Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. Mai 2014 - 1 S 14.406

bei uns veröffentlicht am22.05.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10. März 2014 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. März 2014 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Bescheid, mit dem der Antragsgegner Anordnungen im Rahmen der Futtermittelüberwachung erlassen hat.

1. Die Antragstellerin ist durch Bescheid des Antragsgegners vom 26. Juni 2002 als Herstellerbetrieb für Mischfuttermittel nach der Futtermittelverordnung registriert und besitzt eine besondere Genehmigung nach der Futtermittelverordnung für die Zugabe von Zusatzstoffen zu Mischfuttermittel. Eine Registrierung als Hersteller von Einzelfuttermittel besteht nicht.

Im Rahmen der amtlichen Futtermittelüberwachung erhielt der Antragsgegner im November 2013 Kenntnis davon, dass die Antragstellerin für die von ihr hergestellten Futtermittel im August und September 2013 Lieferungen von Kräutern als Nicht-Futtermittel bezogen hat. Die im Rahmen der Futtermittelüberwachung bei der Antragstellerin genommenen Proben wurden im Januar 2014 durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf Rückstände untersucht, das Ergebnis wurde dem Antragsgegner Ende Januar 2014 mitgeteilt. Danach stellte der Antragsgegner weitere Ermittlungen zu den Lieferanten der Antragstellerin an.

Ohne weitere Anhörung der Antragstellerin erließ der Antragsgegner nach Abschluss der vorgenannten Ermittlungen den angefochtenen Bescheid vom 5. März 2014 mit folgenden Regelungen:

1. Ihrem Betrieb wird ab sofort untersagt, Rohwaren oder Stoffe als Futtermittel oder Futtermittelzusatzstoffe in Futtermittel einzumischen oder in den Verkehr zu bringen, die von ihrem Betrieb nicht bereits als Futtermittel bezogen worden sind.

2. Abweichend von Nr. 1 darf Ihr Betrieb Rohwaren oder Stoffe als Futtermittel oder Futtermittelzusatzstoffe, die nicht bereits als solche bezogen wurden, ab sofort nur dann in Futtermittel einmischen oder in den Verkehr bringen, wenn durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, dass von ihrem Betrieb nur Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe in den Verkehr gebracht werden, die den Anforderungen des Futtermittelrechts an sichere Futtermittel, insbesondere des Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 und der Richtlinie 2002/32/EG in der jeweils gültigen Fassung, entsprechen.

3. Wenn der Betrieb von der Abweichung aus Nr. 2 Gebrauch macht, wird dieser verpflichtet, sich als Hersteller von Futtermitteln registrieren zu lassen.

4. Im Rahmen der Nr. 2 wird der Betrieb verpflichtet, bis zum 30.04.2014 für alle Rohstoffe, die von diesem nicht bereits als Futtermittel bezogen werden, eine schriftliche Gefahrenermittlung durchzuführen und einen darauf beruhenden schriftlichen Eigenkontrollplan zu erstellen, in dem (…).

5. In Bezug auf die Nr. 2 wird der Betrieb verpflichtet, sämtliche dem Unternehmen vorliegenden Untersuchungsergebnisse über Gehalte an gesundheitlich nicht erwünschten Stoffen, insbesondere Dioxinen etc. dem Antragsgegner zu übermitteln.

6. Der Betrieb wird im Rahmen der Nr. 2 ab sofort verpflichtet, eine repräsentative Probe jeder eingehenden Partie/Charge aller Stoffe zu entnehmen und mindestens für ein Jahr aufzubewahren, die von diesem als Nicht-Futtermittel und Nicht-Futtermittelzusatzstoffe bezogen und dann als Futtermittel oder Futtermittelzusatzstoffe in Futtermittel eingemischt oder in den Verkehr gebracht werden.

7. Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nrn. 1 bis 6 des Bescheides.

8. Bei Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus den Nrn. 1 mit 6 werden jeweils Zwangsgelder (in jeweils unterschiedlicher Höhe) fällig.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnungen insbesondere auch zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschungen erforderlich seien. Ohne die Zulassung als Einzelfuttermittelunternehmer sei unklar, ob die als Nicht-Futtermittel bezogenen Rohstoffe die für die Futtermittelherstellung notwendigen Anforderungen erfüllen würden. So seien etwa für Lebensmittel nur Aktionsgrenzwerte für Dioxine festgesetzt, bei einer Verwendung des Produkts als Futtermittel seien jedoch Höchstgehalte einzuhalten. Deshalb werde es nach Ziffer 1 der Anordnung grundsätzlich untersagt, Rohwaren oder Stoffe, die nicht als Futtermittel bezogen worden seien, in Futtermittel einzumischen oder in den Verkehr zu bringen. Abweichend davon sei jedoch nach Ziffer 2 der Anordnung das In-Verkehr-Bringen dieser Futtermittel unter bestimmten Bedingungen, wie sie die Ziffern 3 mit 6 enthalten, zu erlauben.

