. Das wird ggf. im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen sein.

Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sowie des Vorbringens der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweisfällig dafür geblieben, dass sie in ihrem Gespräch Anfang August das hier streitbefangene Teilzeitbegehren gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Damit ist davon auszugehen, dass sie erstmals mit Schreiben vom 29.09.2010, zugegangen am 04.10.2010, gegenüber der Beklagten die hier begehrte Verringerung ihrer Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung konkret geltend gemacht hat. Gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG muss ein derartiges Begehren jedoch drei Monate vor deren Beginn geltend gemacht werden. Das ist hier nicht geschehen. Das führt jedoch nicht - wie das Arbeitsgericht meint - zur Unwirksamkeit des gesamten Teilzeitverlangens. Nach langjähriger, ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, das die Ankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG nicht wahrt, der Auslegung zugänglich. Es kann vielmehr so ausgelegt werden, dass es sich hilfsweise auf den Zeitpunkt richtet, zu dem der Arbeitnehmer die Verringerung frühestmöglich verlangen kann.

Angesichts dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist das im Schreiben vom 29.09.2010 zum Ausdruck gebrachte Teilzeitbegehren der Klägerin dahingehend auszulegen, dass es sich hilfsweise auf den Ablauf des Drei-Monats-Zeitraums richtet. Das ist angesichts des Zugangs des Schreibens bei der Beklagten am 04.10.2010 der 04.01.2011. Mit Wirkung zum 04.01.2011 ist das Teilzeitverlangen der Klägerin mithin rechtlich wirksam und gilt als zum 04.01.2011 gestellt.

Ungeachtet dessen hat sich die Beklagte in ihrem Antwortschreiben vom 08.10.2010 nicht auf die Einhaltung der Drei-Monats-Frist berufen. Darin kann regelmäßig nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Verzicht des Arbeitgebers auf die Einhaltung der Drei-Monats-Frist zugunsten des Arbeitnehmers zu sehen sein. Das hat das Arbeitsgericht völlig übersehen und zu Unrecht ungeprüft gelassen.

Betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG stehen unter Berücksichtigung des Vortrages beider Parteien im Rahmen dieses einstweiligen Verfügungsverfahrens dem Verfügungsanspruch der Klägerin ebenfalls nicht entgegen.

Bei der Frage, ob betriebliche Gründe entgegenstehen, ist darauf abzustellen, dass der Arbeitgeber die Ablehnung nicht allein mit einer abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der richtigen Arbeitszeitverteilung begründen kann. Vielmehr ist in einer ersten Stufe festzustellen, ob überhaupt und wenn ja, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt. In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Ergibt sich, dass das Arbeitszeitverlangen nicht mit dem organisatorischen Konzept und der daraus folgenden Arbeitszeitregelung in Übereinstimmung gebracht werden kann, ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Insoweit ist zu prüfen, ob das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches des Arbeitnehmers zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufs, der Sicherung des Betriebes oder zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung des Betriebs führen würde.

Die Verfügungsbeklagte hat u. a. darauf hingewiesen, dass die Organisation ihres Betriebes die Arbeit im Schichtbetrieb erfordert. Jede Arbeitskraft, auch die Teilzeitkraft, sei verpflichtet, auch in der Nachmittagsschicht zu arbeiten. Das sei bewusst so gewählt worden. Im Übrigen müsse die ab dem späten Vormittag beginnende Belastungsspitze stets abgedeckt werden. Das ist das Organisationskonzept der Beklagten.

Das Arbeitszeitverlangen der Verfügungsklägerin, das darauf gerichtet ist, an drei Tagen nur von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr tätig zu sein, steht diesem Organisationskonzept zunächst entgegen, da insoweit eine Teilhabe an der Nachmittagsschicht nicht sichergestellt wäre, jedenfalls keine vollständige.

Allerdings ist nicht erkennbar, dass dieses aus genügend gewichtigen betrieblichen Gründen erforderlich ist. Da die Beklagte nichts gegen das Verlangen der Klägerin, ihre Arbeitszeit auf 22 Stunden und 50 Minuten zu reduzieren, vorgebracht hat, konnte er die Zustimmung zu dem Verlangen der Klägerin nur ablehnen, wenn der von ihr gewünschten Neuverteilung der Arbeitszeit auf dienstags bis donnerstags von 9:00 Uhr bis 14:30 Uhr und samstags von 9:00 Uhr bis 18:00 genügend gewichtige betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG entgegenstehen. Gegen die von der Klägerin gewünschte Samstagsarbeitszeit hat die Beklagte keinerlei Bedenken. Das hat sie wiederholt ausdrücklich in der Verhandlung erklärt.

Der Arbeitgeber kann die Ablehnung aber nicht allein mit einer abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen“ Arbeitszeitverteilung begründen.

