Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 20. Nov. 2014 - W 5 K 14.193

20.11.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1. Mit Bescheid vom 24. April 2013 erteilte das Landratsamt ... dem Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück Fl. Nr. ...6 der Gemarkung H.

Die Baugenehmigung gewährt Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans „S.“ zu den Baugrenzen, zum Mindestgebäudeabstand, zur Vollgeschossregelung, zur Dachform und zur Traufhöhe.

Gegen den Bescheid ließ die Klägerin im Verfahren W 5 K 13.447 bei Gericht Klage erheben.

2. Mit Nachtragsgenehmigung vom 31. Oktober 2013 erteilte das Landratsamt ... dem Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „S.“ hinsichtlich der zulässigen Mindestgrenzabstände.

Auf den weiteren Inhalt des Nachtragsgenehmigungsbescheides, der eine ausführliche „Begründung für sämtliche erteilte Befreiungen“ beinhaltet, wird Bezug genommen.

3. Mit Bescheid vom 20. November 2013 setzte das Landratsamt ... die Vollziehung der Baugenehmigung vom 24. April 2013 aus.

4. Mit Bescheid vom 31. Januar 2014 erteilte das Landratsamt ... dem Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für den „Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses - Einhaltung Mindestgrenz- und Gebäudeabstand“ auf dem Grundstück Fl.Nr. ..6 der Gemarkung H. (A). Die für dieses Vorhaben erteilten Genehmigungen (Genehmigung vom 24.4.2013 und Nachtragsgenehmigung vom 31.10.2013) würden „mit Einverständnis des Bauherrn hiermit gegenstandslos“ (B).

Der Baugenehmigungsbescheid sieht Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Baugrenzenüberschreitung, Anzahl der Vollgeschosse, Dachform und Traufhöhe vor.

5. Am 6. März 2014 ließ die Klägerin bei Gericht Klage erheben mit dem Antrag,

den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamtes ... vom 31. Januar 2014 aufzuheben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, bereits ein ursprünglicher Bauantrag des Beigeladenen vom 2. Juli 2012 habe zahlreiche Befreiungen beinhaltet. In der Folgezeit habe der vom Bauherrn beauftragte Planer lediglich die Abstandsflächensituation geändert und den ursprünglichen Dispensantrag bezüglich der Abstandsflächen zurückgenommen. Die Gemeinde H. habe der eingereichten Planung ihr Einvernehmen erteilt. Frühere zwingende Bedenken seien nicht mehr existent erschienen, auf die Bedingung der Nachbarzustimmung sei verzichtet worden. Ein Abwägungs- oder Diskussionsvorgang habe bei der Gemeinde nicht stattgefunden. Gleiches gelte offenbar auch für das Landratsamt .... Auch hier sei keinerlei Abwägungsvorgang erkennbar, der dem § 31 Abs. 2 letzter Halbsatz BauGB gerecht werden würde.

Die Baugenehmigung vom 31. Januar 2014 beruhe offenbar auf einem Tekturantrag des Beigeladenen. Gegenüber der ursprünglichen Bauantragstellung fehle allerdings ein Antrag auf isolierte Befreiung durch den Beigeladenen. Es sei fraglich, welchen Umfang der Befreiungsantrag tatsächlich gehabt habe oder ob ein solcher mit der Tektur überhaupt neu gestellt worden sei.

Die Baugenehmigung verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die erteilten Befreiungen beträfen das Bauvorhaben in seiner Gesamtausprägung und machten es größer, wuchtiger, erdrückender und damit unzumutbarer und belastender für die Klägerin. Ob die Abstandsflächen nunmehr tatsächlich eingehalten würden, sei fraglich. Aber auch im Übrigen könne sich eine drittschützende Wirkung aus dem Maß der baulichen Nutzung ergeben, wenn aufgrund der Dimensionen des genehmigten Baukörpers eine erdrückende Wirkung des nachbarlichen Bauvorhabens entstehe, die das Gefühl des (zumindest einseitigen) Eingemauertseins hervorrufe. Vorliegend seien statt erlaubter zwei drei Vollgeschosse geplant und genehmigt worden. Darüber hinaus könnten weiterhin die Baugrenzen überschritten und die Mindestgebäudeabstände unterschritten sein. Hiermit spiele erschwerend zusammen die kubistische Bauform, die eine „kastige“ Wirkung habe und das Gefühl des Erdrücktwerdens noch unterstütze. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass auch die Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstücksflächen im Regelfall eine nachbarschützende, interessenausgleichende Intention des Satzungsgebers in sich trügen, da sie der ausreichenden Licht- und Luftzufuhr des Nachbargrundstücks dienen sollten und eine gleichmäßige, für alle Parteien vertretbare Raumausnutzung bezweckten.