Auf die Begründung des Bescheids im Einzelnen wird Bezug genommen.

2. Die Antragstellerin ließ dagegen am 10. März 2014 im Verfahren Au 1 K 14.405 Klage erheben, über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig wurde im vorliegenden Verfahren Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bescheid vom 5. März 2014 mangels Anhörung der Antragstellerin formell rechtswidrig ergangen sei. Auch gehe der Antragsgegner zu Unrecht davon aus, dass die von der Antragstellerin bezogenen Rohstoffe nicht zu Futtermitteln verarbeitet werden könnten. Die eingesetzten Rohwaren seien grundsätzlich „ambivalent“, d. h. sowohl als Futtermittel als auch als Lebensmittel verwendbar. Da die Antragstellerin nur von registrierten Futtermittelherstellern ihre Rohwaren beziehe, seien diese ausreichend kontrolliert, so dass ihre Verwendung auch durch die Antragstellerin zulässig sei. Die von der Antragstellerin bezogenen Rohwaren hätten insbesondere auch keinen Anlass geboten, deren Einsatzfähigkeit für die Futtermittelproduktion zu bezweifeln. Der Antragsgegner habe Überschreitungen von Höchstwerten für Dioxine bei den von der Antragstellerin verwendeten Rohwaren nicht behauptet oder nachgewiesen. Die in Ziffer 2 der Anordnung getroffene Regelung wiederhole nur den Gesetzestext und sei damit ebenfalls rechtswidrig. Dies führe auch dazu, dass die Regelungen in den Ziffern 4 mit 6 mangels ausreichender Grundlage als rechtswidrig anzusehen seien. Eine Registrierung als Futtermittelunternehmen, wie sie Ziffer 3 der Anordnung vorschreibe, besitze die Antragstellerin bereits. Da die Primäranordnungen damit insgesamt rechtswidrig seien, könnten auch die Zwangsgeldandrohungen keinen Bestand haben.

Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen verwiesen.

Die Antragstellerin lässt beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. März 2014 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 15. Mai 2014,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Einzelnen zu den Anordnungen im Bescheid vom 5. März 2014 Stellung genommen. Insbesondere wurde auch ausgeführt, dass eine Anhörung der Antragstellerin vor Erlass des Bescheides wegen der Dringlichkeit der Anordnung zur Wahrung der Futtermittelsicherheit und der Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Futtermittel entbehrlich gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem angeordneten Sofortvollzug der Anordnung. Um der Antragsgegnerin allerdings weiter die bisherige Produktion zu ermöglichen, sei mit den Regelungen in den Ziffern 2 mit 6 des Bescheides die Möglichkeit eröffnet worden, diese Produktionsweise durch die Registrierung als Einzelfuttermittelhersteller unter Beachtung vorgegebener Anforderungen an die Eigenkontrolle fortzuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Der zulässig erhobene Antrag ist begründet.

1. Gegenstand des Antrags sind einerseits die gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen in den Ziffern 1 mit 6 des Bescheides vom 5. März 2014. Daneben richtet sich der Antrag gegen die jeweiligen Zwangsmittelandrohungen in Ziffer 8 des Bescheides, die als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 21a Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) sofort vollziehbar sind.

2. Das Gericht trifft - neben der Prüfung der formalen Vorgaben des § 80 Abs. 3 VwGO - im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bereits beurteilt werden können.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze war dem Antrag stattzugeben. Zwar ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner die Futtermittelherstellung der Antragstellerin durch die in den Ziffern 2 mit 6 des angefochtenen Bescheides vom 5. März 2014 getroffenen Anordnungen dem Grunde nach regeln kann, da die Antragsgegnerin entgegen ihrem Vortrag nicht als Einzelfuttermittelherstellerin registriert ist (dazu nachfolgend zu a). Allerdings besteht im Hinblick auf die fehlende Anhörung der Antragstellerin vor dem Erlass des Bescheides und der vom Antragsgegner in den Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheides gewählten Regelungssystematik kein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnungen (dazu nachfolgend zu b und c).

