Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 28. Apr. 2023 - 16 K 5209/21
Gericht
AoLs
Principles
Amtliche Leitsätze
1. Bei der Rückforderung einer Corona-Soforthilfe ist der Liquiditätsengpass (Förderzweck) für den beantragten Zeitraum zu bestimmen. Wenn der Antrag auf die „Hamburger Corona Soforthilfe“ vor dem 1. April 2020 abgesandt worden ist, sind die Monate März bis Mai 2020 (und nicht die Monate April bis Juni 2020) für die Berechnung des Liquiditätsengpasses maßgeblich (sog. Förderzeitraum).
2. Bei der Ermittlung des Liquiditätsengpasses sind betriebsbezogene Positionen zu berücksichtigen, welche sich tatsächlich auf die vorhandene Liquidität im Förderzeitraum auswirken. Bei grundsätzlich berücksichtigungsfähigen tatsächlichen Einnahmen oder Ausgaben kommt eine wertende Korrektur nur ausnahmsweise in Betracht, sofern dies für den Begünstigten erkennbar war.
3. Buchhalterische Positionen in der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) sind bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses nicht zu berücksichtigen, wenn sie die Liquidität im Förderzeitraum nicht erhöhen (hier: steuerlich relevante Sachbezüge der Gesellschafter aus Kfz-Gestellung).
4. Geschäftsführergehälter sozialversicherungspflichtig angestellter GmbH-Gesellschafter sind grundsätzlich liquiditätsmindernd ebenso zu berücksichtigen wie Werbe- und Reisekosten sowie Darlehenstilgungen.
VERWALTUNGSGERICHT HAMBURG
Urteil vom 28. Apr. 2023
16 K 5209/21
Tenor
Der Bescheid vom 23. März 2021 und der Widerspruchsbescheid vom 12. November 2021 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung der ihr bewilligten und ausgezahlten Billigkeitsleistung im Rahmen des Hamburger Corona Soforthilfe Programmes.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft (GmbH). Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Einzelhandel (Ladengeschäft und Online-Shop) für Waren aller Art, insbesondere Mode, Inneneinrichtung, Accessoires und Nahrungsmittel, die Beratung von Modeunternehmen sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten.
Nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie schloss die Bundesrepublik Deutschland mit der Freien und Hansestadt Hamburg (wie auch mit anderen Bundesländern) eine Verwaltungsvereinbarung über die Soforthilfen des Bundes für die Gewährung von Überbrückungshilfen als Billigkeitsleistungen für „Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbstständige“ (im Folgenden: Verwaltungsvereinbarung). Das Programm wurde durch die Länder ausgeführt. Dazu hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg mit der Beklagten Ende März 2020 ein Soforthilfeprogramm für kleine und mittlere Unternehmen und Freiberufler sowie Solo-Selbstständige (Hamburger Corona Soforthilfe, HCS) mit finanzieller Unterstützung des Bundes aufgelegt, die infolge der Corona-Krise nach dem 11.03.2020 in eine existenzgefährdende Wirtschaftslage geraten sind (Förderrichtlinie „Hamburger Corona Soforthilfe (HCS) mit finanzieller Unterstützung des Bundes“ vom 27. März 2020 (im Folgenden: Förderrichtlinie)).
Die Beklagte hat auf ihrer Homepage FAQ Hilfestellungen zum Ausfüllen des Antrags veröffentlicht, die sukzessive überarbeitet wurden.
Die Antragstellung erfolgte über ein elektronisches Antragsformular, das ebenfalls sukzessive überarbeitet wurde. Aus den dem Gericht aus anderen Verfahren bekannten und dort in den Sachakten befindlichen Antragsformularversionen, die den Beteiligten mit gerichtlicher Verfügung vom 30. März 2023 übersandt wurden, heißt es:
Erläuterung zu diesem Dokument
Dieses Dokument zeigt chronologisch und lückenlos die jeweilige Textfassung des HCS-Antragsformulars, die dem registrierten Nutzer zum angegeben Zeitpunkt als
Formular angezeigt und für die Eingabe seiner Daten verwendet wurde. Hat der Nutzer seine Bearbeitung unterbrochen, gespeichert und später fortgesetzt, so wurde das Formular beim erneuten Aufruf aktualisiert. Es ist immer die Fassung maßgeblich, die zum Zeitpunkt des Absendens des Antrags durch den Antragsteller erklärt wurde. Die Eingaben des Antragsstellers zum jeweiligen Feld sind in der Akte in einem gesonderten Dokument i.d.R. mit dem Namen „Erstantrag Cloud [zzgl. Kennnummer]“ dokumentiert. Im Kopf dieses Dokuments ist der Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) angegeben, zudem der Antrag abgesendet wurde. Anhand der im vorliegenden Dokument aufgeführten Versionen des Antragsformulars in Verbindung mit dem „Erstantrag Cloud [zzgl. Kennnummer]“ kann daher jede Erklärung des Antragsstellers rechtssicher nachvollzogen werden. Im Antragsformular Fassung 30.03.2020 23:50 Uhr, heißt es u.a.
Ende März oder Anfang April – der genaue Tag ist streitig – stellte die Klägerin einen Antrag bei der Beklagten auf Förderung. Auf dem Ausdruck des Antrags in der Sachakte steht „Eingangsdatum: 31.03.2020 Uhrzeit: 02:50:44“. Im Antrag machte die Klägerin folgende Angaben:
· Anzahl der Mitarbeiter: 5,05 Vollzeitäquivalente (VZÄ)
· Höhe des Liquiditätsengpasses in einem Zeitraum von 3 Monaten: 90.000,- Euro.
Dabei machte sie zu Umsatz und Kosten folgende Angaben:
· Monatliche gewerbliche Miete: 4.073,- Euro
· Monatliche Gesamtbetriebskosten: ca. 30.000,- Euro
· Umsatz 12/19 bis 02/20: 140.000,- Euro
Umsatz im März 2020: 28.000,- Euro. Zusätzlich reichte sie einen Handelsregisterauszug vom 9. Februar 2016 ein.
Mit Bescheid vom 4. April 2020 bewilligte die Beklagte der Klägerin unter Zugrundelegung der Förderrichtlinie eine einmalige Finanzhilfe in Höhe von insgesamt maximal 20.000,- Euro. Die Zuwendung setzt sich aus der HCS in Höhe von 5.000,- Euro und einer Soforthilfe des Bundes in Höhe von 15.000,- Euro zusammen. Die Berechnung basiert ausweislich des Bewilligungsbescheids auf den Angaben des Förderantrags. Unter Zuwendungszweck heißt es im Bewilligungsbescheid: „Im Rahmen dieses Förderprogramms werden nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt, die durch die Corona-Krise nach dem 11.03.2020 entstanden sind.“ Auf die Bestimmungen unter II. 1.-8. in dem Bewilligungsbescheid vom 4. April 2020 wird Bezug genommen. Der Gesamtbetrag wurde am 7. April 2020 an die Klägerin ausgezahlt.
Mit E-Mail vom 29. Mai 2020 forderte die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 12. Juni 2020 auf, an der Überprüfung der Legitimationsdokumente mitzuwirken und sich über das Verfahren der N GmbH oder über das Postident-Verfahren der Deutschen Post AG zu legitimieren. Am 3. Juni 2020 legitimierte sich eine der Geschäftsführerinnen der Klägerin, über das Verfahren der N-GmbH.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2021 hörte die Beklagte die Klägerin an und forderte sie auf, zu folgenden Punkten bis zum 10. Februar 2021 Stellung zu nehmen:
- Angaben zur Zahl der Mitarbeiter
- Erläuterungen zur Höhe des Liquiditätsengpasses.
Mit E-Mail vom 10. Februar 2021 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, dass noch kein Jahresabschluss für das Jahr 2019 und auch kein vorläufiger Jahresabschluss 2019 vorliege, da die beauftragte Steuerberatungskanzlei mit der Bearbeitung der Corona bedingten Anträge sehr stark belastet sei. Sie reichte folgende Unterlagen ein: eine Mitarbeiterliste, aus der sich eine VZÄ von 5,08 ergibt, wobei die beiden Geschäftsführerinnen als Mitarbeiter aufgeführt sind, betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) für die Jahre 2019 und 2020 auf Monatsbasis, Anlage Vordruck für die Erläuterung des HCS Liquiditätsengpasses (wonach ein Liquiditätsengpass in Höhe von 34.650,58 Euro bestehe), Erläuterungen zur Ermittlung der Ursache des Liquiditätsengpasses, wonach das Ladengeschäft der Klägerin aufgrund der geltenden Allgemeinverfügung bzw. Coronaschutzverordnung habe schließen müssen und die erheblichen Umsatzrückgänge und –ausfälle nicht durch den Onlineshop hätten kompensiert werden können. Zur Ermittlung des Liquiditätsengpasses erläuterte die Klägerin, dass die Gesamtbetriebskosten März 2020, April 2020, Mai 2020 netto ohne Mieten beziffert seien, bei den erzielten Monatsumsätzen handele es sich um Netto-Beträge. Der Liquiditätsengpass sei aus den Nettozahlen zzgl. Mehrwertsteuer plus Tilgungen der Monate März bis Mai 2020 errechnet worden.
Mit Datum vom 23. März 2021 erließ die Beklagte einen Widerrufs- und Rückforderungsbescheid. Die Beklagte begründete den Bescheid damit, dass nach den Angaben der Klägerin kein nach der Förderrichtlinie förderfähiger Liquiditätsengpass bestehe. Die Fördervoraussetzungen seien nicht erfüllt.
Mit Fax und Schreiben vom 25. März 2021, bei der Beklagten eingegangen am 31. März 2021, legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein.
Mit E-Mail und Schreiben vom 23. Juni 2021 hörte die Beklagte die Klägerin an und wies darauf hin, dass der Widerspruch nach derzeitiger Einschätzung der Sachlage zurückgewiesen werde. Sie forderte die Klägerin auf, bis zum 14. Juli 2021 zu folgenden Punkten Angaben zu machen:
- existenzbedrohliche wirtschaftliche Schwierigkeiten durch die Corona-Krise nach dem 11. März 2020
- Erläuterungen zur Höhe des Liquiditätsengpasses (wobei die Beklagte darauf hinwies, dass es um betriebswirtschaftliche Auswertungen für das Jahr 2020 (BWA) gehe, insbesondere für die Monate März, April und Mai 2020 mit Erläuterung, wie sich die Höhe des Liquiditätsengpasses zusammensetze.
Mit E-Mail vom 14. Juli 2021 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, dass eine Beantwortung erst nach umfassender Akteneinsicht erfolgen könne, vor der Versendung der Akte seien Bestandteile entfernt worden, da sich ein in einem Telefonat mit der Beklagten erwähnter Prüfbericht nicht in der Akte befände. Die Beklagte teilte mit E-Mail vom 27. Juli 2021 der Klägerin mit, dass sich in der Akte kein Prüfbericht befände und sie nicht erkennen könne, auf welches Dokument sich die Klägerin bezöge. Mit E-Mail und Schreiben vom 18. Oktober 2021 hörte die Beklagte die Klägerin an und wies darauf hin, dass zur Berechnung des Liquiditätsengpasses drei volle Monate berücksichtigt würden, beginnend ab dem Monat der Antragstellung. Maßgeblich hierfür sei das Eingangsdatum des Antrags bei der Beklagten, hier der 4. April 2021. Es handele sich um die vollen Monate April, Mai, Juni. Nach derzeitiger Einschätzung bestehe kein Liquiditätsengpass.