Wenn es sich vorliegend auch nicht um unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB handle, könne doch im Falle von Abweichungen zwischen plankonformer und beantragter Bauweise die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema „Einfügen“ sinngemäß herangezogen werden. Das Merkmal des Einfügens i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB sei drittschützend.

Die beantragte und durch Abweichung genehmigte Dachform (Flachdach) sei im Bebauungsplangebiet „S.“ unzulässig. Die Dachform, wie die gesamte Bauform, verletze Rechte der Klägerin. Das beantragte Bauvorhaben sei das einzige mit derartigen gestalterischen Mitteln versehene Bauwerk im weiteren Umkreis. Es wirke wie ein Fremdkörper. Auch die Festsetzungen über die Traufhöhe könnten im Einzelfall drittschützende Wirkung haben. Vorliegend sei die Traufhöhe talseits um ca. 3,50 m überschritten. Auch die Festsetzungen zur Anzahl der Vollgeschosse könnten drittschützend wirken, da sie verhindern sollten, dass der Nachbar auf eine Wand schaue, die eine einengende und beeinträchtigende Wirkung habe. Darüber hinaus steige die Einsehbarkeit des betroffenen Grundstücks mit der Anzahl der Vollgeschosse, womit ein latentes Gefühl des Beobachtetwerdens für den betroffenen Nachbarn entstehe. Die strenge Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB sei im Übrigen scheinbar ohne erkennbaren bzw. schriftlich dokumentierten Abwägungsvorgang zwischen den Interessen des Bauherrn und denjenigen der Nachbarn erfolgt.

Demgegenüber beantragte das Landratsamt ... als Vertreter des Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrages wurde ausgeführt, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich nach § 30 Abs. 1 BauGB. Der Bebauungsplan „S.“ enthalte nachbarschützende Festsetzungen zum Mindestgrenzabstand und zum Mindestgebäudeabstand. Wie der angegriffenen Baugenehmigung zu entnehmen sei, werde von diesen Festsetzungen gerade keine Befreiung mehr erteilt.

Die verfügten Befreiungen seien gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtmäßig, da die Grundzüge der Planung nicht berührt würden und sie städtebaulich vertretbar seien. Auch seien die erteilten Befreiungen unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Da die erteilten Befreiungen allesamt nicht nachbarschützende Festsetzungen beträfen, könne der betroffene Nachbar keine Verletzung eigener Rechte geltend machen. Bei den Festsetzungen des Bebauungsplans zu den Baugrenzen, zur Zahl der Vollgeschosse, zur Dachform und zur Traufhöhe handle es sich um Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung. Diesen Festsetzungen komme keine nachbarschützende Wirkung zu. Etwas anderes könne sich nur aufgrund des Willens der Gemeinde und damit aus einer entsprechenden Auslegung des Bebauungsplanes selbst, seiner Begründung oder sonstigen Unterlagen der Gemeinde ergeben. Aus dem Bebauungsplan bzw. seiner Begründung lasse sich vorliegend kein Anhaltspunkt entnehmen, der für eine gewollte nachbarschützende Wirkung der einzelnen Befreiungspunkte spreche.

