Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. Sept. 2008 - 2 W 22/08

bei uns veröffentlicht am05.09.2008

Gericht

Oberlandesgericht Rostock

Tenor

Die Beschwerden des Verfügungsklägers vom 28.1.2008 und des Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten vom 21.2.2008 gegen den Streitwertbeschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 08.01.2008 - Az. 3 O 461/07 - werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um Nutzungsrechte an einem Urheberrecht aus zwei Software-Entwicklungen, an denen der Verfügungskläger und der Rechtsvorgänger der Verfügungsbeklagten in unterschiedlichem, im einzelnen streitigen Umfang beteiligt waren. In dem einen Fall wurde eine "elektronische Aktenführung" für die Drogenhilfe Eimsbüttel e.V. in Hamburg unter der Bezeichnung "Moonlight" entwickelt, in dem anderen Fall für die Kurverwaltung auf dem Darß ein Programm mit dem Namen "TMS". Beide Parteien behaupten, sie bzw. ihr Rechtsvorgänger hätten jeweils die maßgeblichen Arbeiten an der Entwicklung der beiden Programme geleistet, die sie zum Urheber der jeweiligen Software haben werden lassen.

2

Rechtsvorgänger der Verfügungsbeklagten war zum Zeitpunkt der streitigen Vorgänge ... als Einzelunternehmer. Er übertrug Ende 1996 seine Rechte an die " ... GmbH". Diese wurde im Jahre 2007 insolvent. Unter dem 4.4.2007 verkaufte der Insolvenzverwalter das gesamte immaterielle Vermögen der ... GmbH an die Verfügungsbeklagte, welche die streitgegenständliche Software weiter entwickelte und vertrieb.

3

Dagegen wandte sich der Verfügungskläger nach fruchtloser Abmahnung mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, den er unter dem 13.12. 2007 beim Landgericht Rostock beantragte. Im Termin vor dem Landgericht Rostock am 8. 1. 2008 nahm er den Antrag nach Erörterung der Sach- und Rechtslage jedoch zurück. Das Landgericht setzte den Streitwert auf 100.000 EUR fest.

4

Gegen die Streitwertfestsetzung legten beide Parteien Beschwerde gemäß § 68 GKG ein.

5

Der Verfügungskläger beantragt mit Schriftsatz vom 28. 1. 2008 die Herabsetzung des Streitwertes auf höchstens 40.000 EUR. Er schätzt dies als den Jahresumsatz der Verfügungsbeklagten, wobei er sich darauf stützt, dass die Verfügungsbeklagte das gesamte immaterielle Anlagevermögen der ... GmbH für einen Preis von 50.000 EUR erworben habe und dass das immaterielle Anlagevermögen der ... GmbH für das Jahr 2004 mit einem Wert von 20.000 EUR ausgewiesen sei.

6

Der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten verfolgt mit seiner Beschwerde im eigenen Namen mit Schriftsatz vom 21. 2. 2008 die Erhöhung des Streitwertes auf 200.000 EUR. Er trägt vor, dass im Zeitraum von April bis Dezember 2007 mit der ... ein Umsatz von 110.103,27 EUR und mit der Software ... von 35.165,75 EUR erzielt worden sei. Dies wird mit eidesstattlichen Versicherungen der Gesellschafterin und des Geschäftsführers glaubhaft gemacht. Die genannten Beträge rechnet er auf einen durchschnittlichen Jahresumsatz von 200.000 EUR hoch.

7

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16. 4. 2008 den Streitwertbeschwerden beider Parteien nicht abgeholfen und die Sache zur weiteren Entscheidung dem Oberlandesgericht Rostock vorgelegt. Zur Begründung führt es an, dass auf einen Zeitraum abzustellen sei, für den einstweilige Verfügungen üblicherweise Regelungscharakter entfalten. Dies seien 4-6 Monate. Die Ausführungen des Verfügungsklägers zur Umsatzhöhe sein rein spekulativ.

II.

8

1. Die Streitwertbeschwerden zum Landgericht waren zulässig. Sie wurden insbesondere fristgerecht eingereicht. Das Landgericht hat ihnen nicht abgeholfen, so dass es gemäß § 66 Abs. 3 GKG die Sache dem nächsthöheren Gericht vorzulegen hat. Nächsthöheres Gericht ist das Oberlandesgericht (OLG Koblenz 12. 2. 2008 - 5 W 70/08).

9

2. Beide Beschwerden sind jedoch nicht begründet, vielmehr erweist sich die Festsetzung des Streitwertes durch das Landgericht als richtig.

10

a. Für die Beschwerde des Verfügungsklägers gilt Folgendes: Ausgangspunkt für die Berechnung des Streitwertes ist ein Betrag von 200.000 EUR, den der Verfügungsbeklagte nachvollziehbar und unter Glaubhaftmachung als Jahresumsatz für die in Rede stehenden Software-Programme angibt. Zweifel an der Richtigkeit seiner diesbezüglichen Angaben bestehen nicht. Demgegenüber lässt sich die Behauptung des Verfügungsklägers, der Jahresumsatz betrage lediglich 40.000 EUR, aus seinen Angaben nicht ableiten, denn der Kaufpreis des Anlagevermögens ist kein geeigneter Ansatzpunkt, um den mit der Anlage erzielbaren Jahresumsatz abzuschätzen. Die Beschwerde des Verfügungsklägers erweist sich daher als nicht begründet.

11

b. Auch die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten ist nicht begründet. Der Betrag von 200.000 EUR ist nicht in voller Höhe als Streitwert zugrunde zu legen. Vielmehr muss ein Abzug gegenüber einem Klageverfahren vorgenommen werden, weil mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren nur ein vorläufiger Rechtsschutz erreicht wird (KG JurB 1997, 806). Die Rechtsprechung pflegt dabei von einem Drittel bis der Hälfte der zu sichernden Forderung auszugehen (Nachweise bei Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007, Rn. 1588). Auch das OLG Rostock hat sich für ein Drittel ausgesprochen (OLGR 1995, 11). Daran ist im Prinzip festzuhalten.

12

Jedoch ist mit der Rechtsprechung eine Ausnahme zu machen, wenn mit der einstweiligen Verfügung der Rechtstreit praktisch entschieden ist. Dann soll sich der Streitwert dem Streitwert eines Hauptsacheverfahrens annähern (OLG Bamberg JurB 1975, 793; OLG Frankfurt a.M. AnwBl. 1983, 89; OLG Brandenburg JurB 2001, 94). So liegt es hier. Zwar ist keine einstweilige Verfügung ergangen oder abgelehnt worden, jedoch hat der Verfügungskläger seinen Antrag zurückgezogen in der Erwartung, dass der Antrag nicht erfolgreich sein werde. Unter diesen Umständen ist die Sache praktisch entschieden. Dieser Gedankengang liegt auch der Entscheidung des Landgerichts jedenfalls im Ergebnis zugrunde. Das Landgericht hat ein Drittel - das wären etwa 66.000 EUR - auf die Hälfte aufgerundet. Dieser Betrag erscheint angemessen, so dass auch der Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten nicht stattzugeben ist.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. Sept. 2008 - 2 W 22/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. Sept. 2008 - 2 W 22/08

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 05. Sept. 2008 - 2 W 22/08 zitiert 2 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Referenzen

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.