Sozialgericht Landshut Urteil, 13. Jan. 2017 - S 10 P 16/16

bei uns veröffentlicht am13.01.2017
nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 4 P 28/17, 26.10.2018

Gericht

Sozialgericht Landshut

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin anstelle der Zuordnung zur Pflegestufe I der Pflegestufe II zuzuordnen.

Die am … 1952 geborene Klägerin erhält seit dem 14. März 2014 Leistungen nach der Pflegestufe I.

Am 08. Juni 2015 stellte sie den Antrag auf Zuordnung zu Pflegestufe II (formeller Antrag vom 28. August 2015). Der MDK kam in seinem Pflegegutachten vom 23. September 2015 nach persönlicher Untersuchung der Klägerin in ihrem häuslichen Bereich ebenfalls am 23. September 2015 zu dem Ergebnis, die Alltagskompetenz der Klägerin sei nicht eingeschränkt. Im Bereich der Körperpflege bestehe ein Hilfebedarf von täglich 28 Minuten, im Bereich der Ernährung von täglich 3 Minuten und im Bereich der Mobilität von täglich 19 Minuten. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei ein Hilfebedarf nötig von 45 Minuten täglich. Mit Bescheid vom 25. September 2015 führte die Beklagte aus, die Klägerin erhalte seit dem 14. März 2014 Leistungen nach der Pflegestufe I. Zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit sei ein Sachverständigengutachten durch einen Pflegegutachter erstellt worden. In diesem Gutachten sei ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 50 Minuten täglich im Wochenschnitt festgestellt worden. Der Hilfebedarf insgesamt liege bei 95 Minuten. Die Pflegestufe II könne nur dann bestätigt werden, wenn der tägliche Hilfebedarf der Klägerin mindestens 180 Minuten betrage und dabei müsse für die Grundpflege eine tägliche Hilfe von mindestens 120 Minuten notwendig sein. Deswegen müsse der Höherstufungsantrag abgelehnt werden.

Den von der Klägerin nicht weiter begründeten Widerspruch vom 27. September 2015 nahm die Beklagte zum Anlass, ein weiteres Gutachten des MDK einzuholen. Dieser kam in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 06. November 2015 zu dem Ergebnis, bisher sei die Alltagskompetenz der Klägerin nicht erheblich eingeschränkt gewesen. Auch aktuell sei die Alltagskompetenz nicht eingeschränkt. Das Ergebnis des Vorgutachtens sei zu bestätigen. Es lägen keine neuen Erkenntnisse vor, die eine Revidierung der gutachterlichen Bewertung rechtfertigen würden. Das Vorgutachten sei schlüssig und plausibel.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege liege bei 50 Minuten, deswegen komme die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe nicht in Betracht.

Dagegen hat die Klägerin am 16. Februar 2016 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Sie hat in der Klagebegründung vorgetragen, die Pflegefachkräfte seien keine Fachärzte. Entscheidend sei die Meinung von Fachärzten. Zudem verweise sie auf ihren Schwerbehindertenausweis. Sie könne weder gehen noch stehen und insbesondere nicht ohne Rollator gehen oder stehen. Gerade Strecken könne sie nur mit dem Rollator gehen. Im Bereich der Hauswirtschaft werde sie nicht versorgt.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Es werde auf den Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 verwiesen. Die Begründung der Klage enthalte keine neuen Gesichtspunkte.

Nach Abschluss seiner Ermittlungen beauftragte das Gericht die Sachverständige im Gesundheitswesen N. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Diese kam nach persönlicher Untersuchung der Klägerin in ihrem häuslichen Bereich am 31. Oktober 2016 in ihrem Sachverständigengutachten vom 18. November 2016 zu folgenden pflegebegründenden Gesundheitsstörungen:

Apoplex bei Kleinhirn- und Ponsischämie mit Resthemiparese rechtsbetont Nov. 2013

Z. n. LWK-1-Kompressionsfraktur (03/2015) bei bestehender Spondylophytenbildung bei Spondylarthrose

Kniegelenksschmerzen links bei bekannter Gonarthrose links mit Bewegungseinschränkungen

Adipositas

Die Klägerin sei zu allen Qualitäten vollumfänglich orientiert. Es sei ihr eine selbstbestimmte Lebensführung möglich. Eine Fähigkeitsstörung einhergehend mit einem täglichen allgemeinen Beaufsichtigungsbedarf lasse sich nicht ableiten.

Im Bereich der Körperpflege bestehe ein Hilfebedarf von 33 Minuten täglich im Wochenschnitt, im Bereich der Ernährung von 3 Minuten täglich im Wochenschnitt und im Bereich der Mobilität ergebe sich ein Hilfebedarf von 19 Minuten täglich im Wochenschnitt. Dies seit dem 08. August 2015. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehe ein Hilfebedarf von 45 Minuten. Weitere fachärztliche Untersuchungen seien nicht erforderlich. Zusammenfassend bestehe im Bereich der Grundpflege seit dem 08. Juni 2015 ein Hilfebedarf von 54 Minuten täglich im Wochenschnitt. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Minuten pro Tag. Daraus ergebe sich ein Gesamthilfebedarf von 99 Minuten täglich.

Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, sie könne nicht mehr gehen. Sie müsse dringend zum Orthopäden. Ihr Geld reiche nicht aus, sie könne nichts mehr tun, sie frage, was sie machen solle.

Die Antragstellung der Klägerin erfolgt aus ihrer Klageschrift vom 09.02.2016.

Die Beklagtenvertreterin beantragt die Klageabweisung.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Klageakte sowie den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und die übrigen Akten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 25. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2016, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die Klägerin der Pflegestufe II zuzuordnen.

Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 S. 1 bis 3 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) Pflegegeld erhalten, wenn sie die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine Pflegeperson (§ 19 S. 1 SGB XI) in geeigneter Weise sowie dem Umfang des Pflegegeldes entsprechend selbst sicherstellen und mindestens die Pflegestufe I vorliegt.

Maßgebend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den einzelnen Pflegestufen ist der Umfang des Pflegebedarfs bei denjenigen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführt und dort in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Nrn. 1 bis 3), die zur Grundpflege gehören, sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (Nr. 4) aufgeteilt sind. Der hierin aufgeführte Katalog der Verrichtungen stellt, nach Ergänzung um die im Gesetz offenbar versehentlich nicht ausdrücklich genannten Verrichtungen Sitzen und Liegen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 14), eine abschließende Regelung dar (BSGE 82, 27), die sich am üblichen Tagesablauf eines gesunden bzw. nicht behinderten Menschen orientiert (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 3).

Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI).

Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI).

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI muss dazu der Zeitaufwand in der Pflegestufe I für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege täglich mehr als 45 Minuten (Grundpflegebedarf), für solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung zusammen mindestens 90 Minuten (Gesamtpflegebedarf) betragen.

In der Pflegestufe II jedoch muss nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI dazu der Zeitaufwand für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege täglich mehr als 120 Minuten (Grundpflegebedarf), für solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung zusammen mindestens 180 Minuten (Gesamtpflegebedarf) betragen.

Unter Grundpflege ist die Hilfe bei gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI), unter hauswirtschaftlicher Versorgung die Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und -zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und -beheizung (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI) zu verstehen.

Zur Grundpflege zählen:

1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung;

2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung;

3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.

Die Klägerin kann nicht der Pflegestufe II zugeordnet werden, weil ihr Hilfebedarf nicht über 120 Minuten liegt. Dies steht für die Kammer nach Abschluss der Beweisaufnahme fest. Die Kammer legt ihrer Entscheidung das überzeugende und aufgrund persönlicher Untersuchung erstellte Sachverständigengutachten der Sachverständigen N. zu Grunde. Danach steht fest, dass die Klägerin an folgenden pflegebegründenden Gesundheitsstörungen leidet:

Apoplex bei Kleinhirn- und Ponsischämie mit Resthemiparese rechtsbetont Nov. 2013

Z. n. LWK-1-Kompressionsfraktur (03/2015) bei bestehender Spondylophytenbildung bei Spondylarthrose

Kniegelenksschmerzen links bei bekannter Gonarthrose links mit Bewegungseinschränkungen

Adipositas

Die Klägerin, das hat die Sachverständige festgestellt, war zu allen Qualitäten vollumfänglich orientiert. Ihr ist eine selbstbestimmte Lebensführung möglich. Eine Fähigkeitsstörung einhergehend mit einem täglichen allgemeinen Beaufsichtigungsbedarf konnte die Sachverständige nicht finden.

Im Bereich der Körperpflege besteht bei der Klägerin ein Hilfebedarf von 33 Minuten täglich im Wochenschnitt, im Bereich der Ernährung von 3 Minuten täglich im Wochenschnitt und im Bereich der Mobilität ergibt sich ein Hilfebedarf von 19 Minuten täglich im Wochenschnitt. Dies seit dem 08. August 2015. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht ein Hilfebedarf von 45 Minuten. Weitere fachärztliche Untersuchungen sind - wie die Sachverständige ausgeführt hat - nicht erforderlich. Zusammenfassend besteht also im Bereich der Grundpflege seit dem 08. Juni 2015 ein Hilfebedarf von 54 Minuten täglich im Wochenschnitt. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Minuten pro Tag. Daraus ergibt sich ein Gesamthilfebedarf von 99 Minuten täglich.

Da der festgestellte Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege weit unter 120 Minuten liegt, konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Bescheide der Beklagten bestehen zu Recht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Landshut Urteil, 13. Jan. 2017 - S 10 P 16/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Landshut Urteil, 13. Jan. 2017 - S 10 P 16/16

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Landshut Urteil, 13. Jan. 2017 - S 10 P 16/16 zitiert 4 §§.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 15 Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument


(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments er

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 14 Begriff der Pflegebedürftigkeit


(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 19 Begriff der Pflegepersonen


Pflegepersonen im Sinne dieses Buches sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 erhält eine Pflegeperson nur dann, wenn sie eine

Referenzen

Pflegepersonen im Sinne dieses Buches sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 erhält eine Pflegeperson nur dann, wenn sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, pflegt.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.