Das genehmigte Vorhaben verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die nachbarlichen Interessen in Bezug auf Belichtung, Belüftung und Besonnung würden durch die Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen ausreichend geschützt. Dadurch sei auch das Argument ausgeschlossen, das Vorhaben strahle eine erdrückende Wirkung auf das klägerische Grundstück aus. Eine erdrückende Wirkung durch das Bauvorhaben sei auch nicht ansatzweise ersichtlich. Das geplante Gebäude werde ohne Dachgeschoss errichtet und gestalte sich somit in der Höhe sogar geringer als im Bebauungsplan vorgesehen. Es wirke straßenseitig nicht höher als bereits bestehende Gebäude, es erscheine als Erdgeschoss mit erstem Obergeschoss. Westlich des Baugrundstücks sei zudem auf der Fl.Nr. 2099 bereits ein Gebäude errichtet worden, welches eine vergleichbare Höhenentwicklung aufweise. Im Vergleich dazu werde das streitige Vorhaben niedriger, da es ohne Dachgeschoss errichtet werde. Durch die Hanglage auf dem Grundstück von Norden nach Süden könne das Kellergeschoss ausgebaut werden, so dass zwar aus Sicht der Klägerin ein weiteres Vollgeschoss entstehe, dieses sie aber nicht in der Höhe beeinträchtige. Die erteilten Befreiungen wirkten sich weder einzeln noch in der Gesamtschau erheblich auf das Nachbargrundstück aus.

Im vereinfachten Genehmigungsverfahren sei das Abstandsflächenrecht nicht Prüfungsgegenstand. Somit müsse die Akte dazu keine Berechnungen enthalten.

Es seien im Rahmen der Befreiungserteilung auch Ermessenserwägungen angestellt worden. Diese befänden sich im Bescheid vom 31. Oktober 2013 und in der Klageerwiderung vom 31. Oktober 2013 des Parallelverfahrens W 5 K 13.447/W 5 K 14.1012. Der jetzt streitgegenständliche Bescheid vom 31. Januar 2014 stelle den Nachbarn ausschließlich besser als die vorherigen Genehmigungen, denn es falle die Beschwer der Befreiungserteilung von Mindestgrenzabstand und Mindestgebäudeabstand weg. Aus diesem Grund würden die gleichgebliebenen Erwägungen der nach wie vor erteilten Befreiungen nicht wiederholt.

Der Beigeladene äußerte sich nicht zu dem Verfahren.

6. In der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2014 stellte der Klägerbevollmächtigte folgenden Klageantrag:

Der Bescheid des Landratsamtes ... vom 31. Januar 2014 wird aufgehoben, soweit dem Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück Fl.Nr. ...6 der Gemarkung H. erteilt wird.

Die Beklagtenvertreterin wiederholte den bereits schriftsätzlich gestellten Klageabweisungsantrag.

Der Beigeladene stellte keinen Antrag.

7. Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakte W 5 K 13.447/W 5 K 14.1012 wurde beigezogen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung jedoch dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Eine derartige Verletzung nachbarschützender Vorschriften ist vorliegend ersichtlich.

3. Planungsrechtlich ist das Vorhaben des Beigeladenen nach § 30 BauGB zu beurteilen, weil es im Geltungsbereich des Bebauungsplans „S.“ der Gemeinde H. verwirklicht werden soll. Die angefochtene Baugenehmigung lässt Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu den Baugrenzen, zur Zahl der zulässigen Vollgeschosse, zur Dachform und zur Traufhöhe zu (§ 31 Abs. 2 BauGB). Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kommt es für den Rechtsschutz des Nachbarn im Ausgangspunkt darauf an, ob die Festsetzung, von deren Einhaltung dispensiert wird, ihrerseits dem Nachbarschutz dient oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauBG nicht erfüllt ist. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (zumindest auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots; Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (BVerwG, U.v. 19.9.1986 Nr. 4 C 8/84, NVwZ 87, 409; B.v. 8.7.1998 Nr. 4 B 64/98, NVwZ-RR 1999, 8).

Die Festsetzungen des Bebauungsplans „S.“ zu den einzuhaltenden Baugrenzen, zur Zahl der zulässigen Vollgeschosse, zur Dachform und zur Traufhöhe wirken nicht nachbarschützend.