Das Arbeitszeitmodell der Beklagten lässt auch Ausnahmen zu. Es ist schon nicht erkennbar, dass es aus betrieblichen Gründen erforderlich, den Arbeitsplatz der Klägerin nur mit einer Person zu besetzen. Betriebliche Gründe könnten dem Teilzeitverlangen insoweit nur entgegenstehen, wenn es der Verfügungsbeklagten beispielsweise unmöglich wäre, die von der Verfügungsklägerin nicht abgedeckte restliche Arbeitszeit anderweitig abzudecken. Dass dieses objektiv möglich ist, zeigt bereits die Tatsache, dass die Klägerin während ihrer Schwangerschaft zur Vermeidung eines Beschäftigungsverbotes die Arbeitszeit reduzieren musste und die Beklagte dieses durch eine monatelange Beschäftigung in der Zeit von 10.00 Uhr bis 15.30 Uhr gewährleistet hat. Hieraus wird bereits ersichtlich, dass es der Verfügungsbeklagten objektiv möglich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um notwendige Ausnahmen vom gewünschten Schichtwechsel zu machen und die nicht abgedeckte restliche Arbeitszeit anderweitig abdecken kann.

Die Beklagte hat weder vorgetragen noch substantiiert glaubhaft gemacht, dass die ausfallende Arbeitszeit der Klägerin nicht durch Einsatz einer Ersatzkraft, die das Arbeitszeitdeputat eines in Teilzeit wechselnden Arbeitnehmers übernimmt und dann auch beispielsweise schwerpunktmäßig nachmittags arbeitet, aufgefangen werden kann. Zu einer diesbezüglichen Darlegung und notfalls Beweisführung wäre sie jedoch verpflichtet gewesen. Der Kammer fällt auf, dass die Beklagte noch nicht einmal darüber nachgedacht hat, für die ausfallende Arbeitszeit eine Ersatzkraft einzustellen und nach einer solchen Ersatzkraft für die Abdeckung der offenen Nachmittagsstunden und der weiteren Belastungsspitzen zu suchen. Das hätte jedoch zu ihren Obliegenheiten gehört.

Auch der Hinweis der Beklagten auf ab dem späten Vormittag beginnende Belastungsspitzen führt nicht dazu, dass vorliegend im Rahmen der summarischen Prüfung vom Vorhandensein betrieblicher Gründe, die den Wünschen der Klägerin entgegenstehen, auszugehen ist. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, deckt die Klägerin im Rahmen der von ihr gewünschten Arbeitszeit bis 14.30 Uhr bereits einen Teil dieser Belastungsspitze ab. Die Klägerin wäre zudem bereit gewesen, ihre gewünschte Arbeitszeit dienstags, mittwochs und donnerstags um eine Stunde zu verlängern, um im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen, die von der Beklagten angeführte Belastungsspitze noch mehr aufzufangen. Hieran war die Beklagte jedoch nicht interessiert, ohne dieses näher zu begründen.

Sie hat dieses vielmehr damit abgelehnt, dass sie aus Prinzip an der Beteiligung der Klägerin an ihrem Organisationskonzept, grundsätzlich auch die Nachmittagsschichten im Wesentlichen voll abdecken zu müssen, festhalten wolle. Diese Haltung stellt keinen berücksichtigungsfähigen betrieblichen Grund im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 TzBfG dar. Die Beklagte bewegt sich insoweit lediglich auf der ersten Prüfungsstufe, nämlich der Darlegung eines betrieblichen Organisationskonzeptes, ohne die erforderlichen weiteren zwei Stufen zu prüfen und das Vorliegen der Ablehnungsvoraussetzungen darzulegen. Das ist nicht zulässig. Zudem beteiligt sich die Klägerin mit ihrem Arbeitszeitangebot stets für 2 Stunden und 15 Minuten an der Nachmittagsschicht, sie durchbricht also gar nicht vollständig das Organisationskonzept der Beklagten, dass jeder Arbeitnehmer auch in Nachmittagsstunden arbeiten muss.