Mit E-Mail vom 8. November 2021 wies die Klägerin darauf hin, dass ein Liquiditätsengpass bestanden habe; maßgeblich sei der Zeitraum März bis Mai 2020, da ausweislich des elektronischen Zeitstempels in der Akte der Antrag am 31. März 2020 um 02:50:44 Uhr eingegangen sei. Der Liquiditätsengpass werde auf Basis zahlungswirksamer Vorgänge berechnet, rein buchhalterische Vorgänge wie Abschreibungen seien nicht zu berücksichtigen. Entsprechend seien auch buchhalterische Vorgänge des Sachbezugs aus Kfz-Gestellung nicht auf der Seite des Zuflusses zu berücksichtigen. Bei den Werbe- und Reisekosten handele es sich um Auszahlungen, welche im betreffenden Monat getätigt worden seien. Darüber hinaus seien die Geschäftsführerinnengehälter zu berücksichtigen. Die Geschäftsführerinnen seien regulär sozialversicherungspflichtig angestellt und nicht anders zu behandeln als andere sozialversicherungspflichtig angestellte MitarbeiterInnen. Weiter seien Darlehenstilgungen in Höhe von 2.300,- Euro monatlich zu berücksichtigen, sodass ein Liquiditätsengpass in Höhe von 29.822,82 Euro vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2021, zugestellt am 18. November 2021, hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Der ausgezahlte Zuwendungsbetrag in Höhe von 20.000 Euro sei zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Auszahlung der Zuwendung bis zur Rückzahlung zurückzuzahlen. Der Widerruf erfolge auf Grundlage des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVfG und die Rückforderung auf Grundlage des § 49a Abs. 1 HmbVwVfG. Zuwendungszweck sei die finanzielle Unterstützung des durch die Fördervoraussetzungen definierten Empfängerkreises in der definierten wirtschaftlichen Notlage. Der Förderzweck könne nicht erfüllt werden, da nicht alle Fördervoraussetzungen vorlägen. Ein Liquiditätsengpass läge nicht vor. Gemäß Nr. 4 der Förderrichtlinie orientiere sich die Soforthilfe an dem Liquiditätsengpass für drei aufeinanderfolgende Monate, beginnend mit dem Monat der Antragstellung. Maßgeblich sei das Eingangsdatum des Antrags bei der Beklagten. Der Vortrag der Klägerin, nach dem elektronischen Eingangsstempel sei dies der 31. März 2020, 2:50 Uhr, greife nicht. Dies sei das Datum der Anlage des Erstantrags in der Cloud und nicht das Datum, an dem der Antrag abgeschickt worden sei. Der Antrag sei am 4. April 2020 eingegangen.
Gemäß 2. der Förderrichtlinie dürften die vorhandenen liquiden Mittel nicht ausgereicht haben, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem fortlaufenden betrieblichen Sach-, Personal- und Finanzaufwand des Unternehmens zu zahlen. Dieser fortlaufende betriebliche Sach- und Finanzaufwand umfasse insbesondere monatlich anfallende Fixkosten. Nicht berücksichtigungsfähig seien Werbe- und Reisekosten, da diese regelmäßig mit Aufträgen einhergingen. Nicht berücksichtigungsfähig seien auch Geschäftsführergehälter von GmbH-Gesellschaftern, unabhängig von ihrer sozialversicherungspflichtigen Anstellung. Die Beklagte müsse ihr Ermessen entsprechend der Selbstbindung der Verwaltung gleich ausüben. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ergäbe sich für den Zeitraum April bis Juni 2020 ein positiver Saldo. Die Angaben zu Darlehenstilgungen seien nicht nachgewiesen; der Vortrag zur Nichtberücksichtigung der Kfz-Gestellung entspreche nicht der Förderrichtlinie. Daher überwiege wegen des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Maßgabe der Richtlinie das öffentliche Interesse am Widerruf.
Am 14. Dezember 2021 hat die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg erhoben. Die Klägerin macht geltend, dass der Widerruf- und Rückforderungsbescheid rechtswidrig sei, da die Fördervoraussetzungen vorliegen würden. Die Klägerin habe den Antrag am 31. März 2020 auf der Internetseite der Beklagten ausgefüllt und abgeschickt. Die Geschäftsführerin der Klägerin habe dies von zu Hause aus erledigt, im Beisein ihres Ehemannes. Ausweislich des elektronischen Zeitstempels sei der Antrag am 31. März 2020 02:50:44 eingegangen. Auf dem Bildschirm sei der Text „Ihre Daten wurden erfolgreich an die IFB Hamburg übermittelt. Aktuell gibt es keine Bestätigungsmail. Sie können sich nun mit der nachfolgenden Schaltfläche abmelden.“ erschienen. Einen Screenshot hat die Klägerin als Anlage K 2 vorgelegt. Die Sachbezüge aus Kfz-Gestellung seien nicht als Einnahme zu berücksichtigen, dagegen seien auf Kostenseite die Werbe- und Reisekosten sowie die Geschäftsführergehälter der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben stünden im Zeitraum März 2020 bis Mai 2020 Einnahmen in Höhe von 76.611,83 Euro förderfähige Gesamtkosten in Höhe von 99.534,65 Euro gegenüber, der Liquiditätsengpass belaufe sich auf 22.922,82 und liege damit über der erhaltenen Förderung. Die Klägerin habe zudem im Förderzeitraum insgesamt Darlehen in Höhe von 33.830,38 Euro zurückgezahlt, auf der anderen Seite sei ein Darlehenszufluss in Höhe von 10.000,- Euro zu berücksichtigen, so dass sich ein Liquiditätsabfluss aufgrund von Darlehensrückzahlungen von 23.830,38 Euro ergebe. Danach würde sich ein Liquiditätsengpass in Höhe von 46.753,20 Euro ergeben. Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren sei notwendig gewesen. Dies ergebe sich aus der Schwierigkeit der Materie.
Die Klägerin beantragt,
den Widerrufs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 23.03.2021 (Antragsnummer xxx) in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 12.11.2021, zugestellt am 18.11.2021 aufzuheben,
die Zuziehung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung vertieft sie ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, dass der Antrag der Klägerin bei der Beklagten am 4. April 2020 eingegangen sei und nicht wie auf dem Antragsformular ausgewiesen am 31. März 2020. Dies zeige ein Screenshot über den Eingang des Antrags auf dem internen System der Beklagten (Anlage B 4). Der auf dem Antrag vermerkte „Eingangszeitpunkt“ spiegele nicht den Zeitpunkt des Eingangs bei der Beklagten wieder, sondern lediglich den Zeitpunkt, zu dem der Antrag erstmalig geöffnet bzw. angelegt worden sei. Der Zeitpunkt der Anlage des Antrags und das Versenden an die Beklagte hätten auseinanderfallen können, da der Antrag in der Cloud mit aktuellem Bearbeitungsstand habe gespeichert werden können und nicht umgehend hätte versandt werden müssen. Das „Eingangsdatum“ gebe keinen Aufschluss darüber, wann der entsprechende Antrag durch den jeweiligen Antragsteller versandt worden bzw. wann der Antrag der Beklagten zugegangen sei. Die Beantragung für die HCS-Förderung sei ab dem 31. März 2020 möglich gewesen und sei am 30. März 2020 nach 23:58:02 Uhr live geschaltet worden. Nach dem Versenden der Anträge sei der Download der Anträge durch die Beklagte erfolgt. Dabei hätten aufgrund der Antragsflut an den ersten beiden Tagen nach dem 31. März 2020 nicht alle Anträge bzw. Antragsformulare heruntergeladen werden können. Der Import der Anträge bzw. Antragsformulare sei erst ab dem 2. April 2020 erfolgt. Am 6. April 2020 seien alle Anträge, die bis dahin angelegt worden seien, importiert worden. Vermerkt worden sei der für die Berechnung der Fördermonate relevante Eingang bei der Beklagten als „Eingangsdatum int.“. Dies sei vorliegend der 4. April 2020. Ab dem 8. April 2020 sei es der Beklagten möglich gewesen, die Anträge weit überwiegend am Tag des Versands durch den Antragsteller herunterzuladen. Lediglich sofern diese nach dem letzten Downloadzyklus eines Tages eingegangen seien, seien diese am darauffolgenden Tag in das SAP-System der Beklagten übertragen worden. Ab dem Zeitpunkt des Imports vom Antragsportal in das interne System der Beklagten sei es der Beklagten erstmals möglich gewesen, vom Antrag Kenntnis zu nehmen. Ausgehend vom „Eingangsdatum int.“ habe die Beklagte für alle Anträge den Förderzeitraum bestimmt. Lediglich in Fällen, die ein „Eingangsdatum int.“ vom 3. April 2020 oder davor trugen, habe die Beklagte auf ausdrücklichen Wunsch der Antragsteller den Förderzeitraum März 2020 bis Mai 2020 anstatt des Förderzeitraums April 2020 bis Juni 2020 zugrunde gelegt. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte in Bezug auf die Erläuterungen zu den verschiedenen Versionen des Antragsformulars ausgeführt, dass das Antragsformular bei einer Unterbrechung der Antragsbearbeitung und späteren Fortsetzung derselben eigenständig auf den gültigen Stand des Antragsformulars aktualisiert habe. Erst nach Erstellung der Erläuterungen sei der Rechtsabteilung der Beklagten bekannt geworden, dass das als Eingangsdatum bezeichnete Datum irreführend bezeichnet sei und immer nur den Zeitpunkt der erstmaligen Anlage des Antrags in der Cloud meine. Die Formulierung sei an die tatsächlichen technischen Verhältnisse im Nachhinein nicht mehr angepasst worden. Das im Antrag bezeichnete Datum sei nach Anlage des Antrags, auch wenn das Formular verändert wurde, nicht mehr angepasst worden. Der Eingang des Antrags auf dem Server könne nicht mehr ermittelt werden. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Februar 2022 einen Screenshot über die Antragsstellung und Belege zu den Darlehenszahlungen vorgelegt habe, seien diese zudem nicht berücksichtigungsfähig. Es würde Sinn und Zweck der Förderrichtlinie widersprechen, wenn noch im Gerichtsverfahren Unterlagen eingereicht werden dürften.
Die Klägerin erfülle die Fördervoraussetzungen nicht. Aus den vorgelegten BWAs lasse sich wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt kein Liquiditätsengpass für den förderfähigen Zeitraum April bis Juni 2020 entnehmen. Im Übrigen ergebe sich auch wenn man als Förderzeitraum die Monate März bis Mai 2020 zugrunde lege und die Sachbezüge aus Kfz-Gestellung auf Einnahmenseite berücksichtige, bei den Kosten jedoch die Werbe- und Reisekosten, die Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer und die Darlehnstilgungen nicht berücksichtige ein Liquiditätsüberschuss in Höhe von 4.768,25 Euro. Die Fördervoraussetzungen würden zudem auch deshalb nicht vorliegen, weil die Klägerin keinen Nachweis existenzbedrohlicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten durch die Corona-Krise nach dem 11. März 2020 erbracht habe. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, inwiefern die Umsatzerzielungsmöglichkeit durch die Corona-Allgemeinverfügung massiv eingeschränkt worden sei, zumal die Klägerin einen erfolgreichen Onlineshop betreibe. Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren sei nicht erforderlich gewesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 23. März 2021 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 12. November 2021, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte kann den Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit weder auf § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVfG (1.) noch auf § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HmbVwVfG (2) oder auf § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVfG (3.) stützen, weswegen die bereits ausgezahlte Zuwendung auch nicht gemäß § 49a Abs. 1 HmbVwVfG zurückgefordert werden kann (4.).