Bezüglich der Festsetzung zur Dachform ist dies evident. Örtliche Bauvorschriften über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen wirken grundsätzlich nicht drittschützend (vgl. Decker in SB, 314 zu 81 m. w. N.).

Auch vordere Baugrenzen sind prinzipiell nicht nachbarschützend, da sie nur der einheitlichen Gestaltung der straßenseitigen Bebauung und der Freihaltung von Flächen für die Straßen dienen (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Rn. 370 zu Art. 66). Seitliche Baugrenzen sind allenfalls dann nachbarschützend, wenn sie wie die Festsetzung eines seitlichen Grenzabstandes mit der Tiefe der nach Art. 6 einzuhaltenden Abstandsflächen wirken, ansonsten dienen sie regelmäßig allein städtebaulichen Anforderungen (Dirnberger, a. a. O., Rn. 371 zu Art. 66 m. w. N.). Aber auch die Festsetzung der rückwärtigen Baugrenze wirkt regelmäßig nicht nachbarschützend. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn sich aus dem Bebauungsplan besondere Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass die Festsetzung den Schutz der Nachbarn bezweckt (Dirnberger, a. a. O., Rnrn. 368 und 373 zu Art. 66 m. w. N.).

Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, zu denen auch Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse und zur Gebäudehöhe oder Traufhöhe sowie zu Grundflächen- und Geschossflächenzahlen gehören, sind grundsätzlich ausschließlich im öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Fortentwicklung der städtebaulichen Ordnung erlassen und nicht auch dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt (Dirnberger, a. a. O., Rnrn. 356, 362 und 365 zu 66 m. w. N.).

Festsetzungen eines Bebauungsplans kommt nachbarschützende Wirkung grundsätzlich nur dann zu, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen dahingehenden planerischen Willen erkennbar sind (BayVGH, B.v. 6.5.2013 Nr. 9 CS 13.188, B.v. 4.11.2009 Nr. 9 CS 09.2422). Vorliegend gibt es solche Anhaltspunkte nicht. Die Festsetzung zum Grenzabstand, die zur Disposition der Nachbarn gestellt wird, lässt vielmehr im Umkehrschluss erkennen, dass den Festsetzungen, von denen das Landratsamt vorliegend Befreiungen erteilt hat, vom Plangeber gerade keine nachbarschützende Wirkung beigegeben werden sollte.

4. Damit ist die Klägerin auf das im Begriff der „Würdigung nachbarlicher Interessen“ in § 31 Abs. 2 BauGB transportierte Rücksichtnahmegebot beschränkt. Dieses ist verletzt, wenn das der Klägerin an Belastungen Zumutbare durch die Zulassung des Vorhabens überschritten würde. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstößt nicht zulasten der Klägerin gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot.

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann. Eine so schwerwiegende Beeinträchtigung der Klägerin ist vorliegend nicht zu erkennen.

Das Vorhaben des Beigeladenen wirkt insbesondere nicht erdrückend auf das Gebäude der Klägerin. Es soll nach der Eingabeplanung von der Grundstücksgrenze der Klägerin über 4 m entfernt errichtet werden. Vom Wohngebäude der Klägerin auf dem Grundstück Fl.Nr. 2098 hält es einen Abstand von über acht Metern ein. Eine erdrückende Wirkung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück aufgrund seiner außergewöhnlichen Dimension regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ hervorruft und dem Grundstück gleichsam „die Luft zum Atmen“ genommen wird (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 18.2.2009 Nr. 1 ME 282/08; B.v. 15.1.2007 Nr. 1 ME 80/07; OVG Münster, U.v. 9.2.2009 Nr. 10 B 1713/08), was vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden der Fall sein kann (BayVGH, B.v. 8.8.2007 Nr. 14 AS 07.1855). Vorliegend liegt jedenfalls kein geringer Abstand zum klägerischen Wohngebäude vor. Nicht schon dann, wenn das angegriffene Vorhaben die Situation verändert und dem Nachbarn (sehr) unbequem ist, kann von „erdrückender Wirkung“ die Rede sein. Wie das Landratsamt ... zurecht vorträgt, wird das geplante Gebäude ohne Dachgeschoss errichtet und bleibt daher insoweit unter der nach dem Bebauungsplan zulässigen Höhe zurück. Straßenseitig erscheint es als zweigeschossiges Gebäude. Zurecht trägt das Landratsamt zudem vor, auf dem westlichen Nachbargrundstück der Klägerin (Fl.Nr. 2099) sei bereits ein Gebäude errichtet, das eine vergleichbare Höhenentwicklung aufweise. Im Vergleich dazu werde das streitige Vorhaben niedriger, da es ohne Dachgeschoss errichtet werde. Durch die Hanglage auf dem Grundstück von Norden nach Süden könne das Kellergeschoss ausgebaut werden, so dass zwar aus Sicht der Klägerin ein weiteres Vollgeschoss entstehe, dieses sie aber nicht in der Höhe beeinträchtige (vgl. Klageerwiderung des LRA Main-Spessart v. 11.6.2014).