a) Die Antragstellerin ist zwar als Mischfuttermittelhersteller durch den Bescheid des Antragsgegners vom 28. Juni 2002 registriert, gleichzeitig ist ihr die besondere Genehmigung zur Zugabe von bestimmten Stoffen zu Mischfuttermitteln erteilt. Diese Registrierung bzw. Genehmigung erlaubt es der Antragstellerin jedoch entgegen der von ihr in der Antragsbegründung vom 11. April 2014 vertretenen Auffassung nicht, die nicht als Futtermittel bezogenen Rohstoffe als Futtermittel in den Verkehr zu bringen.

Für die von der Antragstellerin als Lebensmittel bezogenen Rohstoffe, die bei der Antragstellerin zu Futtermitteln umdeklariert werden, sind die in der Richtlinie 2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Mai 2002 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung (ABl EG Nr. L 140 S. 10) definierten Anforderungen einzuhalten. Dabei ist vorliegend bei den von der Antragstellerin (durch Umdeklaration) hergestellten Futtermitteln aufgrund des Ergebnisses der Untersuchung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom Januar 2014 davon auszugehen, dass Dioxine als Summe aus polychlorierten Dibenzo-para-Dioxinen (PCDD) und polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF) im Sinne von Anhang I und II der Richtlinie 2002/32/EG in der Fassung, die diese Anhänge durch die Verordnung (EU) Nr. 744/2012 der Kommission vom 16. August 2012 (ABl EG L Nr. 219 S. 5) erhalten haben, in diesen Futtermitteln enthalten sind, die den Aktionsgrenzwert des Anhangs II, Abschnitt Dioxine und PCB (minimal) überschreiten.

Mit dieser Überschreitung sind nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/32/EG Untersuchungspflichten für den Antragsgegner verbunden, denen dieser vorliegend durch die Anordnungen in den Ziffern 4 mit 6 des angefochtenen Bescheides vom 5. März 2014 nachkommt. Weiter wird mit Ziffer 3 des Bescheides sichergestellt, dass die Antragstellerin als Herstellerin der Futtermittel registriert wird. Damit wird bei ihr selbst als der Herstellerin des Futtermittels und nicht bei den Lieferanten der von der Antragstellerin bezogenen Rohstoffe die Kontrolle dieser Futtermittel sichergestellt.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Antragstellerin bei der Herstellung von Futtermittel durch Umdeklarieren von Lebensmittel in Futtermittel als (Einzel-) Futtermittelherstellerin vom Antragsgegner möglicherweise zu Recht zur Einhaltung vorgegebener Anforderungen an die Futtermittelherstellung verpflichtet werden kann.

b) Der Antragsgegner hat es zwischen den Beteiligten unstreitig unterlassen, die Antragstellerin vor Erlass des Bescheides vom 5. März 2014 zum Sachverhalt anzuhören.

aa) Nach Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) hat die Behörde vor dem Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Anhörungsverpflichtung dient vor allem der Schaffung einer ausreichenden und zutreffenden Entscheidungsgrundlage. Nur aufgrund eines vollständig ermittelten Sachverhalts kann die Behörde die ihr eingeräumten Befugnisse ordnungsgemäß ausüben (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 28 Rn. 2 f.).

bb) Die Fälle, in denen die Behörde von einer vorherigen Anhörung absehen kann, sind durch Art. 28 Abs. 2 und 3 BayVwVfG (nicht abschließend) geregelt.

Vorliegend begründet der Antragsgegner das Absehen von einer vorherigen Anhörung im Schriftsatz vom 15. Mai 2014 mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 BayVwVfG. Danach kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Dieses öffentliche Interesse ergibt sich dabei vorliegend nach Auffassung des Antragsgegners aus den gleichen Gründen, die die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes tragen (Schriftsatz vom 15.5.2014, S. 2 zu A.1).

Dies ist nicht zutreffend.

Das für die Beurteilung der Eilbedürftigkeit im Rahmen der Begründung des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO notwendige besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes ist „wegen der unterschiedlichen Zielsetzung der Regelungen“ nicht notwendig identisch mit dem öffentlichen Interesse, auf dessen Grundlage von einer Anhörung abzusehen ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 28 Rn. 58). Vielmehr ist im Gegenteil davon auszugehen, dass im Falle der Anordnung des Sofortvollzugs eine gesteigerte Notwendigkeit besteht, vor Erlass des Bescheides die Anhörung durchzuführen (Kopp/Ramsauer, a. a. O.).

