Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 12. Mai 2015 - 1 Ws 141 - 143/15

bei uns veröffentlicht am12.05.2015
vorgehend
Landgericht Weiden, 1 KLs 23 Js 4222/13, 23.02.2015

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

Die Beschwerden des Angeklagten A... I... vom 25.02.2015, des Angeklagten M... R... vom 27.02.2015 und des Angeklagten M... I... vom 02.03.2015 15 gegen den Beschluss der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 23.02.2015 werden auf ihre Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 23.02.2015 hat es die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Weiden i.d.Opf. abgelehnt, die gegen die Angeklagten bestehenden Haftbefehle aufzuheben.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Angeklagten vom 25.02.2015, vom 27.02.2015 und vom 02.03.2015.

Die Strafkammer hat den Beschwerden mit Beschlüssen vom 02.03.2015 und vom 03.03.2015 nicht abgeholfen.

Die Angeklagten rügen, dass gegen den in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgrundsatz verstoßen worden und die Fortdauer der Untersuchungshaft deshalb unverhältnismäßig sei.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Inhalte der vorgenannten Gerichtsbeschlüsse und Verteidigerschriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden sind nicht begründet, da die Haftvoraussetzungen des § 112 StPO weiterhin gegeben sind und auch die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig ist. Insbesondere liegt auch mit Blick auf die sich aus dem Grundgesetz und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergebenden Anforderungen ein Verstoß gegen das in Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot nicht vor.

1. Dringender Tatverdacht und Haftgrund sind nach wie vor gegeben und werden von den Angeklagten und ihren Verteidigern auch nicht in Frage gestellt. Dabei unterliegt nach herrschender Rechtsprechung (vgl. BGH, NStZ-RR 2013, 86 m.w.N.) die Bewertung des dringenden Tatverdachts während laufender Hauptverhandlung im Haftbeschwerdeverfahren ohnehin nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht.

2. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot ist nicht ersichtlich.

a) Der Senat hat bereits mit Beschlüssen vom 07.08.2014 (Az. 1 Ws 322/14 H - 1 Ws 325/14 H), vom 22.08.2014 (Az. 1 Ws 322/14 H - 1 Ws 325/14 H) und vom 26.11.2014 (Az. 1 Ws 490/14 H - 1 Ws 493/14 H) festgestellt, dass bis zu diesen Zeitpunkten keine Verfahrensverzögerung vorliegt. Auf die genannten Beschlüsse nimmt der Senat Bezug. Das jetzige Vorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

b) Auch in der Folgezeit bei Durchführung der Hauptverhandlung ist es nicht zu vermeidbaren Verfahrensverzögerungen gekommen.

(1) Der Vorsitzende der Strafkammer hat am 13.11.2014 nach vorheriger Absprache mit den Verteidigern (insgesamt 14 für insgesamt 5 Angeklagte) Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung bestimmt auf 18 Verhandlungstage, und zwar 17.12.2014, 19.12.2014, 09.01.2015 (später verlegt auf 08.01.2015), 15.01.2015, 16.01.2015, 02.02.2015, 05.02.2015, 09.02.2015, 12.02.2015, 16.02.2015, 19.02.2015, 23.02.2015, 26.02.2015, 02.03.2015, 05.03.2015, 09.03.2015, 12.03.2015 und 16.03.2015. In Absprache mit den Verteidigern wurden mit Verfügung vom 19.01.2015 als (zunächst) weitere Verhandlungstage bestimmt: 23.03.2015, 26.03.2015, 30.03.2015, 02.04.2015, 09.04.2015, 13.04.2015, 16.04.2015, 04.05.2015, 07.05.2015, 11.05.2015, 18.05.2015 und 21.05.2015, sowie mit Verfügung vom 07.04.2015: 09.06.2015, 01.07.2015, 02.07.2015, 08.07.2015, 10.07.2015, 15.07.2015, 17.07.2015, 21.07.2015, 22.07.2015 und 23.07.2015.

Diese Terminierungsdichte ist nicht zu beanstanden.

(aa) Der Senat hat dazu im Beschluss vom 22.05.2014 (Az. 1 Ws 153/14 - 1 Ws 154/14) ausgeführt:

„Es gibt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot schematisch an die Durchschnittszahl der Sitzungstage pro Woche anknüpft und bereits dann vorliegt, wenn in Haftsachen an durchschnittlich weniger als zwei Tagen in der Woche eine Hauptverhandlung stattfindet.

Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen gebietet zunächst bei absehbar umfangreichen Verfahren, bei denen sich der Angeklagte in Untersuchungshaft befindet, stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlungsplanung mit mehr als nur einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche (BVerfG, StV 2008, 198 m. w. N.). Die reine Durchschnittsfrequenz ist aber nur der Ausgangspunkt der Bewertung der Einhaltung des Beschleunigungsgrundsatzes. Dabei bleiben Unterbrechungszeiten wegen Urlaubs zunächst unberücksichtigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.01.2008, Az. 2 BvR 2652/07, Rn. 53 - zitiert nach juris; BVerfG, StV 2013, 640). Der Verlauf eines sog. Umfangverfahrens hängt von einer Vielzahl festzustellender Parameter ab, die bei der Bewertung der Beschleunigung des Verfahrens zu berücksichtigen sind.

So kann es geboten sein, zu Beginn eines Verfahrens weiträumiger zu terminieren, weil etwa der Verlauf angekündigter Verständigungsgespräche oder die Entwicklung der Verteidigungsstrategie mehrerer Verteidiger und das Einlassungsverhalten der Angeklagten nicht absehbar ist. Nach Durchführung komprimierter Hauptverhandlungssequenzen kann ein Zeitraum erforderlich werden, um im Rück- und Ausblick den Fortgang des Verfahrens zu überprüfen und die weitere Gestaltung zu planen, etwa auch um Fristen für weitere Beweisanträge zu setzen (vgl. BGHSt 51, 333, 344 f.; BGH, NStZ 2007, 716; BGHSt 52, 355, 361; BGH, NStZ 2010, 161 f.; s. auch BVerfG, NJW 2010, 592 ff., 2036 f.). Relevant ist auch die Auslastung der Kammer durch - insbesondere bereits laufende - Haftverfahren. Andererseits kann es auch geboten sein, im Laufe des Verfahrens eine ursprünglich weitläufigere Terminierung zu verdichten.

Das Haftgericht ist daher gehalten, während laufender Hauptverhandlung die Verfahrensentwicklung kontrollierend im Auge zu behalten und die Terminierungsdichte laufend dynamisch an die aktuelle Prozesslage - unter Beachtung der Dauer der bereits vollzogenen Untersuchungshaft - anzupassen.“

(bb) Für das vorliegende Verfahren folgt aus der Anwendung dieser Grundsätze, dass keine Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot vorliegen.

Die Strafkammer hatte zwar ab Beginn der Hauptverhandlung am 17.12.2014 bis Ende Januar 2015 nur an 5 Tagen Hauptverhandlungstermine angesetzt. Für eine weniger eng gestaffelte Terminierung zu Beginn der Hauptverhandlung aber gab es triftige Gründe. Vor Beginn der Hauptverhandlung waren nämlich weder die Entwicklung der Verteidigungsstrategie der Vielzahl der Verteidiger noch das Einlassungsverhalten der Angeklagten absehbar. Die Strafkammer musste die Möglichkeit haben, ohne Terminsdruck darauf flexibel zu reagieren. Zudem lag die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr dazwischen, in der üblicherweise wegen regelmäßiger Verhinderung eines oder mehrerer Prozessbeteiligter keine Sitzungen anberaumt werden.

Die weitere Terminierung ab Februar 2015 zeigt jedoch, dass monatlich vier und teilweise deutlich mehr Verhandlungen durchgeführt wurden bzw. vorgesehen sind, also eine dichtere Terminierung im Verlauf der Fortsetzung der Hauptverhandlung erreicht wird. Eine Ausnahme bildet lediglich der Juni 2015 mit nur einem einzigen Sitzungstag. Der Grund dafür ist darin zu sehen, dass im März 2015 die Durchführung der Hauptverhandlung umgestellt werden musste (dazu unten (4)) und den nunmehr tätigen Übersetzern ausreichend Zeit für die in sehr großem Umfang anfallenden Arbeiten zur Verfügung stehen muss. Als Ausgleich werden im Juli 2015 dann sogar 9 Termine stattfinden. Allgemein muss berücksichtigt werden, dass sich die Terminsfindung wegen der Vielzahl beteiligter und teilweise wegen anderweitiger Termine verhinderter Rechtsanwälte ohnehin schwierig gestaltet.

In einer Gesamtschau wird die Terminierungsdichte den verfassungsrechtlichen Anforderungen damit gerecht.

(2) Auch der Umstand, dass einzelne Sitzungstage nicht in voller Länge für die Durchführung der Hauptverhandlung genutzt wurden, rechtfertigt keine andere Bewertung.

Dass sich die Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht zur Sache einlassen werden, haben die Verteidiger im Vorfeld der Strafkammer nicht mitgeteilt, so dass sich die Strafkammer nicht entsprechend darauf einstellen und die Terminsplanung nicht noch rechtzeitig ändern konnte.