1. Der Widerruf des Bewilligungsbescheides vom 4. April 2020, mit dem der Klägerin eine einmalige Finanzhilfe von 20.000 Euro gewährt worden ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem durch den Bewilligungsbescheid gewährtem Recht. Die Voraussetzungen für den von der Beklagten nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVfG ausgesprochenen Widerruf liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. Eine solche zweckwidrige Verwendung, der mit dem bestandskräftigen Bewilligungsbescheid gewährten einmaligen Geldleistung, ist nicht festzustellen.
a) Zur Einhaltung der Zweckbestimmung hat die vormals zuständige Kammer 17 des Verwaltungsgerichts in der Entscheidung vom 14. März 2022 (17 K 4793/21, juris, Rn. 79 ff.) ausgeführt:
„Für die Beurteilung der Einhaltung der Zweckbestimmung bei der Verwendung von Fördermitteln ist der im Zuwendungsbescheid ausgewiesene Zuwendungszweck maßgebend. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 49 Abs. 3 Satz 1 HmbVwVfG. Auch wegen der besonderen Bedeutung des Zuwendungszwecks für diesen Widerrufstatbestand muss der Zweck im Bescheid selbst mit hinreichender Bestimmtheit zum Ausdruck kommen (OVG Bautzen, Urt. v. 25.6.2009, 1 A 176/09, Rn. 21, juris; Abel, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 54. Ed 1.1.2022, § 49 Rn. 74; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 49 Rn. 68). In dem fraglichen Bewilligungsbescheid ist unter der Überschrift „Zuwendungszweck“ ausgeführt, dass der Zuschuss zur Überwindung einer existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. eines Liquiditätsengpasses gewährt wird, die durch die Corona-Krise nach dem 11. März 2020 entstanden ist. Eine nähere Umschreibung des insoweit grob umrissenen Zuwendungszwecks findet sich in dem Bescheid nicht. Zum Verständnis dieser vagen Zweckbestimmung in dem Bescheid sind die Förderrichtlinie „Hamburger Corona Soforthilfe (HCS) mit finanzieller Unterstützung des Bundes“ vom 27. März 2020 sowie die auf der Internetseite der Beklagten veröffentlichten „FAQ / Hilfestellungen zum Ausfüllen des Antrages“ heranzuziehen. Durchweg ist anerkannt, dass auch Richtlinien, auf die im Bescheid Bezug genommen wird und deren näherer Inhalt infolge ihrer Veröffentlichung ohne weiteres zugänglich ist, zur Zweckbestimmung heranzuziehen sind (OVG Bautzen, Urt. v. 25.6.2009, 1 A 176/09, Rn. 21 ff. juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 23.7.2009, 10 LA 278/07, Rn.12 juris). Denn wie die Zweckbestimmung in dem Bescheid zu verstehen ist, beurteilt sich danach, wie der Adressat den Inhalt des Bescheides bei objektiver Würdigung verstehen musste und für dieses Verständnis sind auch die in diesem Bescheid in Bezug genommene Regelwerke und sonstige Informationen unter Berücksichtigung aller für den Adressaten erkennbaren Umstände relevant (OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.10.2014, 8 LA 52/14, Rn. 20, juris; Abel, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 54. Ed 1.1.2022, § 49 Rn. 74). Nur Zweckerwartungen oder Vorstellungen der gewährenden Stelle gehören nicht dazu, sodass ihre Außerachtlassung durch den Zuwendungsempfänger auch nicht zum Widerruf berechtigt (Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 49 Rn. 68).
Im Übrigen hat es die die Geldleistung gewährende Stelle aufgrund ihrer Formulierungshoheit in der Hand hat, für größtmögliche Bestimmtheit hinsichtlich der Zweckbindung in dem Bescheid selbst und durch in Bezug genommene weitere Bestimmungen wie die Förderrichtlinie zu sorgen. Unklarheiten der Zweckvorgabe gehen daher zu ihren Lasten (Suerbaum, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Auflage 2019, § 49 Rn. 133; Abel, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 54. Ed 1.1.2022, § 49 Rn. 74; Peuker, in: Knack/Henneke, VwVfG, 10. Auflage 2014, § 49 Rn. 79; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.10.2014, 8 LA 52/14, Rn. 20, juris).“
Die Kammer macht sich diese überzeugenden Ausführungen zu eigen. Insbesondere würde es gegen §§ 133,157 BGB verstoßen, wenn die Zweckverfehlung nicht aus dem Bewilligungsbescheid und der in Bezug genommenen Richtlinie, sondern allein aus nach Auffassung der Beteiligten bestehenden Förderpraxis abgeleitet wird (BVerwG, Urt. v. 25.5.2022, 8 C 11/21, juris Rn. 13; VG Bremen, Urt. v. 23.3.2023, 5 K 1300/21, juris Rn. 24).
b)Der Zuwendungszweck liegt hier in der Gewährung von Zuschüssen zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses, die durch die Corona-Krise nach dem 11. März 2020 entstanden sind, an den in der Förderrichtlinie vorgesehenen Empfängerkreis in einem Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 81). Ein diesem Zweck entsprechender Einsatz der der Klägerin gewährten Mittel liegt vor. Dafür gilt folgendes (VG Hamburg, a.a.O., Rn. 82):
„Nach dem Text des Bewilligungsbescheides und der zugrundeliegenden Förderrichtlinie setzt eine zweckentsprechende Mittelverwendung durch den Empfänger zunächst voraus, dass er überhaupt zu dem zu fördernden Kreis gehört, deren existenzbedrohliche Situation mithilfe der finanziellen Corona-Soforthilfe überwunden werden soll. Die Förderung ist hiernach - für den Adressaten klar ersichtlich - nur für einen bestimmten Empfängerkreis vorgesehen, denen die staatlichen Leistungen zugutekommen sollen. Gehört der Empfänger nicht zu diesem Kreis, ist er kein zwecktaugliches Objekt und daher von vornherein nicht zu einem zweckentsprechenden Einsatz der gewährten Zuwendung in der Lage.
Der von der Förderung bedachte Kreis ist in dem Bewilligungsbescheid unter Nr. 3.3 lediglich der Art nach genannt: Unternehmen, Selbständige und Freiberufler. Eine nähere Eingrenzung findet sich unter Nr. 2 der genannten Förderrichtlinie, die durch Veröffentlichung im Internet ohne weiteres zugänglich und deren Kenntnis auch zur erfolgreichen Antragstellung erforderlich gewesen ist. Erfasst sind danach nur Unternehmen kleiner und mittlerer Größe sowie - bei Unternehmen der Landwirtschaft - solche mit bis zu 250 Beschäftigten im Sinne von Vollzeitäquivalenten. Maßgeblich für die Einstufung als Kleinstunternehmen bzw. als kleines oder mittleres Unternehmen ist die Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen („KMU-Definition“) (ABl. der EU L 124/36 vom 20.5.2003), welche auch in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 (ABl. der EU L 187/1 vom 26.6.2014) und in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 (ABl. der EU Nr. L 193/1 vom 01.7.2014) enthalten ist. Kleinstunternehmen sind danach Unternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Mio. Euro haben. Kleine Unternehmen sind Unternehmen, die weniger als 50 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Mio. Euro haben. Mittlere Unternehmen sind Unternehmen, die weniger als 250 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro haben. Ausweislich der ebenfalls bei der Auslegung des im Bescheid angegebenen Förderungszwecks zu berücksichtigenden „FAQ / Hilfestellungen zum Ausfüllen des Antrages“ vom 30. März 2020, die wie die Richtlinie öffentlich zugänglich sind, sind die Mitarbeiter zu berücksichtigen, die zum Stichtag des 11. März 2020 dem Unternehmen oder der Betriebsstätte in Hamburg zuzuordnen waren. Selbständige sind nur einbezogen, wenn es sich um sog. Solo-Selbständige handelt. Zu den Freiberuflern zählen Angehörige der Freien Berufe sowie Künstler und Kulturschaffende. Weitere Einschränkungen ergeben sich aus den Vorgaben, dass sie – erstens - im Haupterwerb wirtschaftlich und damit dauerhaft am Markt als Unternehmen tätig sind oder als Freiberufler oder Selbständige tätig sind. „Haupterwerb“ bedeutet nach den „Hilfestellungen zum Ausfüllen des Antrages“ vom 30. März 2020, dass die selbstständige Tätigkeit mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden ausgeübt wird und mehr als die Hälfte des gesamten Einkommens ausmacht. Sie müssen – zweitens - ihre Tätigkeit von einem Unternehmenssitz oder von einer bestehenden Betriebsstätte in Hamburg aus ausführen. Drittens müssen sie bei einem deutschen Finanzamt angemeldet sein. Letztlich müssen sie – viertens - vor dem Stichtag des 11. März 2020 gegründet worden sein bzw. ihre selbständige Tätigkeit vor diesem Stichtag aufgenommen haben.
Eine weitere – hier nicht relevante - Einschränkung ergibt sich daraus, dass nur Unternehmen förderungsfähig sind, die nicht bereits am 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren gemäß Art. 2 Nr. 18 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Abwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AGVO; Abl. der EU L 187/1 vom 26.6.2014), wobei für Unternehmen, die im Fischerei- und Aquakultursektor oder in der Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätig sind, die Definition des Begriffs „Unternehmen in Schwierigkeiten“ gemäß Art. 2 Abs. 14 der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 (Abl. der EU L 193/1 vom 1.7.2014) bzw. Art. 3 Abs. 5 der Verordnung 1388/2014 (Abl. der EU L 369/37 vom 24.12.2014) gilt.“
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Sie gehört zu diesem Kreis von Unternehmen, sodass sie zu einer zweckentsprechenden Mittelverwendung in der Lage ist. Das Unternehmen fällt unter die KMU-Definition, da die Klägerin gemäß der ausgefüllten Mitarbeiterliste zum Stichtag 11. März 2020 7 Personen umgerechnet in 5,08 Vollzeitäquivalente beschäftigt hat. Ausweislich des Handelsregisterauszuges bestand das Unternehmen auch schon vor dem 11. März 2020 und hat seinen Unternehmenssitz in Hamburg.
Es ist ihr außerdem im Förderzeitraum von März 2020 bis Mai 2020 (aa) ein Liquiditätsengpass entstanden (bb). Der Liquiditätsengpass muss in Summe im Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten, dem Förderzeitraum, aufgetreten sein. Dies ergibt sich aus der Vorgabe in Nr. 4 der Förderrichtlinie (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 87). Zur Bestimmung des Förderzeitraums gilt folgendes (VG Hamburg, a.a.O. Rn. 88 ff.):
„Um welche drei Kalender-Monate es sich konkret handelt, ist in dem aufgehobenen Bewilligungsbescheid selbst nicht angegeben. Der relevante Förderzeitraum von drei Monaten ist deshalb – orientiert an dem objektivierten Empfängerhorizont – nach den Umständen zu bestimmen. Dafür ist in erster Linie maßgeblich, für welche drei zusammenhängenden Kalender-Monate der Förderungsempfänger prognostische Angaben in seinem Antrag gemacht hat, der zur fraglichen Bewilligung geführt hat. Dieses Verständnis orientiert an den Angaben des jeweiligen Antragstellers wird auch von der Bestimmung in Nr. 3.1 des Bescheides getragen, die auf den „im Antrag angegebenen Liquiditätsengpass“ Bezug nimmt.
