Oberlandesgericht München Endurteil, 13. Jan. 2017 - 10 U 771/15

bei uns veröffentlicht am13.01.2017

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers vom 27.02.2015 wird das Endurteil des LG Deggendorf vom 05.02.2015 (Az. 33 O 390/13) in Nr. 2 abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 2.499,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten werden weiter verurteilt, samtverbindlich den Kläger von der Inanspruchnahme durch seinen Prozessbevollmächtigten hinsichtlich vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von weiteren 565,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 15.10.2013 freizustellen. Der Beklagte zu 2) wird darüber hinaus verurteilt, den Kläger von der Inanspruchnahme durch seinen Prozessbevollmächtigten hinsichtlich weiterer Zinsen aus 565,84 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit vom 13.10.2013 bis zum 14.10.2013 freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 22% und die Beklagten samtverbindlich 78%.

III.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

B. Nachdem die Beklagten die von ihnen eingelegte Berufung auf den Hinweis des Senats vom 19.07.2016 (Bl. 144/152 d. A.) zurückgenommen haben und die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 18.10.2016 (Bl. 161/162 d. A.) zurückgewiesen wurde, soweit nicht der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.194,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.10.2013 beantragt hat, waren Gegenstand des Berufungsverfahrens nur mehr letztere sowie die Kostenentscheidung. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die vorprozessual in Höhe von 750,00 € erstattet wurden, haben die Parteien den Rechtsstreit nach Zahlung weiterer 628,62 € zuzüglich Zinsen seitens der Beklagten zu 1) übereinstimmend für erledigt erklärt (Schriftsätze der Beklagten vom 04.11.2016, Bl. 165 d. A. und der Klagepartei vom 14.10.2016, Bl. 160 d. A.).

I. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung der Klagepartei hat soweit noch anhängig in der Sache Erfolg.

Ausgehend von einem zwischen den Parteien nicht mehr streitigen insgesamt berechtigten (vorgerichtlichen) Gegenstandswert von 57.715,81 € und der vom Landgericht zugrunde gelegten 1,5 Gebühr, deren Berechtigung auch von den Beklagten in der Berufungserwiderung nicht mehr in Frage gestellt wird, errechnen sich inklusive Auslagenpauschale und der weiteren Auslagen sowie Umsatzsteuer 2.055,13 €.

Ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr, es ist daher entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 28.11.2016, S. 2) der volle Gebührensatz zugrunde zu legen (BGH NJW 2007, 2049 = DAR 2007, 493).

Von dem o.g. Betrag i. H. v. 2.055,13 € abzuziehen sind die vorprozessual bezahlten 750,00 €. In Höhe der verbleibenden 1.305,13 € hätte das Erstgericht die Beklagten verurteilen müssen. Berufung wurde jedoch nur hinsichtlich weiterer 1.194,46 € eingelegt. Abzüglich der in Höhe von 628,62 € (nebst Zinsen) erfolgten übereinstimmenden Teilerledigungserklärung verbleiben 565,84 €.

Hinsichtlich der - wie beantragt ab Rechtshängigkeit zuzusprechenden - Zinsen war zu beachten, dass die Zustellung der Klage an die beiden Beklagten an unterschiedlichen Tagen erfolgt ist, nämlich an die Beklagte zu 1) am 14.10.2013 und an den Beklagten zu 2) am 12.10.2013.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I 1 Fall 2, 91 a, 516 III, 100 IV ZPO. Eine Änderung der Kostenverteilung erster Instanz ist nicht veranlasst. Im Berufungsverfahren waren der Klagepartei die Kosten aufzuerlegen, soweit sie unterlegen und die Berufung zurückgewiesen wurde. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens im Umfang der Berufungsrücknahme zu tragen und soweit sie unterlagen. Hinsichtlich der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung ist maßgeblich der voraussichtliche Ausgang des Rechtsstreits. Insoweit hätte die Klagepartei, wie dargelegt, obsiegt.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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Oberlandesgericht München Endurteil, 13. Jan. 2017 - 10 U 771/15 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Landgericht Deggendorf Endurteil, 05. Feb. 2015 - 33 O 390/13

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Tenor 1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger ein Teil-Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 15.000,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit

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Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger ein Teil-Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 15.000,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.03.2013 für die Verletzungen, die der Kläger bei dem Unfall vom 03.02.2011 in D. (D., Bundesstraße 11, Abschnitt 1240-KM 0,500, Lkr. Deggendorf; Schadennummer: ...; StA D. 6 Js 1427/11) erlitten hat, zu zahlen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 2.499,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 36 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 64 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 27.499,71 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall.

Am 03.02.2011 fuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug, amtliches Kennzeichen ... vom Industriegebiet D. kommend in Richtung Autobahn und wollte durch den auf dieser Strecke liegenden Tunnel fahren. Noch bevor er den Tunnel erreichte, wurde das Fahrzeug des Klägers von dem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Fahrzeug, amtliches Kennzeichen ..., erfasst, weil das vom Beklagten zu 2) gelenkte Fahrzeug auf die Fahrbahn des klägerischen Fahrzeugs geriet und frontal mit diesem kollidierte. Der Kläger wurde sodann in das Klinikum Deggendorf eingeliefert und verblieb dort bis 04.02.2011 in stationärer Behandlung. Nach der Entlassung befand sich der Kläger erneut wegen zwei Operationen vom 24.–29.03.2011 und vom 23.–26.07.2012 in stationärer Behandlung. Daneben unterzog sich der Kläger unmittelbar nach dem Unfall bis Oktober 2012 vielfacher ärztlicher Nachbehandlungen, ambulanter Therapien und Physiotherapieeinheiten. Nach dem Unfall erhielt der Kläger krankheitsbedingt Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Im Anschluss daran bezog er ab dem 18.03.2011 bis zum 15.07.2011 Verletztengeld von der zuständigen Berufsgenossenschaft in Höhe von kalendertäglich brutto 56,59 € bzw. netto 50,11 €.

Unstreitig erlitt der Kläger durch den Verkehrsunfall folgende Verletzungen:

Eine vollständige fordere Kreuzbandruptur im rechten Kniegelenk, eine Zerrung beider Seitenbänder, Einrisse am Innenmeniskus rechts mit der Folge eines Teilverlustes des Innenmeniskus, belastungsabhängige Schmerzsymptomatik am rechten Knie, eine Außenmeniskusverletzung mit der Folge der Außenmeniskusteilentfernung, ein gestörtes Gangbild, eine sichtbare Narbenbildung ca. 5,5 cm vorderseitig am medialen Schienbeinkopf, längsverlaufend, seitlich des Ansatzes der Patellasehne, eine beginnende Gonarthrose, eine Muskelminderung im rechten Bein, eine antregrade und retrograde Amnesie, eine Schürfwunde am Kinn, einen Thoraxkompressionsschmerz auch am Sternum sowie eine Platzwunde am Kopf bzw. der linken Schläfe ca. 3 × 3 cm in Form einer aufgeklappten Wunde, die innen und außen genäht werden musste. Auf Grund der erlittenen Unfallverletzungen wird der Kläger physiotherapeutische Serien absolvieren müssen, um die vorhandene Restbeweglichkeit des Knies zu erhalten. Ferner besteht die hinreichende Möglichkeit, dass sich der Kläger zukünftig einer weiteren Operation zur Implantation eines künftigen Kniegelenks unterziehen muss.

Bereits vor dem Unfall erteilte der Kläger der Firma ... den Auftrag, ein Eigenheim für ihn und seine Ehefrau zu errichten. Der Rohbau wurde vom 26.04.–25.05.2011 während der Zeit errichtet, in welcher der Kläger unfallbedingt krankgeschrieben war. Nach Aufforderung der Klägerseite gab die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 13.05.2011 eine Feststellungserklärung ab, wonach sie dem Kläger alle unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden mit der Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils ersetzt, soweit nicht ein Forderungsübergang auf einen Sozialversicherungsträger erfolgt ist oder erfolgen wird. Die Beklagte zu 1) erstattete auf den Erwerbsschaden des Klägers pauschal 500,– € sowie auf den Haushaltsführungsschaden pauschal 3.000,– €. Mit Schreiben vom 21.01.2013 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) unter Fristsetzung auf, den weiteren Schaden zu erstatten. Nach Mahnung mit Fristsetzung zum 28.02.2013 teilte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 23.03.2013 mit, dass sie lediglich 10.000,– € als Schmerzensgeld zahlen werde. Die Beklagte zu 1) leistete sodann am 23.03.2011 eine Vorschusszahlung in Höhe von 2.000,– €, sowie am 02.04.2013 eine Zahlung in Höhe von 8.000,– €.

Der Kläger behauptet, er sei nach dem Unfall bewusstlos in die Notaufnahme des Klinikums Deggendorf eingeliefert worden. Unfallbedingt seien bei ihm – über die unstreitigen Unfallverletzungen und Folgen hinaus – noch folgende Gesundheitsschäden und Verletzungen eingetreten:

Ein permanenter ziehender Schmerz im Knie, auch in Form von Ruheschmerzen, eine dauerhafte gravierende Bewegungseinschränkung am rechten Knie, eine dauerhafte Instabilität des rechten Knies, eine dauerhafte Kapselschwellung des rechten Knies, eine dauerhafte Schwellung des rechten Knies, zudem mit Wetterfühligkeit, ein deutliches bonebruise mit osteochondraler Impression am Oberschenkelknochen, eine Schienbeinquetschung mit blutigem Gelenkserguss, eine massive Arthrofibrose nach vorderer Kreuzbandplastik, narbige Verklebungen im gesamten Kniegelenk, retropatellar II.–III. gradige Knorpelschäden, am Innenmeniskus degenerative Auffaserung, medial I.–II. gradige Knorpelschäden, am Außenmeniskus Verwachsungen, auch lateral I.–II. gradige Knorpelschäden sowie eine Invalidiätit des rechten Beines zu 2/10.

Beim Kläger bestehe daher ein Dauerschaden mit entsprechender Invalidität und Erwerbsminderung. Auch die freie Beweglichkeit des rechten Knies des Klägers sei nicht mehr erreichbar, weshalb er unter einer dauerhaft erheblichen Bewegungseinschränkung leide. Des weiteren habe er so schwere Unfallfolgen erlitten, dass während seines Aufenthalts im Klinikum die Nachtschwester jede Stunde eine Kontrolle des Gesundheitszustandes des Klägers durchführen musste, weil die Gefahr eine Hirnblutung bestanden habe. Der Kläger sei nur deshalb bereits einen Tag nach dem Unfall aus dem Klinikum entlassen worden, weil dieses überfüllt war. Der Kläger behauptet, er sei mit einem Bett in die Mitte eines Zimmers geschoben worden, weil kein Platz mehr zur Verfügung gestanden habe. Zudem sei seine Frau zu Hause gewesen und habe sich um ihn kümmern können. Der Ehefrau des Klägers sei auch die ärztliche Anweisung erteilt worden, ihren Ehemann wegen der Gefahr einer Hirnblutung zu Hause zu beobachten. Des weiteren habe der Kläger für ca. 7 bis 8 Wochen Unterarm-Gehstützen sowie eine DONJOY – Schiene bis Mitte Juli 2011 benötigt. Der Kläger trägt zudem vor, es sei mit der ... bei der Planung und Kalkulation der Baukosten vereinbart worden, dass der Kläger beim Hausbau ca. 60 Stunden mitwirke, um die Baukosten zu verringern. Zwischen dem Kläger und der Baufirma sei abgesprochen worden, dass der Kläger bestimmte Arbeiten durchführe, wie Mörtel und Kleber anmachen, Schaufeln, Rütteln, Ziegelsteine zum Maurer hintragen und KG-Rohre verlegen. Dem Kläger sei durch den Umstand, dass er unfallbedingt dazu nicht in der Lage war, ein Schaden in Höhe von 2.777,46 € entstanden, aus welchem er lediglich einen Teilbetrag von 90 % in Höhe von 2.499,71 € geltend mache.

Der Kläger beantragt zuletzt:

I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Teil-Schmerzensgeld, hilfsweise Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2013, mindestens jedoch in Höhe von weiteren € 25.000 (€ 35.000 abzgl. Schmerzensgeldvorschusszahlung von € 10.000) für die Verletzungen, die der Kläger bei dem Unfall vom 03.02.2011 in D.(D., Bundesstraße 11, Abschnitt 1240-KM 0, 500, Lkr. Deggendorf; Schadennummer: ... – 11, StA Deggendorf 6 Js 1427/11) erlitt, zu zahlen.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger weitere € 2.499,71 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Kläger in Höhe von € 2.513,58 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit – hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber dem Klägervertreter – freizustellen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, auf die vom Kläger eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zu dem Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagten beantragen zuletzt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten, der Kläger sei bei Einlieferung in das Klinikum wach und ansprechbar gewesen. Auch sei der Kläger bei der Entlassung aus dem Klinikum mobil gewesen. Die Unterarm-Gehstützen habe er lediglich 4 Wochen lang nach der Operation benutzt. Zudem sei der Heilungsverlauf beim Kläger zeitgerecht und komplikationslos. Der Kläger habe nur eine mäßige Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Kniegelenks. Des weiteren sei der Kläger ab 08.07. bzw. ab 15.08.2011 wieder in der Lage gewesen, seinen bisherigen Beruf als Lagerist auszuüben. Die Beklagten sind der Ansicht, dass ein Schmerzensgeld in Höhe der bereits gezahlten 10.000,– € angemessen sei. Zudem sei die Geltendmachung eines Stichtags-Schmerzensgeldes unzulässig. Des weiteren bestünde zwischen dem geltend gemachten Erwerbsschaden und dem vom Unfallversicherungsträger gewährten Verletztengeld Kongruenz. Auch sind die Beklagten der Ansicht, dass die Terminsgebühr des Klägervertreters nicht angefallen sei, da kein Klageauftrag bestanden habe. Ebenso sei der Ansatz der Geschäftsgebühr mit 1,8 übersetzt. Des weiteren sei der bei der Geschäftsgebühr in Ansatz gebrachte Wert von 67.993,56 € und in Höhe von 35.977,16 € bei der Terminsgebühr übersetzt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin .... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2014 (Blatt 95/97 der Akte) Bezug genommen.

Des weiteren hat das Gericht Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten des Sachverständigen ... vom 09.05.2014 (Bl. 42/58 d.A.) und die fachorthopädische gutachterliche Stellungnahme vom 29.06.2014 (Bl. 72/76 d.A.) wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Leistungsklage ist zulässig und zum Teil begründet. Die Feststellungsklage ist bereits unzulässig.

I.

1. Das Landgericht Deggendorf ist sachlich und örtlich zuständig nach §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG, § 32 ZPO.

2. Die Leistungsklage ist zulässig, insbesondere ist die vom Kläger erhobene Teil-Schmerzensgeldklage zulässig, da im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die Möglichkeit des Eintritts weiterer Verletzungsfolgen – vor allem die Gefahr, dass sich die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks weiter verschlechtert und ein künstliches Kniegelenk nötig wird – besteht, die in ihrem konkreten Umfang jedoch nicht hinreichend absehbar sind.

Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es zwar, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes auf Grund einer einheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGHZ 18, 149).

Da die Schmerzensgeldforderung auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, ist sie aber grundsätzlich teilbar. Ist die Höhe des Anspruchs streitig, kann grundsätzlich ein ziffernmäßig oder sonst individualisierbarer Teil davon Gegenstand einer Teilklage sein, sofern erkennbar ist, um welchen Teil des Gesamtanspruchs es sich handelt (vgl. u.a. BGH, NJW 2004, 1243). Es ist daher möglich, den Betrag des Schmerzensgeldes zuzusprechen, der dem Verletzten zum Zeitpunkt der Entscheidung mindestens zusteht, sofern sich noch nicht endgültig sagen lässt, welche Änderungen des gesundheitlichen Zustandes noch eintreten können. Denn solange und soweit die konkrete Möglichkeit des Eintritts eines weiteren noch nicht absehbaren Schadens vorhanden ist, besteht auch die Möglichkeit der Erhebung einer offenen Teilklage (vgl. BGH, a.a.O.).

Diese Voraussetzungen einer zulässigen Klage auf Teil-Schmerzensgeld sind vorliegend gegeben. Dies steht aufgrund des Sachverständigengutachtens vom 09.05.2014 und dem Klägervortrag zur Überzeugung des Gerichts fest. Zum einen ist der Umfang der Dauerfolgen aufgrund des Unfalls des Klägers und die Notwendigkeit weiterer ärztlicher Behandlungen noch nicht einschätzbar. Des weiteren kann nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Operationen beim Kläger erforderlich werden. Damit lässt sich nicht endgültig feststellen, welche Änderungen des gesundheitlichen Zustandes beim Kläger noch eintreten werden.

3. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist nicht zulässig. Aufgrund der Erklärung der Beklagten zu 1) vom 13.05.2011, wonach sie dem Kläger alle unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden mit der Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils ersetzt, fehlt das für die Zulässigkeit der Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse.

Der Kläger begehrt vorliegend die Feststellung einer Verzinsungspflicht der Beklagten im Hinblick auf die von ihm im Laufe des Prozesses bezahlten Gerichtskosten ab dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bei der Gerichtskasse bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht nach Maßgabe der abgeurteilten Kostenquote.

Ob ein derartiger Anspruch des Klägers materiellrechtlich überhaupt besteht und auf welche Anspruchsgrundlage er gestützt werden kann, ist zweifelhaft, kann letztlich aber offen bleiben.

Erkennt der Haftpflichtversicherer seine Einstandspflicht nämlich an, entfällt das Feststellungsinteresse, wenn das Anerkenntnis die Funktion haben soll, ein rechtskräftiges Feststellungsurteil zu ersetzen.

Gerade so liegt es auch im vorliegenden Fall. In dem Anerkenntnis der Beklagten zu 1) ist eine Vereinbarung zwischen den Parteien zu sehen, mit welcher der Haftpflichtversicherer den Geschädigten hinsichtlich der Ersatzansprüche für künftige Schäden so stellt, als habe dieser eine gerichtliche Feststellung der Ersatzpflicht erwirkt. Dies ergibt sich vorliegend eindeutig aus der Erklärung der Beklagten zu 1) vom 13.05.2011 (Anlage K 7). Seitens des Klägers besteht somit kein Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 I ZPO mehr.

II.

Die Leistungsklage ist nur zum Teil begründet.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld gemäß §§ 18 I 1, 11 S. 2 StVG i.V.m. § 253 II BGB – hinsichtlich der Beklagten zu 1) i.V.m. § 115 I 1 Nr. 1 VVG –, allerdings nur in Höhe von weiteren 15.000,– €.

a) Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind die Größe und Dauer der Schmerzen, sowie psychische Beeinträchtigungen. Miteinzubeziehen sind dabei auch die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der Heilbehandlungen, der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens. Die Entschädigung muss zu Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung gesetzt werden (BGH, VersR 1976, 968).

b) Aus dem Gutachten des Sachverständigen vom 09.05.2014, wie auch aus dessen Stellungnahme vom 29.06.2014 geht eine unfallbedingte Funktionsminderung des rechten Beines des Klägers von 3/20 hervor. Zudem konnte der Sachverständigen weitere unfallbedingte Folgeschäden objektivieren bzw. als plausibel einstufen. Im Einzelnen konnten zur Überzeugung des Gerichts folgende Schädigungen objektiv nachgewiesen werden: Beim Kläger besteht eine vordere Kreuzbandruptur im rechten Kniegelenk. Diese hat eine vordere Kreuzbandplastik und eine Innenmeniskusteilresektion erforderlich gemacht sowie eine partielle Synovektomie und Arthrolyse nach sich gezogen. Ferner besteht eine Restinstabilität des rechten Kniegelenks sowie eine Bewegungseinschränkung und eine Schwellneigung desselben. Die Bewegungseinschränkung resultiert aus einer massiven Arthofibrose nach vorderer Kreuzbandplastik sowie narbigen Verklebungen im gesamten Kniegelenk. Auch beginnende degenerative Veränderungen des rechten Kniegelenks in Form retropatellar II.- bis III.-gradiger Knorpelschäden, eine Muskelverschmächtigung des rechten Beins und Narben am rechten Bein hat der Sachverständige auf den Unfall zurückgeführt. Bzgl. einer vom Sachverständigen festgestellten Kapselschwellung ist nicht sicher prognostizierbar, ob diese dauerhaft vorhanden sein wird. Ferner hat der Sachverständige weitere unfallbedingte Verletzungen und Beschwerden des Klägers als für das Verletzungsbild typisch und damit plausibel bzw. glaubhaft nachvollziehbar eingeordnet: Zeitnah zum Unfallgeschehen wurde eine vorübergehende Schienbeinquetschung mit blutigem Gelenkerguss sowie ein deutliches Bonebruise mit osteochondraler Impression am Oberschenkel dokumentiert. Ein permanent ziehender Schmerz im Knie sowie eine belastungsabhängige Schmerzsymptomatik im rechten Knie seien nachvollziehbar. Zweifel an der Richtigkeit des fachorthopädischen Gutachtens bestehen nach Ansicht des Gerichts nicht.

c) Der Kläger erlitt somit im vorliegenden Fall durch den Unfall erhebliche und zum Teil dauerhafte Schäden. Dies ist teilweise unstreitig und ergibt sich ansonsten zum einen aus dem Gutachten des Sachverständigen als auch aus dessen Stellungnahme. Darin tritt zur Überzeugung des Gerichts hervor, dass beim Kläger aufgrund des Unfalls eine dauerhafte Funktionseinschränkung eingetreten ist. Aus dem Gutachten sowie aus dem Parteivortrag geht auch hervor, dass sich der Kläger mindestens 20 Monate in ärztlicher Heilbehandlung und insgesamt an 12 Tagen aufgrund von zwei notwendigen Operationen in stationärer Behandlung befand. Aufgrund der Folgen des Unfalls war der Kläger für eine Dauer von insgesamt ca. 26 Wochen krankgeschrieben.

d) Des weiteren ergibt sich aus der Aussage der Zeugin ..., dass der Kläger noch ca. 8 Wochen nach der Operation auch in der Wohnung Unterarm-Gehstützen benötigt habe, weil er sein erheblich beschädigtes Knie nicht belasten habe dürfen. Aufgrund dieser starken Einschränkung und der aus den körperlichen Beeinträchtigungen folgenden Schmerzen habe der Kläger auch medikamentös behandelt werden müssen. Des weiteren habe nach Angaben der Zeugin die Gefahr einer Hirnblutung für den Kläger bestanden. Die Zeugin sei deshalb durch den behandelnden Arzt angewiesen worden den Kläger durchgehend zu beobachten. Ein weiterer stationärer Aufenthalt sei nach Aussage der Zeugin nur deshalb nicht notwendig gewesen, weil das Krankenhaus, in das der Kläger nach dem Unfall eingeliefert wurde, überfüllt war. Laut Angaben der Zeugin habe sich der Kläger nach der Einlieferung in das Krankenhaus in einem Zimmer mit mindestens vier weiteren Personen befunden. Zudem sei es der Zeugin möglich gewesen, ihren Ehemann zu Hause zu überwachen, weshalb der behandelnde Arzt auf eine weitere stationäre Beobachtung verzichtet habe.

Das Gericht bewertet die Aussage der Zeugin ... als glaubhaft. Sie konnte den Gesundheitszustand des Klägers nach dem Unfall und auch zu Hause nachvollziehbar darlegen. Die Zeugin hinterließ bei ihrer Vernehmung den Eindruck, tatsächlich Miterlebtes berichtet zu haben. Das Gericht ist sich dessen bewusst, dass die Zeugin die Ehefrau des Klägers ist und deshalb ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Allerdings ergibt sich aus der Stellung der Zeugin als Ehefrau noch nicht von vornherein, dass diese unglaubwürdig wäre. Vielmehr ist die Aussage der Zeugin insgesamt widerspruchsfrei und stimmig. Auch hat die Zeugin ohne Weiteres eingeräumt, dass sie sich an bestimmte Vorgänge nach dem Unfall nicht mehr erinnern könne. Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Zeugin ... wahrheitsgemäß ausgesagt hat.

e) Aufgrund der nachgewiesenen, gravierenden und zum Teil fortwirkenden Gesundheitsschäden des Klägers, wie auch aus der psychischen Angstsituation aufgrund der zum Zeitpunkt der Entlassung drohenden Gefahr einer Hirnblutung ist nach Ansicht des Gerichts ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 25.000,– €, also, angesichts der vorgerichtlichen Zahlungen der Beklagten zu 1) in Höhe von 10.000,– €, von weiteren 15.000,– €, angemessen. Bestätigung findet diese Auffassung des Gerichts auch in der Rechtsprechung zu insgesamt vergleichbaren Verletzungsfolgen (vgl. Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeld Beträge 2012, lfd.Nr. 2210 – 22.500,– € bei Gefährdungshaftung – und 2264 – 25.000,– € bei Behandlungsfehler –).

2. Der Kläger hat ferner einen Anspruch auf Zahlung von 2.499,71 € gegen die Beklagten.

a) Der Kläger begehrt den Ersatz eines Teilbetrages von 90 % des ihm entstandenen Schadens durch den Umstand, dass er unfallbedingt nicht in der Lage war, wie geplant bestimmte Eigenleistungen während der Bauarbeiten an seinem Eigenheim zu erbringen.

Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf den Erwerbsschaden, wenn eine Person durch einen Verkehrsunfall so in der Gesundheit beeinträchtigt wird, dass sie nicht mehr in der Lage ist ihre Arbeitskraft einzusetzen. Der Erwerbsschaden umfasst alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, die der Geschädigte erleidet, weil er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht mehr einsetzen kann (OLG Hamm, 29.9.1988, 9 U 22/88). Der Anspruch beinhaltet auch die Kosten, die der Verletzte tätigen muss, weil er Eigenleistungen beim Hausbau aufgrund seiner Verletzung nicht mehr eigenhändig ausführen kann (OLG Hamm, a.a.O.). Für die Ersatzfähigkeit nach § 252 S. 1 BGB genügt dabei, dass sich das Vermögen um den Wert der in das Bauvorhaben einfließenden Eigenleistung vermehrt haben würde.

Der Kläger stellt im vorliegenden Fall dar, er hätte ohne den gegenständlichen Unfall selbst Arbeiten beim Hausbau erbracht. Zu Arbeiten, wie das Schaufeln und Rütteln, Mörtel und Kleber anmachen, Ziegelsteine tragen und KG-Rohre verlegen, welche der Kläger bereits zuvor bei Rohbauten von Familienangehörigen erbracht hatte, wäre er ohne Probleme in der Lage gewesen.

Der Parteivortrag hierzu ist nach Ansicht des Gerichts überzeugend. Eine derartige Vereinbarung zwischen Bauherr und Baufirma ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich. Auch handelt es sich bei den aufgezählten Arbeiten um keine besonders schwierigen oder nur mit speziellem Fachwissen durchführbare Tätigkeiten. Die Bescheinigung der Baufirma, Anlage K 8, ist daher zum Schadensnachweis geeignet und ausreichend.

b) Auch muss sich der Kläger das erhaltene Verletztengeld nicht auf den geltend gemachten Schaden anrechnen lassen.

Leistungen des Unfallversicherungsträgers führen dann zum Forderungsübergang kraft Gesetz, wenn sie mit dem geltend gemachten Erwerbsschaden kongruent sind. Der Kläger hat im vorliegenden Fall vom 18.03.2011 bis zum 15.07.2011 für 120 Tage Verletztengeld in Höhe von 56,59 € brutto und somit 50,11 € netto erhalten. Das erhaltene Verletztengeld nach §§ 45 ff. SGB VII ist ein Ersatz für die verletzungsbedingt unmögliche Teilhabe am Arbeitsleben. Nach § 47 SGB VII berechnet sich die Höhe des Verletztengeldes abhängig vom vor der Verletzung bezogenen Arbeitsentgelt. Kongruenz wäre daher nur dann gegeben, wenn auch der materielle Gegenwert der Hilfsleistungen beim Hausbau in die Berechnungsgrundlage für das Verletztengeld mit eingeflossen wäre. Derartiges ist weder vorgetragen noch aus dem Schreiben der AOK vom 19.04.2011 (Anlage B 1) ersichtlich.

3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung hinsichtlich weiterer, mit der vorgerichtichen Zahlung der Beklagten zu 1) noch nicht abgegoltener vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Mehr als die vorgerichtlich bezahlten 750,– € kann er nicht verlangen.

a) Ersatzfähig ist zum einen nur eine 1,5fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG.

Nach § 14 I 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren, wie der Geschäftsgebühr, der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nach billigem Ermessen. Nach Nr. 2300 VV RVG ist die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts mit einem Gebührenrahmen zwischen 0,5 bis 2,5 ausgestaltet. Eine Gebühr über 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

Dies ist vorliegend zwar gegeben, da schon aufgrund des drohenden weiteren gesundheitlichen Schadens und der damit vom Klägervertreter anzustellenden prozesstaktischen Überlegungen zum Teilschmerzensgeld eine schwierige Rechtslage vorliegt. Andererseits ist die Haftung dem Grunde nach unstreitig. Ein höherer Ansatz als eine 1,5fache Geschäftsgebühr ist daher nicht gerechtfertigt.

b) Daneben ist der bei der Geschäftsgebühr in Ansatz gebrachte Wert von € 67.993,56 überhöht.

Der Gegenstandswert hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Nebenforderung bestimmt sich – da diese nur unter Verzugs- oder Schadensersatzgesichtspunkten vom Gegner gefordert werden können, nur nach der Höhe der berechtigten Forderung.

Im Zeitpunkt des vorgerichtlichen Tätigwerdens waren dies 25.000,– € Schmerzensgeld, 2.499,71 € Hausbauschaden, 500,– € Verdienstausfall und 3.000,– € Haushaltsführungsschaden, mithin 30.999,71 €.

c) Die geltend gemachten Terminsgebühr ist nicht ersatzfähig.

Zwar fand zwischen dem Klägervertreter und der Beklagtenseite eine vorgerichtliche Besprechung statt, welche auf die Vermeidung eines Rechtsstreits gerichtet war. Der Kläger hat jedoch nicht substantiiert dargetan, dass zu diesem Zeitpunkt der für die Entstehung der Terminsgebühr vorausgesetzte unbedingte Klageauftrag bereits erteilt war (vgl. Vorbemerkung 3, Abs. 1 zum VVRVG; BGH, 01.07.2010 – IX ZR 198/09). Vorliegend legt die vorgerichtliche Korrespondenz (vgl. Anlage K 14 unten) eher einen nur bedingten Klageauftrag nahe.

Zudem wäre diese Terminsgebühr auf die im gerichtlichen Verfahren verdiente Terminsgebühr anzurechnen, da grds. die Terminsgebühr in einer Angelegenheit nur einmal – und nicht etwa mit jedem weiteren Termin erneut – anfallen kann. Eine abweichende Anrechnungsregelung – wie etwa in Vorbemerkung 3 Absatz 4 Satz 1 VVRVG bzgl. der Geschäftsgebühr – gibt es im RVG hinsichtlich der Terminsgebühr nicht.

d) Bei Zugrundelegung einer Geschäftsgebühr von 1,5 aus einem vorgerichtlichen Gegenstandswert in Höhe von 30.999,71 € ergibt sich zusammen mit der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 € und der Auslagenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG in Höhe von 10,50 €, sowie sonstiger Auslagen in Höhe von 12,00 € nach dem RVG in seiner bis zum 01.08.2013 gültigen Fassung ein Gebührenwert von insgesamt 1.403,61 € inkl. Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG. Folgt man dem Ansatz des Klägervertreters, der die Anrechnung einer 0,75fachen Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bereits vorwegnimmt, ergeben sich nur noch 727,09 €. Dies liegt unter der von der Beklagten zu 1) bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 750,– €.

Ein Freistellungsanspruch gegen die Beklagten hinsichtlich weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht daher nicht.

III.

Der Zinsanspruch ergibt sich unter Verzugsgesichtspunkten aufgrund des als Anlage K 9 vorgelegten Schreibens vom 21.01.2013 mit Fristsetzung bis zum 28.02.2013 aus §§ 286 I, 288 I BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 S. 1, S. 2 und 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.