Eine reine Nettobetrachtung der Verhandlungsdauer hat vorliegend ferner deshalb zu unterbleiben, da die Verteidiger eine Vielzahl von (Beweis-)Anträgen gestellt haben (etwa am 17.12.2014: 1 Antrag; am 19.12.2014: 13 Anträge; am 08.01.2015: 4 Anträge; am 16.01.2015: 1 Antrag; am 02.02.2015: 5 Anträge), die das Gericht jeweils vor dem Fortgang der Verhandlung zu beraten und verbescheiden hatte.

Auf den Ausfall der Übersetzungsanlage am 17.12.2014 hatte das Gericht keinen Einfluss, es liegt also auch insoweit keine dem Gericht zuzurechnende Verfahrensverzögerung vor.

Soweit schließlich Sitzungspausen dadurch bedingt waren, dass einzelne Zeugen nicht erschienen sind oder von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, ist auch dies nicht dem Gericht anzulasten. Diese Umstände waren für die Strafkammer nicht sicher vorhersehbar. Für ein vorgezogenes Verlesen von Urkunden wie etwa Vernehmungsniederschriften lagen zum jeweiligen Zeitpunkt die dafür erforderlichen Voraussetzungen noch nicht vor, unabhängig davon, dass es dem Vorsitzenden überlassen bleiben muss, unter welchen taktischen Überlegungen er wann und wie die einzelnen Beweismittel in die Hauptverhandlung einführt.

(3) Die Hauptverhandlungstermine am 08.01.2015 und am 16.01.2015 mussten wegen einer Verletzung des Berichterstatters auf eine Dauer von 2 bis 3 Stunden verkürzt werden, der Hauptverhandlungstermin am 15.01.2015 deswegen sogar ganz abgesetzt werden. Die krankheitsbedingten Verhinderungen des Berichterstatters waren jedoch nicht vorhersehbar, deshalb für das Gericht nicht vermeidbar. Nicht bei jedem umfangreichen Verfahren ist, ohne dass konkrete vorhersehbare Anhaltspunkte wie etwa bei bestehender Schwangerschaft oder bevorstehender Versetzung, Beförderung oder Eintritt eines Richters in den Ruhestand, die Zuziehung eines Ergänzungsrichters angezeigt. Ein Ermessensfehlgebrauch im Rahmen von § 192 Abs. 2 GVG ist somit nicht ersichtlich. Entscheidend ist stets eine ex-ante-Betrachtung; danach war geplant, die Hauptverhandlung in einem überschaubaren Zeitraum von ca. 3 Monaten durchzuführen.

Das gleiche gilt für den aus demselben Grund eintretenden Umstand, dass die Hauptverhandlungstermine am 23. und 26.03.2015 wieder aufgehoben werden mussten und am 30.03.2015 nur vormittags verhandelt werden konnte.

Die Verhinderung eines Schöffen am 07.05.2015 mit der Folge, dass auch dieser Termin wieder abgesetzt werden musste, ist in gleicher Weise zu beurteilen.

(4) Eine erhebliche Verlängerung des Verfahrens tritt durch die Entbindung der ursprünglich eingesetzten Dolmetscherin und den Übergang zu schriftlicher Übersetzung der Telekommunikationsüberwachungsprotokolle ein. Dies stellt jedoch keine vom Gericht zu vertretende Verfahrensverzögerung dar. Wie der Vorsitzende in seiner Verfügung vom 02.03.2015 und die Strafkammer im Beschluss vom 16.03.2015 nachvollziehbar dargelegt haben, musste die in der Hauptverhandlung zunächst tätige Dolmetscherin wegen Gefahr für Leib und Leben von ihrer Aufgabe entbunden werden, nachdem sowohl sie als auch ihr Mann von Dritten massiv bedroht worden waren. Diese unmittelbare Einflussnahme auf das Verfahren erfolgte nahe liegender Weise aus dem Umfeld der Angeklagten, um deren Verurteilung zu vereiteln. Da die Angeklagten im dringenden Verdacht stehen, in diese kriminellen Strukturen eingebunden zu sein, ist diese massive Bedrohung allein ihrer Sphäre zuzurechnen.