Ungeachtet dessen lässt die Ablehnungsentscheidung der Beklagten jede Abwägung vermissen, ob das Gewicht der von ihr vorgebrachten entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches der Klägerin zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufs, der Sicherung des Betriebes oder zu einer unverhältnismäßig wirtschaftlichen Belastung des Betriebes führen würde. Die Klägerin hat substantiiert dargelegt und in der Berufungsverhandlung detailliert erläutert, vor welchem tatsächlichen Hintergrund gerade ihr Arbeitszeitverringerungswunsch sowie die begehrte zeitliche Lage geltend gemacht wurde. Sie hat glaubhaft versichert, dass ihr an den genannten Tagen ab 16.00 Uhr kein regelmäßiges Betreuungssystem aufbauen kann, über das sie das Abholen ihrer Tochter um 16.00 Uhr aus dem Kindergarten und eine ergänzende Betreuung bis 18.00 oder 19.00 Uhr im Zwei-Wochen-Rhythmus gewährleisten kann. Soweit die Beklagte auf eine Rückgriffmöglichkeit auf ein ergänzendes Tagesmuttermodell, zusätzlich zur Kindergartenbetreuung verweist, nur um ihr betriebliches Prinzip, dass jeder Mitarbeiter auch nachmittags arbeiten muss, durchzusetzen, verkennt sie den gesetzlichen Auftrag, der ihr als Arbeitgeberin mit der Schaffung des § 8 TzBfG zugewiesen worden ist. Es ist gesetzlich gewollt, dass ein Arbeitgeber sich gerade nicht nur auf betriebliche Prinzipien im Zusammenhang mit der Ablehnung von Teilzeitbegehren berufen darf. Er muss deshalb für eine Ablehnung eines Teilzeitbegehrens so erhebliche gewichtige betriebliche Gründe haben, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches der Arbeitnehmerin zurücktreten muss. Der schlichte Verweis auf ein betriebliches Prinzip ist insoweit nicht geeignet, einen derartigen erheblichen gewichtigen betrieblichen Grund im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG abzugeben. Anderenfalls wäre es jedem Arbeitgeber möglich, mit dem Berufen auf ein „Prinzip“ eine gewünschte Arbeitszeitverringerung und eine gewünschte Arbeitszeitverteilung ablehnen zu dürfen. Das ist jedoch im Rahmen des § 8 Abs. 4 TzBfG gerade nicht gewollt. Es muss vielmehr dargelegt werden, dass die unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich durch den Teilzeitwunsch beeinträchtigt wird. Dazu ist nichts vorgetragen. Die Klägerin deckt Belastungsspitzen ab. Die Klägerin hat sowieso keinen Kundenkontakt. Es existieren bis zu 50% Änderungsaufträge, auf deren Abarbeitung die Kunden nicht warten, so dass sie auch an späteren Tagen und dort von den Morgenstunden bis zum frühen Nachmittag objektiv abgearbeitet werden können. Diese Arbeitsweise ist der Beklagten nicht fremd. Die Kunden kommen dann später erneut zur Abholung oder die geänderte Kleidung wird ihnen zugeschickt. Das ist unstreitig.

Demnach ist ein Verfügungsanspruch der Klägerin auf vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden auf 22 Stunden und 50 Minuten und deren Lage auf dienstags bis donnerstags von 9:00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr gegeben. Aufgrund der Nichtbeachtung der Drei-Monats-Frist im Sinne des § 8 Abs. 2 TzBfG besteht dieser Reduzierungsanspruch jedoch erst mit Wirkung ab 04.10.2011.

Der Verfügungsklägerin steht auch ein Verfügungsgrund zur Seite. Dabei wird nicht verkannt, dass durch den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung für den ausgeurteilten Zeitraum endgültige Verhältnisse geschaffen werden, welche auch bei einem Obsiegen der Verfügungsbeklagten in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Für die Notwendigkeit und Dringlichkeit der erstrebten Regelung entscheidend ist allerdings, dass die Klägerin ohne die beantragte vorübergehende Arbeitszeitverkürzung nicht in der Lage wäre, die Betreuung ihres Kindes zuverlässig zu gewährleisten. Dies hat sie ausreichend glaubhaft gemacht. Bei einer jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzung bis zum Eintritt der Fiktionswirkung des § 894 ZPO träte ohne die einstweilige Verfügung ein endgültiger und gemessen am verfolgten Erziehungsziel nicht gut zu machender Nachteil ein. Würde die Klägerin zudem im Interesse ihres Kindes ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen vernachlässigen, müsste sie relativ kurzfristig mit arbeitsvertraglichen Sanktionen bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes rechnen. Der Berufungskammer ist insoweit nicht entgangen, dass die Verfügungsbeklagte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses insoweit bereits in der Berufungsverhandlung in den Raum gestellt hat.

Die Verfügungsbeklagte wiederum weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass bei ihr durch den Erlass der einstweiligen Verfügung ein dem Interesse der Verfügungsklägerin überwiegender Nachteil eintreten wird. Dass bisher immer so verfahren wurde, dass jeder Mitarbeiter, auch Teilzeitmitarbeiter-/innen, nachmittags arbeiten müssen, stellt keinen diesbezüglichen überwiegenden Nachteil dar. Die Bejahung des Verfügungsanspruches zugunsten der Klägerin beruht auf einer Einzelfallentscheidung und ihren individuellen persönlichen familiären Verhältnissen. Es ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass bei den übrigen Teilzeitmitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beklagten alle diese Einzelfallaspekte vorliegen, die es der Klägerin verwehren, nach 16.00 Uhr die Betreuung ihres Kindes organisieren zu können.

Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch sind daher gegeben.


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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24.11.2010 – 3 Ga 21 a/10 – abgeändert: Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, die Verfügungsklägerin bei Meidung von

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Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24.11.2010 – 3 Ga 21 a/10 – abgeändert:

Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, die Verfügungsklägerin bei Meidung von Zwangsgeld bis zu 25.000,-- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder von Zwangshaft ab dem 04.01.2011 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Änderungsschneiderin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden und 50 Minuten, und zwar dienstags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren beim Arbeitsgericht Neumünster zum Aktenzeichen 3 Ca 1356 a/10 zu beschäftigen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 %.

Tatbestand

1

Die 1970 geborene und verheiratete Verfügungsklägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden auf 22 Stunden 50 Minuten und deren Verteilung auf Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr.