Das Bauvorhaben wird im Übrigen im Norden des klägerischen Grundstücks errichtet, so dass eine Beeinträchtigung der Belichtung und Besonnung ausscheidet.

Eine unzumutbare Belastung der Klägerin folgt auch nicht aus einer Zusammenschau der für sich betrachtet keinen Nachbarschutz vermittelnden Regelungen des Bebauungsplans und der planungsrechtlichen Vorgaben der BauNVO (vgl. insb. § 17 Abs. 1 BauNVO). Die Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans über das Maß der baulichen Nutzung sind auch nicht so gravierend, dass ihnen ausnahmsweise Nachbarschutz gewährleistende Funktion zuzugestehen wäre (vgl. näher Dirnberger, a. a. O., Rnrn. 360 - 363 zu Art. 66).

5. Soweit gerügt wird, der angefochtene Genehmigungsbescheid enthalte keine Begründung insbesondere hinsichtlich der erteilten Befreiungen, gilt vorliegend Art. 39 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG. Grundsätzlich ist die Baugenehmigung zu begründen, wenn sie ohne Zustimmung des Nachbarn von nachbarschützenden Vorschriften abweicht (Art. 68 Abs. 2 Satz 2 BayBO). Dabei bleibt aber Art. 39 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG unberührt. Vorliegend war der Klägerseite die Auffassung der Behörde zur Sach- und Rechtslage bezüglich der erteilten Befreiungen aus dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren und dem Gerichtsverfahren zur Baugenehmigung vom 24. April 2013 (W 5 K 13.447/W 5 K 14.1012) bekannt, so dass es einer (erneuten) Begründung nicht bedurfte.

6. Soweit die Klägerin rügen lässt, die Abstandsflächen zum klägerischen Grundstück würden nicht eingehalten, führt auch dies nicht zum Erfolg ihrer Klage. Die angefochtene Baugenehmigung ist im vereinfachten Genehmigungsverfahren ergangen (Art. 59 Satz 1 BayBO). Abstandsflächen gehören nicht zum Prüfprogramm dieses Verfahrens. Das Landratsamt ... hat auch keine Abstandsflächenprüfung vorgenommen. Das Abstandflächenrecht ist nicht Gegenstand der durch den Genehmigungsbescheid getroffenen Regelung.

Durch einen Baugenehmigungsbescheid, der sich zum Abstandsflächenrecht nicht verhält, kann ein Kläger nicht in seiner durch das Abstandsflächenrecht geschützten Position berührt werden (BVerwG, B.v. 16.01.1997 Nr. 4 B 244/96; BayVGH, B.v. 27.10.1999 Nr. 2 CS 99.2387; Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Rn. 44 zu Art. 59).

Macht ein Nachbar geltend, durch bauordnungsrechtliche nachbarschützende Vorschriften in seinen Rechten verletzt zu sein, kommt eine Verletzung durch die - bauordnungsrechtliche Fragen ausklammernde - Genehmigung nicht mehr in Betracht. Die Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren ist eine beschränkte öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung. Rechtsschutz kann in diesem Fall nur mit einem Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten, gerichtet an die Bauaufsichtsbehörde, und durch eine sich gegebenenfalls anschließende Verpflichtungsklage, gerichtet darauf, die Bauaufsichtsbehörde zum bauaufsichtlichen Einschreiten zu verpflichten, erlangt werden (vgl. Wolf in Simon/Busse, BayBO, Rn. 114 zu Art. 59).