Unter diesen Umständen hat die Strafkammer zu Recht davon Abstand genommen, weitere Dolmetscher für Übersetzungen in der Hauptverhandlung heranzuziehen und diese damit der gleichen Gefahr auszusetzen. Hinzu kommt, dass ausweislich des Vermerks des Vorsitzenden vom 10.04.2015 andere Dolmetscher nur bei Zusicherung von Vertraulichkeit zur Verfügung stehen würden. Übersetzungen konnten nach unter diesen Umständen nachvollziehbarer Einschätzung nur dann mit ausreichender Sicherheit reibungslos und ohne weitere Verfahrensverlängerung erfolgen, wenn die Übersetzer überhaupt nicht mehr in der Hauptverhandlung auftreten müssen und ihnen für ihre schriftliche Tätigkeit volle Anonymität zugesichert wird. Allein ein Verzicht auf Offenlegung der Identität des vor Gericht auftretenden Dolmetschers genügt bei Straftaten, die offensichtlich im Bereich der organisierten Kriminalität verankert sind, nicht, da bei seinem persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung ein Wiedererkennen ebenso jederzeit möglich ist wie ein Verfolgen nach Verlassen des Gerichtsgebäudes.

Die von der nunmehr von der Polizei herangezogenen Übersetzer sind keine Erfüllungsgehilfen des Gerichts, so dass ein etwaiges Fehlverhalten dieser Übersetzer (Kopieren bereits vorhandener Übersetzungen anstelle selbst zu fertigender Wortprotokolle) mit einer Verfahrensverzögerung als Folge nicht dem Gericht zugerechnet werden kann. Erforderlich, aber auch ausreichend ist deren sorgfältige Überwachung. Nachdem der Vorsitzende konkrete Anhaltspunkte für eine etwaig fehlerhafte Verfahrensweise erfahren hatte, hat er mit Anordnung vom 13.04.2015 sofort reagiert. Die fehlerhafte Verfahrensweise wurde daraufhin ausweislich eines Vermerks der Staatsanwaltschaft vom 20.04.2015 umgehend abgestellt.

c) Eine zusammenfassende Bewertung der vorstehenden Gesichtspunkte ergibt, dass trotz der erheblichen Dauer der bislang bereits vollzogenen Untersuchungshaft den Anforderungen des Beschleunigungsgebotes Genüge getan ist.

Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft verstößt im Hinblick auf die zu erwartende Strafe und unter Berücksichtigung einer etwaigen Aussetzung zur Vollstreckung nach teilweiser Vollstreckung unter Anrechnung der Untersuchungshaft auch im Übrigen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

3. Kosten: § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 12. Mai 2015 - 1 Ws 141 - 143/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 12. Mai 2015 - 1 Ws 141 - 143/15

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 12. Mai 2015 - 1 Ws 141 - 143/15 zitiert 4 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 192


(1) Bei Entscheidungen dürfen Richter nur in der gesetzlich bestimmten Anzahl mitwirken. (2) Bei Verhandlungen von längerer Dauer kann der Vorsitzende die Zuziehung von Ergänzungsrichtern anordnen, die der Verhandlung beizuwohnen und im Falle der

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 12. Mai 2015 - 1 Ws 141 - 143/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 12. Mai 2015 - 1 Ws 141 - 143/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 22. Mai 2014 - 1 Ws 153/14

bei uns veröffentlicht am 22.05.2014

Tenor 1. Die Haftbeschwerde des Angeklagten A. vom 20. März 2014 gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. März 2014 wird als unbegründet verworfen. 2. Auf die Beschwerde des Angeklagten A. wird der Besch

Referenzen

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

Tenor

1. Die Haftbeschwerde des Angeklagten A. vom 20. März 2014 gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. März 2014 wird als unbegründet verworfen.

2. Auf die Beschwerde des Angeklagten A. wird der Beschluss der 3. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.1.2014 insoweit aufgehoben, als der Antrag auf Genehmigung von Telefonaten mit seiner Mutter alle zehn Tage abgelehnt wurde.

3. Die weitergehende Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.1.2014 wird als unbegründet verworfen.

4. Die Kosten des (Haft-)Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss vom 20. März 2014 und die dem Angeklagten hierbei entstandenen Auslagen hat der Angeklagte zu tragen.

5. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Landgerichts vom 30.1.2014 hat der Angeklagte zu tragen, wobei jedoch die Gerichtsgebühr um 1/2 ermäßigt wird. Von seinen notwendigen Auslagen in diesem Verfahren trägt die Hälfte die Staatskasse.

Gründe

I.

Gegen den Angeklagten und weitere Mitangeklagte ist derzeit vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung anhängig. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 29.5.2013 wird dem Angeklagten A. Steuerhinterziehung in 40 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Betrug in fünf tatmehrheitlichen Fällen und versuchter Betrug in weiteren vier tatmehrheitlichen Fällen zur Last gelegt, wobei sich der Angeklagte nach dem Anklagevorwurf einem Steuerschaden von 2.421.403,34 € ausgesetzt sieht. Die Anklage richtete sich ursprünglich gegen neun Angeklagte. Nach zwischenzeitlich erfolgten Abtrennungen und gesonderter Behandlung von vier Angeklagten sind nunmehr noch fünf Angeklagte mit acht Verteidigern vom führenden Verfahren betroffen.

Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht gegen den Angeklagten hat am 7.10.2013 begonnen. Er befindet sich seit seiner Festnahme am 4.10.2012 zunächst aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Nürnberg vom 13.9.2012 in Untersuchungshaft. Am 19.3.2013 wurde dieser Haftbefehl durch den hier angegriffenen Haftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg ersetzt.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 22.1.2014 beantragte der Angeklagte Prüfung der Haft gemäß § 117 Abs. 1 StPO und Aufhebung des Haftbefehls mit der Begründung, eine ausreichende Förderung des Fortgangs des Verfahrens durch Bestimmung und Durchführung hinreichend häufiger Termine habe nicht stattgefunden.

Mit Beschluss der Strafkammer vom 18.3.2014 ist dieser Antrag auf Aufhebung (hilfsweise Außervollzugsetzung) abgelehnt worden. Auf die hierzu abgegebene Begründung im angefochtenen Beschluss wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 17.3.2014, eingegangen bei Gericht am 20.3.2014, hat der Angeklagte (Haft-) Beschwerde hiergegen eingelegt, der die Kammer mit Beschluss vom 25.3.2014 nicht abgeholfen hat. Auf die Beschwerdebegründung und die Gründe der Nichtabhilfeentscheidung wird hier ebenfalls Bezug genommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Mit weiterem Beschluss vom 30.1.2014 hat die Strafkammer Anträge des Angeklagten auf Genehmigung von Telefonaten mit seiner Mutter alle zehn Tage, sowie auf Aufhebung der Besuchsüberwachung abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten vom 21.2.2014, der die Kammer mit Beschluss vom 18.3.2014 nicht abgeholfen hat. Auch hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg Verwerfungsantrag wegen Unbegründetheit gestellt.

II.

1. Die (Haft-) Beschwerde ist zulässig. Es handelt sich um eine Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.3.2014, durch den der Antrag des Angeklagten auf Aufhebung des Haftbefehls zurückgewiesen worden ist.

2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die Haftvoraussetzungen des § 112 StPO weiterhin gegeben sind und auch die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig ist. Auch mit Blick auf die sich aus dem Grundgesetz und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergebenden Anforderungen liegt ein Verstoß gegen das in Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot nicht vor.

a) Es besteht weiterhin der - von der Verteidigung mit der Beschwerde nicht beanstandete - dringende Tatverdacht der bandenmäßigen Hinterziehung von Verbrauchssteuern in mehreren Fällen und des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in mehreren Fällen und des Versuchs desselben in mehreren Fällen. Insoweit verweist der Senat auf die Beschlüsse vom 9.4.2013 (1 Ws 139/13) und vom 19.7.2013 (1 Ws 315/13). Nach herrschender Rechtsprechung (vgl. BGH NStZ-RR 2013, 86 m. w. N.) unterliegt die Bewertung des dringenden Tatverdachts während laufender Hauptverhandlung im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Die Ausführungen der Kammer in ihren Beschlüssen und Stellungnahmen im vorliegenden Verfahren geben dabei keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer im Laufe der andauernden Hauptverhandlung abgeschwächt oder in Frage gestellt wäre.

b) Auch Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) muss derzeit weiterhin bejaht werden. Auch hierzu verweist der Senat auf seine Ausführungen in den vorgenannten Beschlüssen in dieser Sache.

c) Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen kann unter Berücksichtigung sämtlicher hier relevanter Umstände des Einzelfalles nicht festgestellt werden.

Der Senat hält hierbei folgende Verfahrenstatsachen für bedeutsam:

Der am 4.10.2012 festgenommene Angeklagte befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft. Diese dauert folglich fast 19 Monate an. Der dem Angeklagten zur Last liegende Tatvorwurf erfasst sowohl eine Vielzahl von Taten, als auch eine erhebliche Steuerschadenssumme. Hinzu kommt, dass die Beteiligung mehrerer Mittäter mit wahrscheinlich auch bandenmäßiger Beteiligung vorliegt. Die Taten und die Ermittlungen erstreckten sich auf mehrere Staaten, waren äußerst komplex und erforderten erheblichen zeitlichen Aufwand. Die Ermittlungsakten nehmen daher einen erheblichen Umfang ein. Zudem wurden dem Gericht am 28.2.2014 erhebliche Mengen weiterer Unterlagen vorgelegt. Der Umfang der zu ermittelnden Taten und deren Komplexität, die Zahl der beteiligten Angeklagten sowie der Umfang der zu sichtenden Aktenbestandteile und Ermittlungsergebnisse machten von Anfang an deutlich, dass es sich bei vorliegendem Strafverfahren um ein sogenanntes Umfangsverfahren handelt, dessen Bearbeitung im Rahmen der Hauptverhandlung viele Verhandlungstage und eine längere Zeitdauer beanspruchen würde.