2

Die Verfügungsklägerin trat am 01.10.1999 in Vollzeit als Änderungsschneiderin in die Dienste der Beklagten ein. Sie erhielt zuletzt eine Vergütung von 2.200,-- EUR brutto monatlich. Sie ist als Damenschneiderin eingesetzt, steckt die gewünschten Änderungen jedoch nicht vor Ort beim Kunden ab, arbeitet vielmehr lediglich im Hintergrund.

3

Die Klägerin hat am 17.12.2007 eine Tochter geboren und befand sich bis zum 16.12.2010 in Elternzeit. Der Ehemann der Klägerin ist als Kfz-Sachverständiger in K... in Vollzeit tätig. Er ist regelmäßig mindestens von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr von zu Hause abwesend und hat keinen festen Dienstschluss. Das Kind der Klägerin kann in der Kindestagesstätte R... von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr betreut werden. Die Klägerin hat hier einen Platz für ihre Tochter. Eine über 16:00 Uhr hinausgehende Betreuung wird nicht angeboten. Die Klägerin hat für ihr Kind einen Betreuungsplatz für drei Tage, nämlich dienstags, mittwochs und donnerstags. Die zeitliche Lage dieser drei Tage ist von der Kindestagesstätte vorgegeben. Die Klägerin hat nur die Wahl zwischen einer dreitägigen und einer fünftägigen Kindertagesstättenbetreuung. Ein anderes Angebot unterbreitet die Kindertagesstätte R... nicht. Eine Betreuung außerhalb der Kindertagesstätte durch Familienangehörige ist nicht möglich. Solche leben nicht vor Ort.

4

Im August 2010 führte die Klägerin mit dem Personalleiter der Beklagten, Herrn S..., ein Gespräch über die Reduzierung ihrer Arbeitszeit. Die Details sind streitig. Mit Schreiben vom 29.09.2010, bei der Beklagten eingegangen am 04.10.2010, beantragte die Klägerin schließlich unter Bezugnahme auf das im August geführte Gespräch die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab 18.12.2010 auf 22 Stunden und 50 Minuten und eine zeitliche Festlegung auf dienstags, mittwochs und donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr sowie samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr.

5

Mit Schreiben vom 08.10.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit ab dem 18.12.2010 könne grundsätzlich genehmigt werden, die von ihr gewünschten Arbeitszeiten seien aber aus organisatorischen Gründen so leider nicht möglich (Bl. 5 d. A.).

6

Das Arbeitsgericht hat den darauf folgenden, am 11.11.2010 eingegangenen Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf entsprechende vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit und zeitliche Festlegung im begehrten Sinne nach vorangegangener Beweisaufnahme abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, die Klägerin habe die Drei-Monats-Frist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mit ihrem Schreiben vom 29.09.2010 nicht eingehalten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sie nicht bewiesen, dass die Klägerin diesen Arbeitszeitreduzierungsantrag bereits im August mit dem nunmehr begehrten Inhalt geltend gemacht habe, so dass nur auf das Schreiben vom 29.09.2010 abgestellt werden könne. Die Einhaltung der Drei-Monats-Frist sei jedoch Wirksamkeitsvoraussetzung für ein korrektes Verringerungsverlangen im Sinne des § 8 TzBfG. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 24.11.2010 verwiesen.

7

Gegen diese der Klägerin am 30.11.2010 zugestellte Entscheidung hat sie am 02.12.2010 Berufung eingelegt, die sofort begründet wurde.

8

Sie trägt im Wesentlichen vor, sie könne nicht im Schichtbetrieb arbeiten, da sie außerhalb der Kindergartenöffnungszeiten über keinerlei regelmäßige zusätzliche Betreuungsmöglichkeit für ihre Tochter verfüge und eine solche auch nicht organisieren könne. Die Nichteinhaltung der Drei-Monats-Frist des § 8 Abs. 2 Satz 1TzBfG sei nach der Rechtsprechung des BAG keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Sie wirke sich lediglich dahingehend aus, dass der Arbeitszeitreduzierungsanspruch erst ab Ablauf der Drei-Monats-Frist beginne.

9

Die Klägerin beantragt,

10

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 21.11.2010 – Az. 3 Ga 21 a/10, wird abgeändert.
2. Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, die Verfügungsklägerin bei Meidung von Zwangsgeld bis zu 25.000,-- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder von Zwangshaft ab dem 17.12.2010 zu unveränderten Bedingungen als Änderungsschneiderin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 22 Stunden und 50 Minuten, und zwar dienstags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren beim Arbeitsgericht Neumünster zum Aktenzeichen 3 Ca 1356 a/10 zu beschäftigten.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Im August 2010 habe die Klägerin noch keine konkreten Arbeitszeiten genannt, so dass das Schreiben vom 29.09.2010 maßgeblich sei. Die Antragsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG sei Wirksamkeitsvoraussetzung. Im Übrigen widerspreche die gewünschte Arbeitszeit dem Organisationskonzept der Beklagten. Kundenaufträge würden mindestens zu circa 50 % direkt mit dem Kunden besprochen und sofort abgearbeitet. Die Belastungsspitze beginne jeweils ab dem späten Vormittag, da ein großer Kundenkreis von weit her anreise. Zudem sei jeder Mitarbeiter/jede Mitarbeiterin im Betrieb, auch diejenigen, die im Verkauf eingesetzt seien, grundsätzlich verpflichtet, im Schichtdienst und auch nachmittags zu arbeiten. Das gelte auch für in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer/Innen. Eine Berücksichtigung der von der Klägerin gewünschten Arbeitszeit nur am Vormittag würde dieses Konzept aufbrechen. Auch um Unfrieden in der Schneiderei über die Verteilung der geringen Anzahl von Vormittagsschichten zu unterbinden, müsse ausnahmslos, und damit auch von ihr im wöchentlichen Wechsel auch die unbeliebtere Nachmittagsschicht belegt werden.