Sind die Prognosen zum Liquiditätsengpass in dem Förderantrag nicht konkret auf einzelne Monate bezogen, so beginnt der maßgebliche Zeitraum für den Liquiditätsengpass am ersten des Monats, in dem der Förderungsantrag bei der Beklagten angebracht worden ist. Dieses Verständnis ergibt sich aus der Warte des Empfängers aus dem Umstand, dass ihm entsprechend der Förderrichtlinie mit der Corona-Soforthilfe in einer für ihn akut existenzbedrohlichen Wirtschaftslage geholfen werden soll, in die er infolge der Corona-Krise nach dem 11. März 2020 geraten ist. Es geht mithin um die aktuelle individuelle Situation im jeweiligen Kalendermonat der Antragstellung. Hinzu kommen perspektivisch die beiden folgenden Kalendermonate.
Diese Interpretation nach dem Empfängerhorizont steht im Übrigen auch mit der FAQ in Einklang, die bei Antragstellung den interessierten Antragstellern im Internet zur Verfügung stand, um sich ein präziseres Bild von den Bedingungen der Förderung machen und dementsprechend ihren Antrag sachgerecht stellen zu können. Nach den FAQ geht es um den geschätzten Liquiditätsengpass in einem Zeitraum von drei Monaten, wobei in der hier bei Antragstellung zur Verfügung gestandenen Fassung im März 2020 beispielhaft die Monate März, April und Mai angeführt sind.Auch wenn nicht ausdrücklich im Bescheid, in der Richtlinien und den FAQ von Kalender-Monaten, sondern nur von Monaten, gesprochen wird, ergibt sich diese Betrachtung aus dem Umstand, dass die Finanzbuchhaltung der Antragsteller regelmäßig kalendermonatsweise erfolgt wie auch die Abrechnung des laufenden Aufwandes etwa für Mieten, Pachten und Leasingsaufwendungen, die in Nr. 4 der Richtlinie beispielhaft als relevante Aufwandspositionen angeführt sind.“
(aa) Der Förderzeitraum umfasst hier die Monate März, April, Mai 2020, da die Klägerin für diese Monate prognostische Angaben in ihrem Antrag gemacht hat und nach dem objektiven Empfängerhorizont auch für diese Monate machen durfte. Denn es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin den Antrag bereits am 31. März 2020 abgesendet hat. Zwar kann hier der genaue Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf dem Server der Beklagten nicht mehr rekonstruiert werden, da nach dem Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zwar alle Anträge in der Cloud zunächst mit einem Zeitstempel versehen wurden, dieser Zeitstempel aber nach dem Herunterladen in das interne System der Beklagten überschrieben wurde. Da es die Beklagte selbst verschuldet hat, dass der genaue Zeitpunkt des Eingangs der Anträge nicht mehr nachvollziehbar ist, reicht die bloße Behauptung der Beklagten, dass nach ihrer internen Rechnung der Antrag nicht am 31. März 2020 gestellt worden sein könnte, nicht aus, um den von der Klägerin plausibel und überzeugend geschilderten und über den als Anlage K 2 vorgelegten Screenshot glaubhaft gemachten Antragsabsendezeitpunkt am 31. März 2020 zu erschüttern. Aus dem Screenshot, den die Geschäftsführerin der Klägerin nach ihren glaubhaften Angaben nach dem Versenden des streitgegenständlichen Förderantrags gefertigt hat, ergibt sich, dass die Klägerin den Antrag am 31. März 2020 gesendet hat. Darauf ist in der Ecke oben links als Datum 31. März erkennbar, in der Suchmaskenanzeige steht ifbhh-hcs.de, in der Mitte des Bildschirms steht folgender Text: „Ihre Daten wurden erfolgreich an die IFB Hamburg übermittelt. Aktuell gibt es keine Bestätigungsmail. Sie können sich nun mit der nachfolgenden Schaltfläche abmelden.“ Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung authentisch und unter Nennung einprägsamer Einzelheiten geschildert, wie sie auf eine Nachricht in ihrer WhatsApp-Gruppe von Unternehmern nachts darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass nunmehr die Antragstellung für das Förderprogram möglich gewesen sei und sie daraufhin „sofort losgelegt“ habe. Anhaltspunkte für eine Manipulation oder dass es sich um einen Screenshot für ein anderes Förderprogramm handelt, sind für das Gericht nicht erkennbar.
Hier war auch nicht aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO eine weitere Aufklärung angezeigt. Der Untersuchungsgrundsatz findet seine Grenze, wenn es um die Erforschung von Umständen geht, die ausschließlich oder überwiegend in der Sphäre eines Beteiligten liegen und deren Aufklärung notwendigerweise dessen Mitwirkung voraussetzt (VGH München, Beschl. v. 17.12.2021, 19 ZB 21.2450, juris Rn. 28 m.w.N.). Ein (jedenfalls für die Klägerin) unverschuldeter Beweisnotstand eröffnet im Rahmen der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Würdigung der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen die Möglichkeit, von der Wahrheit substantiierter schlüssiger und plausibler Darlegungen im Sinne wohlwollender Beurteilung auszugehen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 3.3.2021, 12 A 3135/17, juris Rn. 18 zur Unmöglichkeit den Verbleib bestimmter Vermögenswerte aufzuklären). Danach ist davon auszugehen, dass der Antrag in den frühen Morgenstunden des 31. März 2020 abgesendet wurde. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte aus ihrer internen Vorgehensweise den Rückschluss zieht, dass der Antrag nicht vor dem 4. April 2020 auf dem Server eingegangen sein kann, weil der dafür erforderliche Nachweis im Hinblick auf die Darlegungen der Klägerin zum Antragszeitpunkt durch die Beklagte nicht mehr erbracht werden konnte, weil der darüber Auskunft gebende Zeitstempel mit Herunterladen des Antrags durch die Beklagte überschrieben worden sei. Vor diesem Hintergrund und mangels belastbarer Nachweise durch die Beklagte überzeugt der Vortrag der Beklagten, dass bis zum 3. April 2020 alle im März 2020 gestellten Anträge aus der Cloud heruntergeladen worden seien und da der Antrag der Klägerin das Eingangsdatum int. 4. April 2020 aufweise, der Antrag erst im April 2020 gestellt worden sei, nicht.
Die Klägerin durfte daher nach dem objektiven Empfängerhorizont davon ausgehen, dass ihre Angaben den Förderzeitraum von März 2020 bis Mai 2020 betreffen. Das Antragsformular der Beklagten fragte die Angaben konkret zu diesem Zeitpunkt in der Fassung vom 30.03.2020 ab. Da die Klägerin ihren Antrag am 31. März 2020 abgesendet hat, muss sie auch das elektronische Antragsformular in der Fassung vom 30.03.2020 23:50 Uhr genutzt haben. Dieses sah unter Ziffer 5.1 als Eingabefeld „Höhe des geschätzten Liquiditätsengpasses in einem Zeitraum von 3 Monaten – März bis Mai 2020 (ohne persönliche Lebenshaltungskosten)“ vor. Bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont konnte die Klägerin dies nur so verstehen, dass sich die prognostischen Angaben auf den Zeitraum März bis Mai 2020 beziehen. Ausweislich der Antragsformularversionen ist erst in der Fassung vom 1. April 2020, 17:39 Uhr der Bezug zu den Monaten März bis Mai entfallen. Auch die ergänzend heranzuziehenden FAQ sahen in der bei Antragstellung am 31. März 2020 maßgeblichen Fassung vom 29. März 2020 den Bezug zu den Monaten März bis Mai 2020 vor. Bestätigt wird das Verständnis der Klägerin durch ihre Erläuterungen zum Liquiditätsengpass im Rahmen des Verwaltungsverfahrens (S. 141 des pdf- Sachakte), wonach der geschätzte Liquiditätsengpass aus den Zahlen der Monate März bis Mai 2020 errechnet wurde.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass das auf dem Antragsformular als Eingangszeitpunkt vermerkte Datum nicht den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei der Beklagten angebe, sondern nur den Zeitpunkt der erstmaligen Anlage des Antrags, ist dies vorliegend nicht relevant. Denn hier wurde der Antrag am 31. März 2020 von der Klägerin abgesendet, so dass der Zeitpunkt der erstmaligen Anlage des Antrags mit dem Zeitpunkt des Absendens übereinstimmt. Ebenso ist es nicht relevant, dass es nach dem Vortrag der Beklagten nach ihrer ständigen Verwaltungspraxis für die Bestimmung des Förderzeitraums auf den sogenannten Eingangszeitpunkt int., bei dem es sich auf den Eingang des Antrags in den Systemen der Beklagten handelt, ankomme. Wie dargelegt, bestimmt sich der Förderzweck in Widerrufskonstellationen von bereits bewilligten Förderungen nach dem objektiven Empfängerhorizont und nicht nach der Verwaltungspraxis der Beklagten. Der Bewilligungsbescheid vom 4. April 2020 nimmt hierzu auf die Angaben der Klägerin in ihrem Antrag ausdrücklich Bezug („Die Berechnung basiert auf den Angaben Ihres Förderantrags“). Da der Antrag am 31. März 2020 abgesendet wurde, mithin zu einem Zeitpunkt, in dem im Antragsformular der Zeitraum März bis Mai ausdrücklich angegeben war, entspricht das Verständnis der Klägerin, als Fördermonate auf die Monate März bis Mai 2020 abzustellen, dem objektiven Empfängerhorizont.
bb) Der Klägerin ist im Förderzeitraum von März 2020 bis Mai 2020 auch ein Liquiditätsengpass entstanden. Zur Ermittlung des Liquiditätsengpasses gilt zunächst folgendes (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 93 ff.):
„Näheres dazu, unter welchen Gegebenheiten eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. ein Liquiditätsengpass besteht, ist aus der den Empfängern bekannten Richtlinie zu entnehmen. Nach der Begriffsdefinition in Nr. 2 der Richtlinie liegt ein Liquiditätsengpass dann vor, wenn die vorhandenen liquiden Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem fortlaufenden betrieblichen Sach-, Personal- und Finanzaufwand des Unternehmens zahlen zu können.
Der Liquiditätsengpass muss in dem Förderzeitraum tatsächlich entstanden sein. Auf den bei Antragsstellung mittels einer Hochrechnung prognostizierten Liquiditätsengpass kann es bei der Betrachtung, ob die Fördermittel dem Förderzweck entsprechend eingesetzt wurden, nicht mehr ankommen. Denn die Fördermittel wurden zwar auf Grundlage des prognostizierten Liquiditätsengpasses ausgezahlt, die Klägerin durfte aber nur die Fördermittel behalten, die für die Überwindung des tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt wurden. Dies geht aus Nr. 3.1 und 3.2 des Bewilligungsbescheids hervor, wonach die Klägerin verpflichtet war, die Zuwendung anteilig zurückzuerstatten, sofern der im Antrag prognostizierte Liquiditätsengpass tatsächlich geringer ausgefallen ist.
Zur Feststellung des Liquiditätsengpasses, zu dessen Ausgleich die gewährten Mittel einzusetzen sind, bedarf es einer Saldierung der in den fraglichen drei Monaten liquiden Mittel mit den in demselben Zeitraum hiermit auszugleichenden Verbindlichkeiten.
Auf Seiten der liquiden Mittel, die zum Ausgleich von Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen, sind alle vorhandenen und in dem maßgeblichen Zeitraum generierten Barmittel und Bankguthaben einzubeziehen sowie sonstige Forderungen, die in dem betreffenden Zeitraum einbringlich sind. Auf der Aufwandsseite sind Verbindlichkeiten einzustellen, für die in dem betreffenden Drei-Monats-Zeitraum Mittel einzusetzen sind.