Angesichts der Anzahl der Taten, des entstandenen Schadens und des wahrscheinlichen Tatbildes ist bei erfolgtem Tatnachweis für den Angeklagten A. mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Dies wird auch daraus deutlich, dass die Strafkammer in der Sitzung vom 28.10.2013 kundgegeben hat, dass bei geständiger Einlassung des Angeklagten für ihn mit einer Gesamtfreiheitsstrafe zwischen sechs Jahren und sechs Jahren und neun Monaten gerechnet werden könne, wobei eine derartige Verständigung schließlich nicht zu Stande kam. Wegen der Anzahl der Beteiligten, insbesondere der (nunmehr nur noch acht, anfangs zwölf) Zahl der Verteidiger ist auch zu sehen, dass die terminliche Abstimmung auf besondere Schwierigkeiten stoßen kann. Zudem wurde hinsichtlich eines Mitangeklagten dem Gericht gegenüber erst in der Hauptverhandlung thematisiert, dass Probleme mit dessen Verhandlungsfähigkeit bestünden. Nach Erholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens wurde zunächst nur drei Stunden pro Verhandlungstag, später die in Anbetracht der gutachterlich festgestellten Erkrankung für möglich gehaltenen fünf Stunden täglich verhandelt. Der Beschwerdeführer und ein weiterer Mitangeklagter erklärten nach neun bzw. elf Verhandlungstagen, sie seien aufgrund fehlender Vorbereitung nicht in der Lage, sich zur Sache einzulassen; ähnliche Erklärungen erfolgten seitens der Verteidigung.

Während des Verfahrens fanden Abtrennungen bezüglich einzelner Mitangeklagter zu deren beschleunigter Behandlung statt, so dass das Verfahren nunmehr nur noch gegen fünf Angeklagte (mit acht Verteidigern) geführt wird.

Bislang haben folgende Termine im Rahmen der Hauptverhandlung stattgefunden:

7., 9. und 28.10., 11., 19. und 29.11., 19.12.2013, 20. und 29.1., 4., 6., 24. und 26.2., 5., 10., 12., 19., 24. und 26.3., 8., 9., 14., 16., 24., und 25.4.2014. Weitere ursprünglich angesetzte Termine vom 22.11.2013, 14.1., 22.1. und 12.2.2014 wurden ersatzlos aufgehoben. Einmal war ein Hilfsschöffe wegen eines vor Beginn der Hauptverhandlung bestehenden anderen Termins verhindert, einmal waren die beiden einzig in die Sache eingearbeiteten Staatsanwälte verhindert und am 12.2.2014 erfolgte Absetzung wegen einer Dienstbesprechung des Vorsitzenden in München.

Derzeit sind in Absprache mit den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft folgende weiteren Termine bestimmt:

15.5., 21. und 23.5., 17., 18., 23., und 25.6., 15., 16., 21. und 23.7.2014.

d) Es gibt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot schematisch an die Durchschnittszahl der Sitzungstage pro Woche anknüpft und bereits dann vorliegt, wenn in Haftsachen an durchschnittlich weniger als zwei Tagen in der Woche eine Hauptverhandlung stattfindet.

Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen gebietet zunächst bei absehbar umfangreichen Verfahren, bei denen sich der Angeklagte in Untersuchungshaft befindet, stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlungsplanung mit mehr als nur einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche (BVerfG StV 2008, 198 m. w. N.). Die reine Durchschnittsfrequenz ist aber nur der Ausgangspunkt der Bewertung der Einhaltung des Beschleunigungsgrundsatzes. Dabei bleiben Unterbrechungszeiten wegen Urlaubs zunächst unberücksichtigt (vgl. BVerfG Be. v. 23.1.2008 Az. 2 BvR 2652/07 Rn. 53- nach juris; BVerfG StV 2013, 640). Der Verlauf eines sog. Umfangverfahrens hängt von einer Vielzahl festzustellender Parameter ab, die bei der Bewertung der Beschleunigung des Verfahrens zu berücksichtigen sind.