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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hatte sie auch Erfolg. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund liegen für die begehrte Entscheidung vor, so dass das angefochtene Urteil abzuändern war.

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1. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1 TzBfG. Nach dieser Bestimmung kann ein Arbeitnehmer verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Ablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG). Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Gemäß § 8 Abs. 3 TzBfG hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen.

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2. Weder formale Gründe nach § 8 Abs. 2 TzBfG noch betriebliche Gründe nach § 8 Abs. 6 TzBfG stehen dem geltend gemachten Verfügungsanspruch der Klägerin entgegen.

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a) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Wirksamkeit des Teilzeitbegehrens ist der Zeitpunkt der Ablehnung durch den Arbeitgeber (BAG vom 18.02.2003 – 9 AZR 356/02 – Rz. 36). Die Beklagte hat auf das Teilzeitbegehren der Klägerin mit Schreiben vom 08.10.2010 reagiert. Wenn die Klägerin am 05.08.2009 kein Gespräch mit dem Inhalt des hier konkretisierten Teilzeitbegehrens mit dem Personalleiter der Beklagten geführt hat, hat die Beklagte über den Teilzeitwunsch der Klägerin entgegen ihrer Verpflichtung gemäß § 8 Abs. 3 TzBfG nicht mit dem Ziel der Herbeiführung eines Einvernehmens verhandelt. Die Beklagte hat die ihr kraft Gesetzes auferlegte Erörterungs- und Verhandlungspflicht dann verletzt.

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b) Der Verstoß der Beklagten gegen diese Erörterungs- und Verhandlungspflicht im Sinne des § 8 Abs. 3 TzBfG führt jedoch nicht zur Zustimmungsfiktion. Vielmehr handelt es sich um eine Nebenpflichtverletzung. Diese Nebenpflichtverletzung hat zur Folge, dass die Beklagte jedoch bezüglich ihrer Ablehnung u. U. präkludiert ist (BAG vom 18.02.2003 - 9 AZR 356/02 – zitiert nach Juris, Rz. 22, 25 – 28; Meinel/Heyn/Herms, Kommentar zum TzBfG, Rz. 46 zu § 8; Annusz/Thüsing, Kommentar zum TzBfG, 2. Auflage, Rz. 95 m. w. N.), also bestimmte Einwendungen nicht erheben kann, wenn sie bei der gesetzlich vorgeschriebenen Erörterung durch die Klägerin mittels Anpassung ihres Teilzeitbegehrens hätten aufgefangen werden können. So hat die Klägerin beispielsweise in der Berufungsverhandlung ausdrücklich erklärt, der von ihr angegebene zeitliche Umfang ihrer Arbeitszeit sei für sie nicht zwingend. Das wird ggf. im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen sein.

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c) Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sowie des Vorbringens der Beklagten ist die Klägerin darlegungs- und beweisfällig dafür geblieben, dass sie in ihrem Gespräch Anfang August das hier streitbefangene Teilzeitbegehren gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Damit ist davon auszugehen, dass sie erstmals mit Schreiben vom 29.09.2010, zugegangen am 04.10.2010, gegenüber der Beklagten die hier begehrte Verringerung ihrer Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung konkret geltend gemacht hat. Gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG muss ein derartiges Begehren jedoch drei Monate vor deren Beginn geltend gemacht werden. Das ist hier nicht geschehen. Das führt jedoch nicht – wie das Arbeitsgericht meint – zur Unwirksamkeit des gesamten Teilzeitverlangens. Nach langjähriger, ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist ein zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen, das die Ankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG nicht wahrt, der Auslegung zugänglich. Es kann vielmehr so ausgelegt werden, dass es sich hilfsweise auf den Zeitpunkt richtet, zu dem der Arbeitnehmer die Verringerung frühestmöglich verlangen kann (BAG vom 20.07.2004 - 9 AZR 626/03 - zitiert nach Juris, Leitsatz 1 und Rz. 25 m. w. N.; BAG vom 14.10.2003 - 9 AZR 636/02 - zitiert nach Juris, Rz. 37; Meinel u.a., Rz. 40 zu § 8 m. w. N.).