Nach Nr. 2 und 4 der Richtlinie ist Grundlage der Berechnung auf der Aufwandsseite der „fortlaufende betriebliche Sach-, Personal- und Finanzaufwand“, wobei als Beispiele „insbesondere“ gewerbliche Mieten, Pachten und Leasingaufwendungen genannt sind. Aufwand, der die liquiden Mittel in den drei Kalendermonaten nicht tangiert, wie etwa ein abstrakter Werteverzehr, der in Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter in die Finanzbuchhaltung Eingang findet, ist nicht zu berücksichtigen. Eine Pflicht zum Ausgleich muss auch in den betreffenden drei Kalendermonaten bestehen. Sonst entfalten sie keine Auswirkungen auf die Liquiditätslage in dem betreffenden Zeitraum, sondern erst danach. Eine Zuordnung von Verpflichtungen ist in der Regel bei Fälligkeit der Forderung in dem fraglichen Zeitraum gegeben.
Schließlich muss es sich um sog. kurzfristige Verbindlichkeiten aus dem fortlaufenden betrieblichen Sach-, Personal- und Finanzaufwand des Unternehmens handeln, wie es der in der Richtlinie angeführten Definition des Liquiditätsengpasses zu entnehmen ist. Durch die Verwendung des Begriffs „fortlaufend“ wird verdeutlicht, dass der Zuwendungsempfänger nach dem Sinn und Zweck der Förderrichtlinie seine Liquidität durch nicht notwendigerweise anfallende Kosten nicht künstlich schmälern und einen Ausgleich dafür fordern können soll. So können etwa Kosten für Waren, die in dem Förderzeitraum zur Generierung von Umsätzen benötigt werden, unter die angeführte Definition gefasst werden, da diese für das Fortlaufen des Betriebs unerlässlich sind. Eine Aufstockung des Warenlagers über die für den Zeitraum erforderliche Menge hinaus, soll hingegen nicht gefördert werden, da es der Zuwendungsempfänger diesbezüglich in der Hand hat, seine Liquidität nicht weiter zu verknappen. Bei der Beurteilung, welche Aufwendungen in dem Förderzeitraum für den fortlaufenden Betrieb für erforderlich erachtet werden konnten, kommt es auf eine verständige Würdigung aller objektiv erkennbaren Umstände an.“
Bei der Klägerin bestand nach den von ihr eingereichten Unterlagen in den drei genannten Monaten ein solcher Liquiditätsengpass jedenfalls in Höhe des ihr zugewendeten Betrages von 20.000 Euro. Sie verfügte im Förderzeitraum auf Einnahmenseite über liquide Mittel in Höhe von 126.378,26 Euro, welchen Verbindlichkeiten in Höhe von 149.301,08 Euro gegenüberstanden.
Die für die Ermittlung des Liquiditätsengpasses einzustellenden Beträge sind grundsätzlich der von der Klägerin vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) zu entnehmen, da diese auf der Finanzbuchhaltung des Unternehmens beruhen und in der Regel eine Gewähr für die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit bieten. Dabei ist zu beachten, dass die in BWA ausgeworfene Summe zum Betriebsergebnis nicht unbesehen übernommen werden kann. Vielmehr kann die Prüfung einzelner Positionen erforderlich sein, weil BWA nicht durchweg nach Prinzipien erstellt werden, die für die Feststellung des Liquiditätsengpasses im vorliegenden Zusammenhang maßgeblich sind (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 100 ff.). Ausschlaggebend ist, ob es sich um betriebsbezogene Positionen handelt, welche sich tatsächlich auf die vorhandene Liquidität im Förderzeitraum im Sinne einer Erhöhung bzw. Minderung der kurzfristigen Zahlungsfähigkeit auswirken. Der Begriff der liquiden Mittel wird in der Förderrichtlinie nicht definiert. Bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont sind darunter die tatsächlich verfügbaren liquiden Mittel zu verstehen. Dies entspricht auch dem üblichen Sprachgebrauch, wonach als liquide Mittel diejenigen finanziellen Mittel zusammengefasst werden, die dem Unternehmen für eine sofortige Begleichung von Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen (VG Hamburg, Urt. v. 28.9.2022, 17 K 4829/21, juris Rn. 75).
(1) Die Klägerin verfügte im Förderzeitraum auf Einnahmenseite über liquide Mittel in Höhe von 126.378,26 Euro. Dies ergibt sich aus den in den BWA für März, April und Mai ausgewiesenen Umsatzerlöse.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die in den BWA ausgewiesenen sonstigen Erlöse – verrechnete sonstige Sachbezüge aus Kfz-Gestellung in Höhe von monatlich 965,27 Euro nicht auf Einnahmenseite bei den liquiden Mitteln zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich (insoweit nach übereinstimmendem Vorbringen der Beteiligten) um einen buchhalterischen Vorgang, der aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften den Zufluss nur rechnerisch erhöht. Es liegt aber kein tatsächlicher Zahlungseingang zugrunde. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte nach ständiger Verwaltungspraxis den steuerrechtlich begründeten Buchungsposten Sachbezüge aus Kfz-Gestellung auf Einnahmenseite berücksichtigt, um die aus Sicht der Beklagten in den grundsätzlich auf Ausgabenseiten berücksichtigungsfähigen Kfz-Kosten versteckten Anteil privat veranlasster Kosten zu kompensieren. Denn wie gezeigt kommt es nach Erlass des Bewilligungsbescheids auf die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont an. Dies gilt insbesondere auch für die Ermittlung des Liquiditätsengpasses; später entwickelte oder veröffentlichte Berechnungsweisen sind insoweit in einer Widerrufskonstellation wir hier nicht relevant (vgl. insoweit OVG Münster, Urt. v. 17.3.2023, 4 A 1988/22, juris Rn. 140 f., 178 f.). Danach war für die Klägerin aus dem Bewilligungsbescheid, der dort in Bezug genommenen Förderrichtlinie und den ergänzend heranzuziehenden FAQ nicht erkennbar, dass steuerrechtlich veranlasste Buchungspositionen als Einnahme zu berücksichtigen sind. Nach der im Bewilligungsbescheid in Bezug genommenen Förderrichtlinie muss der Antragsteller versichern, dass die vorhandenen liquiden Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten (…) zu zahlen. Die zum Zeitpunkt der Antragstellung verfügbaren FAQ Stand 29. März 2020 nehmen auf die laufenden Umsätze und verfügbaren liquiden Mittel Bezug. Aus beidem lässt sich gerade nicht ableiten, dass rein buchhalterische Positionen auf Einnahmenseite zu berücksichtigen sind. Es kann dabei dahinstehen, ob für die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont auch die im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheids verfügbaren FAQ heranzuziehen sind. Denn auch die FAQ Stand 4. April 2020 weisen zur Frage, ob Brutto- oder Nettobeträge anzusetzen seien, darauf hin, dass der Liquiditätsengpass auf Basis von zahlungswirksamen Vorgängen zu berechnen ist und rein buchhalterische Vorgänge, die im Zeitraum nicht zahlungswirksam werden, nicht zu berücksichtigen sind.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Sachbezüge aus Kfz-Gestellung auch nicht deshalb auf Einnahmenseite zu berücksichtigen, weil die Beklagte auf Kostenseite die Kfz-Kosten insgesamt als Kostenposition berücksichtigt, ohne dort aus Sicht der Beklagten enthaltene privat veranlasste Kosten herauszurechnen. Zunächst kommt es für die Ermittlung des Liquiditätsengpasses – wie gezeigt – allein auf die tatsächlichen die Zahlungsfähigkeit erhöhenden bzw. mindernden Zahlungsvorgänge an. Bei grundsätzlich berücksichtigungsfähigen tatsächlichen betrieblichen Einnahmen und/oder Ausgaben kommt eine wertende Korrektur daher nur ausnahmsweise in Betracht, sofern dies für den Begünstigten erkennbar war. Unabhängig davon, dass es bei der maßgeblichen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht erkennbar war, konnte die Beklagte auch nicht darlegen, inwieweit und in welcher Höhe tatsächlich privat veranlasste Kosten zu kompensieren wären. Es kann dahinstehen, inwieweit die Kfz-Gestellung hier Gehaltsbestandteil ist und sie deshalb bereits keine versteckten privaten Kosten darstellen, weil die auch zulässige Privatnutzung des Kfz von den Mitarbeitern (ebenso wie das sonstige Gehalt) zu versteuern ist und tatsächlich auch keine verdeckte Abrechnung rein privater und vom Geschäft der Klägerin losgelöster Kosten darstellt. Sofern die Klägerin ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihre Fahrzeuge über den geschäftlichen Bereich hinausgehend zur Verfügung stellt und dies von den Mitarbeitern als Vorteil auch zu versteuern ist, liegen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um letztlich im Geschäft bzw. der Unternehmensstruktur der Klägerin fremde, rein private Kostenpositionen handelt.
(2) Auch zur Feststellung der Beträge, die den auf Einnahmenseite verfügbaren liquiden Mitteln auf Ausgabenseite gegenüberzustellen sind, kann auf die vorgelegte BWA zurückgegriffen werden. Auf Aufwandseite sind der BWA die Beträge für den fortlaufenden betrieblichen Sach-, Personal- und Finanzaufwand zu entnehmen (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 103). Aus dem Begriff der fortlaufenden Kosten kann bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont hier nicht geschlossen werden, dass – wie die Beklagte meint – allein Fixkosten zu berücksichtigen sind. Die Förderrichtlinie nimmt in der Definition des Liquiditätsengpasses auf den fortlaufenden betrieblichen Sach-, Personal- und Finanzaufwand Bezug. Die FAQ in der hier maßgeblichen Fassung vom 29. März 2020 sowie das Antragsformular in der hier maßgeblichen Fassung vom 30. März 2020 (dort unter Ziffer 5.2) verwenden den Begriff der Gesamtbetriebskosten bzw. der fortlaufenden betrieblichen Kosten. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Beklagte in ihrer Verwaltungspraxis nicht nur Fixkosten als Kostenposition anerkennt, sondern etwa auch der Höhe nach monatlich variierende Kosten des Material- und Wareneinkaufs zur Erzielung von Einnahmen im Förderzeitraum und in bestimmten Fällen auch Ersatzinvestitionen (vgl. FAQ Rückmeldeverfahren Stand 21.1.2022). Der Begriff der fortlaufenden Kosten erfasst zwar regelmäßig Fixkosten und andere der Art und Höhe nach wiederkehrende Kostenpositionen, ist aber nicht darauf beschränkt. Maßgeblich ist, ob es sich um eine dem Betrieb des Gewerbes, der freiberuflichen Tätigkeit oder dem Unternehmen zuzurechnende, nicht ungewöhnlich erscheinende Position handelt, die grundsätzlich nicht der privaten Lebensführung des Gewerbetreibenden, Freiberuflers oder Unternehmers zuzuordnen ist und zum Fortlaufen des Betriebes erforderlich ist, wobei es auf eine verständige Würdigung der objektiv erkennbaren Umstände ankommt (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 98). Dass es sich bei einer Ausgabenposition um eine bisher dem Grunde und der Höhe nach nicht wiederkehrende Ausgabenposition in dem konkreten Geschäftsbetrieb handelt, führt für sich genommen – ohne dass die Beklagte dies substantiiert in Zweifel zieht – noch nicht dazu, dass eine Ausgabenposition als nicht dem Unternehmen zuzurechnen bzw. im Betrieb des Unternehmens ungewöhnliche, nicht förderfähige Position anzusehen wäre. Bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont sollten die Zuwendungsempfänger grundsätzlich trotz pandemiebeschränkter Einschränkungen ggf. mit pandemiebedingten Anpassungsmaßnahmen ihren Geschäftsbetrieb jedenfalls im Hinblick auf die Deckung laufender, nicht stundungsfähiger Kosten ungestört fortführen können. Andererseits soll es der Zuwendungsempfänger aber nicht in der Hand haben, seine Liquidität durch im Förderzeitraum nicht erforderliche Aufwendungen „künstlich“ zu verknappen.