So kann es geboten sein, zu Beginn eines Verfahrens weiträumiger zu terminieren, weil etwa der Verlauf angekündigter Verständigungsgespräche, oder die Entwicklung der Verteidigungsstrategie mehrerer Verteidiger und das Einlassungsverhalten der Angeklagten nicht absehbar ist. Nach Durchführung komprimierter Hauptverhandlungssequenzen kann ein Zeitraum erforderlich werden, um im Rück- und Ausblick den Fortgang des Verfahrens zu überprüfen und die weitere Gestaltung zu planen, etwa auch um Fristen für weitere Beweisanträge zu setzen (vgl. BGHSt 51, 333, 344 f.; BGH NStZ 2007, 716; BGHSt 52, 355, 361; BGH NStZ 2010, 161 f.; s. auch BVerfG NJW 2010, 592 ff., 2036 f.). Relevant ist auch die Auslastung der Kammer durch - insbesondere bereits laufende - Haftverfahren. Andererseits kann es auch geboten sein im Laufe des Verfahrens, eine ursprünglich weitläufigere Terminierung zu verdichten.

Das Haftgericht ist daher gehalten, während laufender Hauptverhandlung die Verfahrensentwicklung kontrollierend im Auge zu behalten und die Terminierungsdichte laufend dynamisch an die aktuelle Prozesslage - unter Beachtung der Dauer der bereits vollzogenen Untersuchungshaft - anzupassen.

e) Für das vorliegende Verfahren folgt aus der Anwendung dieser Grundsätze, dass keine Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot vorliegen.

Die Kammer hatte zwar in den ersten 21 Wochen vom 7.10.2013 bis 26.2.2014 nur an 18 Tagen Hauptverhandlungstermine angesetzt, von denen vier aus kurzfristig aufgetretenen dienstlichen Gründen, bzw. einmal wegen vor Hauptverhandlungsbeginn bereits geplanten Urlaubs eines Schöffen, abgesetzt werden mussten. Für eine weniger eng gestaffelte Terminierung zu Beginn der Hauptverhandlung aber gab es triftige Gründe, die in den speziellen Umständen des Falles ihre Ursache hatten und letztlich keine kausale Verlängerung des Verfahrens bewirken konnten. Wegen des besonderen Umfangs der Akten und des Beweismaterials, zu dem im Februar 2014 noch eine weitere Fülle von Unterlagen hinzukam, erklärten der Beschwerdeführer und ein weiterer Mitangeklagter, sie seien mit der Sichtung des Materials und der Vorbereitung auf die Beweisaufnahme und insbesondere ihrer eigenen Einlassung noch nicht fertig geworden. Es werde zwar eine Einlassung erfolgen, jedoch benötigten sie hierfür noch Zeit. Eine engere Terminierung hätte hier keine Förderung des Verfahrens und damit keine Beschleunigung erreicht. Vor erfolgter Einlassung, die die Angeklagten selbst gewünscht und angekündigt hatten, hätte ein schnelleres Voranschreiten in der Beweisaufnahme keine sinnvolle Förderung des Verfahrens bewirkt. Gerade in derart umfangreichen und komplexen Verfahren kann es geboten sein, zu Beginn weniger häufige Termine abzuhalten, um den Verfahrensbeteiligten genügend Gelegenheit zu geben, sich einzuarbeiten, die Einlassungen der anderen Verfahrensbeteiligten zu werten und somit zielgerichtet und sinnvoll die Beweisaufnahme mitgestalten zu können. So verhielt es sich offensichtlich hier - dies zeigt das Verhalten des Beschwerdeführers, aber auch zumindest eines weiteren Mitangeklagten.

Das besondere Bestreben der Kammer, eine Beschleunigung herbeizuführen zeigt auch die Abtrennung mehrerer Verfahren zur gesonderten (beschleunigten) Behandlung.

Zudem verhandelte die Kammer im Zeitraum von Oktober 2013 bis Mai 2014 eine weitere Vielzahl von Verfahren, bei denen es sich zumeist ebenfalls um eilbedürftige Haftsachen, Unterbringungssachen oder etwa wegen arrestierten Vermögens auch um beschleunigungsbedürftige Angelegenheiten handelte, und wird dies auch weiterhin tun. Dies geht aus einem Vermerk des Vorsitzenden der Kammer vom 9.5.2014 eindrucksvoll hervor.

Die oben dargestellte Verfügung zu den zukünftigen Terminen zeigt weiter, dass mehr als vier Verhandlungen pro Monat und mehr als eine Verhandlung pro Woche vorgesehen sind, also eine dichtere Terminierung im Verlauf der Fortsetzung der Hauptverhandlung erreicht wird. Dies gilt trotz zu erwartender Urlaube von Verfahrensbeteiligten und einer Vielzahl von Beteiligten und den hieraus auftretenden Terminierungsschwierigkeiten.

