Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 18. Mai 2015 - 1 Ws 189/15

18.05.2015

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

Die Beschwerde des Angeklagten gegen die Verfügung des Vorsitzenden der 1. Strafkammer des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 10.03.2015 wird auf Kosten des Angeklagten als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe

I. Mit seinem in der Hauptverhandlung vom 04.03.2015 gestellten Antrag begehrte der Angeklagte den Zugang zu auf zwei verfahrensgegenständlichen externen Festplatten gesicherten Daten. Auf die schriftlichen Ausführungen seines Verteidigers M. wird Bezug genommen.

Den Antrag behandelte das Gericht als Beweisermittlungsantrag. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 10.03.2015 wurde dieser zurückgewiesen. Auf die Gründe der Entscheidung (Anlage 2 zum Protokoll vom 10.03.2015) wird verwiesen.

Hiergegen richtet sich die in der Hauptverhandlung vom selben Tage eingelegte Beschwerde des Angeklagten. Auf die schriftliche Begründung wird Bezug genommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hält die Beschwerde für unzulässig. Auf die Ausführungen im Vorlageschreiben vom 24.03.2015 wird verwiesen.

Am 17.04.2015 ist im Verfahren gegen den Angeklagten S. ein Urteil der 1. Strafkammer des Landgerichts Weiden i. d. OPf. ergangen.

II. Die grundsätzlich nach § 304 Abs. 1 StPO statthafte Beschwerde ist aufgrund § 305 S. 1 StPO unzulässig, § 305 S. 2 StPO greift nicht.

1. Zu den im Sinne von § 305 S. 1 StPO nicht beschwerdefähigen Entscheidungen zählen auch die Verfügungen des Strafkammervorsitzenden, wenn diese der Urteilsvorbereitung dienen, bei der Urteilsfällung der nochmaligen Überprüfung unterliegen und vom Revisionsgericht unter bestimmten Voraussetzungen überprüft werden können (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 305 Rn. 1 und 3 m. w. N.).

Eine derartige Entscheidung ist vorliegend gegeben. Der Vorsitzende der Strafkammer behandelte den Antrag vom 04.03.2015 auf Zugang zu auf zwei verfahrensgegenständlichen externen Festplatten gesicherten Daten zutreffend als Beweisermittlungsantrag. Die Zurückweisung dieses Antrags durch den Vorsitzenden steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens mit Urteil vom 17.04.2015. Das Urteil konnte nur ergehen, da die Strafkammer die Auswertung des auf den beiden Festplatten gespeicherten Mailverkehrs nicht veranlasst sah, also die Entscheidung des Vorsitzenden vom 10.03.2015 prüfte und für tragfähig erachtete.

Die Verweigerung von Akteneinsicht und von Einsicht in Beweismittel in der Zeit zwischen Eröffnungsbeschluss und Urteilsfällung können vom Angeklagten aufgrund § 305 S. 1 StPO nicht mit der Beschwerde angegriffen werden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss des 3. Strafsenats vom 27.02.2003, StV 2004, 362, 363 m. w. N). Dies würde zu einer unnötigen Aufspaltung des Rechtsweges und zu einem unzulässigen Eingriff in die Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts führen. Die Frage, ob es erforderlich gewesen wäre, die auf den beiden externen Festplatten enthaltenen Daten zu überprüfen und in die Hauptverhandlung einzuführen, ist alleine im Revisionsverfahren im Rahmen einer Verfahrensrüge zu klären.

2. Die Entscheidung des Vorsitzenden betraf in der vorliegenden Konstellation lediglich den Angeklagten, da die Ablehnung des Antrags auf Einsichtnahme in den Inhalt der Festplatten sich nur auf den Fortgang seines Verfahrens auswirkte und Rechte Dritter gewahrt blieben. § 305 S. 2 StPO ist somit nicht einschlägig.

Anders gelagert war insoweit die Entscheidung des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 11.02.2015 (StraFo 2015, 102 ff.), da dort die Rechte der am Verfahren nicht beteiligten Telefongesprächspartner betroffen waren, so dass § 305 S. 1 StPO der Zulässigkeit der dortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft wegen § 305 S. 2 StPO nicht entgegenstand. Auch die in der Beschwerdebegründung erwähnte Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (NJW 2012, 2742, 2743) befasste sich mit den Persönlichkeits- und Datenschutzinteressen Dritter, so dass entsprechendes gilt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 18. Mai 2015 - 1 Ws 189/15 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafprozeßordnung - StPO | § 305 Nicht der Beschwerde unterliegende Entscheidungen


Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaub

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.