Nach Maßgabe dessen sind entgegen der Auffassung der Beklagten neben den unstreitig zu berücksichtigenden Raumkosten, den Personalkosten (ohne die Gesellschaftergeschäftsführergehälter), den Wareneinsatzkosten, den Kfz-Kosten, den Kosten für Versicherungen/Beiträge und Warenabgabe sowie sonstigen Kosten auch die Geschäftsführergehälter der GmbH-Gesellschafterinnen in Höhe von insgesamt 22.740 Euro (7.580,- Euro monatlich) sowie die Werbe- und Reisekosten in Höhe von 3.082,25 Euro (854,11 Euro im März 2020, 276,39 Euro im April 2020 und 1.951,75 Euro im Juni 2020) zu berücksichtigen.
(a) Die Geschäftsführergehälter der sozialversicherungspflichtig angestellten GmbH-Gesellschafterinnen sind vorliegend als Personalkosten zu berücksichtigen. Es handelt sich um für den Betrieb erforderliche, fortlaufende und wiederkehrende Kosten. Wie dargelegt, kommt es auch insoweit auf die Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont an. Ausweislich der im Bewilligungsbescheid in Bezug genommenen Förderrichtlinie geht es um die Deckung von kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem fortlaufenden betrieblichen Sach-, Personal- und Finanzaufwand. Die bei Antragstellung maßgebliche FAQ (Stand 29. März 2020) nennen für die Höhe der monatlichen Gesamtbetriebskosten die fortlaufenden betrieblichen Kosten inklusive Personalaufwände, die nicht über Kurzarbeitergeld gedeckt werden können. Der Begriff Personalaufwand wird dabei nicht näher definiert. Im Rechnungswesen werden unter den Personalkosten alle durch den Einsatz von Arbeitnehmern entstehenden Kosten verstanden, namentlich Löhne, Gehälter, gesetzliche und freiwillige soziale Aufwendungen sowie alle übrigen Personalnebenkosten (vgl. Personalkosten • Definition | Gabler Wirtschaftslexikon; https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/personalkosten-45374). Dies kann bei der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergänzend berücksichtigt werden. Das Gehalt von GmbH-Geschäftsführern, die wie hier sozialversicherungspflichtig angestellt sind, gehört unabhängig von der Frage, ob dies bei Mehrheitsgesellschaftern oder alleingeschäftsführenden Gesellschaftern anders zu bewerten wäre, zu den Personalkosten. Geschäftsführer, die zugleich Gesellschafter des Unternehmens sind, können zwar die vertraglichen Grundlagen der Anstellung der Geschäftsführer mitgestalten und haben darüber hinaus u.a. Gewinnbeteiligungsmöglichkeiten. Hier sind die beiden Geschäftsführerinnen aber nicht Allein-/Mehrheitsgesellschafter, sondern haben jeweils einen Gesellschafteranteil von 44,5 Prozent. Dies schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten zumindest ein. Hinzu kommt, dass die Geschäftsführerinnen bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig angestellt sind und – wie andere Angestellte - einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Gehaltszahlung gegenüber der Klägerin haben. Dies stellt gerade den Unterschied zu nichtsozialversicherungspflichtig angestellten geschäftsführenden Gesellschaftern dar, die ihre Entlohnung eigenständig entnehmen. Aus der Förderrichtlinie und den bei Antragstellung maßgeblichen FAQ lässt sich nicht entnehmen, dass nicht stundungsfähige Kosten wie arbeitsvertraglich geschuldete Gehälter nicht zu berücksichtigen sind. Bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont war für die Klägerin daher gerade nicht ersichtlich, dass der Begriff Personalkosten nicht Gesellschafter-Geschäftsführer-Gehälter erfasst. Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anwendung hat das Gericht nicht. Aus den vorliegenden BWA ist ersichtlich, dass die Gesellschafter-Geschäftsführerinnen monatlich gleichbleibende Gehälter erhielten und insbesondere das monatliche Gehalt sich auch vor dem Förderzeitraum etwa bereits im Dezember 2019 auf 7.580 Euro belief.
Auf die von der Beklagten vorgetragene Verwaltungspraxis kommt es hier nicht entscheidend an. Wie dargelegt ist bei einem Widerruf wegen Zweckverfehlung eine Auslegung die sich allein an der Verwaltungspraxis orientiert unzulässig (BVerwG, Urt. v. 22.5.2022, 8 C 11.21, juris Rn. 13). Soweit die Beklagte auf die FAQ in den Fassungen ab 4. April 2020 verweist, ergibt sich daraus kein abweichendes Ergebnis. Zum einen lagen diese FAQ bei Antragstellung am 31. März 2020 nicht vor. Zum anderen betrifft die Frage in den FAQ Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften, die kein Gehalt, sondern eine Eigenentnahme erhalten. Daraus folgt nicht, dass Gehälter von sozialversicherungspflichtig angestellten GmbH-Geschäftsführer-Gesellschaftern nicht berücksichtigungsfähig sind, weil an der – wie oben angesprochenen – Vergleichbarkeit von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen mit Eigenentnahmen fehlt, deren Anlass und Höhe in der freien Entscheidung des nicht sozialversicherungspflichtig angestellten geschäftsführenden (Mehrheits- bzw. Einzel-) Gesellschafters steht.
(b) Die Werbe- und Reisekosten in Höhe von 3.082,25 Euro im Förderzeitraum März bis Mai 2020 sind als fortlaufender betrieblicher Sachaufwand zu berücksichtigen. Wie dargelegt, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob es sich dabei um Fixkosten handelt, sondern darauf, ob diese Kosten für das Fortlaufen des Betriebs im Förderzeitraum bei verständiger Würdigung der objektiv erkennbaren Umstände erforderlich waren. Die Position Werbe- und Reisekosten erfasst nach den glaubhaften und nachvollziehbaren Erläuterungen der Klägerin insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor allem die Kosten für Werbeetiketten für den Verkauf von Waren und Kosten für ein Blumen-Abo, das die Klägerin während des Lockdowns ihren Kunden über ihren Online-Shop angeboten hatte, wobei sie die Blumen von ortsansässigen Blumenläden bezog. Es handelt sich dabei eigentlich um Kosten für den Wareneinkauf. Dass die Klägerin darüber hinaus auch Kosten für Blumen zur Dekoration des Ladengeschäfts für die Präsentation im Rahmen des Online-shops und – in geringem Umfang – auch Taxikosten und Kosten für Bewirtung von jungen Mitarbeitern, die während des Lockdowns im Online-Shop gearbeitet haben, führt nicht dazu, dass es sich um eine ungewöhnliche, nicht betrieblich veranlasste Position handeln würde, die nicht zur Erzielung von Einnahmen erforderlich gewesen wäre. Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anwendung hat das Gericht nicht, insbesondere sind die Ausgaben für Werbe- und Reisekosten im Förderzeitraum im Vergleich zu anderen Monaten keine der Höhe nach auffälligen Ausreißer, bei denen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese zur künstlichen Liquiditätsminderung in Ansehung der erhaltenen Förderung vorgenommen wurden
(c) Ungeachtet des Vorstehenden wäre die Klage auch begründet, wenn man die Geschäftsführergehälter der Gesellschafterinnen in Höhe von 22.740,- Euro und die Werbe-und Reisekosten in Höhe von 3.082,25 Euro im Förderzeitraum nicht berücksichtigt, jedoch die von der Klägerin jedenfalls im Klageverfahren dargelegten Darlehenstilgungen in Höhe von 23.830,38 Euro. Die den auf Einnahmenseite zu berücksichtigenden liquiden Mitteln in Höhe von 126.378,26 Euro stünden dann zu berücksichtigende in Höhe von 147.308,83 Euro gegenüber.
Die Darlehenstilgungen sind bei der Ermittlung des Liquiditätsengpasses zu berücksichtigen. Zwar werden sie in der Förderrichtlinie nicht explizit genannt. Die hier maßgeblichen FAQ vom 29. März 2020 weisen bei der Höhe des geschätzten Liquiditätsengpasses jedoch ausdrücklich darauf hin, dass neben den Gesamtbetriebskosten nicht stundungsfähige Tilgungen zu berücksichtigen sind. Die Darlehenstilgungen (monatliche Raten in Höhe von 684,- Euro, 800 Euro und 1.500 Euro sowie eine Rückzahlung in Höhe von 25.694,38 Euro und ein Zufluss in Höhe von 10.000,- Euro) sind aus dem als Anlage K 3 vorgelegten Kontoauszug ersichtlich und waren für das Fortlaufen des Betriebs im Förderzeitraum bei verständiger Würdigung der objektiv erkennbaren Umstände erforderlich. Der Berücksichtigungsfähigkeit der Darlehenstilgungen steht, wie gezeigt, nicht entgegen, dass es sich nicht um den monatlich gleichen Tilgungsbetrag handelt. Denn zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der anschaulichen Schilderung der Geschäftsführerin in der mündlichen Verhandlung fest, dass die Klägerin die privat gewährten Darlehen für Einkauf/Bestellung von Waren im Großhandel benötigt und statt einer Kreditlinie bei einer Bank private Darlehen aufnimmt und diese monatlich zurückzahlt. Insoweit bestehen auch keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten. Denn die Neugewährung eines Darlehens in Höhe von 10.000,- Euro, die Rückzahlung eines anderen Darlehens in Höhe von 25.694,38 Euro und die wiederkehrenden Darlehenstilgungen in Höhe von 684 Euro und 800 Euro wurden ausweislich des Kontoauszugs vor Antragstellung (am 31. März 2020) getätigt bzw. begonnen. Unter Einberechnung des Darlehenszuflusses in Höhe von 10.000 Euro ergibt sich ein den Zuwendungsbetrag in Höhe von 20.000 Euro übersteigender Liquiditätsengpass.
dd) Eine Zweckverfehlung im Sinne von § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVfG liegt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb vor, weil die Klägerin nicht durch die Corona-Krise in existenzbedrohliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre bzw. dies nicht nachgewiesen hätte. Weder aus dem Bewilligungsbescheid noch aus der Förderrichtlinie ist hinreichend ersichtlich, inwieweit dies eine zum Vorliegen eines Liquiditätsengpasses zusätzliche oder eigenständige Voraussetzung sein soll. Zudem werden nicht einheitliche Formulierungen verwendet. Im Bewilligungsbescheid heißt es unter Zuwendungszweck, dass im Rahmen des Förderprogramms nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt werden, die durch die Corona-Krise nach dem 11. März 2020 entstanden sind. Ausweislich der Förderrichtlinie muss der Antragsteller bei Antragstellung versichern, nach dem 11. März 2020 durch die Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten zu sein, die seine Existenz bedrohen. Dazu muss der Antragsteller versichern, dass die vorhandenen liquiden Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem fortlaufenden betrieblichen Sach-, Personal und Finanzaufwand des Unternehmens zu zahlen (Liquiditätsengpass). Nach Nr. 4 der Förderrichtlinie orientiert sich die Zuwendung am versicherten Liquiditätsengpass. Im maßgeblichen Antragsformular Stand 29. März 2020 musste die Klägerin unter Ziffer 7.1 versichern, dass ihre wirtschaftliche Tätigkeit seit dem 11. März 2020 durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist, da (7.1.1) mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 11. März 2020 durch die Krise weggefallen sind oder (7.1.2) ein Umsatz- bzw. Honorarrückgang im laufenden und/oder zurückliegenden Monat von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem Umsatz der gleichen Monate im Vorjahr oder (7.1.3) die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch die Corona-Allgemeinverfügungen massiv eingeschränkt wurden.