Bei einer zusammenfassenden Bewertung der vorstehenden Gesichtspunkte besteht kein Zweifel daran, dass trotz der erheblichen Dauer der bislang bereits vollzogenen Untersuchungshaft den Anforderungen des Beschleunigungsgebotes hier Genüge getan ist.

Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft verstößt auch im Hinblick auf die zu erwartende Strafe und unter Berücksichtigung einer etwaigen Aussetzung zur Vollstreckung nach teilweiser Vollstreckung unter Anrechnung der Untersuchungshaft auch im Übrigen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

3. Die Beschwerde gegen die Beschränkungen der Untersuchungshaft (§ 119 StPO) hatte dagegen teilweise Erfolg.

a) Nach § 119 Abs. 1 StPO dürfen derartige Beschränkungen, wie hier konkret bezüglich gestatteter Telefonate und der Überwachung von Besuchen, nur auferlegt werden, sofern dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr erforderlich ist. Das bedeutet, dass der Haftrichter, der für Entscheidungen nach § 119 Abs. 1 StPO zuständig ist, nur solche Argumente für Beschränkungen heranziehen darf, die aus Haftgründen, wenn auch aus solchen, die nicht im konkreten Haftbefehl aufgeführt sind, Berücksichtigung finden dürfen.

Seit 1.9.2006 (vgl. BGBl I 2863) ist das Recht des Haftvollzugs ausschließlich Ländersache (vgl. Darstellung in Meyer-Goßner StPO, 57. Aufl. § 119 Rn. 2). In dem für Bayern mit Erlass vom 20.12.2011 (GVBl S. 678) geltenden Untersuchungshaftvollzugsgesetz (UVollzG) sind Möglichkeiten zu weiteren Beschränkungen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung durch den Anstaltsleiter, wie sie früher in § 119 Abs. 3 StPO a. F. geregelt waren, eröffnet.

Die Ablehnung der Gewährung von Telefonanrufen an die Mutter alle zehn Tage wurde vom Landgericht nicht auf Erforderlichkeit aus Haftgründen gestützt. Solche Gründe sind hier auch nicht ersichtlich.

Zwar widerstreitet das Begehren eines Untersuchungsgefangenen auf Kontakte per Telekommunikation mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt in der Regel den Zwecken der Untersuchungshaft allgemein. Jedoch ist bei Telefonaten mit nahen Familienangehörigen im Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG ein großzügigerer Maßstab angezeigt (vgl. Meyer-Goßner StPO 57. Auf. § 119 Rn. 13).

Vorstehend ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer bislang bereits ein Jahr und sieben Monate in Untersuchungshaft befindet und Telefonate mit seiner Mutter gewünscht werden. Da den Gefahren eventueller Verdunkelung durch Überwachung der Telefongespräche ausreichend entgegengewirkt werden kann, sieht der Senat keine sich aus dem Prüfprogramm des § 119 Abs. 1 StPO ergebenden Gründe für eine Versagung der gewünschten Gespräche mit der Mutter alle zehn Tage.

Insoweit war der angefochtene Beschluss daher aufzuheben. Eine Entscheidung auf Gewährung der Telefonate jedoch konnte durch den Senat nicht ergehen, da eine Erstentscheidung nach dem UHaftVollzG durch den zuständigen Anstaltsleiter unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt noch aussteht.

b) Unbegründet ist jedoch die Beschwerde, soweit sie Aufhebung der Besuchskontrolle begehrt. Diesbezüglich stützt sich der ablehnende Beschluss der Strafkammer auf Verdunkelungsgefahr. Angesichts der Vielzahl von an den dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten Beteiligten und der ihm zur Last gelegten bandenmäßigen Struktur liegt die Gefahr verdunkelnder Handlungsweisen bei unkontrollierten Besuchen hier sehr nahe. Auch nach Ansicht des Senats können daher weder bei Besuchen, noch - sofern diese zukünftig gestattet werden - bei Telefonaten mit der Mutter des Angeklagten Kontrollen unterbleiben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 und 467 (analog) StPO.

(1) Bei Entscheidungen dürfen Richter nur in der gesetzlich bestimmten Anzahl mitwirken.

(2) Bei Verhandlungen von längerer Dauer kann der Vorsitzende die Zuziehung von Ergänzungsrichtern anordnen, die der Verhandlung beizuwohnen und im Falle der Verhinderung eines Richters für ihn einzutreten haben.

(3) Diese Vorschriften sind auch auf Schöffen anzuwenden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.