Hinzu kommt vorliegend, dass der Antragsgegner durch die Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides der Antragstellerin zwar einerseits die Herstellung von Futtermitteln durch Umdeklarieren von Lebensmitteln verbietet, ihr andererseits in den Ziffern 2 mit 6 des Bescheides gleichzeitig - unter Einhaltung bestimmter Bedingungen - diese Herstellung von Futtermittel erlaubt. Dies zeigt, dass der Antragsgegner davon ausgeht, dass die von der Antragstellerin hergestellten Futtermittel grundsätzlich in den Verkehr gebracht werden können, so dass die Anordnung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides nicht sachgerecht erscheint.

Weiter bestehen Bedenken gegen das vom Antragsgegner geltend gemachte besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnungen aufgrund des Zeitablaufs zwischen den Feststellungen vom November 2013 und dem Erlass des Bescheides vom 5. März 2014. Es ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner nicht in der Lage gewesen wäre, in diesem Zeitraum eine Anhörung der Antragsgegnerin durchzuführen. Denn unabhängig vom Ergebnis der Probennahme und der Untersuchung durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, war jedenfalls bereits frühzeitig bekannt, dass die Antragstellerin Rohstoffe verwendet hat, die sie nicht als Futtermittel bezogen hat. Die Anhörung der Antragstellerin zur Frage der Verwendung dieser Rohstoffe bzw. zu den nach der Auffassung des Antragsgegners notwendigen Schritten für die weitere Verwendung dieser Rohstoffe hätte der Antragsgegner aber sofort durchführen können.

c) Da der Antragsgegner es somit rechtsfehlerhaft unterlassen hat, die Antragstellerin vor dem Erlass des Bescheides vom 5. März 2014 anzuhören, besteht auch kein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnungen in den Ziffern 1 mit 6 des Bescheides. Im Rahmen der Interessenabwägung ist es für den Antragsgegner hinnehmbar, bis zur Entscheidung der in überschaubarer Zeit zu treffenden Entscheidung in der Hauptsache von der Vollziehung des Bescheides abzusehen. Die aufschiebende Wirkung der Klage war insoweit wiederherzustellen.

Für die Regelung in Ziffer 1 des Bescheides ergibt sich dies aus der Überlegung, dass zwar das dort geregelte Verbot des In-Verkehr-Bringens dazu dient, dass nur sichere Futtermittel als Tierfutter eingesetzt werden. Gleichzeitig eröffnet der Antragsgegner jedoch in den Ziffern 2 mit 6 des angefochtenen Bescheides der Antragstellerin genau die Möglichkeit, die von ihr als Lebensmittel bezogenen Rohstoffe als Futtermittel einzusetzen. Damit ist es im Rahmen der Interessenabwägung nicht erkennbar, dass ein besonderes Vollzugsinteresse an der Regelung in Ziffer 1 des Bescheides besteht.

Die Anordnungen in den Ziffern 2 mit 6 des Bescheides stellen zum einen nur eine Begünstigung der Antragstellerin dar (Ziffer 2 des Bescheides). Zum anderen ist im Rahmen der Interessenabwägung nicht erkennbar, dass ohne ausreichende Sachverhaltsermittlung aufgrund der fehlenden Anhörung ein besonderes Vollzugsinteresse für diese Regelungen besteht. Es bedarf insoweit der weiteren Aufklärung, ob die Antragstellerin diese Anforderungen nicht bereits erfüllt bzw. ob diese ohne weitere Anordnungen erfüllt werden können.

3. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 8 des Bescheides vom 5. März 2014 geregelten Zwangsgeldandrohungen war anzuordnen. Mangels vollziehbarer Primäranordnungen besteht kein besonderes Vollzugsinteresse für die Zwangsgeldandrohungen.

4. Die Kostenentscheidung für das vorliegende Verfahren beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Antragsgegner trägt als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Gericht hat ausgehend vom Regelstreitwert unter Berücksichtigung von Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Hälfte des Regelstreitwertes als sachgerecht angesehen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Futtermittelverordnung


Die Verordnung dient in der bis zum 24. März 2007 geltenden Fassung der Umsetzung der in der Fassung der Bekanntmachung der Futtermittelverordnung vom 24. Mai 2007 (BGBl. I S. 770) genannten Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft. Die Verordnung di

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.