Unabhängig von den nicht klar übereinstimmenden Formulierungen erfüllt die Klägerin jedenfalls die Voraussetzung nach Ziffer 7.1.3, dass ihre Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch die Corona-Allgemeinverfügung massiv eingeschränkt wurden. Denn sie musste ihr Ladengeschäft auf Grund der Corona-Allgemeinverfügung bzw. Eindämmungsverordnung schließen. Bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont stellt sich die Alternative unter 7.1.3 als selbstständige Alternative dar. Die Zuwendung sollte erkennbar nicht an Unternehmen fließen, die weder von den Schließungsverfügungen noch sonst durch die Corona-Krise betroffen waren (vgl. etwa zu Kuriergewerbe VG Berlin, Urt. v. 28.4.2023, 26 K 84/22, juris Rn. 37). Dass die Klägerin versucht hat, durch den Ausbau ihres Online-Shops den wie gezeigt entstandenen Liquiditätsengpass zu mindern, ändert nichts an der massiven Einschränkung der Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch die Schließung des Ladengeschäfts.
c) Entgegen der Ansicht der Beklagten sind auch die erstmals im gerichtlichen Verfahren beigebrachten Unterlagen zum Beleg der für den Liquiditätsengpass relevanten Umstände bei der gerichtlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheids zu berücksichtigen. Für die Beurteilung, ob die Zuwendung zur Überwindung eines Liquiditätsengpasses im Förderzeitraum und damit ob sie zweckentsprechend eingesetzt wurde, kommt es darauf an, ob der tatsächliche Liquiditätsengpass im Förderzeitraum genauso hoch oder höher als die ausgezahlte Billigkeitsleistung war. Denn nur, wenn im Förderzeitraum ein Liquiditätsengpass in Höhe der Billigkeitsleistung bestand, konnte die Zuwendung auch zur Überbrückung dieses Liquiditätsengpasses eingesetzt werden. Im Rahmen dieser Beurteilung ist eine nach dem Förderzeitraum eingetretene Veränderung der Sachlage unbeachtlich. Daher kommt es hier auch nicht auf die von der Beklagten aufgeworfenen Frage an, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs- und Rückforderungsbescheides die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung oder der letzten mündlichen Verhandlung ist. Die von der Klägerin eingereichten Unterlagen dienen dem Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung, verändern diese aber nicht. Maßgeblich ist allein die objektive Sachlage, die im Förderzeitraum bestand, für den die Mittel ausgebracht worden sind. Angaben, Erläuterungen und Unterlagen, die Aufschluss geben oder zumindest relevante Anhaltspunkte liefern können, wie sich die Sachlage seinerzeit dargestellt hat, sind einzubeziehen, auch wenn sie erst im gerichtlichen Verfahren eingeführt werden (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 106 ff. m.V.a. BVerwG, Beschl. v. 27.6.1997, 1 B 132/97; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.5.2012, 8 LA 198/11, jeweils juris; VG Hamburg, Urt. v. 28.9.2022, 17 K 4829/21, juris Rn. 97).
Zu einer solchen Aufklärung ist das Gericht grundsätzlich verpflichtet. Dass – bezogen auf einen in der Vergangenheit liegenden maßgeblichen Zeitpunkt – erst später Erkenntnismittel zugänglich werden, ändert nichts an der Pflicht des Gerichts aus § 86 Abs. 1 VwGO zu deren Heranziehung (BVerwG, Beschl. v. 21.11.2022, 3 B 1/22, juris Rn. 13). Damit erlaubt und gebietet das deutsche Verwaltungsprozessrecht, der gerichtlichen Entscheidung auch solche Erkenntnisse zugrunde zu legen, die erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgrund der gebotenen Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen nach § 86 VwGO gewonnen wurden, die aber über die Sachlage zum maßgeblichen Zeitpunkt Auskunft geben (BVerwG, Beschl. v. 21.11.202, 3 B 1/22, juris Rn. 13; BVerwG, Urt. v. 25.2.2010, 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149, juris Rn. 22). Die Auffassung der Beklagten, es seien nur bereits im Verwaltungsverfahren existente und vorgelegte Erkenntnisse zu berücksichtigen, führte demgegenüber zu einer Präklusion der nicht im Verwaltungsverfahren vorgelegten Erkenntnisse im gerichtlichen Verfahren. Die für eine solche Präklusion erforderliche gesetzliche Grundlage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 - 7 AV 1.02 – Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1 S. 3) ist nicht ersichtlich (BVerwG, Beschl. v. 21.11.2022, 3 B 1/22, juris Rn. 13); VG Hamburg, Urt. v. 6.2.2023, 16 K 3278/21, n.v.).
bb) Etwas Anderes gilt vorliegend auch nicht aufgrund von Besonderheiten der hier vorliegenden Billigkeitsleistung oder im Zuwendungsrecht.
(1) Soweit die Beklagte betont, nach Erlass des Widerspruchbescheids vorgelegte Unterlagen dürften nicht berücksichtigt werden, weil nach Ziffer 1.1 des Anhangs der Förderrichtlinie Anträge, die nicht bis spätestens 30. Juni 2020 vollständig und mängelfrei eingereicht worden seien, abgelehnt werden könnten, verkennt die Beklagte, dass diese Regelung der Förderrichtlinie die Frage der Leistungsgewährung betrifft. Darauf folgt aber nichts für die hier relevante Frage, ob nach erfolgter Bewilligung im Fall des Widerrufs wegen Zweckverfehlung bei einer dagegen gerichteten Anfechtungsklage Unterlagen, die zum Nachweis der zweckgemäßen Verwendung der Zuwendung im Förderzeitraum im gerichtlichen Verfahren eingereicht werden, bei der Beurteilung berücksichtigt werden dürfen. Im Übrigen handelt es sich bei den Regelungen in der Förderrichtlinie bereits nicht um eine für eine Präklusion erforderliche gesetzliche Regelung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.11.202, 3 B 1/22, juris Rn. 13). Das gilt gleichermaßen für die Ansicht der Beklagten, aus Sinn und Zweck der Förderrichtlinie und deren kurzen Geltungsdauer oder aus Sinn und Zweck des Widerspruchverfahrens folge eine Präklusion. Auch insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für eine Präklusion.
(2) Soweit die Beklagte die Nichtberücksichtigung von im gerichtlichen Verfahren mit allgemeinen Erwägungen betreffend das Zuwendungsrecht, insbesondere gesteigerte Mitwirkungspflichten der Zuwendungsempfänger begründet, führt dies ebenfalls nicht zu einer Präklusion von im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen.
Die in den Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheids angeführten Mitwirkungspflichten enthalten keine Präklusion in Bezug auf im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Unterlagen. Soweit nach Ziffer 3.1, 3.2 des Bewilligungsbescheids eine Erstattungspflicht im Falle eines niedrigeren als des prognostizierten Liquiditätsengpasses und in Ziffer 3.5 eine Pflicht zur Auskunftserteilung auf Verlangen der Beklagten angeführt wird, konnte der Kläger daraus nicht eindeutig erkennen, welches Verhalten zu welchem Zeitpunkt gefordert wird und welche Unterlagen relevant und vorzulegen sind (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris, Rn. 113 ff.). Eine Pflicht, die von der Beklagten erst später angeforderten und konkretisierten Unterlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorzulegen mit der Folge, dass im Fall eines Widerrufs später vorgelegte Unterlagen nicht mehr berücksichtigt würden, ist daraus nicht ersichtlich.
Eine Präklusion in Bezug auf nicht im Verwaltungsverfahren vorgelegte Unterlagen folgt auch nicht allgemein aus gesteigerten Mitwirkungspflichten im Zuwendungsrecht. Vielmehr wird im Zuwendungsrecht in vielen Fällen den Zuwendungsempfängern per Auflage ein Verwendungsnachweis mit Fristsetzung auferlegt, in diesen Fällen wird auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abgestellt (OVG Greifswald, Urt. v. 20.2.2002, 2 L 137/01, NordÖR 2002, 382; VGH München, Beschl. v. 25.1.2021, 6 ZB 20.2162, juris Rn. 17) und - soweit die auferlegte Verwendungsnachweisprüfung nicht ordnungs- und fristgemäß erfolgte - eine Nachholung des Verwendungsnachweises im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen (VGH München, Beschl. v. 25.1.2021, 6 ZB 20.2162, juris Rn. 15 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 5.2.1987, 5 S 2954/86, NVZ 1987, 520; differenzierend bei objektiv zweckgemäßer Verwendung Sächs. OVG, Urt. v. 9.6.2022, 6 A 365/19, juris Rn. 27 ff., 50 ff.; vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 49 Rn. 57). Dies lässt sich auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen. Denn ein Verwendungsnachweis binnen einer bestimmten Frist war nach Ziffer 1.4 Anhang Förderrichtlinie ausdrücklich nicht erforderlich und wurde dem Kläger auch nicht im Wege einer Auflage auferlegt (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, Rn. 110 ff.).
Soweit die Beklagte Entscheidungen betreffend Leistungsklagen auf die Gewähr von Billigkeitsleistungen anführt (VG Bremen Urt. v. 20.1.2022, 5 K 40/21, Rn. 21 f.; VGH Bayern, Beschl. v. 18.5.2020, 6 ZB 20.438, juris Rn. 15; VG Würzburg, Urt. v. 3.8.2020, W 8 K 20.743, juris, Rn. 31; VG München, Beschl. v. 25.6.2020, M 31 K 20.2261, juris Rn. 19; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 3.12.2021, 19 K 2760/20, BeckRS 2021, 39690, Rn. 23; VG Würzburg, Urt. v. 26.7.2021, W 8 K 20.2031, juris Rn. 21; VG Weimar, Urt. v. 17.9.2020, 8 K 609/20, juris Rn. 26; VG Weimar, Urt. v. 29.1.2021, 8 K 795/20, BeckRS 2021, 6171, Rn. 28 f.; VG Leipzig, Urt. v. 21.4.2022, 5 K 76/21, juris; VGH München, Urt. v. 9.12.1999, 12 B 97.1492; OVG Magdeburg, Urt. v. 9.12.2004, 1 L 147/04), sind diese auf die vorliegende Anfechtungsklage bereits wegen unterschiedlicher Prüfungsmaßstäbe nicht übertragbar.
Auch die weiteren von der Beklagten angeführten Entscheidungen stützen ihre Auffassung nicht. Teilweise betreffen sie ausschließlich die Frage des maßgeblichen Entscheidungszeitpunkts, ohne die davon zu unterscheidende Frage (dazu BVerwG, Beschl. v. 21.11.2022, 3 B 1/22, juris Rn. 13) der Berücksichtigung von Unterlagen zum Nachweis von Umständen zum relevanten Entscheidungszeitpunkt zu erörtern (VG Düsseldorf, Urt. v. 12.1.2021, 20 K 4706/20, BeckRS 2020, 39337 Rn. 24; VG Berlin, Urt. v. 20.1.2022, 5 K 40/21, juris Rn. 21) oder berücksichtigen ausdrücklich auch Unterlagen, die im Gerichtsverfahren vorgelegt wurden (VG Würzburg, Urt. v. 21.6.2021, W 8 K 20.1303, BeckRS 2021, 16951, Rn. 33, 35; SächsOVG, Urt. v. 16.2.2016, 1 A 677.13, juris Rn. 61, 77).