Prüfungsgegenstand ist im vereinfachten Genehmigungsverfahren aber das Planungsrecht (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO). Die vom Abstandsflächenrecht geschützten Belange haben auch städtebauliche Bedeutung (BVerwG, U.v. 16.5.1991 Nr. 4 C 17/90, NVwZ 92,165; U.v. 28.10.1993 Nr. 4 C 5/93, BauR 94, 354). Auch das nachbarliche Rücksichtnahmegebot ist folglich - wie oben bereits ausgeführt - Prüfungsgegenstand. Das Rücksichtnahmegebot, das selbstständig neben den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften steht, also auch im Rahmen des Art. 59 Satz 1 BayBO zu prüfen ist, kann im Hinblick auf die oben dargestellten Belange auch dann verletzt sein, wenn die Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind (BVerwG, B.v. 11.1.1999 Nr. 4 B 128/98, NVwZ 99, 879; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.1.2008 Nr. 1 ZB 06.2304). Daraus folgt aber im Umkehrschluss nicht, dass bei jedem Verstoß gegen Abstandsflächenvorschriften ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vorliegt; diesbezüglich kommt es vielmehr stets auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles an (BayVGH, B.v. 9.6.2006 Nr. 26 ZB 06.1926).

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist bei offenkundig nicht eingehaltenen Abstandsflächen zu prüfen, ob hierin nicht zugleich eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gesehen werden kann (Wolf, a. a. O., Rn. 34 zu Art. 59). Eine offenkundige Verletzung des Abstandsflächenrechts liegt aber nicht vor.

7. Die Klage war deshalb insgesamt abzuweisen. Das erkennende Gericht hat zwar erhebliche Zweifel daran, dass durch die Zulassung des Bauvorhabens die Grundzüge der Planung i. S.v. § 31 Abs. 2 BauGB nicht berührt werden und die gewährten Abweichungen insgesamt städtebaulich vertretbar waren. Auch ist die Einschätzung der Behörde unzutreffend, das Vorhaben des Beigeladenen weise keine Bezugsfallwirkung auf (in der Nähe finden sich etwa mit den Grundstücken Fl.Nrn 2097 und 2095 sogar noch gänzlich unbebaute Grundstücke). Derart weitgehende Abweichungen von Festsetzungen eines Bebauungsplans bedürften wohl der Änderung des Bebauungsplans. Diese Bedenken sind aber der Rüge durch die Klägerin im Nachbarrechtsstreit entzogen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine objektiv rechtmäßige Baugenehmigung.

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung nach § 16 bestehen, auch wenn eine Geschossflächenzahl oder eine Baumassenzahl nicht dargestellt oder festgesetzt wird, folgende Orientierungswerte für Obergrenzen:

1234
BaugebietGrund-
flächenzahl (GRZ)
Geschoss-
flächenzahl (GFZ)
Bau-
massenzahl
(BMZ)
inKleinsiedlungsgebieten (WS)0,20,4
inreinen Wohngebieten (WR)
allgemeinen Wohngebieten (WA)
Ferienhausgebieten


0,4


1,2


inbesonderen Wohngebieten (WB)0,61,6
inDorfgebieten (MD)
Mischgebieten (MI)
dörflichen Wohngebieten (MDW)


0,6


1,2


inurbanen Gebieten (MU)0,83,0
inKerngebieten (MK)1,03,0
inGewerbegebieten (GE)
Industriegebieten (GI)
sonstigen Sondergebieten


0,8


2,4


10,0
inWochenendhausgebieten0,20,2

In Wochenendhausgebieten und Ferienhausgebieten dürfen die Orientierungswerte für Obergrenzen nach Satz 1 nicht überschritten werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.