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Angesichts dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist das im Schreiben vom 29.09.2010 zum Ausdruck gebrachte Teilzeitbegehren der Klägerin dahingehend auszulegen, dass es sich hilfsweise auf den Ablauf des Drei-Monats-Zeitraums richtet. Das ist angesichts des Zugangs des Schreibens bei der Beklagten am 04.10.2010 der 04.01.2011. Mit Wirkung zum 04.01.2011 ist das Teilzeitverlangen der Klägerin mithin rechtlich wirksam und gilt als zum 04.01.2011 gestellt.

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d) Ungeachtet dessen hat sich die Beklagte in ihrem Antwortschreiben vom 08.10.2010 nicht auf die Einhaltung der Drei-Monats-Frist berufen. Darin kann regelmäßig nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Verzicht des Arbeitgebers auf die Einhaltung der Drei-Monats-Frist zu Gunsten des Arbeitnehmers zu sehen sein (BAG vom 14.10.2003 - 9 AZR 636/02 - zitiert nach Juris, Leitsatz 2 und Rz. 37, 40; BAG vom 16.03.2004 - 9 AZR 323/03; BAG vom 20.07.2004 - 9 AZR 626/03 - Rz. 23). Das hat das Arbeitsgericht völlig übersehen und zu Unrecht ungeprüft gelassen.

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e) Betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG stehen unter Berücksichtigung des Vortrages beider Parteien im Rahmen dieses einstweiligen Verfügungsverfahrens dem Verfügungsanspruch der Klägerin ebenfalls nicht entgegen.

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Bei der Frage, ob betriebliche Gründe entgegenstehen, ist darauf abzustellen, dass der Arbeitgeber die Ablehnung nicht allein mit einer abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der richtigen Arbeitszeitverteilung begründen kann. Vielmehr ist in einer ersten Stufe festzustellen, ob überhaupt und wenn ja, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt. In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Ergibt sich, dass das Arbeitszeitverlangen nicht mit dem organisatorischen Konzept und der daraus folgenden Arbeitszeitregelung in Übereinstimmung gebracht werden kann, ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (BAG Urteil vom 18.02.2003 - 9 AZR 164/02 - in BB 2003, Seite 2629; BAG vom 15.08.2006 – 9 AZR 30/06 – Leitsatz 2 und Rz. 19 m. w. N.). Insoweit ist zu prüfen, ob das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches des Arbeitnehmers zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufs, der Sicherung des Betriebes oder zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung des Betriebs führen würde (BAG a.a.O. Leitsatz 2c).

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aa) Die Verfügungsbeklagte hat u. a. darauf hingewiesen, dass die Organisation ihres Betriebes die Arbeit im Schichtbetrieb erfordert. Jede Arbeitskraft, auch die Teilzeitkraft, sei verpflichtet, auch in der Nachmittagsschicht zu arbeiten. Das sei bewusst so gewählt worden. Im Übrigen müsse die ab dem späten Vormittag beginnende Belastungsspitze stets abgedeckt werden. Das ist das Organisationskonzept der Beklagten.

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bb) Das Arbeitszeitverlangen der Verfügungsklägerin, das darauf gerichtet ist, an drei Tagen nur von 9.00 Uhr bis 14.30 Uhr tätig zu sein, steht diesem Organisationskonzept zunächst entgegen, da insoweit eine Teilhabe an der Nachmittagsschicht nicht sichergestellt wäre, jedenfalls keine vollständige.

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cc) Allerdings ist nicht erkennbar, dass dieses aus genügend gewichtigen betrieblichen Gründen erforderlich ist. Da die Beklagte nichts gegen das Verlangen der Klägerin, ihre Arbeitszeit auf 22 Stunden und 50 Minuten zu reduzieren, vorgebracht hat, konnte er die Zustimmung zu dem Verlangen der Klägerin nur ablehnen, wenn der von ihr gewünschten Neuverteilung der Arbeitszeit auf dienstags bis donnerstags von 9:00 Uhr bis 14:30 Uhr und samstags von 9:00 Uhr bis 18:00 genügend gewichtige betriebliche Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG entgegenstehen. Gegen die von der Klägerin gewünschte Samstagsarbeitszeit hat die Beklagte keinerlei Bedenken. Das hat sie wiederholt ausdrücklich in der Verhandlung erklärt.

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(1) Der Arbeitgeber kann die Ablehnung aber nicht allein mit einer abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen“ Arbeitszeitverteilung begründen (BAG vom 18.02.2003 – 9 AZR 154/02 – Rz. 68).

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(2) Das Arbeitszeitmodell der Beklagten lässt auch Ausnahmen zu. Es ist schon nicht erkennbar, dass es aus betrieblichen Gründen erforderlich, den Arbeitsplatz der Klägerin nur mit einer Person zu besetzen. Betriebliche Gründe könnten dem Teilzeitverlangen insoweit nur entgegenstehen, wenn es der Verfügungsbeklagten beispielsweise unmöglich wäre, die von der Verfügungsklägerin nicht abgedeckte restliche Arbeitszeit anderweitig abzudecken. Dass dieses objektiv möglich ist, zeigt bereits die Tatsache, dass die Klägerin während ihrer Schwangerschaft zur Vermeidung eines Beschäftigungsverbotes die Arbeitszeit reduzieren musste und die Beklagte dieses durch eine monatelange Beschäftigung in der Zeit von 10.00 Uhr bis 15.30 Uhr gewährleistet hat. Hieraus wird bereits ersichtlich, dass es der Verfügungsbeklagten objektiv möglich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um notwendige Ausnahmen vom gewünschten Schichtwechsel zu machen und die nicht abgedeckte restliche Arbeitszeit anderweitig abdecken kann.

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(2) Die Beklagte hat weder vorgetragen noch substantiiert glaubhaft gemacht, dass die ausfallende Arbeitszeit der Klägerin nicht durch Einsatz einer Ersatzkraft, die das Arbeitszeitdeputat eines in Teilzeit wechselnden Arbeitnehmers übernimmt und dann auch beispielsweise schwerpunktmäßig nachmittags arbeitet, aufgefangen werden kann. Zu einer diesbezüglichen Darlegung und notfalls Beweisführung wäre sie jedoch verpflichtet gewesen (vgl. nur BAG vom 14.10.2003 – 9 AZR 636/02 – zitiert nach Juris, Rz. 52 ff; LAG Schleswig-Holstein vom 18.12.2003 – 4 Sa 96/03 – zitiert nach Juris, Rz. 37 m. w. N.). Der Kammer fällt auf, dass die Beklagte noch nicht einmal darüber nachgedacht hat, für die ausfallende Arbeitszeit eine Ersatzkraft einzustellen und nach einer solchen Ersatzkraft für die Abdeckung der offenen Nachmittagsstunden und der weiteren Belastungsspitzen zu suchen. Das hätte jedoch zu ihren Obliegenheiten gehört.

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(3) Auch der Hinweis der Beklagten auf ab dem späten Vormittag beginnende Belastungsspitzen führt nicht dazu, dass vorliegend im Rahmen der summarischen Prüfung vom Vorhandensein betrieblicher Gründe, die den Wünschen der Klägerin entgegenstehen, auszugehen ist. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, deckt die Klägerin im Rahmen der von ihr gewünschten Arbeitszeit bis 14.30 Uhr bereits einen Teil dieser Belastungsspitze ab. Die Klägerin wäre zudem bereit gewesen, ihre gewünschte Arbeitszeit dienstags, mittwochs und donnerstags um eine Stunde zu verlängern, um im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen, die von der Beklagten angeführte Belastungsspitze noch mehr aufzufangen. Hieran war die Beklagte jedoch nicht interessiert, ohne dieses näher zu begründen.

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(4) Sie hat dieses vielmehr damit abgelehnt, dass sie aus Prinzip an der Beteiligung der Klägerin an ihrem Organisationskonzept, grundsätzlich auch die Nachmittagsschichten im Wesentlichen voll abdecken zu müssen, festhalten wolle. Diese Haltung stellt keinen berücksichtigungsfähigen betrieblichen Grund im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 TzBfG dar. Die Beklagte bewegt sich insoweit lediglich auf der ersten Prüfungsstufe, nämlich der Darlegung eines betrieblichen Organisationskonzeptes, ohne die erforderlichen weiteren zwei Stufen zu prüfen und das Vorliegen der Ablehnungsvoraussetzungen darzulegen. Das ist nicht zulässig. Zudem beteiligt sich die Klägerin mit ihrem Arbeitszeitangebot stets für 2Stunden und 15 Minuten an der Nachmittagsschicht, sie durchbricht also gar nicht vollständig das Organisationskonzept der Beklagten, dass jeder Arbeitnehmer auch in Nachmittagsstunden arbeiten muss.

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(5) Ungeachtet dessen lässt die Ablehnungsentscheidung der Beklagten jede Abwägung vermissen, ob das Gewicht der von ihr vorgebrachten entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches der Klägerin zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufs, der Sicherung des Betriebes oder zu einer unverhältnismäßig wirtschaftlichen Belastung des Betriebes führen würde. Die Klägerin hat substantiiert dargelegt und in der Berufungsverhandlung detailliert erläutert, vor welchem tatsächlichen Hintergrund gerade ihr Arbeitszeitverringerungswunsch sowie die begehrte zeitliche Lage geltend gemacht wurde. Sie hat glaubhaft versichert, dass ihr an den genannten Tagen ab 16.00 Uhr kein regelmäßiges Betreuungssystem aufbauen kann, über das sie das Abholen ihrer Tochter um 16.00 Uhr aus dem Kindergarten und eine ergänzende Betreuung bis 18.00 oder 19.00 Uhr im Zwei-Wochen-Rhythmus gewährleisten kann. Soweit die Beklagte auf eine Rückgriffmöglichkeit auf ein ergänzendes Tagesmuttermodell, zusätzlich zur Kindergartenbetreuung verweist, nur um ihr betriebliches Prinzip, dass jeder Mitarbeiter auch nachmittags arbeiten muss, durchzusetzen, verkennt sie den gesetzlichen Auftrag, der ihr als Arbeitgeberin mit der Schaffung des § 8 TzBfG zugewiesen worden ist. Es ist gesetzlich gewollt, dass ein Arbeitgeber sich gerade nicht nur auf betriebliche Prinzipien im Zusammenhang mit der Ablehnung von Teilzeitbegehren berufen darf. Er muss deshalb für eine Ablehnung eines Teilzeitbegehrens so erhebliche gewichtige betriebliche Gründe haben, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches der Arbeitnehmerin zurücktreten muss. Der schlichte Verweis auf ein betriebliches Prinzip ist insoweit nicht geeignet, einen derartigen erheblichen gewichtigen betrieblichen Grund im Sinne des § 8 Abs. 4 TzBfG abzugeben. Anderenfalls wäre es jedem Arbeitgeber möglich, mit dem Berufen auf ein „Prinzip“ eine gewünschte Arbeitszeitverringerung und eine gewünschte Arbeitszeitverteilung ablehnen zu dürfen. Das ist jedoch im Rahmen des § 8 Abs. 4 TzBfG gerade nicht gewollt. Es muss vielmehr dargelegt werden, dass die unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich durch den Teilzeitwunsch beeinträchtigt wird (vgl. BAG vom 15.08.2006 – 9 AZR 30/06 – zitiert nach Juris, Rz. 19). Dazu ist nichts vorgetragen. Die Klägerin deckt Belastungsspitzen ab. Die Klägerin hat sowieso keinen Kundenkontakt. Es existieren bis zu 50% Änderungsaufträge, auf deren Abarbeitung die Kunden nicht warten, so dass sie auch an späteren Tagen und dort von den Morgenstunden bis zum frühen Nachmittag objektiv abgearbeitet werden können. Diese Arbeitsweise ist der Beklagten nicht fremd. Die Kunden kommen dann später erneut zur Abholung oder die geänderte Kleidung wird ihnen zugeschickt. Das ist unstreitig.

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3) Demnach ist ein Verfügungsanspruch der Klägerin auf vorläufige Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden auf 22 Stunden und 50 Minuten und deren Lage auf dienstags bis donnerstags von 9:00 Uhr bis 14.30 Uhr und samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr gegeben. Aufgrund der Nichtbeachtung der Drei-Monats-Frist im Sinne des § 8 Abs. 2 TzBfG besteht dieser Reduzierungsanspruch jedoch erst mit Wirkung ab 04.10.2011.

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4) Der Verfügungsklägerin steht auch ein Verfügungsgrund zur Seite. Dabei wird nicht verkannt, dass durch den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung für den ausgeurteilten Zeitraum endgültige Verhältnisse geschaffen werden, welche auch bei einem Obsiegen der Verfügungsbeklagten in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Für die Notwendigkeit und Dringlichkeit der erstrebten Regelung entscheidend ist allerdings, dass die Klägerin ohne die beantragte vorübergehende Arbeitszeitverkürzung nicht in der Lage wäre, die Betreuung ihres Kindes zuverlässig zu gewährleisten. Dies hat sie ausreichend glaubhaft gemacht. Bei einer jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzung bis zum Eintritt der Fiktionswirkung des § 894 ZPO träte ohne die einstweilige Verfügung ein endgültiger und gemessen am verfolgten Erziehungsziel nicht gut zu machender Nachteil ein. Würde die Klägerin zudem im Interesse ihres Kindes ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen vernachlässigen, müsste sie relativ kurzfristig mit arbeitsvertraglichen Sanktionen bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes rechnen. Der Berufungskammer ist insoweit nicht entgangen, dass die Verfügungsbeklagte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses insoweit bereits in der Berufungsverhandlung in den Raum gestellt hat.

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Die Verfügungsbeklagte wiederum weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass bei ihr durch den Erlass der einstweiligen Verfügung ein dem Interesse der Verfügungsklägerin überwiegender Nachteil eintreten wird. Dass bisher immer so verfahren wurde, dass jeder Mitarbeiter, auch Teilzeitmitarbeiter-/innen, nachmittags arbeiten müssen, stellt keinen diesbezüglichen überwiegenden Nachteil dar. Die Bejahung des Verfügungsanspruches zu Gunsten der Klägerin beruht auf einer Einzelfallentscheidung und ihren individuellen persönlichen familiären Verhältnissen. Es ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, dass bei den übrigen Teilzeitmitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beklagten alle diese Einzelfallaspekte vorliegen, die es der Klägerin verwehren, nach 16.00 Uhr die Betreuung ihres Kindes organisieren zu können.

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5) Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch sind daher gegeben.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO und entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen.

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Ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil findet nicht statt. Gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO findet gegen Urteile, durch die über eine einstweilige Verfügung entschieden worden ist, die Revision nicht statt. Folglich ist auch eine Zulassung der Revision nicht möglich.


(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.

(2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

(3) Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Er hat mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die von ihm festzulegende Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen.

(4) Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Ablehnungsgründe vereinbaren.

(5) Die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung in Textform mitzuteilen. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nach Absatz 3 Satz 1 über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn in Textform abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 3 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit in Textform abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt. Der Arbeitgeber kann die nach Satz 3 oder Absatz 3 Satz 2 festgelegte Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.

(6) Der Arbeitnehmer kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt hat.

(7) Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gilt die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.