2. Der Widerruf kann auch nicht auf § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HmbVwVfG gestützt und in einen solchem umgedeutet werden. Dazu gilt folgendes (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 110 ff.):
„Nach dieser Vorschrift darf ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Zwar begründet die Beklagte den Widerrufsbescheid mit dem Umstand, dass die Klägerin gegen ihre Mitwirkungspflicht aus der Förderrichtlinie und dem Bewilligungsbescheid verstoßen habe, jedoch begründet dieser Vortrag – seine Richtigkeit unterstellt – keinen Auflagenverstoß im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HmbVwVfG, weil der Bewilligungsbescheid keine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 HmbVwVfG enthält. Die verschiedentlich in dem Bescheid unter den Überschriften „Allgemeine Bestimmungen“, „Verwendungsprüfung“, „Mitteilungspflichten“ und „Auflagen“ enthaltenen Direktiven haben nicht die Qualität von Auflagen nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Sie sind nicht bestimmt genug, um bei einem Verstoß einen Widerrufsgrund zu begründen. Eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr.4 HmbVwVfG ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Die Verhaltenspflicht wird durch selbstständige hoheitliche Anordnung begründet, die alle Begriffsmerkmale des § 35 S. 1 HmbVwVfG erfüllt und daher ihrerseits als Verwaltungsakt qualifiziert wird. Die Bestimmungen im Bewilligungsbescheid, die als Auflage angesehen werden könnten, sind zu unbestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 HmbVwVfG um diesen Anforderungen zu genügen. Der Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit bedeutet einerseits, dass der Adressat in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist; zum anderen folgt daraus, dass der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.7.2008, 7 C 38.07, BVerwGE 131, 259 und Rn. 11, juris; Urt. v. 15.2.1990, 4 C 41.87, BVerwGE 84, 335 und Rn. 29, juris; OVG Koblenz, Urt. v. 10.10.2018, 8 C 11694/17, Rn. 77, juris). Eine Auflage ist dann hinreichend bestimmt, wenn der Inhalt der getroffenen Regelung im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen für die Beteiligten, insbesondere für den Adressaten, so vollständig klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Maßgeblich ist mithin, wie der Adressat den Inhalt der Regelung bei objektiver Würdigung unter Berücksichtigung aller für ihn erkennbaren Umstände, insbesondere des erkennbar verfolgten Zweckes, verstehen musste (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.4.2012, 4 A 1055/09, Rn. 39 f., juris m.w.N.).
a) Im Bewilligungsbescheid steht unter der Überschrift „Auflage“ zunächst: „II. 3. Auflagen 3.5. [..] Sie sind verpflichtet, auf Verlangen jederzeit Auskünfte über die für die Gewährung und Belassung der Zuwendung maßgeblichen Umstände zu erteilen, entsprechende Unterlagen vorzulegen und an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. […] Die Klägerin konnte aus der Bestimmung nicht eindeutig erkennen, welches Verhalten zu welchem Zeitpunkt von ihr gefordert wird und konnte dementsprechend auch ihr Verhalten nicht danach richten. Aus der Bestimmung geht zunächst nicht hervor, zu welchem Zeitpunkt die Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen sind. Der Zeitpunkt soll nämlich erst durch das „Verlangen“ der Beklagten näher konkretisiert werden. Wann und wie dieses Verlangen zum Ausdruck kommt, bleibt unklar. Ferner waren auch die Art und der Umfang der zu erteilenden Auskunft sowie der von der Klägerin vorzulegenden Unterlagen nicht aus dem Bewilligungsbescheid ersichtlich. So beschreiben die „für die Gewährung und Belassung der Zuwendung maßgeblichen Umstände“ nur ungenau die Anforderungen an etwaige Auskünfte und Unterlagen. Zwar wird unter Nr. 1.2 des Bewilligungsbescheids konkretisiert, dass maßgebend für die Gewährung der Zuwendung die Regelungen in der Förderrichtlinie, die in deren Anhang genannten Anforderungen sowie die nachfolgenden Bestimmungen sind. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin auf Grundlage ihrer Angaben im Antrag die Zuwendung bereits gewährt wurde. Welche Auskünfte über die bei der Antragstellung getätigten Angaben hinaus durch die Bestimmung in Nr.3.5 des Bewilligungsbescheides gefordert werden, wird weder im Bewilligungsbescheid noch in der Förderrichtlinie konkretisiert. In der Förderrichtlinie findet sich unter Nr. 5.2 nur eine in Teilen mit Nr. 3.5 gleichlautenden Bestimmung. Dem Bewilligungsbescheid, der Förderrichtlinie und deren Anhängen ist auch nicht zu entnehmen, durch welche Art von Unterlagen und in welchem Umfang die in der Förderrichtlinie bestimmten Fördervoraussetzungen nachzuweisen wären. Vielmehr ist Nr. 1.1 des Anhanges zur Förderrichtlinie zu entnehmen, dass sich die „einzureichenden Unterlagen“ aus dem Antragsformular ergeben und grundsätzlich nur vollständige Anträge beschieden werden. Durch den Bewilligungsbescheid durfte die Klägerin dann aber davon ausgehen, alle Angaben gemacht und alle erforderlichen Unterlagen eingereicht zu haben. Auch die Regelungen in Nr. 3.1 und 3.2 des Bewilligungsbescheides konkretisieren nicht, welche Auskünfte und Unterlagen zur Belassung der Zuwendung maßgeblich sind. Danach hat die Klägerin, sofern der im Antrag angegebene Liquiditätsengpass tatsächlich niedriger ausgefallen ist, die verbleibenden Mittel aus der Zuwendung zurückzuerstatten. Ist wie vorliegend der Liquiditätsengpass allerdings noch höher ausgefallen als die Zuwendung, ergibt sich aus der Bestimmung keine Pflicht zur Rückerstattung. Zwar könnte dies ein maßgeblicher Umstand zur Belassung der Zuwendung gewesen sein, den die Klägerin hätte nachweisen müssen, jedoch ergibt sich aus Nr. 1.4 des Anhanges zur Förderrichtlinie auch explizit, dass kein Verwendungsnachweis erforderlich ist, sondern dass die zweckentsprechende Verwendung nur stichprobenartig und bei Vermutung zweckfremder Nutzung geprüft werden kann. Der Klägerin war es auch unter Berücksichtigung der Nr. 2.2 des Bewilligungsbescheides nicht möglich, zweifelsfrei und eindeutig zu erkennen, welche konkreten Unterlagen durch sie beizubringen und welche Auskünfte von ihr zu tätigen waren. Demnach ist die Beklagte berechtigt, stichprobenartig und bei Vermutung zweckfremder Nutzung Nachweise für die Verwendung der Zuwendung, insbesondere die Belege (Einnahme- und Ausgabebeleg) über die Einzelzahlungen und die zugrundeliegenden Verträge nach ihrem Ermessen zu fordern. Die Belege müssten die im Geschäftsverkehr üblichen Angaben und Anlagen enthalten, die Ausgabenbelege insbesondere die Zahlungsempfänger sowie Grund und Tag der Zahlung. Die Klägerin habe die erforderlichen Unterlagen ordnungsgemäß und prüfbar bereitzuhalten und die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Auch hier gilt, dass nicht deutlich wird, welche konkreten Unterlagen erforderlich sind. Zwar werden Mindestbestandteile der Ausgabenbelege genannt, es wird aber schon nicht klar, welches die weiteren „im Geschäftsverkehr üblichen Angaben und Anlagen“ sind. Auch der Umstand, dass der Umfang der Belege für die zweckentsprechende Verwendung im Ermessen der Behörde liegt zeigt, dass die Klägerin nicht beurteilen konnte, welche Belege zur Erfüllung ihrer Pflicht aus Nr. 3.5 des Bewilligungsbescheids tatsächlich erforderlich waren. Schließlich enthält die Bestimmung in Nr. 3.5 auch keine Spezifizierung in welcher Art und Weise, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt werden soll. Die in Nr. 3.5 vorgesehene Verpflichtung bedurfte einer weiteren Konkretisierung sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht. Dies wird auch durch das Schreiben vom 16. Dezember 2020 deutlich, durch welches die Klägerin aufgefordert wurde, die in dem Schreiben ausführlich aufgelisteten Unterlagen und Nachweise binnen einer in dem Schreiben gesetzten Frist einzureichen. Die Konkretisierung dessen, was durch die Auflage geboten ist, muss aber in der Auflage selbst erfolgen und darf nicht wie hier einer nachgelagerten Aufforderung im Anhörungswege überlassen bleiben (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 37 Rn. 31).
b) Ebenfalls unter der Überschrift „Auflage“ steht: 3.7. Sie sind verpflichtet, an der Überprüfung der mit dem Antrag vorgelegten Legitimationsdokumente mitzuwirken.“ Aus der Bestimmung konnte die Klägerin nicht erkennen, durch welche Handlung oder auch Duldung sie ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung an der Überprüfung der Legitimationsdokumente nachkommen soll. Die Bestimmung enthält keinerlei Vorgaben zu dem Prüfungsprozess. Hinweise und eine Anleitung zur Prüfung der Legitimationsdokumente durch das Postident- und das Nect-Verfahren wurden der Klägerin vielmehr erst im Nachhinein im Rahmen einer Anhörung mitgeteilt.“
3. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVfG, wonach ein Widerruf dann möglich ist, wenn dieser im Verwaltungsakt vorbehalten worden ist, ist keine taugliche Rechtsgrundlage für einen Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVfG ermöglicht der Beklagten gemäß seinem ausdrücklichen Wortlaut nämlich nur den Widerruf der Bewilligung mit Wirkung für die Zukunft. Gemäß Nr. 1 des Widerrufs- und Rückforderungsbescheid vom 26. August 2020 ging es der Beklagten aber gerade um den Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit (VG Hamburg, Urt. v. 14.3.2022, 17 K 4793/21, juris Rn. 122).
4. Die Rückforderung der Zuwendung gemäß § 49a Abs. 1 HmbVwVfG ist rechtswidrig, da wie dargelegt kein rechtmäßiger Widerruf der Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit vorliegt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.
IV.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen (BVerwG, Beschl. v. 27.2.2012, 2 A 11/08, juris Rn. 5; BVerwG, Urt. v. 24.5.2000, 7 C 8.99, juris Rn. 10). Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Die Notwendigkeit der Zuziehung wird auch durch die Bedeutung der Streitsache für den Beschwerdeführer bestimmt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Bevollmächtigung.
Hier war es der Klägerin aufgrund der Schwierigkeit der Sache und der erheblichen Bedeutung für das Unternehmen nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen. Die Beklagte hatte mit Anhörungsschreiben vom 25. Januar 2021 unter Fristsetzung bis zum 10. Februar 2021 eine Vielzahl von Unterlagen und weitere Erläuterungen zum Liquiditätsengpass sowie zur Mitarbeiterliste angefordert. Selbst wenn es sich dabei überwiegend um im Unternehmen übliche Unterlagen handelte, durfte die Klägerin jedenfalls aufgrund des Hinweises, dass die bisherigen Angaben nicht nachvollziehbar seien, der schwierigen rechtlichen Bewertung und des Hinweises, dass ohne weitere Unterlagen nach derzeitiger Einschätzung der Sachlage eine ablehnende Entscheidung drohte, sowie aufgrund der Bedeutung der Förderung des Unternehmens die Beauftragung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten.